und noch einen drauf ("postmoderne", die dritte)

weil drüben die dokumentation des eigenen unverständnisses - wiederum kombiniert mit etlichen unverschämtheiten - neue blüten getrieben hat, nun also - und das soll dann auch endgültig genügen, weil ich aus meiner perspektive... nein, nicht alles, aber das meiste geschrieben habe, was ich im kontext für relevant halte - noch einige anmerkungen.

*

es fällt mir auf, dass "momorulez" (mr) augenscheinlich entweder überhaupt nicht oder nur selektiv liest, was ich schreibe - oder aber es nicht begreift. keine der optionen finde ich besonders angenehm. das gemeinte wird bereits in den allerersten sätzen deutlich:

"Gehört sich ja, wenigstens auf das, was dort drüben intersubjektiv noch irgendwie nachvollziehbar bleibt, ein paar Worte zu verlieren; wenn ich die chronische Verwirrung da lese, tut mir das leid und Emphatie setzt ein."

mal von den impliziten zuschreibungen (die sich sogar als stigmatisierend lesen lassen - auch "chronische verwirrung" ist ein diagnostisches kriterium) abgesehen, mit denen er interessanterweise genau das betreibt, was er ja seiner ansicht nach so tapfer bekämpft - "der ist zwar eine verwirrte arme sau, aber ich bin mal höflich und mitleidsvoll" - die "empathie" kann er sich sonstwo hinstecken, weil es sich dabei um ein beispiel genau für das handelt, was ich neulich schon mal zitiert hatte:

"virtuelle kommunikation ist nämlich in sich grundsätzlich immer und unter allen umständen eine simulative kommunikation. warum? weil die entscheidende bedingung der körperlich-materiellen präsenz der kommunizierenden wegfällt, was alle beteiligten zwangsläufig in den bereich der konstruktivistischen wahrnehmungssurrogate des objektivistischen bewusstseins hineinzwingt. ich kann mir niemals sicher sein, wer im chat, hinter der mail oder dem forumsnick steckt und noch weniger darüber, wie der aktuelle psychophysische zustand des anderen tatsächlich aussieht - beste projektionsflächen also, um sowohl meine eigenen fiktionen unterzubringen als auch zum objekt fremder fiktionen zu werden."

wer die virtuelle präsenz eines anscheinend anderen - woher will er denn wissen, dass er sich nicht mit einem programm, einem autorenkollektiv oder sonstwem streitet - umstandlos mit körperlicher realität gleichsetzt und derart dann "empathie" behauptet, was unter diesen umständen wie gesagt nur ein konstruktivistisches wahrnehmungssurrogat sein kann, weil sich authentische empathie nur im realkontakt einstellen kann, da ihre entstehung funktionell an die ganzheitliche wahrnehmung anderer körperlichkeit gebunden ist - als offensichtlich gleichwertig der realen und authentischen existenz betrachtet, macht damit schon deutlich, warum er die "postmoderne" so vehement verteidigt.

weiter:

"Das liegt daran, dass ich inmitten dieser Psycho-Diskurse aufgewachsen bin, wie bereits häufiger betont; wenn ich sowas wie eine “postraumatische Belastungssyndrom” habe, dann deshalb, weil ich meine Kindheit und Jugend inmitten von Psychoanalytikern verschiedenster “Schulen” verbracht habe, von Sozialpädagogen und “Psychagogen”. Und manchmal fühlt man sich dann wieder wie das Kind einst, das sich einer Mauer von Manipulationen, Zuschreibungen und Verdrehungen gegenüber sah (...)

gehen ich mal davon aus, dass das realität beschreibt, dann ist das für mr zwar bedauerlich - ich habe durchaus meine eigenen erfahrungen und auch standpunkte mit und gegenüber orthodoxen psychoanalytikern, die eine echte plage sein können und auch aus meiner perspektive eine kritik, die jedoch aus einer ganz anderen richtung herankommt - , kann aber keinesfalls dieses völlig unterschiedlose durcheinanderschmeissen von verschiedensten kategorien rechtfertigen (wenn es auch die hartnäckige fixe idee erklärt, die ich neulich schon mal festgestellt hatte). nochmal: wer die themen und inhalte dieses blogs hier unter "psycho-diskurse" verbucht, hat schlicht entscheidende positionen hier nicht wahrgenommen (oder aber will sie nicht wahrnehmen - eine anfängliche unterstellung, die für mich aber bezgl. mr mehr und mehr gewicht bekommt). ganz zu beginn des blogs hatte ich damals mal in groben zügen die thematiken umrissen:

"autistische zustände und ihre gesellschaftliche produktion und wirkung; psychotraumatisierungen als massenphänomene; lücken und blinde flecken in den heute verbreiteten menschenbildern; die ökonomischen zwangsstrukturen von arbeit und geld; neurowissenschaften und ihre bisherigen ergebnisse; borderline, soziopathie und als-ob-persönlichkeiten; psychiatriekritik; sowie einiges mehr."

und ich beziehe mich explizit auf weitgehend ausgeblendete, ignorierte und verdrängte aspekte dessen, was sich tatsächlich als "psycho-diskurse" in der gesellschaft manifestiert. dazu arbeite ich von beginn an ausdrücklich mit einem mir wesentlich realistischer erscheinenden modell, in dem die "psyche" nicht wie irgendein "geistiges" gebilde in ungreifbaren sphären herumspukt, sondern sich als ein - wenn auch besonderer - aspekt unserer materiellen körperlichkeit entschlüsseln lässt. die hartnäckigkeit, mit der ein mr nicht begreifen will, dass er weitgehend seine eigenen negativen erfahrungen mit einer psychologischen schule tatsächlich in der gegend herumprojiziert, löst bei mir inzwischen mehr als ärger aus.

"Das Unangenehme ist, dass, wenn man sowas schreibt, man dem gegenüber die Gelegenheit gibt, auf die Patholisierungsschiene auszuweichen und dann alles, was man sagt, von irgendwas “Krankem” abzuleiten, was als Praxis selbst zutiefst pathologisch ist, Mo, mag als Beispiel hierfür dienen; und da hilft dann nur Emphatie, ich gebe mir gerade Mühe."

nun, ich würde kindliche negative prägungen nicht per se als "krank" begreifen, wenn sie auch - und dafür sehen wir oben gerade ein beispiel - zu ärgerlichen wahrnehmungsverzerrungen mit der folge abstruser standpunkte führen können. die geradezu unbekümmerte dummheit, mit der mr dann für sich mit einer ptbs - ich würde schon fast sagen, kokettiert - bestätigt dann höchst überflüssigerweise den eindruck, dass er sich tatsächlich mit dem aktuellen wissensstand in bereichen wie der psychotraumatologie und den neurowissenschaften weder auskennt noch dafür ernsthaft interessiert und es lieber vorzieht, sich in der als-ob-freiheit seiner konstruktionen zu bewegen.

sonst wäre es ihm nämlich selbst peinlich, sich mit real traumatisierten menschen auf eine stufe zu setzen. und gerade bei diesem punkt weiß ich sehr genau, wovon ich rede.

"Wie tief diese Pathologisierungsschemata auch weiterhin die Gesellschaft duchdringen, das wird gemeinhin unterschätzt in Zeiten flächendeckender “Externalisierungen”. Nannte man früher Projektion, Mo nennt es “abspalten”, das jedoch setzt mir zu individualpsychologisch an; es sind Zuschreibungen, die man im Bezug auf Gruppen tätigt, um die je eigene Gruppe “rein” zu halten. So fördert man einerseits regierungsamtlich die Familie, wo massenhaft Väter ihre Töchter befingern, um dann im Netz und bei Schwulen Pädophilie zu wittern, z.B.. Meiner Ansicht nach sind große Teile der Psycho-Szenen genau von diesem Prinzip durchdrungen."

mal abgesehen davon, dass es zwischen abspaltung und projektion tatsächlich einen qualitativen funktionellen unterschied gibt, der sich auch nicht unbedingt "individualpsychologisch" begründet - ich würde hier ja anstatt "zuschreibungen" das wort konstruktionen benutzen, denn genau darum handelt es ich meiner meinung nach - in gesellschaften mit einem hintergrund wie dem, den ich hier dauernd versuche näher zu beschreiben, also mit einer dominanz jener verhängnisvollen form von (letztlich psychopyhsisch produzierter) "objektivität" sind derartige konstruktionen sozusagen das tagesgeschäft nicht nur für individuen, sondern auch für gruppen. die einschlägigen ergebnisse lassen sich in jedem brauchbaren geschichtsbuch nachlesen. und nein, ich bestreite durchaus nicht die existenz von konstruktionen - habe ich nie bestritten - und selbst nicht ihre de-konstruierbarkeit, ich sehe jedoch ihre tatsächlichen quellen ganz woanders als all die selbsterklärten de-konstruktivisten -
ein beispiel, anhand dessen es vielleicht deutlicher wird:

"konstruierte identitäten, die bis heute den kern der gesellschaftlichen geschlechterstereotypen bilden, sind beliebig austausch- und natürlich auch dekonstruierbar - aber das eigentliche problem versteckt sich eher dahinter: konstruierte identitäten bilden primär krücken für diejenigen, die aufgrund psychophysischer schäden die (körperlichen) grundlagen ihrer eigenen authentischen identität entweder nicht (mehr) wahrnehmen oder aber deren grundlagen erst gar nicht entwickeln konnten. aus dieser perspektive wird deutlich, dass bspw. sebastian b. eine sehr martialische, sehr reduzierte und sehr klassische "männliche" identität eher wie ein kleidungsstück genutzt hat, um die sichtbare tatsache der unfähigkeit zum eigenen authentischen sein quasi zu maskieren. und in diesem punkt unterscheidet er sich keinesfalls von millionen menschen, die sich mit derartigen konstruktionen ebenfalls durchs leben schlagen."

dieses von mir als "eigentliches problem" bezeichnete stellt tatsächlich aus meiner sicht einen, wenn nicht den wesentlichen knackpunkt in der diskussion dar: von der "postmoderne" wird dieser hintergrund nicht nur geleugnet, sondern zu gleich in gewisser hinsicht instrumentalisiert - aber dazu später.

"Ich greife jetzt selektiv aus dem verwirrten Konglomerat aus Ursprungsphilosophie, Ressentiments und einem Kurzschluss nach dem anderen zwischen zu trennenden Ebenen ein paar Punkte heraus, weil sie der Sache, die hinter den Diskussionen steht, vielleicht ein wenig Klärung verschaffen. Jene Passagen, die eher Dampf ablassen, lasse ich mal unkommentiert, das ist ja jedem zuzugestehen."

die frage ist, wer hier darüber bestimmt, welches die "zu trennenden ebenen" sind - auch mittels solcher praktiken werden wahrnehmungsverzerrungen produziert. und interessant ist auch zu sehen, welche passagen mr tatsächlich nicht kommentiert - ich bezweifle allerdings den für ihn angegebenen grund. das herablassende zugeständnis ist dann wieder mal was, wofür sich ein realer gesprächspartner zumindest von mir ordentlich was anhören dürfte. aber hier spricht ja primär eine in wahrsten doppelsinne des wortes virtuelle figur.

“der menschliche körper, seine möglichen zustände, grenzen und (funktions-)störungen sind das agens aller gesellschaftlichen bewegungen – sozial, politisch, ökonomisch, kulturell, technisch…”

Bei Foucault ist das umgekehrt: Das greifen die von Monoma genannten Dimensionen in Körperlichkeit ein, um zu disziplinieren und so nutzbar zu machen und Verhalten zu formen."


und? diese binsenweisheit - die jede/r mensch mit einem funken wahrnehmungsfähigkeit schon selbst in familie, schule etc. selbst erlebt haben dürfte - "sitz jetzt still!" - gehört zwangsläufig zum grundrepertoire jeder herrschaft, weil sie sich nur über die manipulation der körperlichkeit überhaupt durchsetzen kann. am sicht- bzw. nachvollziehbarsten ist das vielleicht am militärischen drill klassischer art, der von vorne bis hinten erklärtermaßen den umbau des rekrutenkörpers zum ziel hat.

aber: was nicht nur foucault meiner meinung nach ausblendet, ist das dialektische verhältnis, welches zwischen gesellschaft und körper besteht. und welches keinesfalls beliebig ist, sondern sozusagen determiniert: die gesellschaftlichen versuche der eingriffe in den körper sind determiniert und begrenzt durch die psychophysischen funktionsgesetze - begrenzt in der hinsicht, dass bei überschreiten der körperlichen möglichkeiten unweigerlich die zerstörung des menschen folgt; und determiniert in der art, dass sich alle manipulationsversuche nur an dafür empfänglichen und vorhandenen psychophysischen "bruchlinien" vollziehen können - ein "hartz-IV"-empfänger bspw. wird sich gegenüber gesellschaftlich induzierten versuchen der beschämung - zwecks produktion eigener minderwertigkeitsgefühle, "kleinhaltung" etc. - mit aller wahrscheinlichkeit umso resistenter zeigen, je mehr seine selbst- und fremdwahrnehmungsfähigkeiten, welche u.a. die basis für ein authentisches selbst-bewusstsein bilden, in seinem leben von den frühesten prägungszugänglichen pränatalen phasen an gefördert oder aber, um es mit theweleit zu sagen, "belebt" worden sind. und "prägungszugänglich" sind wir nicht deshalb, um uns beliebige manipulationen gefallen lassen zu müssen sondern deshalb, weil es unsere sinnvolle biologische ausstattung ist, die in einem mix aus genetischen und sozialen einflüssen dazu dient, in dieser welt nicht überleben, sondern uns bestenfalls voll entfalten zu können - ein experiment der natur, welches genialerweise trotz aller funktionsimmanten determinierungen sozusagen auch offene enden enthält (die leider auch extrem bösartig benutzt und ausgeschlachtet werden können).

die angesprochenen manipulationsversuche können also umso besser greifen, je mehr menschen bereits vorgeschädigt sind - "sollbruchstellen" - und andererseits müssen all diese versuche, wenn sie denn "erfolgreich" aus sicht der macht sein sollen, die möglichen kompensationsversuche des authentischen (primär körperlichen) subjekts berücksichtigen, ja in der logik bestenfalls ebenfalls für sich nutzen, die unweigerlich als determinierte reaktion dann auftreten, wenn ein subjekt an seinen implizit angelegten entfaltungsmöglichkeiten (die im übrigen durchaus begrenzt sind) im leben gehindert wird. alte ratgeber der kindererziehung, wie zb. derjenige der
johanna haarer, welcher für generationen in d-land verheerende folgen hatte, sind gefüllt mit ratschlägen und überlegungen genau zu diesen fragen.

bestenfalls - aus sicht der macht gelingt eine nutzung der kompensationsprozesse dann, wenn das subjekt seiner verdinglichung (denn das ist die determinierte wirkung von gewalt - die verwandlung vom subjekt ins objekt) nicht nur passiv zustimmt, sondern aktiv daran mitwirkt - und das kann nur dann gelingen, wenn eine transformation der bedürfnisse stattgefunden hat, naturgemäß und zwangsläufig ebenfalls ein psychophysischer vorgang. wenn bspw. eine aufgeschlossene neugier für unbekannte und fremde lebensarten sich verwandelt hat in eine angstbesetzte, defensive und abwehrende reaktion, die sich bspw. in spontanen ekelreaktionen beim anblick schwarzer haut äussert (oder meinetwegen auch beim anblick sich knutschender männer). solche reaktionen - und die existieren - verweisen deutlich darauf, dass die form der ideologie bei so ziemlich allen herrschaftsverhältnissen nicht das zentrale ist, der zentrale ort ebenfalls auch nicht "der kopf" (synonym für "bewusstsein"), sondern es sich um eine bestimmte nutzung bestimmter psychophysischer prozesse handelt - rassismus bspw. ist in dieser perspektive ausdruck einer bestimmten neuronalen konfiguration, untrennbar assoziiert mit basalen und primär körperlichen prozesssen.

ich will mit dieser zwangsläufig knappen skizzierung darauf hinaus: es ist meiner meinung nach unzulässig, den körper nur als passives objekt innerhalb von machtverhältnissen zu betrachten (wie es bspw. foucault für mich deutlich betreibt und damit ebenfalls in der westlichen logik verhaftet bleibt, den körper als "fremdes" zu betrachten - derart werden machtverhältnisse weiter reproduziert, ausserdem ist das, wie in früheren beiträgen skizziert, bereits als grundsätzlich ver-rückte, und auch pathologische selbstwahrnehmung zu betrachten), sondern tatsächliche emanzipation muss sich gleichfalls der erwähnten "bruchlinien" bewusst werden und praktiken entwickeln, die kompensationsangebote der macht für die geschädigten subjekte schlicht zu entwerten - und das kann nur mittels aktivierung der für mich implizit in den meisten menschen angelegten tendenz zur vollen authentischen subjektivität erreicht werden, letztlich ließe sich das auch mit dem begriff der gesundung bezeichnen. erst dann wären authentische individualität - und in der folge auch authentische kollektivität - als lebbare und verdammt attraktive lebensformen für die meisten überhaupt erst vorstellbar. aber auch für diese konstellationen brächte es eben die entsprechenden "neuronalen konfigurationen".

und da absehbar ist, was mr darauf wieder entgegnen wird, gleich als anmerkung: wer bei betrachtung der durchweg extrem gewalttätigen sozialen verhältnisse in den menschlichen gesellschaften historisch bis heute diese tatsächlich als "normalität" betrachtet - und das wäre der gegensatz zur "pathologisierung", die ich hier angeblich betreibe -, ist meiner wahrnehmung schwer wahrnehmungsgestört. niemand braucht mehr diese gesellschaft (und damit primär ihre mitglieder) zu pathologisieren, das macht sie tag für tag mittels ihrer praxis selbst deutlich. gewalt in solchen dimensionen führt genauso zwangsläufig zu pathologischen zuständen, wie sie gleichzeitig ausdruck derer ist. das könnte man spätestens dann begreifen, wenn man sich bspw. einmal mit den entsprechenden wissensbereichen wie der psychotraumatologie beschäftigt, oder noch besser, traumatisierten einfach zuhört. und es sich nicht voller vorurteile im elfenbeinturm konstruierter weltbeschreibungen (und nichts anderes ist die postmoderne, die in der zusammenfassung auf etwas hinarbeitet, was sich als totalitäres patchwork bezeichnen ließe) gemütlich macht, um von dort zu krähen "versteh ich nicht, will ich nicht, ist doof"

btw: was ich unter "authentizität" verstehe, ist durchaus in verschiedenen beiträgen - v.a. unter der rubrik basis - im blog nachzulesen.

weiter:

"Wer eine Tanzschule in den 50er Jahre besucht hat, wird dem expressiven Auseinandertanzen der 60er Jahre sehr dankbar gewesen sein. Da hat sich schon eine – letztlich kompensatorische – Revolution ereignet bei jenen, die mitzogen: Von der Dressur hin zu einem breiterem Körperspektrum. Das kann man dann wieder geißeln als Amüsement, das doch nur dazu dient, am nächsten Tag im Job zu funktionieren. Aber warum soll man noch abends in der Disco traurig sein und sich im eigenen Körper schlecht fühlen? Die Maximierung von Leid zu fordern, um die Revolution zu ermöglichen, meine Programmatik ist das nicht …"

soll das jetzt ein beispiel für das propagierte "sich selbst neu erfinden" sein? streiche ich das er vor "finden", so wird der satz wahrer - denn eher geht es hier um eine wiederfinden von potenziell vorhandenen optionen. es gibt tatsächlich auch leute, die mangels rhytmusgefühls o.ä. tatsächlich nicht tanzen können, die können dann auch nix finden. aber womöglich empfinden sie zb. einen gewissen sozialen anpassungsdruck, der sie kompensatorisch dazu zwingt, etwas ädaquates zu erfinden - sich einen scheinbaren ausweg zu konstruieren.

und klar sind das zwei seiten einer medaille - die macht "ist schlau" genug, kompensatorische nischen zu gewähren - einerseits aus zwang, weil in den eher moderneren herrschaftsverhältnissen die offene sklaverei bis zum zusammenbruch zumindest in den westlichen gesellschaften dann doch eher verpönt ist, und dementsprechend regenrations- und reproduktionsphasen eingeräumt werden müssen. zum anderen aber aus einsicht, dass kompensatorische belohnungen durchaus der engeren anbindung dienen können.

"Der Umgang mit Bedürfnissen ist natürlich zentral für Kultur und Gesellschaft. Wüßte jetzt auch nicht, wer das abgestritten hätte. Problem ist, wenn die Humanwissenschaften anfangen, den Leuten erzählen zu wollen, was denn ihr WAHREN Bedürfnisse seien. Das kann immer noch jeder selbst am besten beurteilen und aussprechen, sonst macht man das, was diese Forscher machten,die den Hartz IV-Satz auf 213 Euro runter rechneten."

na schön - "ich habe das dringende bedürfnis, heute abend schwule klatschen zu gehen"

mittels des verzichts auf die fundamentale unterscheidung von wahr und falsch manövriert sich mr hier in eine position hinein, in der er ganz am ende dazu gezwungen ist, zu formen einer objektivistischen moral - "das gehört sich aber nicht, weil böse und menschenverachtend" - zuflucht zu nehmen (die im übirgen noch nie jemand wirklich überzeugen konnte). ich räume durchaus ein, dass jemand, der den oben beschriebenen satz sagt, das durchaus selbst als "authentisch" empfinden könnte - bloß ist die - im ganzen, oder besser: bis in die letzte konsequenz betrachtete - dysfunktionalität der destruktiven aggressivität, welche am ende in irgendwelchen direkten oder indirekten formen, wenn auch über verschlungene und nicht ganz leicht zu verstehende umwege, den täter erreicht, ein starkes indiz dafür, dass es sich hier keinesfalls um authentizität handelt, sondern um den ausdruck einer bereits gestörten psychophysischen konfiguration, die entprechend verschobene bedürfnisse produziert. die beschriebene dysfunktionalität auch für die jeweils aktiven, die anscheinend und isoliert betrachtet zunächst tatsächlich von ihrem verhalten zu profitieren scheinen, wird dann deutlicher, wenn man sich bspw. die ökologischen folgen des konsums von allem möglichen scheißdreck betrachtet, die irgendwann, früher oder später, aber mit unabwendbarer sicherheit jeden konsumenten in seinem leben wie ein boomerang erreichen und schlimmstenfalls auch niederstrecken werden.

die "kritik der bedürfnisse" - da gab´s auch schon mal wesentlich weiterreichende erkenntnisse in der linken, die im zuge der "postmoderne" über bord gegangen sind - ist nicht nur legitm, sondern dringend nötig. ganz recht: "anything goes" ist genau die parole, die in die tonne gehört.

"2.) Wahrnehmung:

Hier fängt der Dissens an, aber auch das nicht so totalisiert, wie manche das gerne hätten. Ich denke, man muss die Postmoderne im Rahmen des “linguistic Turn” in seiner de Saussureschen Variante verstehen; und die Einsicht, dass Sprache sinnliche Wahrnehmungen beeinflusst, die ist unhintergehbar. Und Sprache ist Subjektivität vorgängig. Mich ALS Subjekt kann ich nur begreifen, wenn ich auf das Bedeutungsrepertoire der Alltagssprache zurück greife, sonst vegetiere ich nur.

Das ist gerade KEIN Sprachidealismus, weil die These nicht besagt, dass es nur Sprache gäbe oder die Welt sprachlich verfasst sei. Man kommt nur nicht umhin, sie mit zu analysieren, wenn man Weltbezüge untersucht."


"Man kommt nur nicht umhin, sie mit zu analysieren, wenn man Weltbezüge untersucht." arggh. ja, mit zu analysieren, meinetwegen. aber was um alles in der welt hat diese reduktion - übrigend eine, die typisch für die art der westlich-instrumentellen rationalität des objektivistischen typs ist - mit den angesprochenen wahrnehmungsoptionen des körpers zu tun? es gibt derart viel neben- und vorsprachliche kommunikation (so lässt sich bspw. mittels entsprechender bildaufzeichnungen zeigen, dass jeder sprachlichen kommunikation im realen leben unmittelbar - im spektrum von mikrosekunden - eine körperliche kommunikation mittels nicht bewusst wahrnehmbarer bewegungsmuster durch muskuläre reaktionen u.ä. zwischen den sprechenden vorausgeht - wenn Sie mit jemanden "face to face" reden, so kommunizieren Sie permanent auf mehreren ebenen, von denen uns nur die verbale sprache, mimik und wahrnehmbare körpersprache überhaupt direkt zugänglich sind; die letzteren dazu bereits im regelfall nur stark eingeschränkt in dem sinne, dass man schon die aufmerksamkeit darauf focussieren muss, um diese kommunikation "bewusst" mitzubekommen). die körper führen in gewissem sinne jeweils auch ein autonomes gespräch, dessen inhalte mitunter stark von der verbalen kommunikation abweichen können, was zu den den meisten von uns bekannten grundsätzlichen irritationen und verwirrungen in gesprächen entscheidend beitragen dürfte.

dazu: auch schweigen kann voll von botschaften sein, eine berührung voller information. ich bin mir wirklich nicht sicher, ob die focussierung auf die verbale sprache nicht eine typische folge der bevorzugung der optik bzw. chronischen überlastung der augen sowie der uns immanenten objektivistischen abstraktionsfähigkeiten darstellt.

genau aus diesem grund verweise ich auch nochmal auf den beginn dieses beitrags - da die "postmoderne" und der konstruktivismus in ihren konsequenzen auch daraus hinauslaufen, keinerlei unterschiede zwischen authentischer realität und virtuellen/simulierten "realitäten" mehr machen zu wollen / zu können, müssen sie zwangsläufig auch gesprochene und textsprache in den focus stellen, weil die anderen - primär körperlich basierten kommunikationskanäle - innerhalb dieser reduktionistischen "realitäten" nicht mehr existieren. die behauptung von "empathie" in diesem kontext ist wie schon dargelegt schlicht absurd bis lächerlich, weil alle bedingungen für authentische empathie - die der realen körperlichen präsenz bedarf - hier einfach nicht vorhanden sind. und nein, "sprachidealimus" ist das tatsächlich nicht - eher ein gewaltiger blinder fleck.

"Zum Begriff der Krankheit:

Es ist klar, dass ein Aphasiker nicht sprechen und ein Spastiker nicht laufen kann. Aphasie war immer ein großes Thema für die postmodernen Denker. Aber macht es Snn, bei Blinden und Gelähmten nun die Krankheit in den Mittelpunkt zu stellen? Da entstehen oft gerade Fähigkeiten, die toppen können, was ich so kann. Wiederum übersehe man nicht das PRODUKTIVE, also den KREATIVEN UMGANG MIT, aber selbstverständlich auch nicht die Möglichkeit von Leid. Natürlich leide ich darunter, wenn ich keine Beine habe. Ich habe vor nix mehr Angst als vor Parkinson oder Multipler Sklerose, deshalb rauche ich so viel, ich hoffe darauf, dass mich der Herzinfarkt vorher erwischt."


aus dem ersten satz lässt sich ein schluß ziehen, der mr sicher nicht passen wird: nämlich den, dass es tatsächlich so etwas wie eine art "norm", eine messlatte für das geben könnte, was sich als gesundes menschliches leben bezeichnen lässt - unser u.a. genetisch determinierter "bauplan" sieht im normalfall eben die existenz von zwei beinen und der sprachfähigkeit vor, und das störungsbedingte (worunter auch unfälle etc. fallen können) nichtvorhandensein oder der wegfall solcher und anderer fähigkeiten stellen einen tiefgreifenden einschnitt in das leben dar. die im zuge einer falsch verstandenen "political correctness" sowie ebenfalls unter (de-)kontruktivistischen einflüssen stattgefundene umbenennung bspw. von körperlicher oder geistiger behinderung in der terminus "menschen mit handicap" ist in der hinsicht typisch: mittels quasi sprachmagischer rituale wird hier eben keinesfalls der realen gesellschaftlichen situation von behinderten menschen rechnung gezollt, die sich nur durch entprechende handfeste und finanzielle verbesserungen der versorgung, der pflege etc. auch tatsächlich real verbessern ließe, nein - es wird ein absurdes konstrukt bzw. eine simulation von nicht vorhandener quasinormalität aufgebaut, welches die reale behinderung, die realen unterschiede, die daraus folgen, sowie auch die realen prozesse der trauer bei den betroffenen - über verpasste und nicht (mehr) vorhandene möglichkeiten bspw. - in ein schemenhaftes "ihr seid eigentlich so wie wir" umkonstruiert. was gleich in mehrfacher hinsicht regelrecht verräterisch ist: einmal wird die tabuisierung von krankheit und tod in dieser gesellschaft fortgeführt; zweitens werden reale grenzen und die existenz irreversibler zustände geleugnet - nicht alles ist machbar, nicht alles hat ein happy end - eine einsicht, die für die westliche kultur immer noch eine art schwerer narzisstischer kränkung darstellt. drittens: doch, krankheiten können reale unterschiede konstituieren - gehen Sie hin und fordern Sie einen rollifahrer zu einem hundert-meter-lauf auf, spätestens dann sollte das klar sein.

wer über den letzten satz empört ist: Sie könnten auch mir ein paar handlungsvorschläge machen, die sich im weitesten sinne um bestimmte formen menschlicher beziehungen drehen - und ich müsste einräumen, hier trotz einiger hart erarbeiteter zusätzlicher optionen in den gemeinten bereichen trotzdem irreversible und nicht nachzuholende verluste und defizite erlitten zu haben, die mich teils jahrelang massiv negativ beeinflusst, wütend und später traurig gemacht haben. meiner biographie, der familiengeschichte und im weitesten sinne unserer miesen historie incl. wk2 gschuldet - aber das kann ich nur in letzter hinsicht akzeptieren, wenn ich die daraus folgenden - und mir gesetzten endgültigen grenzen - akzeptiere. auch hier wieder: "anything goes" ist ein satz aus rosaroten märchenländern, aber nicht aus der authentischen realität.

btw: ich vermute ja hinsichtlich meiner bemerkungen zur westlichen philosophie generell aus den letzten beiträgen, dass diese angesprochene narzisstische kränkung bei den diversen philosophenmännern für die art ihrer konstrukte im hintergrund ebenfalls eine nicht unwesentliche rolle spielt.

weiter: die möglichkeit des kreativen umgangs mit behinderungen/störungen jeglicher art übersehe ich keinesfalls; das sind nämlich bspw. genau die kompensationen, die beim wegfall authentischer wahrnehmungsfähigkeiten bei psychophysischen behinderungen und krankheiten in form der konstruktionen des objektivistischen modus zb. bei soziopathen für ihre chamäleongleiche fähigkeit der mimikry innerhalb alltäglicher gesellschaftlicher strukturen sorgen, hier sei auf die basisbeiträge autismus und als-ob-persönlichekietn verwiesen. oder auch die von oliver sacks geschilderte frau mit störung ihrer propriozeptiven wahrnehmung im basisbeitrag zu pränatalen traumata. das finde ich aus einer gewissen hinsicht alles durchaus geniale lösungswege zwecks überlebens unserer psychophysischen struktur, andererseits haben die eben auch durchaus gerade im "psychischen" bereich teils fatale wirkungen, und zwar im extremfall eben nicht für die betroffenen selbst, sondern für ihre umwelt.

ebenfalls interessant ist an dieser stelle der hinweis auf die seitens mr erste relevante weglassung eines zentralen teils meiner argumentationen aus dem vorherigen beitrag - nämlich diesen:

"zwar mögen viele durchaus den gedankengang verfolgen können, dass bspw. eine "klassische" - also durch exogene erreger verursachte - seuche ganze gesellschaften in ihrem entwicklungsweg entscheidend beeinflussen konnte (siehe zb. die mittelalterliche pest mit all ihren spätwirkungen im sozialen leben), aber bei den sog. "psychischen" (= psychophysischen) störungen / krankheiten sieht das dann eher so aus, wie ich es früher einmal so umrissen hatte:(...)

diesen gedankengang nämlich weiterzuführen, bedeutet in konsequenz, die ganz reale möglichkeit dafür zu untersuchen und ins auge zu fassen, dass auch die inzwischen durchaus als epidemisch zu bezeichnende verbreitung der sog. "psychischen" (psychophysischen) krankheiten und störungen genau wie die großen seuchen der vergangenheit auf ihre ganz spezifische art und weise massiv in gesellschaftliche entwicklungen (wie sie auch ihr produkt darstellen) eingreifen können - ich habe im blog schon en paar reale beispiele dafür dokumentiert; die vielleicht eindrücklichste, wenn auch leider längst nicht einzige geschichte dieser art stellt aktuell immer noch der
israelisch-palästinensische konflikt. von den gleichfalls zu besichtigenden langzeitfolgen (über generationen) in allen gesellschaften mit kriegs- und/oder diktaturerfahrungen war ebenfalls schon öfter die rede.

damit müsste sich mr aber wieder in die niederungen der verpönten "psycho-diskurse" begeben - so ein ärger.

4.) “gerade bei den psychophysischen störungen gibt es nicht erst seit foucault die tendenz, hier von einer umfassenden gesellschaftlichen konstruktion auszugehen, mittels derer viele störungen überhaupt erst geschaffen werden.”

Das ist so nicht richtig. Es sind ja REALITÄTEN, die da geschaffen werden, nicht Konstruktionen. Und man muss schon hinlesen, was er konkret untersucht, die große These geht bei dem gar nicht. In “Sexualität und Wahrheit” sind Angriffpunkte der Psychoterroristen die “hysterische Frau”, der “Homosexuelle”, das masturbierende Kind – zum Beispiel. Das wird behauptet als das Anormale, dass sich der Funktion entzieht, für Bevölkerungswachstum in Zeiten der frühen Industrialsierung zu sorgen. Und diese dysfunktionalen Lüste werden dann einer Therapie unterzogen. Was er analyisert, ist dann nicht die Praxis des Wichsens, sondern den Wissensdiskurs, die sich da herum ranken und Therapien ersinnen, ganze Theorien entwickeln, was denn das für ein Wesen sei, “der Homosexuelle” – und das ist GESELLSCHAFTLICHE REALITÄT, das wirkt. Die Kellogschen Folterapparate, um Kinder von der Masturbation abzuhalten, die gehören da mit rein, und die machen was aus den Kindern.Nicht nur im Sinne der Repression, sondern sie produzieren ein bestimmtes Verhalten."


nein. es sind einerseits zunächst tatsächlich konstruktionen (hier in form diagnostischer modelle), welche gerade reale gesellschaftliche realitäten verdecke (oder besser: mittels simulationen ersetzen) sollen - das beispiel der
hysterie ist dafür tatsächlich ganz gut geeignet, um das aufzuzeigen (genauso wie ich borderline auch heute mindestens teilweise als vertuschungsdiagnose eingesetzt sehe). konkret am beispiel: es wird eine konstruierte "realität" (der "hysterischen", als solche quasi geborenen frau) simuliert, um dann mittels definitorischer und auch institutioneller/administrativer macht diese simulation in der realität zu verankern. bloß, und hier komme ich wieder auf die oben erwähnten auslassung foucaults zurück: er übersieht, dass sich konstruktionen/simulationen immer auf reale aspekte oder auch fragmente der realität beziehen müssen; das hängt mit der art und weise ihrer struktur und noch mehr mit ihrem produktionsort in der menschlichen struktur zusammen. die symptome der hysterie waren real, hatten einen realen ursprung und verursachten reales leid - sie waren tatsächlich authentisch real, während die umdeutung mittels konstruktion das eben nicht war.

und eine versuchte de-konstruktion bei diesem beispiel landet nach den prämissen der "postmoderne" dann eben zwangsläufig bei der behauptung, es gäbe so etwas wie die hysterie tatsächlich im ganzen nicht - und das ist in der form nicht nur falsch, sondern geradezu eine realitätswidrige leugung.

dazu sehe ich die beispiel der homosexualität sowie der masturbation grundsätzlich als qualitativ anderes, weil es dabei nicht um tatsächlich pathologische zustände geht, sondern um die konstruktion solcher. bezgl. der kinder sehe ich das als teil der üblichen traumatischen "erziehungspraktiken", und mr denkt an der stelle wieder nicht zuende, wenn er zwar von realität spricht und von wirkung, aber es unterlässt, auf die ebenen dieser wirkung hinzuweisen, die eben wieder primär körperlich sind. und rückwirken auf die realität, in sehr handfester und materieller form, und genau die folgen erzeugen, die er partout nicht sehen will.

bezgl. der foucaulschen analyse der konstruktion des "pathologischen" homosexuellen habe ich hingegen keine einwände, das finde ich selbst plausibel - allerdings sehe ich auch nicht wirklich die verbindung zum thema, welches aus meiner sicht die "postmoderne" ist.

"Und so entsteht ein “Bild” von “Die Sexualität” – über die Analyse der Abweichung vom reproduktiven Genitalsex zwischen so genannten “Heterosexuellen”. Diese “Bilder” konstruieren, was dann einer “Eigentlichkeit” und “Gesundheit” entgegen stünde – das ist unsere geteilte Realität, keine Konstruktion."

heterosexualität als bloße tatsache mit "gesundheit" zu assoziieren, ist tatsächlich quatsch. soweit konsens. jetzt kommen wir aber zu einem punkt, der eine unüberbrückbare kluft darstellt: jeder schwule und jede lesbe ist das produkt von heterosexualität. diese einfache tatsache sollte endlich einfach registriert werden, und der ständige versuch, sie mittels absurder konstruktionen quasi um die ecke aus der welt zu schaffen, dürfte nicht unmaßgeblich dazu beitragen, dass viele leute - nicht nur sog. "normalos" - von bestimmten diskursen der schwul-lesbischen szene untergründig ständig genervt sind. bezgl. der reproduktion unserer spezies ist heterosexualität tatsächlich die norm. das ist so, darüber lässt sich nicht diskutieren. alles andere ist freigestellt, aber der versuch, diese norm als quasi repressive konstruktion darzustellen, ist schlicht und einfach albern.

"Was dann später über Wowereit und Westerwelle beschrieben wird, bewegt sich in diesem Paradigma – dass also ERST die “sexuelle” Praxis da ist, und von der leitet man dann generell Verhalten ab. Und nicht etwa davon, ob sie zum Frühstück lieber Rühreier oder Spiegelei essen. Da bewegt sich Monoma dann wieder klar in einem Stigamtsierungsparadigma; könnte ja sein, dass deren sonstiges Verhalten gar nix mit dem zu tun hat, wen sie poppen oder von wem sie gepoppt werden."

wieder unterstellungen: natürlich ist es mir egal, ob hetero- oder homo oder sonstwas (etwas anderes stellen mögliche praktiken dar; sm betrachte ich bspw. bei angehörigen der "eliten" als durchaus aufschlussreich und relevant). anscheinend hat mr nicht begriffen, dass ich hier das verhalten vieler schwuler beschreibe, die die erwähnte karrieremöglichkeiten mit den benannten vertretern offensichtlich als beleg dafür begreifen, endlich innerhalb des systems "anerkannt" zu sein (und die auch nix anderes möchten, weil sie sich primär eben als schwule - und nichts weiter - begreifen). das dürfte eher unter selbststigmatisierung fallen.

ich überspringe ein paar sätze, um dann zu etwas ganz zentralem zu kommen:

"All das ist aber kein Votum gegen einen Begriff von Wahrheit; wir haben zu dieser nur keinen direkten, außersprachlichen Zugang. Deswegen schmecke, sehe und höre ich natürlich trotzdem, aber DASS ich höre, das ist bereits ein Satz. Der jedoch ohne Sinnlichkeit auch nicht formulierbar wäre. Es gibt da keine Verleugnung des Körpers.

Aber auch nicht “das Authentische”. In der Tat räumt die Postmoderne mit allen Entfremdungsfiguren auf. Wenn man Körper und mein Körpergefühl in den Disziplinen geformt wurde, dann IST das mein Körpergefühl, dem ich jedoch ein ANDERES Köprergefühl entgegen setz kann – das meine ich ja mit “Mich neu erfinden”: Durch die Praxis des zu Michael Jackson Tanzens kann ich wieder Souverän meiner Körperlichkeit werden, die in Sportunterricht,wo ich nicht so dolle war, in ANDERER HINSICHT GEPRÄGT WURDE. Das war dann aber nix, was einen Ursprung irgendwie überwölbt hätte, das war MEINE Tapsigkeit, und ich WAR diese Tapsigkeit."


"wir haben zu dieser nur keinen direkten, außersprachlichen Zugang." falsch. warum, ergibt sich aus dem, was ich weiter oben bezgl. der sprache geschrieben habe. im übrigen steckt in der behauptung implizit die verleugnung des körpers.

"Wenn man Körper und mein Körpergefühl in den Disziplinen geformt wurde, dann IST das mein Körpergefühl, dem ich jedoch ein ANDERES Köprergefühl entgegen setz kann – das meine ich ja mit “Mich neu erfinden”: Durch die Praxis des zu Michael Jackson Tanzens kann ich wieder Souverän meiner Körperlichkeit werden, die in Sportunterricht,wo ich nicht so dolle war, in ANDERER HINSICHT GEPRÄGT WURDE. Das war dann aber nix, was einen Ursprung irgendwie überwölbt hätte, das war MEINE Tapsigkeit, und ich WAR diese Tapsigkeit."

und das ist geradezu paradigmatisch für den größenwahn, der implizit ebenfalls in der "postmoderne" steckt und der die realität unserer körperlichen grenzen und der psychophysischen gesetze, in derem rahmen wir uns bewegen, schlicht ignoriert und als nicht existent leugnet.

1. wenn mein körper/körpergefühl repressiv geformt wurde, dann ist das zwar einerseits mein aktuelles, jedoch gleichzeitig verzerrtes körpergefühl. das kann gar nicht anders sein, weil sich die repression - wie weiter oben geschrieben - an vorhandenen bruchlinien innerhalb der psychophysis orientieren und agieren muss. repressive manipulationen, schlimmstenfalls schwerer traumatischer art, äußern sich grundsätzlich in symptomen, d.h. ausdrücken von funktionsstörungen innerhalb des eigentlich vorgesehenen, letzten endes per biologie angelegten funktionierens des körpers. ständige einschüchterungen bspw. können sich in einer bestimmten körperlichen haltung materialisieren - hochgezogenen schultern und angespannten nacken - , die sich dann durch den verlust der muskulären flexibilität, bedingt durch die ständige fixierung in einer einzigen position, chronifiziert. folge sind dann zb. hübsche kopfschmerzen. alles das ist eine behinderung ursprünglichen körpergefühls. welche - um bei diesem beispiel zu bleiben - schlimmstenfalls seit der frühzeit der kindheit existiert, und dann natürlich die gesamte (selbst)wahrnehmung und auch das selbstgefühl prägt. und natürlich ist das dann ein entfremdetes körpergefühl, und zwar entfremdet per behinderung der möglichen ungehinderten funktion.

soll ich wirklich alle möglichen symptome derart auf ihre möglichen ursprünge zurückführen? gerade im bereich der psychophysischen störungen erzählen symptome ganze geschichten, und wer sich auch nur etwas mit körpertherapeutischen verfahren auskennt, wird die beeindruckenden momente kennen, wenn bspw. teils jahrzehntalte in chronischer muskulärer verspannung befindliche formationen sich lösen und dabei nicht selten auch flashbackartige innere bilder der ursprungssituation der verspannung freisetzen - unbeschreibliche gefühle der erleichterung und befreiung bei gleichzeitigem teils schockartigem wiedergewinn ureigener authentischer körperlichkeit. ich weiß schon, warum ich vor über einem jahrzehnt in vielen diskussionen begonnen habe (noch vor meinen eigenen körpertherapeutischen erfahrungen), reich gegenüber foucault vorzuziehen - der erstere war trotz aller irrungen und bizarren abwege schon auf der richtigen spur.

2. bei den derart körperlich verankerten verzerrungen gibt´s kein einfaches "neu erfinden", schon gar nicht ist das per kopf und alleine möglich. hier gibt es eher das wieder - oder schlimmstenfalls auch das erstmalige - finden der eigenen authentischen körperlichkeit, die gleichbedeutend ist mit der aufhebung der entfremdung, und das ist meiner erfahrung ein prozess, den kaum jemand alleine schafft. und da hilft auch kein noch so toller groove - der kann höchstens erste ahnungen von den unterdrückten optionen schaffen, die da begraben sind.

gerade die veränderungen und verhaltensweisen des körpers in phasen der krankheit machen sehr wohl deutlich, dass es etwas wie eine authentische körperlichkeit, die ich mit mit dem begriff der gesundheit im sinne eines ständigen dynamischen prozesses gleichsetzen würde, in der realität gibt.

wenn man die behauptungen des mr mal etwas umformuliert, wird ihre entsetzliche sinnleere deutlich:

"wenn `mein körper´ (übrigens ist das schon eine verräterische sprachfigur) krebs hat, dann ist das mein körpergefühl, dem ich jedoch ein anderes körpergefühl entgegensetzen kann" - abber sischer. eine der leichtesten übungen für den postmodernen.

und nein, es zählt auch nicht der einwand, die behauptungen würden ja nur für spezifische gesellschaftliche prozesse und situationen gelten - mr formuliert das als grundsätzliches, was dann auch für extreme psychophysische zustände gelten müsste. das aber wird durch die alltägliche praktische erfahrung ständig widerlegt.

übrigens scheint mr auch nicht damit vertraut zu sein, dass kinder im regelfalle einen ganz natürlichen bewegungsdrang haben, der kombiniert mit der kindlichen flexibilität des bewegungsapparates zu jener fließenden und spielerisch leichten anmut selbst der banalsten bewegungen bei kindern führt, die ich heute als mittvierziger mit etwas schmerzhaftem neid nur bewúndern kann. und natürlich wird dieser ursprung durch entsprechende repressive prägungen verdrängt und überdeckt - die anscheinend vorhandene zuschreibung der "tapsigkeit" - ein konstrukt - ist von mr bedauerlicherweise erfolgreich internalisiert worden. interessanterweise ergibt das beim vergleich mit entsprechenden internalisierungen zb. von erwerbslosen ein ähnliches muster: "ich bin faul - das hat mir niemand erzählt, sondern das ist meine faulheit, die auch nicht irgendeinen ursprung überdeckt" - nein, und ganz sicher auch nicht bspw. den, der darin liegen könnte, sich mittels bestenfalls selbstbestimmter arbeit irgendwie sowohl ernähren zu können als auch sinnstiftende befriedigung zu finden (halte ich ebenfalls für einen teil unserer natürlichen grundausstattung), daran aber per überflüssigkeit innerhalb der kapitalistischen ökonomie existenziell bedeutsam gehindert zu werden. aber "ich bin natürlich faul".

*

ich mache hier mal einen cut, weil ich tatsächlich keinerlei lust mehr dazu habe, mich mit dieser ungenießbaren mixtur aus zusammengesampelten philosophischen versatzstücken und beleidigenden unterstellungen - "...das ist dann Stalinismus." / "...und will so asoziale Elemente wie Schwule, Arbeitslose, Intellektuelle etc. rauswerfen, weil die angeblich zersetzen. Diesen Unterton spielt ja monoma die ganze Zeit auf seiner Diskurs-Klaviatur." / "Dummdreistigkeit und herrenmenschlichen Überheblichkeit" etc. - weiter zu beschäftigen. die frechheiten des mr - der keinerlei schimmer von mir und meiner politischen biographie hat - lassen sich eher unter der rubrik "getroffene hunde bellen" zusammenfassen, und mit dem fazit soll´s denn auch genug sein. don´t waste my time. alle interessierten haben zumindest aus meiner sicht die möglichkeit, sich hier selbst ein urteil zu bilden.

ach, eins zum schluß - als verweis auf den ursprung des ganzen - dann doch noch:


"Denn sowohl Coca Cola als auch Michael Jackson waren schon vor zwanzig Jahren wohl das einzige und global bekannteste westliche Produkt, das auf jedem Fleck der Erde jeder kannte."

darüber lohnt sich dann das genauere nachdenken wieder.
sansculotte - 19. Jul, 11:23

Sprachfetischismus

Momorulez schreibt:
Ich denke, man muss die Postmoderne im Rahmen des “linguistic Turn” in seiner de Saussureschen Variante verstehen; und die Einsicht, dass Sprache sinnliche Wahrnehmungen beeinflusst, die ist unhintergehbar. Und Sprache ist Subjektivität vorgängig. Mich ALS Subjekt kann ich nur begreifen, wenn ich auf das Bedeutungsrepertoire der Alltagssprache zurück greife, sonst vegetiere ich nur.

Falsch, falsch, alles falsch.

Natürlich beeinflusst Sprache die sinnliche Wahrnehmung, aber die sinnliche Wahrnehmung ist vorgängig, sie ist das primäre Phänomen. Subjektivität ist unbedingt abhängig von der propriorezeptiven (körperlichen) Selbstwahrnehmung und die kommt auch ohne Sprache aus.

Die Phobie vor einem "sprachlosen Vegetieren" ist natürlich berechtigt. Wenn wir einen flüchtigen Blick auf die Psychotraumatologie werfen, dann ist es nicht schwer, zu erkennen, dass eine der wesentlichen Schwierigkeiten immer wieder darin besteht, das Trauma deklarativ zu erinnern. Das ist gerade das Konstitutive am Trauma: dass es sich eben nicht versprachlichen lässt. Und trotzdem ist es wirkmächtig wie kaum ein anderer Einflussfaktor in unserem Leben.

Sprachliche "Narrative" - wie sie die Postmoderne ständig in den Vordergrund rückt - spielen bei der Entstehung, Verarbeitung und Nachwirkung von traumatischen Erlebnissen keine Rolle. Jeglicher Sprachfetischismus ist hier fehl am Platz, das sogenannte "Narrativ", das vom Trauma erzählt, drückt sich nämlich auf alle mögliche anderen Arten aus: auf der Ebene, wie wir unsere Beziehungen gestalten, auf unmittelbarer körperlicher Ebene, in Zwängen, Ängsten, Panikattacken oder einfach nur neurotischen "Ticks".

Und nein, es ist nicht heilsam, das traumatische Erlebnis bloß zu versprachlichen. Die körperlichen Automatismen, die durch das Trauma in Gang gesetzt wurden, werden dadurch nicht aufgelöst.

Nicht die Einsicht, dass Sprache irgendetwas beeinflusst, sondern vielmehr die Tatsache, dass nichtsprachliche Traumata das ganze Leben beeinflussen, ist unhintergehbar.


ps. Hab ich übrigens auch dort, wo es hingehört gepostet, hoffentlich wird es freigeschaltet.

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