Ubue (Gast) - 29. Apr, 02:24

@ Sansculotte und Monoma :-)

Hoffentlich erscheint der Kommentar jetzt da, wo er am besten hinpaßt...

@ Sansculotte:
Sansculotte schrieb:"entschuldige, aber Deine sichtweise kommt mir wieder wie ein versuch daher, die ursache für die berechtigte reaktive wut in das vereinzelte individuum umzuschachern: introjekt."

- würde eigentlich sagen, ich schachere nicht um, sondern versuche nur zu beobachten.

"wenn ich das wort nur höre, rollen sich mir die zehennägel auf. jedes introjekt hat schließlich eine materielle basis, eine objektive schablone, eine gegenständliche ursache. introjekte fallen nicht vom himmel, und der nette terminus "verfolgungsintrojekt" gibt dem ganzen noch so eine richtig schöne, gruselige, paranoide note."

- ja ok, es ist halt ein bisserl im "Mertz-Jargon" geschrieben, wäre sonst bei mir auch nicht erste Wahl. :-)

"also lassen wir das gerede vom "introjekt". im übrigen wird das "derartige" system - wobei Du "derartig" hartnäckig groß schreibst, wohl um darauf hinzuweisen, dass es sich bei diesem system um einen stereotypen topos, eine stehende figur handelt - hier im blog auf so vielfältige weise differenziert betrachtet und untersucht, dass allfällige introjekte, die dieser detaillierten beschreibung gerecht werden könnten, gar nicht damit nachkämen, erzeugt zu werden. du kannst also beruhigt davon ausgehen, dass der realitätsgehalt und die wirklichkeit "derartiger systeme" weit über ein bloßes introjekt hinausgeht."

- bezweifele ich auch gar nicht, mir ging es am meisten um die Verbindungsstellen von derartigem System und persönlicher Ebene. Groß geschrieben habe ich zum "Betonen".

"im übrigen: was hast du gegen wut? wut ist eine äußerst gesunde reaktion. die erste hilfsmaßnahme, die ein baby ergreift, wenn seine bedürfnisse verletzt werden ist die protestreaktion. und aggression tritt in menschlichen beziehungen vielfach dann auf, wenn die beziehung gefährdet ist. es gibt hunderte arbeiten darüber, der new yorker psychologe paul zak hat zB unlängst wieder beschrieben, wie der entzug von vertrauen, also eine störung der beziehung, zur unmittelbaren ausschüttung großer mengen des aggressionshormons dihydrotestosteron (dht) führt."

- finde ich sehr interessant. Gegen Wut habe ich nicht unbedingt was. Mich interessiert allerdings, wie weit diese Wut dann differenziert auftritt, oder z.B., inwieweit die ganzen Kognitionen immer feindseliger werden. Ansonsten siehe oben: mich interessieren besonders die Verbindungsstellen zwischen "derartigem System" und Person. Da kommt meines Erachtens dann erst wirklich was raus, der Output wird dann zwar quantitativ schmaler, aber qualitativ noch wesentlich ergiebiger.

"aggression, v.a. reaktive und emotional motivierte (also nicht die "kalte", gedanklich vorbereitete und kognitive elaborierte A.), scheint also ein versuch zu sein, schmerzen, die durch vertrauensentzug, demütigung oder vernachlässigung hervorgerufen wurden, zu bewältigen. zu empfehlen sind hier auch die leicht lesbaren veröffentlichungen von joachim bauer, z.B. "Prinzip Menschlichkeit":

- das ist eine interessante Geschichte, würde ich mir auch gerne näher ansehen.

"ich gerate in "gerechten zorn", wenn schon wieder mal jemand diese natürlichen psychophysischen reaktionen verkopft wegzurationalisiseren versucht;-)
gruß, s"

- also besonders gut verstanden fühle ich mich nicht von der Intention her. Es geht doch auch um die Effektivität von Wut oder um das Leerlaufen von Wut, das nur zu leicht in einem paranoiden Sackbahnhof enden und dauerkreiseln kann.

- besonders "anders", als Du möglicherweise annimmst, denke ich in Bezug auf das Unterdrücken oder Nichtunterdrücken von Wut, da bin ich nicht für das Unterdrücken oder Kontrollieren - das würde doch nur zu noch mehr Ausbrüchen führen - betrifft das Feld der Emotionsregulierung, das ich sehr spannend finde! Gruß zurück! Ubue

Monoma schrieb:
"deine antworten überfordern mich in einem gewissen sinne, weil mir dazu meist so viel einfällt, dass ich nicht hinterherkomme - das kannst du auch als kompliment verstehen ;-)"

:-) :-) :-)

zum punkt mit dem verfolgungsintrojekt: um das klarer werden zu lassen, wie ich meine damalige bemerkung meinte, ist es aus meiner sicht eigentlich notwendig, sich näher mit dem thema paranoia incl. ihren neurobiologischen grundlagen zu beschäftigen. das ist eh länger vorgemerkt, ich werde in den nächsten zwei wochen aber kaum dazu kommen. würde dann gerne an dem punkt weitermachen.

- Das ist eine ganz hervorragende Idee. Weißt Du, ich glaube, der Blog würde dadurch nochmal eine neue Ebene dazu gewinnen. es wäre Zeit, die soziologische und die psychologische Ebene öfter mal zusammenzuführen, diese führen doch oft ein Eigenleben.

Es entstünde dann wahrscheinlich noch eine übergeordnete, dritte Qualität. Du hattest doch mal bemerkt (finde das Zitat gerade nicht), das "Verfolgungsintrojekt" sei nur eine Art Nebenprodukt oder Beiwerk. Da habe ich widersprochen. Ich meine, Mertz würde da auch widersprechen.

Ich selber würde sagen: Je mehr und je besser man dieses Verfolgungsintrojekt erkunden würde, desto offener müßten doch auch die Antworten sein, zu denen man gelangt. Sonst wäre wie bei Hase und Igel das Verfolgungsintrojekt sozusagem immer schon erster. Das kann man auch sehr schön bei all' den quälenden Geschichten sehen, wo jemand im Stile eines heißgelaufenen Verfolgungsintrojekts sehr großen quantitativen Output hat - über Leserbriefe, Petitionen, Pamphlete, verteilte Zettel, Foren usw. usf. Beim üblichen "Querulanten" ist das dann in der Dosis bis ins Ansurde gesteigert (wobei er natürlich recht haben kann und das dann tragischerweise auch nichts mehr nützt).

Übrigens scheint es ungeheuer schwer, selber das eigene Quantum Verfolgungsintrojekt wirklich gut zu Gesicht zu bekommen. Es scheint dementsprechend auch fast unmöglich, einen Querulanten aus seinem ausufernden Heißlaufen herauszureden. Weißt Du, was dabei das Entscheidendste ist? Die wirkliche Kommunikation ist in diesen Fällen bereits völlig unterbrochen.

Deshalb glaube ich, die Analysen wären noch besser, wenn man bei systemkritischer Grundeinstellung auch sozusagen das "eigene Werkzeug" noch etwas säubert und besser zu verstehen lernt. Genau dies macht der übliche Paranoiker wohl nie. Man kann sich an den Extremfällen immer sehr viel abgucken auch über die milden Zustände, insofern wird das Thema eben auch für mich selber oder bei dem Thread hier interessant, ebenso bei allen Borderline-Geschichten, die ohne heftiges inneres Verfolgungsintrojekt via Kampfgeschehen doch letztlich undenkbar sind. Gruß Ubue

sansculotte (Gast) - 29. Apr, 10:39

Guter Punkt

ubue schrieb:
"Gegen Wut habe ich nicht unbedingt was. Mich interessiert allerdings, wie weit diese Wut dann differenziert auftritt, oder z.B., inwieweit die ganzen Kognitionen immer feindseliger werden."

Des Pudels Kern, würd ich mal sagen. Du weißt ja auch, dass Gefühle und Haltungen (von "Kognitionen" würde ich in dem Zusammenhang nicht sprechen), die nicht ausgedrückt werden dürfen, also sozusagen nicht in eine fließende Homöostase der Emotionen (da berühren wir die Emotionsregulierung) eingehen, durch gewisse Prozesse, die in den emotionsregulierenden Zentren des Gehirns (Amygdala, limb.System) stattfinden, verallgemeinert und fixiert werden. Das heisst: Wut, die verboten wird, verschwindet nicht so einfach. Sie bleibt bestehen, wird generalisiert und verfestigt. Noch schlimmer, wenn dann ein "Wut-Tabu" hinzukommt, also der vermeintlich bedrohliche "Rückstau" an Wut noch verdeckt und vertuscht werden muss, weil ihr Ausdruck gesellschaftlichen Sanktionen und Restriktionen unterworfen ist (aus ebendem dem Grund, dass er als "bedrohlich" erlebt wird) - dann wird diese "Emotionsregulierung" wirklich zu einem die gesamte Gesellschaft erfassenden Problem.

Ich glaube, wir leben in einer latent wütenden, aber diesen Umstand fast perfekt camouflierenden Gesellschaft. Die aus unseren gewalttätigen Anfangsbeziehungen herrührende Wut ist dermaßen weit verbreitet und generalisiert, dass sie nicht weiter auffällt: potenziell gefährliches und amokähnliches Verhalten im Straßenverkehr, die brutalen Intrigen im täglichen "Konkurrenzkampf" am Arbeitsplatz, rücksichtsloses Vorgehen in fast allen Lebensbereichen - das alles weist auf eine enorm hohes Niveau an verdeckter Wut hin.

Was verfestigte, aber camouflierte Wut im einzelnen anrichtet, kann ohnehin bei der bl-Persönlichkeit unverfälscht studiert werden: sie wird zum Wesenskern - d.h. sie bildet den Kern der Persönlichkeit und das einzige, was beim bl mEn authentisch ist, ist seine Wut. Da sie aber als extrem bedrohlich erlebt wird und selbst das kognitive Gerüst des Betreffenden zu überwältigen droht, wird sie zurückgedrängt, bis nur noch eine kaum wahrnehmbare Irritation übrig bleibt und ihre gewaltige Energie zur Aufführung der zahlreichen Simulationsspielchen des bl genutzt werden kann.

Ich fürchte, der bl "tut immer nur so als-ob", weil das einzig Authentische in ihm seine überwältigende Wut ist. Ließe sich das nicht auch therapeutisch nutzen?
Gruß, s

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