Freitag, 19. Februar 2010

notiz: schlimmer geht immer, teil 2 - die "nsfdp"

fefe kommentiert eine meldung, die sich mit den personellen veränderungen im entwicklungshilfeministerium unter dem fdp-minister niebel beschäftigt - es geht konkret um die berufung eines ehemaligen bundeswehroffiziers mit einer affinität zum sog. afrika-corps der wehrmacht - u.a. mit den folgenden worten:

(...) "Wow, und solche Leute treiben sich in der Nähe der FDP herum. Wehrmachts-Fans hätte ich eher in der CDU oder der NPD erwartet. Und der Brüller daran (deswegen erwähnen die überhaupt das Afrika-Corps): der Mann soll für Afrika und den Nahen Osten zuständig werden." (...)

daran musste ich vorhin denken, als mir wieder mal ein sehr interessanter artikel von otto köhler unter die augen kam - köhler hat das talent, die mehr oder weniger verschütteten zusammenhänge zwischen aktueller und vergangener realität in diesem land zu bergen und gut nachvollziehbar darzustellen, zuletzt sehr schön zu sehen anhand der phrase von der
"sozialen marktwirtschaft".

und wenn ich von den zusammenhängen zwischen aktueller und vergangener realität schreibe, so bedeutet das in diesem land in aller regel, dass ein tiefergehendes bohren bei zentralen gesellschaftlichen und staatlichen instutionen, parteien, organisationen... sowie ihren jeweiligen ideologien und leitsätzen meist schon nach kurzer zeit bräunliche sauce ans tageslicht befördert - und die entstehungsgeschichte des begriffs "soziale marktwirtschaft" ist da nur ein beispiel.

inzwischen hat sich köhler die sog. liberalen vorgeknöpft und einen langen
text produziert, der bei mir jede menge aha-erlebnisse erzeugt hat - und die will ich meinen leserInnen nicht vorenthalten.

*

alleine schon die personellen kontinuitäten damaliger und heutiger großspender sind interessant:

(...) "Bei August Baron von Finck junior, dem Mil­liardär und Besitzer der großen Hotelkette Mövenpick, funktionierte das problemlos. Er spendete im Wahljahr 2009 insgesamt 1,1 Millionen Euro an die FDP und bekommt jetzt das Geld vielfach zurück aufgrund der ganz schnell auf Westerwelles Betreiben beschlossenen Mehrwertsteuersenkung von neunzehn auf sieben Prozent für Hotelübernachtungen.

Solches Geschäftemachen hatte der Junior mit der Muttermilch aufgesogen. Kaum war er geboren, trat am 3. Februar 1931 der Senior August Baron von Finck bei Adolf Hitler zum Spenden an. " (...)


zugegeben, der beitrag ist wirklich sehr lang, aber auch wirklich aufschlussreich - im ersten teil geht es konkret um die großindustrielle spendenpraxis an die nsdap, und am schluß erfährt man hinsichtlich des barons und seiner sippe noch das folgende:

(...) "Der Führer war dankbar. Er ließ seinen Spendensammler in das Präsidium der Akademie für Deutsches Recht aufnehmen. 1937 durfte von Finck das Bankhaus Dreyfus in Berlin und Frankfurt arisieren. Und 1938 nach dem Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich konnte er sich die Wiener Rothschild-Bank einverleiben. " (...)

also, wie nicht unüblich für die sog. deutsche oberschicht, ein arisierungsgewinner. es lässt sich festhalten, dass die fdp auch eine klientelpartei für diese besondere spezies ist und sein will.

dann aber wird es bezgl. der nachkriegsgeschichte dieser antisozialen partei richtig spannend, besonders am beispiel ihres nordrhein-westfälischen landesverbandes:

(...) "Als August von Finck senior 1980 starb, gab es schon lange einen gleichnamigen Junior, der wieder einen aufstrebenden Politiker und seine Partei mit Spenden bedenken sollte.

Damals, 1980, trat Guido Westerwelle nach dem Abitur am Bonner Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium – als Hermann Josef Abs dort zur Schule ging, hieß es noch Höhere Bürgerschule, 1938 bekam es den Namen des chauvinistischen Dichters – der NSFDP bei.

Dies war unter Kennern die korrekte Bezeichnung der nordrhein-westfälischen FDP, die sich gleich nach 1945 ehrlich um die Nachfolge der NSDAP bemüht hatte. Das kam hoch, als die Briten im Januar 1953 unter Rückgriff auf das Besatzungsrecht einen Nazi-Geheimbund um den ehemaligen Goebbels-Staatssekretär Werner Naumann zerschlugen. Jetzt saß die NRW-FDP in der Falle. Die Engländer fanden ein Papier, auf dem Naumann notiert hatte, was ihm in diesen schweren Zeiten eine FDP-Größe empfahl: »Um den Nationalsozialisten unter diesen Umständen trotzdem einen Einfluß auf das politische Geschehen zu ermöglichen, sollten sie in die FDP eintreten, sie unterwandern und die Führung in die Hand nehmen. An Einzelbeispielen erläuterte er, wie leicht das zu machen sei. Mit nur 200 Mitgliedern können wir den ganzen Landesvorstand erben. Mich will er als Generalsekretär o. ä. engagieren!!«

Der FDP-Ratgeber für die eigene Unterwanderung hieß Dr. Ernst Achenbach, war als NS-Diplomat in Paris an der Deportation der französischen Juden beteiligt, saß nun seit 1950 für die FDP im Landtag und war – als Vorgänger von Otto Graf Lambsdorff, der erst später Schatzmeister wurde– unentbehrlich bei der Erschließung der Ruhr-Industrie als Geldquelle." (...)


die "alte idyllische brd" - und ihre geschichte, die in keinem schulbuch steht:

(...) "Adenauer, mit dem bewährten Hans Globke an seiner Seite, begriff sofort, womit er es da zu tun hatte: Achenbach und Best hätten es »in einer an die nationalsozialistischen Methoden erinnernden Weise verstanden, den Parteiapparat der FDP in die Hand zu bekommen«, sprach er am 10. März 1953 vor dem CDU-Bundesvorstand, und sie würden dabei »von gewissen Industriellen finanziell unterstützt«. Um die eigenen Geldgeber nicht zu vergrätzen, fügte Adenauer hinzu: »Ich betone: von gewissen Industriellen.«

Wer war Best? Uraltnazi Werner Best hatte wenige Monate, nachdem Finck senior das Geld für eine SA-Bewaffnung garantiert hatte, einen brutalen Umsturzplan ausgearbeitet. Der Best-Parteigenosse, der den Plan, die »Boxheimer Dokumente«, an die Öffentlichkeit brachte, wurde 1932 ermordet. Später gingen Tausende auf das Mordkonto des hohen SS-und Polizeiführers und obersten Rechtsberaters der Gestapo. Nachdem ihn die Dänen, die ihn zum Tod verurteilt hatten, auf Drängen der Bundesrepublik freiließen, fand Best ebenso wie der neue und alte Parteifreund Achenbach ein lukratives Unterkommen im Stinnes-Konzern, wo er die Bewegung für eine Generalamnestie der Naziverbrechen aufzog. Vor Gericht war er, ging es um seine Verbrechen, wegen »Krankheit« nie verhandlungsfähig. Ging es um die Verbrechen seiner Kameraden, deren Verteidigung er koordinierte, war er stets ein munterer Entlastungszeuge.

So wurde der Stinnes-Konzern, als Hauptfinanzier der NS-Unterwanderung der FDP zugleich auch – dank Best und Achenbach – zum Motor für die Generalamnestie-Bewegung." (...)


in diesen kreisen wäscht bekanntlich eine hand die andere, und die folgenden ausführungen eines historikers zu den auswirkungen dieser genannten bewegung sind ebenfalls lesenswert. ich springe aber gleich weiter zur neueren parteigeschichte der fdp, die wie in der vergangenheit ebenfalls maßgeblich von gewissen impulsen aus nrw geprägt wurde:

(...) "Nachdem diese NSFDP endlich vergessen war, ging von Nordrhein-Westfalen unter Jürgen Möllemann – er war achtzehn Jahre vor Westerwelle auch einmal Vizekanzler unter Helmut Kohl – die Erneuerung aus: mit der Aktion 18, die von Guido Westerwelle kräftig unterstützt wurde. Vordergründig war es der phantastische Plan, 18 Prozent der Wählerstimmen zu erringen. Möllemann appellierte an die Instinkte der Neonazis und erweckte den Eindruck, die Juden seien selber am Antisemitismus schuld. Mit hohem Erfolg: als er mit dem Fallschirm abstürzte, wurde die Legende verbreitet, der israelische Mossad habe ihn – wie später übrigens auch den besoffenen Jörg Haider – umgebracht.

Vielleicht war Westerwelle dabei dem Finck-Junior durch seinen berühmten Fernsehauftritt mit der in die Kamera gehaltenen goldenen 18 auf der Unterwandererschuhsohle aufgefallen. Dank der Familientradition mußte der wissen, was jedem Jungnazi geläufig ist: 1 und 8 stehen für den ersten und achten Buchstaben des deutschen Alphabets, für A und H. Und das heißt nun einmal für aufstrebende junge Menschen: Adolf Hitler. Die FDP-Ortsvorsitzende von Berlin-Dahlem Susanne Thaler erklärte ihren Austritt aus der Partei, weil sie überzeugt war, daß die 18 ein Signal an die Neonazis sein sollte.

Für eine solche FDP zu spenden, das machte auch dem manchmal etwas pingeligen August Finck junior überhaupt kein Problem. Zumal heute wie 1931 soziale Unruhen in der Luft liegen.

Den Wählern, die 1932 die NSDAP mit 37 Prozent zur stärksten Partei machten, war nicht bekannt, welche Summen Finck senior und andere zuvor bereitgestellt hatten. Die Wähler aber, die im Mai 2010 in Nordrhein-Westfalen jener von den Bestverdienenden erfolgreich eingekauften Partei ihre Stimme geben sollen, können sich das überlegen. »Ich habe eine Engelsgeduld. Aber die FDP kann auch anders«, droht Westerwelle und erläutert: »Eine Partei ist dann in einer Krise, wenn sie nicht mehr weiß, was sie will. Und wir wissen, was wir wollen.« (...)


nun, man muss diese interpretation des "projekts 18" nicht unbedingt teilen - auch, wenn ich die dargestellte reaktion der fdp-ortsvorsitzenden in berlin bisher nicht kannte und bemerkenswert finde. ich nehme ebenfalls an, dass gerade in berlin eine solche reaktion keinesfalls irrational gewesen ist, war hier doch in der zweiten hälfte der 1990er jahre ein schwerpunkt jener strömung zu finden, die sich
"nationalliberal" schimpft (im verlinkten text ist übrigens zu lesen, dass u.a. westerwelle damals ein "erklärter gegner" der "nationalliberalen" gallionsfigur von stahl gewesen wäre - das kann allerdings nicht an grossen inhaltlichen differenzen gelegen haben, denn von von stahl waren schon damals sätze zu hören wie

"Unter unserer Verantwortung ist die Bundesrepublik fast ein sozialistischer Staat geworden"

uups. sollten sich teile der "nationalliberalen" ideen von damals inzwischen in den fdp-mainstream bewegt haben ?)

bei der betrachtung eines anderen fdp-landesverbands, nämlich dem in
sachsen, könnte man fast zur antwort "ja" auf die obige frage neigen:

"Der schnelle und reibungslose Abschluss der Koalitionsvereinbarung zwischen Stanislaw Tillichs Sachsen-CDU und der FDP des Freistaates unter Landeschef Holger Zastrow ist nicht nur ein Signal für die Bundestagswahlen am 27. September. Er markiert auch einen Erfolg des nationalliberalen Flügels innerhalb der FDP. Denn ausgerechnet in Sachsen, wo die NPD seit 2004 im Landtag sitzt, haben es die Liberalen und ihr Spitzenkandidat Zastrow mit der Abgrenzung nach rechts nicht immer so genau genommen. (...)

Die Vorwürfe gegen Zastrow kommen nicht von ungefähr. So war der aus Dresden stammende Politiker mehrfach Interviewpartner und Autor der nationalkonservativen Wochenzeitung Junge Freiheit (JF). Darauf hat nicht zuletzt der ehemalige Generalbundesanwalt und frühere FDP-Rechtsaußen Alexander von Stahl lobend hingewiesen. Gegenüber der JF sagte er bereits im Juni 2004: „Die FDP muss wieder lernen, auch gegenüber nationalliberalen Gedanken tolerant zu sein. Allerdings bitte ich, nicht zu vergessen, dass die FDP-Führungsmannschaft durchaus auch mit Persönlichkeiten aufwarten kann, die keine Berührungsängste mit dem nationalliberalen Lager haben. So gewährten zum Beispiel Hermann Otto Solms, Günter Rexrodt oder auch der sächsische Landesvorsitzende Holger Zastrow der Jungen Freiheit bereits Interviews. (...)

In der Jungen Freiheit hat sich Zastrow in der Vergangenheit unter anderem für die allgemeine Dienstpflicht für junge Menschen stark gemacht, weil sie „das Bewusstsein der Verantwortung des Einzelnen für unser Vaterland“ fördere. Eine Argumentation, die nicht nur Deutschtümelei und einem reaktionären Bürgerbegriff offenbart, sondern auch der offiziellen FDP-Position diametral entgegensteht." (...)


was aber ist die "offizielle fdp-position" eigentlich so wert, wenn man sich bspw. die diversen wahlversprechen und die nachwahlrealität betrachtet? der kreis schliesst sich jedenfalls nach der betrachtung eines zitates aus einem artikel ausgerechnet in der - ein echtes déjà-vu -
"welt" vom august vergangenen jahres über zastrow und seine ambitionen:

(...) "Dabei weiß der 40 Jahre alte Inhaber einer PR-Agentur, dass seine Ambitionen mit einem Makel behaftet sind. Denn die Idee, die Liberalen aus der Rolle des Mehrheitsbeschaffers und der Klientelpartei herauszuführen, stammt von einem Mann, dessen Wirken sie in der FDP am liebsten verdrängen: Jürgen W. Möllemann. Zu dessen 2002 grandios gescheitertem Projekt 18 gebe es "zweifellos Parallelen", sagt Zastrow, allerdings auch gewichtige Unterschiede: "Möllemann hat am Ende überdreht", außerdem sei dessen Kampagne ein "Marketing-Gag" gewesen. In Sachsen dagegen liege die Sache völlig anders: "Hier steckt Substanz dahinter."

Diese Substanz beschreibt er so: Anders als in so manchem westlichen Bundesland repräsentiere die sächsische FDP nicht nur das Milieu der Ärzte und Rechtsanwälte. Unter den Mitgliedern seien Unternehmer ebenso wie Hartz-IV-Empfänger und Gewerkschafter, die Liberalen würden quer durch alle Schichten gewählt, "in Villa und Platte". Und die FDP stelle 30 Bürgermeister, mehr als SPD, Grüne und Linke zusammen." (...)


wenn man sich das anschaut, was sich in sachsen als "politischer mainstream" bezeichnen lässt, so ist die immer noch starke präsenz der npd - einer erklärt nationalsozialistischen partei - sowie der mit ihr assoziierten nazibanden gerade auch außerparlamentarisch nur die spitze des braunen eisbergs, an dem offensichtlich auch die dortige fdp partizipieren will. das ganze erinnert stark an eine populistische, modifizierte und in gewisser weise weichgespülte variante der volksgemeinschaft:

(...) "Ich habe damals für Freiheit und Marktwirtschaft gekämpft", sagt Zastrow. Heute kämpft er für die Überzeugung, dass eine liberale Partei mit genau diesen Anliegen keine exklusive Angelegenheit einiger Privilegierter ist, sondern "ein Angebot für jeden, vom Arbeiter bis zum Chef".

Weil er fand, dass die Strategien anderer Landesverbände und auch der Bundespartei diesem Anliegen nicht gerecht wurden, begann er, den "Liberalismus auf Sächsisch" zu interpretieren. Und als PR-Profi verstand er es, seine Vorstellungen in knackige Slogans zu pressen. Mehr Leistungsgerechtigkeit durch längere Zahlung von Arbeitslosengeld? "Herz statt Hartz". Flächendeckende, kostenlose Kita-Plätze? Ein Plakat mit Baby und zwei Worten: "Für dich". Und als die anderen Parteien der im letzten Wahlkampf plakatierten FDP-Forderung "Diäten runter" nicht folgten, spendeten die liberalen Landtagsabgeordneten ihre erhöhten Bezüge einfach für soziale Zwecke." (...)


nicht ungeschickt, und erinnert gleichfalls an das demonstrative (pseudo-)soziale tun der nazis generell im osten, mit dem sie leider bis dato recht erfolgreich sind. da scheint sich der "pr-profi" einiges abgeschaut zu haben.

und wie findet der westerwelle das alles ?

(...) "Längst hat der sächsische Weg Anerkennung bei Parteichef Guido Westerwelle gefunden. Nach den Möllemann-Erfahrungen hat der zwar eine ausgeprägte Skepsis gegen laut angepriesene Volkspartei-Projekte. Aber zur Unterstützung Zastrows schickte er seinen früheren Büroleiter Roland Werner als Fraktionsgeschäftsführer in den Sächsischen Landtag. Und im laufenden Wahlkampf war der Parteichef Stammgast im Freistaat. Vor allem aber, sagt Zastrow, habe Westerwelle das gleiche Freiheitsverständnis. Woran er das festmache? "Er lässt uns einfach machen."

und so finden sich opportunistische machtgier, kapitalistischer extremismus und nationalistische ideologie zu einer trüben melange zusammen, die allerdings - und auch da schliesst sich der kreis - für die fdp zumindest in teilen eine art fortsetzung alter traditionslinien darstellt, wenn man sich die geschichte des nrw-landesverbandes betrachtet. das es in der bundespartei auch mal einen mehr oder weniger glaubhaften "linksliberalen" flügel gab, ist allerdings heute endgültig geschichte. das sollte dann auch so wahrgenommen und die fdp von jeglicher verklärung entblättert werden - "frei" und "liberal" sind nur noch rhetorische feigenblätter für ein gebilde, welches sich im immer schärfer werdenden klassenkampf von oben eindeutig an der seite dieses oben positioniert - und auch so behandelt werden muss.

notiz: schlimmer geht immer, teil 1 - die katholische kirche

zu später stunde noch einige einblicke in die vergangenheit zweier selbsterklärter "deutscher gesellschaftstragender institutionen", nämlich der katholischen kirche und der fdp. beide sind aktuell bekanntlich in den schlagzeilen, und bei beiden ist eine beschäftigung mit ihrer vergangenheit durchaus hilfreich, wenn man das derzeitige unsägliche treiben dieser quasi-sekten - die eine mit klassisch fundamentalischen religiösen, die andere mit totalitär kapitalistischen zügen - verstehen will.

*

beginnen wir mit der kirche, zu derem
ganz besonderen verständnis von "nächstenliebe" ich am beispiel irland schon das meiste mir wichtig erscheinende geschrieben habe. ebenso wie in irland sind auch in den aktuell thematisierten hiesigen fällen von gewalttätigen, teils sexualisierten übergriffen kirchlicher bediensteter die sichtbaren dimensionen inzwischen derart deutlich, dass die mär von den verirrten einzeltätern erst gar nicht zur bösen entfaltung kommen kann:

(...) "115 bis 120 Betroffene aus der gesamten Bundesrepublik haben sich gemeldet, auch aus den fünfziger und sechziger Jahren; elf oder zwölf Täter sind namentlich bekannt, nicht alle sind Jesuitenpatres, auch zwei Erzieherinnen sind darunter. Es geht längst nicht mehr um das Canisiuskolleg, wo es bis zu 50 Opfer gibt, nicht mehr nur um Jesuitenschulen.

Auch aus anderen katholischen Schulen werden Ursula Raue Übergriffe bekannt; seit einigen Tagen wisse sie auch von Fällen schweren, gewalttätigen Missbrauchs. Meist aber sei es um "Anfassen, Streicheln und Selbstbefriedigung" gegangen. Viele Kinder hätten die sexuelle Komponente mancher Handlungen, zum Beispiel von Schlägen auf den nackten Hintern, erst später verstanden. Die seelischen Wunden, die das hinterlassen habe, die brächen jetzt wieder auf." (...)


für die institution und ihre funktionäre ist das ganze inhaltlich und imagemässig ein supergau, zumal die ganzen sichtbaren gewaltstrukturen internationale ausmaße haben, mithin also nicht irgendwelchen imaginierten "landestypischen" verhältnissen in die schuhe geschoben werden können, sondern sehr offen die strukturen und inhalte der katholischen sekte direkt als verantwortlich erkannt werden können. vor diesem hintergrund ist die versuchte "erklärung" des bayrischen bischofs mixa, der die sog. sexuelle revolution - und damit den "sittenverfall" im gefolge von 1968 - mehr oder weniger kaschiert als hauptverantwortliches moment für die organisierte kriminalität innerhalb der kirchlichen gemäuer ausmachen wollte, ein absurd-prachtvoller rohrkrepierer erster klasse, zumal er zukünftig als erste quasi offizielle reaktion eines kirchenoberen stehen wird. diese blamage lässt sich allerdings noch steigern, wenn man sich mal mit dem sonstigen - hm, "beruflichen" treiben dieses bischofs beschäftigt - das
mittelalter lässt grüssen. in dem artikel aus dem jahr 2008 ist u.a. zu lesen:

(...) "Wie der Bayerische Rundfunk mittlerweile erfahren haben will, soll der Augsburger Bischof Walter Mixa in Bayern einen Exorzisten zur Teufelsaustreibung beauftragt haben. Der Sender berief sich dabei auf eine nicht näher genannte Quelle. Nach Aussagen "verschiedener Beteiligter" werde in Deutschland beinahe täglich ein Exorzismus vollzogen, meist inoffiziell und ohne Wissen der Diözesen.

Zuvor hatte das Augsburger Ordinariat Teufelsaustreibungen grundsätzlich bestätigt. In einer Stellungnahme hieß es, bei jeder Taufe werde ein Exorzismus-Gebet gesprochen, das den Täufling den Mächten des Bösen entziehe und ihn "unwiderruflich der Liebe Jesu" empfehle." (...)


die "unwiderrufliche empfehlung der liebe jesu" lässt sich angesichts der sichtbar gewordenen praktiken etlicher kirchenleute eigentlich nur als offene drohung verstehen.

aber mixas teufelsaustreibungen sollen hier nur am rande erwähnt sein, sozusagen als komplettierung des bildes der wahnwelten und -zustände, die in diesem verein offensichtlich ohne grosse probleme toleriert werden. unausgeprochen rückt nämlich inzwischen der oberste chef der ganzen (auf-)gestörten herde, der bekennende
opus dei-anhänger joseph ratzinger alias "der papst", ebenso wie seine vorgänger in den focus - und seit gestern informiert das blog von malte welding über bereits länger existierende meldungen aus großbritannien und den usa, welche das verhalten der katholischen führung hinsichtlich der gewalt gegen kinder und jugendliche innerhalb ihrer eigenen institution - und zwar in globaler perspektive - endgültig zu einem kriminalfall werden lässt, der sich mindestens über ein halbes jahrhundert hinzieht:

"2003 berichtete der Observer von einem vertraulichen Dokument, das vierzig Jahre zuvor mit dem Siegel von Papst Johannes XXIII an alle katholischen Bischöfe weltweit gesandt wurde (...).

2005 legte das amerikanische Polit-Blog Daily Kos nach. Der damalige Präfekt der Glaubenskongregation Joseph Ratzinger, heute besser bekannt als Benedikt XVI, hatte 2001 in einem weiteren Rundschreiben ausdrücklich die Weitergeltung des päpstlichen Dokuments von 1962 bestätigt.

Für den Fall, dass die Opfer des Missbrauchs sich an kirchliche Stellen wenden, sollen auch sie einen Eid schwören, dass sie Stillschweigen bewahren werden." (...)


jedes wort, welches aus den reihen der offiziellen katholischen kirche jetzt noch hinsichtlich "scham", "trauer" und "mitgefühl für die opfer" kommt, kann, soll und muss den vertretern dieser sekte als widerwärtige heuchelei und billiger versuch der schäbigen eigenrettung wieder in den mund zurückgestopft werden. die kirchenfunktionäre wissen und wussten seit jahrzehnten von den erbärmlichen zuständen - und wollten die opfer mittels ihrer glaubenspeitsche faktisch mundtot machen, was ihnen vermutlich in zu vielen fällen auch noch gelungen sein dürfte - eh schon traumatisierte menschen, die dazu mit religiösen fiktionen mit dem vorzugsweisen inhalten "schuld und sünde" traktiert werden, sind für diese form perfider einschüchterung noch empfänglicher als andere.

diese ganze geschichte der kirchlichen gewalt ist von zum himmel schreiender widerwärtigkeit, und wenn es denn einen gott mit der halluzinierten allmacht geben würde, so hätte dieses wesen schon lange vor seinen ergebenen dienern verachtungsvoll ausspucken müssen. dieser verein jedenfalls sollte für jeden fühlenden und denkenden menschen spätestens jetzt jegliche legitimation endgültig verspielt haben. und bei der fälligen systemdemontage dürfen die religiösen verbrämer der organisierten kriminalität keinesfalls davonkommen.

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