notiz: der wahnsinn der normalität

erinnern Sie sich noch an das zitat im letzten teil dieses beitrags?

(...)"Unsere Gesellschaft ist, was Armut betrifft, autistisch. Sie interessiert sich, wie viele Autisten, nur für Systeme. Sie diskutiert die "Agenda 2010", sie predigt den "Umbau des Sozialstaates", sie wägt den Vorteil von "Teilhabegerechtigkeit" gegenüber der "Verteilungsgerechtigkeit" ab, sie kennt tausende Statistiken über die deprimierende Lage auf dem Arbeitsmarkt. Sie spuckt Zahlen, Diagramme und Schaltpläne aus. Sie kann alles abstrahieren. Aber den Kontakt zu denen, die das betrifft, die damit klarkommen müssen, die darunter leiden, diesen Kontakt hat die Gesellschaft verloren. Sie ist unfähig, sich in die Lage armer Menschen hineinzuversetzen oder gar sie zu verstehen. Sie schildert stets eine völlig andere Welt, obwohl doch beide, die Mehrheitsgesellschaft und ihre Armen, in derselben Welt leben."(...)

die groteske derzeitige "diskussion" über die anscheinend wie aus dem nichts über die natürlich mal wieder völlig ahnungslose mehrheitsgesellschaft hereingebrochene "neue unterschicht" ist bei genauer betrachtung eine nachdrückliche unterstreichung der obigen these (und noch einiger anderer): es wird sich ausschließlich um begriffe gestritten, und dazu gibt´s eine ordentlich dosis realitätsverweigerung - etwa dann, wenn allen ernstes behauptet wird, dass die sog. "reform" namens "hartz IV" natürlich nichts mit der immer massiver werdenden verelendung ganzer bevölkerungsgruppen zu tun hätte - und sicher, wer würde denn überhaupt auf eine so abstruse idee kommen? das das bösartige demagogie ist, kann doch nun wirklich jede/r sehen - oder?

(...)"Erhielten am 21. Dezember 2004 noch 270 585 Berliner laufende Hilfe zum Lebensunterhalt, waren es ein Jahr später nur 8266 Personen. Dafür ist die Zahl der Berliner, die unter die Hartz-IV-Gesetze fallen - dazu zählt das neue Sozialgesetzbuch II -, im vergangenen Jahr explosionsartig gestiegen. Als Anfang 2005 Arbeitslosengeld und Sozialhilfe bundesweit zusammengelegt worden waren, zählten die Jobcenter 225 000 Bedarfsgemeinschaften mit 310 000 Menschen. Im März 2005 waren es bereits 279 000 Bedarfsgemeinschaften, im Oktober 314 000. Und bis April 2006 stieg die Zahl auf 335 000 Haushalte an."(...)

naja, großstadt halt, da ist ja alles ein bißchen extremer - aber woanders, zb. in einer kleinen niedersächsischen (nicht sächsischen!) stadt, sieht das bestimmt ganz anders aus. oder?

(...)"So etwa die Kunden der Tafel, deren Armut sie zwingt, sich regelmäßig in die langen Schlangen vor der Ausgabestelle einzureihen. Die ehrenamtliche Vorsitzende Monika Schmidt fühlt sich nach eigenen Angaben von der Politik im Stich gelassen. Viele wollten einfach nicht sehen, wie viel Armut es in Delmenhorst mittlerweile gebe. Und die Zahl derer, die auf die Unterstützung durch die Tafel angewiesen sind, steigt ständig. Laut Schmidt waren vor viereinhalb Jahren 67 Familien Kunden der Tafel, heute sind es 1447 Erwachsene und 492 Kinder, die sich in den Räumen an der Elbinger Straße regelmäßig Lebensmittelspenden abholen. Insbesondere mit der Einführung von Hartz IV habe sich die Lage dramatisch verschlechtert.

Erschütternd auch die Darstellung des Leiters der Parkschule, der darüber berichtete, dass viele Kinder zur Schule kommen und „richtig Hunger haben“. Aber auch in anderen Bereichen, wie etwa der Finanzierung von Klassenfahrten, sei die Armut deutlich spürbar."(...)

(danke an dieser stelle zum wiederholten male für die dokumentation dieser und vieler anderer meldungen an das forum auf der subfrequenz!)


schluß mit lustig - zahlen und statistiken sind zur genüge bekannt bzw. könnten es für alle interessierten sein. sie belegen nur in objektivistischer weise etwas, was seit jahren für alle auch nur noch leidlich wahrnehmungsfähigen menschen ziemlich deutlich ist, so wie der folgende auszug aus einem ebenfalls deutlichen kommentar:

(...)"Und mit Ausnahme einiger versprengter Linker in- und außerhalb der SPD sind sich alle Beteiligten in einem Punkt einig: Eine eigene Mitschuld an der sich ausbreitenden Armut und der Resignation vermögen sie nicht zu erkennen. Genau das ist die Lüge.

Beispiel Hartz IV: Zahllose Praktiker haben gewarnt, dass die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe vor allem Kinder und Jugendliche treffen werde, nicht zuletzt deshalb, weil ein Viertel der von der Kürzung Betroffenen alleinerziehende Mütter sind. Doch Beck, Kauder und ihre Mittäter kümmerte das nicht. Wenn sie jetzt angesichts der Verdoppelung der Kinderarmut in nur zwei Jahren über die Folgen klagen, ohne die eigene Verantwortung zu benennen, ist das bloße Heuchelei im Amt. Noch schwerer wiegt, dass sie die Verarmung der Verlierer bewusst vorantreiben, indem sie die Mehrwertsteuer erhöhen und eine Gesundheitsprämie einfordern. Beides wird wieder die Geringverdiener am härtesten treffen.

Beispiel 400-Euro-Jobs: Jeder Experte hat gewusst, dass die Begünstigung von Midi- und Mini-Jobs den Abbau regulärer Beschäftigung massiv beschleunigen würde. Doch die Gesetzesmacher der vermeintlichen Volksparteien scherte das wenig. Vielmehr förderten sie von der Befristung bis zur Leiharbeit alles, mit dem sich das Angebot an unsicherer, schlecht bezahlter Arbeit ausweiten ließ. Sich nun darüber zu beklagen, dass die so erzeugten Arbeitslosen ihre Bezüge mit Mini-Jobs aufbessern anstatt nach einem der neuen Hungerlohnjobs zu suchen, ist eine zynische Provokation."(...)


zynische provokationen stellen auch die reaktionen der kapitalistischen organisierten schwerkriminalität (deren gangs sich immer noch als "unternehmen" - nichts anderes sind ganz prinzipiell auch die diversen mafiösen vereinigungen, die sich zb.dem profitorientierten frauen- und kinderhandel, dem waffenschmuggel, dem organhandel und weiteren geschäftszweigen widmen - zu bezeichnen pflegen) auf die folgen der von ihnen mitverantworteten zustände dar:

(...)"Eine Realität, die sich so beschreiben lässt, bringt spezielle Sitten hervor. Die Hartnäckigkeit vieler Gläubiger ist so unfein wie die Lage, in die sie mehr und mehr geraten. Man hört zum Beispiel solche Geschichten: Anders als ihr Vorgänger Bewag übe die Energiefirma Vattenfall kräftig Druck auf säumige Kunden aus. Einer ihrer Klientinnen, erzählt Vetter, wurde der Strom abgedreht, obwohl die Mutter eines Säuglings durch die Härtefallregelung gesetzlich geschützt ist. Handyfirmen drohten mit Beugehaft. Fitnessstudios schickten Gerichtsvollzieher. Eine Inkassofirma hat das Konto einer Arbeitslosengeld-II-Empfängerin gepfändet, obwohl dort kein Cent zu holen ist. Gepfändete Konten werden schnell gesperrt, mit Schufaeintrag gibt’s kein neues, ohne Konto keinen Arbeitsplatz."(...)

mehr und mehr wird dadurch auch die bisher versteckte sozialdarwinistische selektion zur offenen:

(...)„Empfindungsschmerz“, nennt er das. Solchen Schmerz braucht das Land. Gillar lässt sich erzählen, wofür die Leute Geld ausgeben. Oft ist ihm unklar, wie sie über die Runden kommen. „Sie sparen an Essen und Körperpflege“, sagt er. „Glauben Sie, meine Klientinnen gehen zur Vorsorgeuntersuchung zum Arzt?“ Kürzlich erlitt eine junge, erschöpfte Mutter einen Hörsturz, im Krankenhaus diagnostizierte man Krebs. Erschreckend viele seiner Klienten sind im letzten Jahr an Krebs erkrankt."(...)

*

die durchsicht der aktuellen medienlandschaft ist eine einzige obszöne zumutung, die gestern selbst meine durchaus belastbaren selbsschutzmechanismen zum kollabieren gebracht hat - gleichmäßig verteilte wut und angst waren die folgen. neben dem schon oben angerissenen gibt es immer mehr und weitere indizien für eine unheilvolle antisoziale entwicklung, und zwar nicht nur in d-land:

eins:

"Die Kriminalität der rechtsextremen Szene in Deutschland ist offenbar nicht zu stoppen. Das Bundeskriminalamt hat von Januar bis Ende August schon fast 8000 rechte Straftaten registriert. Das sind über 20 Prozent mehr als in den ersten acht Monaten des Jahres 2005, damals zählte die Polizei 6605 einschlägige Delikte. Im Vergleich zu dem gleichen Zeitraum 2004 (5127 Straftaten) zeichnet sich sogar ein Anstieg um 50 Prozent ab.(...)

Gleichzeitig nimmt auch die Brutalität der Szene weiter zu. Von Januar bis August zählte die Polizei bundesweit 452 rechte Gewalttaten, bei denen 325 Menschen verletzt wurden. In den ersten acht Monaten 2005 waren es 363 Gewaltdelikte und 302 Verletzte."(...)


zwei:

"Die Deutsche Kinderhilfe hat die Misshandlung von Kindern als "nationale Katastrophe" bezeichnet. Es sei bedrückende Realität, dass fast täglich Kinder mitten unter uns gequält und getötet werden. Der Aufbau einer funktionierenden Kinder- und Jugendhilfe sei die aktuelle Herausforderung, hinter der vieles zurückstehen müsse."

drei:

(...)"In anderthalb Wochen jährt sich der Beginn der Banlieue-Unruhen vom vergangenen Herbst. Pünktlich zu diesem Datum wächst die Gewaltbereitschaft wieder, die Wut in Frankreichs Vorstädten kocht weiter. Die Zeitung "Le Monde" zitiert einen vom Innenministerium erhobenen "städtischen Gewaltindikator". Der sei im September - im Vergleich zum August - um ein Drittel angestiegen - auf 480 Angriffe auf Polizisten allein in diesem einen Monat. Arbeitslosigkeit, Wohnsituation - kaum etwas hat sich zum Besseren verändert, beklagen Vereine und Lokalpolitiker."(...)

vier:

(...)"In Wirklichkeit jedoch hat der globale Triumph des Kapitalismus die größte Welle von Grenzbefestigungen in unserer Geschichte ausgelöst. Der Erdball erinnert heute eher an das späte Römische Reich oder das China der Sung-Dynastie als an das Goldene Zeitalter des viktorianischen Liberalismus. Gut ein Dutzend Länder zieht derzeit den Eisernen Vorhang zu.(...)

Diese internationale Mauer ist keine bloße metaphorische Überhöhung nationaler Grenzen, sondern ein eng gefügtes System von Befestigung, Überwachung, bewaffneten Patrouillen und Internierungslagern, das sich über den halben Planeten zieht und mindestens 12000 Kilometer Festlandsgrenze abriegelt. Für verzweifelte illegale Grenzgänger ist es gefährlicher als einst der Eiserne Vorhang.(...)

Historisch gleicht die derzeitige Einmauerung des Westens jener Periode im zweiten christlichen Jahrhundert, als das Römische Reich von den relativ offenen, durch mobile Legionen geschützten Grenzen des julisch-claudischen Kaiserhauses zum massiven Limes der nachflavischen Herrscher überging. So wie sich die spätrömische Grenze aus verschiedenen Befestigungssystemen zusammensetzte (Hadrianswall, Limes Porolissensis, Fossatum Africae), besteht die Große Mauer des Kapitals aus drei kontinentalen Grenzregimen: der US-amerikanischen frontera, der Festung Europa und der Howard-Linie, die das weiße Australien von Asien trennt.(...)

Die Quäker-Hilfsorganisation American Friends Service Committee schätzt, dass im Lauf der letzten zehn Jahre mindestens 3000, vielleicht sogar 5000 Menschen ums Leben kamen: in Güterwagen vor Laredo erstickt, in Bewässerungskanälen bei El Centro ertrunken, im Organ Pipe Cactus National Monument verdurstet oder in den Bergen östlich von San Diego erfroren. Andere starben bei Buschbränden und Verfolgungsjagden mit der Grenzpolizei, oder sie wurden – wie Menschenrechtsaktivisten berichten – von Bürgerwehren in Arizona ermordet."(...)


was die inzwischen ebenfalls in die tausende gehende zahl der toten an den grenzen der festung europa anbelangt, so war hier im blog bereits genügend dazu zu lesen.

*

mörderische - und für die überlebenden, zu denen bis auf weiteres auch wir gehören, potenziell traumatische - zustände also, grundsätzlich nichts neues (zumindest für die, deren tellerrand - ein etwas seltsames synonym für wahrnehmung - weiter reicht als bis zum nächsten urlaub, der täglichen soap und der nächsten fälligen rate für die eigentumswohnung).

es gibt - und das wird nicht nur ein blick zb. in das dem zuletzt zitierten "zeit"-artikel angeschlossene forum zeigen - durchaus genügend leute, die eine oder auch mehrere der folgenden reaktionen zeigen: a) verleugnung, b) verdrängung, c) rechtfertigung.

um es klipp und klar zu sagen: diese leute sind mittäter und -täterinnen - anders lässt sich die entschuldigende akzeptanz oder gar rechtfertigung der a-sozialen und im schlimmsten sinne des wortes unmenschlichen zustände nicht benennen. in d-land ließe sich auch zusätzlich sagen: sie sind genauso gewollt-ungewollt bösartig wie ihre vorfahren im nationalsozialismus.

eine ganz wesentliche basis, ohne die sich eine derartige realität, wie wir sie erleben müssen, nicht entwickeln könnte, stellen die verschiedenen menschlichen wahrnehmungsmodi dar, die sich in einem ständigen wechselspiel mit der (sozialen) realität befinden, sie gestalten und gleichzeitig von ihr gestaltet werden. ich reite deshalb immer wieder auf diesem punkt herum, weil die wahrnehmung tatsächlich das nadelöhr bildet, durch das wir quasi zur welt kommen, aber die welt auch zu uns kommt. diverse als mit recht pathologisch zu begreifende zustände, in denen sich die menschliche wahrnehmung verfangen kann, bilden ein untrügliches merkmal für die verschiedenen, hier unter beziehungskrankheiten zusammengefassten störungen/krankheiten, zu deren symptomen u.a. (selbst-)destruktives und antisoziales agieren gehören kann. die tödlichen realitäten, die im ersten teil dieses beitrags thema waren, sind mindestens in ihren wirkungen traumatisch - viel schwerer ist es jedoch in der regel nachvollziehbar, dass mit einiger wahrscheinlichkeit gesagt werden kann, dass sie auch wiederum ihrerseits in traumatischen bzw. traumatisierenden verhältnissen ihren ursprung besitzen. und hier liegt imo auch die lösung einiger rätsel verborgen, die im zusammenhang mit den verheerenden entwicklungen auffallen:

- warum regt sich so wenig widerstand?
- warum kann das "teile-und-herrsche"-prinzip (spaltung) der herrschenden "eliten" bis jetzt so gut aufgehen?
- warum gibt es tatsächlich in den verarmenden bevölkerungsteilen nicht nur resignation, sondern auch eine teils stark ausgeprägte bereitschaft zu ressentiments gegen als noch schwächer/ausgegrenzter wahrgenommene menschen?
- welche bedeutungsebenen haben die grenzen, die auf dem planeten real gezogen werden?

um darauf möglichst zutreffende antworten zu geben, ist es nötig, sich tief und intensiv mit dem thema "trauma" zu beschäftigen, und wie angekündigt wird das der nächste blogschwerpunkt in den kommenden wochen und monaten sein, auf den ich mich ab jetzt konzentrieren möchte.
schorsch (Gast) - 17. Okt, 18:53

Traumaforschung - objektivistischer Umweg?

Ist angesichts der von dir wortgewaltig beschriebenen Exklusion, "Verschrottung" und Verrohung sowohl der Nutznießer als auch der "Verschrotteten" der Wertverwertung unter dem irrationalen Selbstzweck des Kapitals möglicherweise die intensive Beschäftigung mit Trauma (in diesem Zusammenhang!!!) eine objektivistische "Selbstkontrolle", die den direkten Weg zum Widerstand gegen die Verhältnisse verstellt oder zumindest massiv verlängert?
Bieten Traumaforschung, intensive Auseinandersetzung mit Traumatisierten und Traumatherapie tatsächlich die Möglichkeit genauere und v.a. den Widerstand fördernde Antworten auf die von dir gestellten Fragen zu finden?

"warum regt sich so wenig widerstand?"

Wenn wir davon ausgehen, dass in diesen Verhältnissen nicht alle traumatisiert sind (dann wäre der Begriff leer), sondern "nur" einige, dann bietet Traumadurchdringung eben auch nur in einigen Fällen mögliche Antworten auf deine Frage, denn auch nicht bei allen Traumatisierten werden wir durch Durchleuchtu7ng ihres Traumas gerade die Gründe für ihren mangelneden Widerstand finden. Und ob der eigene Widerstand als Überwindung der Ohnmachtsgefühle (das sehe ich schon, dass das geleistet werden müsste) dadurch kräftiger, klarer, zielgerichteter wird, dass man mehr über Trauma weiß, kann ich noch nicht logisch nachvollziehen ...

- warum kann das "teile-und-herrsche"-prinzip (spaltung) der herrschenden "eliten" bis jetzt so gut aufgehen?

Das muss ich doch wohl eher aus den sozial-ökonomischen Verhältnissen und aus den diese "erklärenden" Ideologien ableiten. Traumadurchdringung kann da höchstens eine begleitende Schärfung der Sicht für einen Teil der Gesellschaft bedeuten. Mir scheint die Gefahr einer Überstrapazierung des Traumabegriffs gegeben zu sein.

- warum gibt es tatsächlich in den verarmenden bevölkerungsteilen nicht nur resignation, sondern auch eine teils stark ausgeprägte bereitschaft zu ressentiments gegen als noch schwächer/ausgegrenzter wahrgenommene menschen?

Zusammenhang zur Traumatisierung scheint mir hier noch am ehesten möglich und produktiv zu sein. Aber auch hier habe ich Zweifel ...

- welche bedeutungsebenen haben die grenzen, die auf dem planeten real gezogen werden?

Hm!

Vielleicht bin ich auch momentan innerlich zu ungeduldig, aber ich kann nicht besonders gut erkennen, inwiefern Beschäftigung mit Trauma die Antworten auf die richtig gestellten Fragen tatsächlich fundamental schärfen könnte. Spontan erscheint mir dein Vorhaben eher als objektivistischer Umweg, auf dem erst einmal die Traumatisierten und die Ursachen der Traumatisierung vermessen werden sollen (als Objekt benennbar werden sollen), ehe du dich "traust" den Verhältnissen praktisch etwas entgegenzusetzen.

Ziemlich ungerkochte Gedanken, aber ich wollte sie so roh hier äußern!

LGS

mo (Gast) - 17. Okt, 21:57

guten abend,

deine anmerkungen und fragen bieten mir die gelegenheit, ein paar dinge zu präzisieren (vermutlich werde ich sowieso noch ein update hinterherreichen, weil mir - wie so oft - beim wiederholten lesen noch einiges durch den kopf gegangen ist).

Ist angesichts der von dir wortgewaltig beschriebenen Exklusion, "Verschrottung" und Verrohung sowohl der Nutznießer als auch der "Verschrotteten" der Wertverwertung unter dem irrationalen Selbstzweck des Kapitals möglicherweise die intensive Beschäftigung mit Trauma (in diesem Zusammenhang!!!) eine objektivistische "Selbstkontrolle", die den direkten Weg zum Widerstand gegen die Verhältnisse verstellt oder zumindest massiv verlängert?

kurze antwort: diese gefahr sehe ich v.a. dann, wenn sich die auseinandersetzung mit den traumatischen folgen der genannten gewaltverhältnisse alleine darauf beschränkt, die betroffenen wieder funktionsfähig machen zu wollen. in anbetracht des mainstreams in medizin/psychiatrie leider eine reale gefahr.

ieten Traumaforschung, intensive Auseinandersetzung mit Traumatisierten und Traumatherapie tatsächlich die Möglichkeit genauere und v.a. den Widerstand fördernde Antworten auf die von dir gestellten Fragen zu finden?


hier kann ich für mich deutlich mit ja antworten - warum ich das so sehe, wird sich aber im laufe des kommenden schwerpunkts hier so richtig erschliessen.

Wenn wir davon ausgehen, dass in diesen Verhältnissen nicht alle traumatisiert sind (dann wäre der Begriff leer), sondern "nur" einige, dann bietet Traumadurchdringung eben auch nur in einigen Fällen mögliche Antworten auf deine Frage, denn auch nicht bei allen Traumatisierten werden wir durch Durchleuchtu7ng ihres Traumas gerade die Gründe für ihren mangelneden Widerstand finden. Und ob der eigene Widerstand als Überwindung der Ohnmachtsgefühle (das sehe ich schon, dass das geleistet werden müsste) dadurch kräftiger, klarer, zielgerichteter wird, dass man mehr über Trauma weiß, kann ich noch nicht logisch nachvollziehen ...

selbst die mir bekannten "offiziellen" epidemiologischen zahlen bzw. schätzungen zur ptbs in verschiedenen regionen (gerade von offener gewalt betroffenen regionen) sind bereits erschreckend. die wahrscheinlich zu eng gefaßte definition der heutigen ptbs mitberücksichtigt, halte ich es für berechtigt, eher von einem massenphänomen zu sprechen (tradierte/transgenerationale traumata zb. miteinbezogen).

kognitives wissen alleine verändert nix, sicher. aber es kann zumindest grundlagen schaffen und womöglich - in kombination mit bestimmten, durch die verarbeitung diess wissen angergten emotionen - erkenntnisprozesse in gang setzen, die diesn namen auch wirklich verdienen.

gewalt - strukturelle und offene - verändert nun mal menschen, und zwar teils massiv und tiefgreifend, bis hin zur schädigung neurophysiologischer strukturen. das kann in sehr komplexer und unterschiedlicher art und weise passieren, aber eine der heute bekanntesten wirkkomplexe ist imo das, was unter trauma aktuell verstanden wird.

Das muss ich doch wohl eher aus den sozial-ökonomischen Verhältnissen und aus den diese "erklärenden" Ideologien ableiten. Traumadurchdringung kann da höchstens eine begleitende Schärfung der Sicht für einen Teil der Gesellschaft bedeuten. Mir scheint die Gefahr einer Überstrapazierung des Traumabegriffs gegeben zu sein.

mit dem letzten satz hast du z.t. recht, auch wenn mir dieses risiko sozusagen eher aus der bisherigen, fast völligen ausblendung der bedeutung traumatischer prozesse für die entwicklung ganzer gesellschaften zu kommen scheint (eine extreme gegenreaktion also, die sich aber nach einiger zeit vermutlich "einpendeln" dürfte).

ich finde, du machst einen denkfehler: sozial-ökonomische prozesse finden nicht im luftleeren raum statt, sondern können sich nur durch unsere körperliche - und damit auch psychische - realität vermitteln. sie werden durch diese realität beeinflusst und beeinflussen sie ebenfalls. ich kann mittlerweile keine gesellschaftlichen analysen mehr ernstnehmen, die quasi versuchen, sozusagen ohne menschen auszukommen. und an deren stelle beliebige abstraktionen setzen. der "homo oeconomicus" wäre ein extrembeispiel für ein solches vorgehen - ein reines konstrukt, auf dem dann später ganze weltbilder entstehen.

Zusammenhang zur Traumatisierung scheint mir hier noch am ehesten möglich und produktiv zu sein. Aber auch hier habe ich Zweifel ...

dieser punkt hängt für mich stark mit "teilen und herrschen" zusammen, und wieder behaupte ich, dass sich diese strategie der macht nur dadurch durchsetzen kann, weil es in den psychophysischen strukturen besonders von traumatisierten menschen dafür leider sehr gute hebelpunkte gibt.

Vielleicht bin ich auch momentan innerlich zu ungeduldig, aber ich kann nicht besonders gut erkennen, inwiefern Beschäftigung mit Trauma die Antworten auf die richtig gestellten Fragen tatsächlich fundamental schärfen könnte.

wie gesagt, ich hoffe, es wird während und nach dem traumaschwerpunkt deutlicher sein, warum ich so argumentiere, wie ich´s tue.

Spontan erscheint mir dein Vorhaben eher als objektivistischer Umweg, auf dem erst einmal die Traumatisierten und die Ursachen der Traumatisierung vermessen werden sollen (als Objekt benennbar werden sollen), ehe du dich "traust" den Verhältnissen praktisch etwas entgegenzusetzen.

*g* immerhin scheint es mir zu gelingen, den begriff objektivistisch weiter zu verbreiten.

nee, im ernst: bei meiner vorgehensweise hier im virtuellen raum, die selbst zwangsläufig objektivistische züge tragen muss, kann so ein eindruck natürlich nicht ausbleiben. mir liegt aber einiges daran, eher durch die kombination von psychotraumatologischem wissen und den sich daraus ergebenden konsequenzen in der betrachtung gewaltdurchtränkter gesellschaften die destruktiven prozesse in letzteren anders - und wie ich finde, auch besser - zu begreifen. und genau das setze ich mir für diesen schwerpunkt als ziel *latte hochleg*

und den verhältnissen lässt sich wirksam imo nur etwas entgegensetzen, wenn sie möglichst transparent gemacht worden sind - und ich bin der meinung, dass die konventionelle kapitalismuskritik da etwas zu kurz greift. aber das wird dir ja nicht unbekannt sein ;-)

Ziemlich ungerkochte Gedanken, aber ich wollte sie so roh hier äußern!

gar kein problem, feedback ist immer willkommen.
sansculotte (Gast) - 17. Okt, 22:39

Einige Antworten

Lieber Schorsch,

Du schreibst:
"Wenn wir davon ausgehen, dass in diesen Verhältnissen nicht alle traumatisiert sind (dann wäre der Begriff leer), sondern "nur" einige, dann bietet Traumadurchdringung eben auch nur in einigen Fällen mögliche Antworten auf deine Frage, denn auch nicht bei allen Traumatisierten werden wir durch Durchleuchtung ihres Traumas gerade die Gründe für ihren mangelneden Widerstand finden."

Doch! Die Unterhöhlung der persönlichen Ressourcen, die Angst, Ohnmacht und Handlungseinschränkung, sowie eine gesellschaftlich relevante erlernte Hilflosigkeit gehören zu DEN zentralen diagnostischen Kriterien einer posttraumatischen Störung. Außerdem kannst Du davon ausgehen, dass nicht "nur einige", sondern die meisten traumatisiert sind. Die Häufigkeit, mit der Traumatisierung stattfindet, verhindert, dass ihr fast permanentes Vorhandensein vor dem fehlenden Hintergrund nicht-traumatisierender Verhältnisse überhaupt noch wahrnehmbar ist.

Weiter schreibst Du:
"Und ob der eigene Widerstand als Überwindung der Ohnmachtsgefühle (das sehe ich schon, dass das geleistet werden müsste) dadurch kräftiger, klarer, zielgerichteter wird, dass man mehr über Trauma weiß, kann ich noch nicht logisch nachvollziehen ..."

Gar nix müsste, gar nix kann hier "geleistet" werden. An der "Überwindung der Ohnmachtsgefühle" arbeiten Traumatisierte oft ihr Leben lang. Die Ohnmacht ist für das Trauma konstitutiv. Eine Therapie, die es ermöglicht, diese posttraumatischen Symptome zu beseitigen, stärkt die persönlichen Ressourcen und damit die Fähigkeit zum Widerstand. Gerade darum ist die Beschäftigung mit dem Trauma und die Entwicklung einer effizienten Therapie so wichtig, wollen wir gesellschaftlich handlungsfähige Menschen haben.

Und schließlich:
"Das muss ich doch wohl eher aus den sozial-ökonomischen Verhältnissen und aus den diese "erklärenden" Ideologien ableiten. Traumadurchdringung kann da höchstens eine begleitende Schärfung der Sicht für einen Teil der Gesellschaft bedeuten. Mir scheint die Gefahr einer Überstrapazierung des Traumabegriffs gegeben zu sein."

"Überstrapazierung des Traumabegriffs"? Ooch, der Ärmste. Hoffentlich verkühlt er sich nicht auch noch. Das, was du hier betreibst, ist objektivistischer Hokuspokus. Eine gesellschaftliche Realität, die fast allgegenwärtig ist, kann gar nicht "überstrapaziert" werden.

Die Traumatisierung großer Teile der Bevölkerung wird systematisch betrieben. Armut etwa, wie sie durch Hartz IV und andere Grausamkeiten planvoll herbeigeführt wird, stellt durch die faktische gesellschaftliche Entmachtung, durch die darauf folgende soziale Deprivation und Einschränkung eine mächtige traumatisierende Grundbedingung dar. Große Teile der Bevölkerung werden dadurch systematisch in die "erlernte Hilflosigkeit" (Seligman) gezwungen, zur Lethargie verdammt, negativ konditioniert und in dysfunktionale Regelkreise gestoßen. Daraus entstehen dysfunktionale Familienverbände mit ungeheurem Gewaltpotential. Das, was dann noch bleibt, ist die Diagnose "strukturelle Gewalt", weil die Traumabedingungen dermaßen umfassend und generalisiert sind, dass sie kaum noch wahrgenommen werden.

Mit anderen Worten: das genau Gegenteil des von Dir Beschriebenen ist der Fall. Die Traumadiagnose verdeckt nicht die Verhältnisse, sondern die Verhältnisse verunmöglichen den klaren Blick auf die notwendige Diagnose: dass hier Traumatisierung am Werk ist und von den Eliten -wenn auch nicht gänzlich bewusst- so aber doch systematisch betrieben wird, weil sie das Gros der Menschen handlungsunfähig macht.

gruß, s
wildwuchs - 18. Okt, 01:49

stoppen wir den wahnsinn....

ähm..... ja, die tiefe und intensive beschäftigung mit dem trauma-thema wird bestimmt erhellende einsichten und weiterführende antworten geben. für leute, die in der psychotherapeutischen oder beratungsarbeit mit menschen zu tun haben, werden diese antworten auch neue wege aufzeigen und damit werden dann wohl allmählich über persönliche auch gesellschaftspolitische veränderungen angeregt werden ...... selbst wenn sich in der folge weiterer kürzungen im gesundheitsbereich ..... vorsicht, ab jetzt werde ich polemisch..... nur noch leute mit dickem geldbeutel (‚oberschichtler und oberschichtlerinnen’) diese beratungen und therapien leisten können. machen wir aus der not eine tugend und packen wir das übel an der wurzel. warum an den symptomen rumdoktern, wenn wir die ursachen, sorry, die verursacher des bestehenden teile-und-herrsche-prinzips kurieren können. dieser weg scheint mir verheissungsvoll: erstens ist die zahl ‚der-permanent-die-macht-an-sich-reissenden-sich-selbst-als-elite-definierenden’ gruppe kleiner als die zahl ‚der-sich- im-betäubungsschlaf-befindlichen-schafe’. zweitens ist die motivationsbereitschaft in dieser bevölkerungsgruppe höher und drittens sind die ressentiments gegenüber schwächer/ausgegrenzt wahrgenommenen menschen, wenn überhaupt vorhanden, wahrscheinlich leichter in konstruktives und soziales agieren umzusetzen. geben wir den strukturen unserer gesellschaft ihr gesicht zurück. schaffen wir kontakt zu denen, die für diese strukturen verantwortlich sind. stellen wir uns vor sie hin, schauen wir ihnen in die augen, setzen wir uns mit ihnen erst zusammen und dann auseinander. versetzen wir uns in die lage unserer elite und versuchen wir, sie zu verstehen. „Sie schildern stets eine völlig andere Welt, obwohl doch beide, die Mehrheitsgesellschaft und ihre Armen, in derselben Welt leben.“ fangen wir bei denjenigen an, die von diesen strukturen zwar materiell profitieren, deren realitätswahrnehmung aber einer verweigerung der realität gleichkommt, die schwer autistische züge trägt. stoppen wir die antisoziale entwickung unserer eliten durch gezielte erweiterung ihrer wahrnehmungsfähigkeit!

sansculotte (Gast) - 18. Okt, 10:31

Sorry

Es ist sonst nicht meine Art, in einem blog rumzufetzen, aber, sorry, die Sätze
"die tiefe und intensive beschäftigung mit dem trauma-thema wird bestimmt erhellende einsichten und weiterführende antworten geben. für leute, die in der psychotherapeutischen oder beratungsarbeit mit menschen zu tun haben, werden diese antworten auch neue wege aufzeigen und damit werden dann wohl allmählich über persönliche auch gesellschaftspolitische veränderungen angeregt werden"
zeigen nur eines:
dass Du nämlich von Traumatherapie wenig bis keine Ahnung hast. Nur wer null Schimmer von dieser Sache hat, glaubt, dass es hier um "Einsichten" ginge oder um "Antworten", die "neue Wege aufzeigen". Das ist eine Terminologie, die aus der Zeit der Psychoanalyse stammt (also seit mindestens fünfzig Jahren obsolet ist). Traumatherapie will nicht zu "Einsichten" führen, sondern die Menschen ihre Kompetenzen und Ressourcen, die sie aufgrund des Traumas nicht mehr in vollem Umfang nutzen können, wiedergewinnen lassen. Dazu gehört dann schon mehr als nur der verengte Blick auf (rein rationale) Einsichten und Antworten. Da der Mensch nicht nur aus seinen Kopfgeburten besteht, bezieht Traumatherapie alles Gefühle und den Körper mit ein. Dumm genug, das immer wieder erwähnen zu müssen - und dass das nicht schon längst selbstverständlich und Allgemeingut ist.
archenoe - 18. Okt, 20:29

Aggressive Borniertheit

Hi sansculotte,

du schreibst:
"'Überstrapazierung des Traumabegriffs'? Ooch, der Ärmste. Hoffentlich verkühlt er sich nicht auch noch. Das, was du hier betreibst, ist objektivistischer Hokuspokus. Eine gesellschaftliche Realität, die fast allgegenwärtig ist, kann gar nicht "überstrapaziert" werden."
Jeder Begriff kann überstrapaziert werden, eine "gesellschaftliche Realität" freilich nicht. Nur habe ich das auch nicht behauptet. "Objektivistischer Hokuspokus" deutet als Einwurf aug aggressive Ungeduld oder Borniertheit. Wie wäre es mit einem Argument?

Du schreibst:
"Mit anderen Worten: das genau Gegenteil des von Dir Beschriebenen ist der Fall. Die Traumadiagnose verdeckt nicht die Verhältnisse, sondern die Verhältnisse verunmöglichen den klaren Blick auf die notwendige Diagnose: dass hier Traumatisierung am Werk ist und von den Eliten -wenn auch nicht gänzlich bewusst- so aber doch systematisch betrieben wird, weil sie das Gros der Menschen handlungsunfähig macht."
Ich habe nicht behauptet, dass die Traumadiagnose die Verhältnisse verdeckt. Ich habe kritisch angefragt, ob angesichts der (auch von dir in ihrer negativen Wirkung nicht angezweifelten) Realität, die Beschäftigung mit Trauma nicht eine Art Umweg sein könnte.
Deine These, Traumatisierung werde von den Eliten (übrigens ein höchst ungenauer Begriff) zwar nicht bewusst, aber doch systematisch betrieben, um die Menschenmehrheit handlungsunfähig zu machen, ist einer Verschwörungsthese sehr nahe. Wenn wir von Extremtraumatisierung sprächen, gäbe ich dir Recht, weil der gezielte Einsatz von Folter z.B. tatsächlich Handlungsunfähigkeit erzeugen will. Wir sprechen aber doch, wenn ich das richtig verstehe, von widersprüchlichen Verhältnissen, in denen teils gezielte Traumatisierung vorkommt, zu größeren Teilen aber Traumatisierung eher als struktureller Horror auftritt. Oder nicht?

Du schreibst an einen anderen Schreiber:
"dass Du nämlich von Traumatherapie wenig bis keine Ahnung hast. Nur wer null Schimmer von dieser Sache hat, glaubt, dass es hier um "Einsichten" ginge oder um "Antworten", die "neue Wege aufzeigen". Das ist eine Terminologie, die aus der Zeit der Psychoanalyse stammt (also seit mindestens fünfzig Jahren obsolet ist)."
Du traust dich ja einiges. Das macht mir immer erst einmal Spaß. Nur, wie du es machst, ist doch ein wenig dreist. Die Psychoanalyse als "seit mindestens fünfzig Jahren obsolet" zu halten, ist, um das Mindeste zu sagen, umstritten. Ich sehe das, auch wenn du das anders siehst, z.B. nicht so.
Weiter schreibst du:
"Traumatherapie will nicht zu "Einsichten" führen, sondern die Menschen ihre Kompetenzen und Ressourcen, die sie aufgrund des Traumas nicht mehr in vollem Umfang nutzen können, wiedergewinnen lassen. Dazu gehört dann schon mehr als nur der verengte Blick auf (rein rationale) Einsichten und Antworten. Da der Mensch nicht nur aus seinen Kopfgeburten besteht, bezieht Traumatherapie alles Gefühle und den Körper mit ein. Dumm genug, das immer wieder erwähnen zu müssen - und dass das nicht schon längst selbstverständlich und Allgemeingut ist."
Warum diskriminierst du "Einsichten" als "rein rationale"? Ist dir klar, dass du nur deshalb auf diesem Begriff so herumhacken kannst, weil du ihn in diese verengte Ecke stellst? Können Einsichten nicht auch als psycho-physischer Prozess aufgefasst werden?
Dann kommst du überraschenderweise mit Begriffen wie "Kompetenzen und Ressourcen". Darin sind keine "gesamtkörperlichen" Einsichten eingeschlossen? Ich habe den Eindruck, dass du irgendeinen Frust auskotzt, den deine Vorposter nicht einschätzen können.
Schwierig auf dich zu antworten, weil du ein unergründlich hermetisches Wissen/Fühlen in Anschlag bringst, das angeblich anderen Grübeleien überlegen sein soll. Immerhin ist leicht erkennbar, dass es das nicht ist.
Also, was willst du? Willst du aggressiv borniert wirken? Wäre schade!

sansculotte (Gast) - 18. Okt, 22:05

Antwort an Schorsch oder Archenoe

oder to whom it may concern.

Zitat:
"Ich habe nicht behauptet, dass die Traumadiagnose die Verhältnisse verdeckt. Ich habe kritisch angefragt, ob angesichts der (auch von dir in ihrer negativen Wirkung nicht angezweifelten) Realität, die Beschäftigung mit Trauma nicht eine Art Umweg sein könnte."

Wieso ein Umweg? Die Beschäftigung mit Trauma zielt direkt auf das Wesentliche, nämlich auf die psychophysische Integrität jedes Einzelnen. Dass zu den traumatisierenden Bedingungen auch die ökonomischen Verhältnisse zählen, sollte endlich nicht mehr als Widerspruch zu einer ökonomischen Theorie der (Un)Gerechtigkeit, also etwa als Widerspruch zum Marxismus, sondern als fundamentale Ergänzung und logische Basis verstanden werden.

Zitat:
"Deine These, Traumatisierung werde von den Eliten (übrigens ein höchst ungenauer Begriff) zwar nicht bewusst, aber doch systematisch betrieben, um die Menschenmehrheit handlungsunfähig zu machen, ist einer Verschwörungsthese sehr nahe. "

Nein, weil eine "Verschwörung" eine bewusste Absprache voraussetzt. Das ist in dem Fall nicht gegeben. Die Handlungsweise der Eliten (ein nicht zufällig ungenauer Begriff) richtet sich lediglich nach den Handlungsoptionen, die sich ihnen eröffnen, im Kontext einer prinzipiell gewalttätigen Kultur, in der die Brutalität als Handlungsmuster immer wieder positiv verstärkt wird.

Zitat:
"Wenn wir von Extremtraumatisierung sprächen, gäbe ich dir Recht, weil der gezielte Einsatz von Folter z.B. tatsächlich Handlungsunfähigkeit erzeugen will. Wir sprechen aber doch, wenn ich das richtig verstehe, von widersprüchlichen Verhältnissen, in denen teils gezielte Traumatisierung vorkommt, zu größeren Teilen aber Traumatisierung eher als struktureller Horror auftritt. Oder nicht?"

Hmm, ich verstehe diesen strukturellen Horror als etwas, was einer Extremtraumatisierung sehr nahe kommt bzw. ihrem Vollzug den Weg ebnet.

Zitat:
"Du traust dich ja einiges. Das macht mir immer erst einmal Spaß. Nur, wie du es machst, ist doch ein wenig dreist. Die Psychoanalyse als "seit mindestens fünfzig Jahren obsolet" zu halten, ist, um das Mindeste zu sagen, umstritten. Ich sehe das, auch wenn du das anders siehst, z.B. nicht so."

Aha. Und warum nicht?

Zitat:
"Warum diskriminierst du "Einsichten" als "rein rationale"? Ist dir klar, dass du nur deshalb auf diesem Begriff so herumhacken kannst, weil du ihn in diese verengte Ecke stellst? Können Einsichten nicht auch als psycho-physischer Prozess aufgefasst werden?"

Natürlich, ja. Ich habe den Begriff der "Einsichten" allerdings lediglich konkretisiert, nicht diskriminiert. Für mich sind diese Einsichten nämlich nicht Selbstzweck, sondern lediglich ein Bestandteil der Gesundung, die eben im Wiedererlangen der persönlichen Ressourcen und Kompetenzen liegt.

Zitat:
"Dann kommst du überraschenderweise mit Begriffen wie "Kompetenzen und Ressourcen". Darin sind keine "gesamtkörperlichen" Einsichten eingeschlossen? "

Natürlich, auch. s.o.

Zum letzten Absatz, der in einer Ad-Hominem-Attacke mündet, werde ich natürlich nicht Stellung nehmen. Völlig überflüssig.
Claudia (Gast) - 18. Okt, 22:55

Wir wollen alle dazu aufrufen, sich klar zu ihrer Zugehörigkeit zur Unterschicht zu bekennen, denn die Reife einer Gesellschaft wie unserer wird nicht am reichsten ihrer Mitglieder gemessen, sondern an ihrem ärmsten! Wir wollen, dass nicht soziale Verwahrlosung eines kleinen Teils der Gesellschaft, als "abgehängtes Präkariat" bezeichnet und als "Unterschicht" diffamiert, zum Charakteristikum dieser Unterschicht wird. Wir wollen, dass die Zusammengehörigkeit aller Menschen in unserem Land sich gerade an ihrer Solidarität untereinander festmacht und die bewusste Abgrenzung gegen die verbrecherisch alle Ressourcen und Mitmenschen ausbeutende Oberschicht die Unterschicht charakterisiert!

Und darum sagen wir heute solidarisch: Wir sind das abgehängte Prekariat! Wir sind die Unterschicht! "Armut und Arbeitslosigkeit in Deutschland" ist das Unterschichtenblog!

mo (Gast) - 18. Okt, 23:31

nur mal zwischendurch...

...ich werde leider frühestens übermorgen, eher erst am wochenende wieder dazu kommen, hier mitzudiskutieren - und ich finde etliches, zu dem ich gerne meinen senf abgeben möchte. und streitet euch ruhig weiter, aber denkt bitte an die tücken des virtuellen raumes (begünstigt viele mißverständnisse ;-)

gruß in die runde,
mo

henrietta (Gast) - 19. Okt, 09:32

wer hat die schönsten Schäfchen......
monoma - 19. Okt, 23:06

und? einfach nur etwas herumtrollen, oder möchten Sie etwas mitteilen? wenn ja, dann bitte nicht in kryptisch.
archenoe - 21. Okt, 17:10

Warum erscheint nach deinen Beiträgen nie die Antworten-Funktion?

Ok,
zu deinen (sansculotte) und meinen (archenoe) Ausführungen: wir haben offensichtlich Denkgemeinsamkeiten und -unterschiede.
Ad hominem sprichst du nicht? Interessant!

Schönes Wochenende (wenn das so von Mensch zu Mensch erlaubt ist zu wünschen)
Schorsch
sansculotte (Gast) - 21. Okt, 23:18

Nice to meet you

Hallo Schorsch,

"Warum erscheint nach deinen Beiträgen nie die Antworten-Funktion?"

Das kann ich Dir leider nicht beantworten. Könnte es mit der Anmeldung zu tun haben? Jedenfalls ist es am einfachsten, auf den nächstübergeordneten Beitrag zu antworten, dann müsste die Antwort direkt unter dem Vorpost aufscheinen.

"Ok,
zu deinen (sansculotte) und meinen (archenoe) Ausführungen: wir haben offensichtlich Denkgemeinsamkeiten und -unterschiede."

Macht ja nischt. Wir können uns ja trotzdem darüber austauschen.

"Ad hominem sprichst du nicht? Interessant!"

Nein, ich sprach nur von "Ad hominem-Attacken", also aversivem Verhalten ;-). Ansonsten bin ich leider Choleriker. Aber auch das geht vorbei ;-) Wünsche Dir also auch ein schönes Wochenende,
s

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