notiz: kreuz und quer - ein infomix

ach, hätte ich doch heute nachmittag nur dem impuls nachgegeben, irgendwo ein nettes fleckchen in der sonne zu besetzen - stattdessen habe ich angefangen, im netz zu stöbern. ergebnis: rauchender kopf und schlechte laune. ein paar gründe dafür folgen nun.

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das kuddelmuddel rund um die möglichen staatsbankrotte in der sog. euro-zone mitsamt "rating-agenturen" (private unternehmen, von nichts und niemandem legitimiert - soviel zur realen machtverteilung in den demokratiesimulationen),
medialer hetze, undurchsichtigen motivationen seitens politik und ökonomie, währungsfragen etc. finde ich sehr schwierig zu begreifen - war die erste phase der krise diesbezgl. schon nicht "ohne", wenn auch durch die direkte, besser offensichtliche involvierung der bankster nicht völlig abstrakt, so ist das jetzige geschehen sozusagen auf einer anderen ebene angesiedelt, wenn auch mit strukturell gleichen inhalten und beteiligten. aber eben auch schwerer durchschaubar, und darum auch leichter in der wahrnehmung vieler zu manipulieren. ich habe mir die foren der offen reaktionären medien erspart, bereits die "liberalen" reichen da völlig aus - vom plumpen nationalismus gegen inzwischen "die südländer" bis hin zu etwas, was ich als europäischen chauvinismus gegen " die anglo-amerikaner" bezeichnen würde, reichen viele reaktionen vom standard über die süddeutsche bis zur fr (von spon und zeit einmal ganz ab). sicher, es gibt dort auch ein ganze menge relativ rationales (im besseren sinne gemeint) - aber eben auch zu vieles der ersteren sorten. macht mir ein dumpfes, beunruhigendes gefühl in der bauchgegend - klar gibt es innerimperialistisches interessengerangel zwischen usa/uk und der eu - aber hier sind nicht nur belege für etwas sichtbar, was sich als identifikation mit der eigenen herrschaft bezeichnen ließe, sondern auch erste schritte im massenbewusstsein auf - potenzielle - kriege. wird mir ganz anders, wenn ich solche sachen lese. bitte bei bedarf selbst herumstöbern. ansonsten verweise ich für den moment speziell zu griechenland auf das, was im verlauf dieses beitrags zu lesen ist.

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ich esse ja und mag aus diversen gründen schon seit jahren kein fleisch mehr, aber unabhängig davon ist die folgende
meldung zum treiben eines alten bekannten durchaus auch für vegetarierInnen interessant und wichtig:

"Mit einem Patentanspruch auf Schinken und Schnitzel ist der Biotechnik-Konzern Monsanto erneut in die Kritik geraten. Das US-Unternehmen will sich beim Weltpatentamt in Genf bestimmte Schweineprodukte als Erfindung schützen lassen.

Es geht um das Fleisch von Tieren, die mit gentechnisch manipulierten Pflanzen gefüttert wurden." (...)


"monsanto" würde ohne weiteres, wenn man sie denn lässt, alles und jedes in der lebendigen welt als produkt patentieren - wenn man bspw. mich denn ließe, würde ich diese schwer kriminelle bis deutlich terroristische organisation in form eines sog. "unternehmens" auf der stelle entschädigungslos enteignen, ihre strukturen zerschlagen und sämtliche verantwortlichen personen dazu verdonnern, den rest ihres lebens für entschädigungen an ihre zahllosen opfer weltweit zu arbeiten - vorzugsweise in der landwirtschaft (bioanbau - ich weiß aus eigener erfahrung, wie diese arbeit körperlich schlauchen kann). und mit "verantwortlichen personen" meine ich übrigens auch lobbyisten und die befehlsempfänger der bande in der sog. politik. herrje, man wird doch wohl noch träumen dürfen.

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aktuell stellen sich aber eher alpträume ein - wie schon öfter hier thematisiert, sind (deutsche) knäste nicht wirklich orte, an und in denen sich irgendjemand mit menschlichen empfindungen aufhalten sollte (okay, ein paar ausnahmen würden selbst mir einfallen) - aber was bleibt einem noch
hierzu zu sagen übrig?

"Unmenschliche Verhältnisse: In den nordrhein-westfälischen Frauengefängnissen müssen Schwangere in Hand- und Fußfesseln entbinden. Eine Praxis, die im Düsseldorfer Justizministerium nicht bekannt ist, von der aber Hebammen berichten. Die absurde Begründung: Fluchtgefahr. (...)

Die junge Frau sitzt zurzeit wegen eines Drogendelikts in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Köln. Als ihr Geburtstermin für den 5. Mai errechnet wurde, zeigten sich die Behörden gnädig und stellten ihr ab diesem Tag Haftverschonung in Aussicht. Dann drängte Lars doch früher auf die Welt, was den Richter nicht sonderlich beeindruckte. Antes blieb in Haft, Lars kam zu einer fremden Familie nach Bonn in die Kurzzeitpflege. Immerhin: Mutter und Kind werden "nur" drei Wochen lang getrennt sein. Andere Häftlinge sehen ihre Säuglinge erst nach Monaten wieder. Manche auch überhaupt nicht.

"Das ist, als würde man hilflos ins Weltall geschossen, ohne jeden Kontakt zur Bodenstation", sagt Ursula Volz von der Internationalen Studiengemeinschaft für pränatale Psychologie. "Damit legt man den Grundstein für die nächste Generation von Straftätern", sagt Julia von Seiche, die Vorsitzende des Aktionskomitees Kind im Krankenhaus. Volz und von Seiche gehören zu einer Gruppe von Experten, die sich jüngst an die FR wandten, weil sie die Verhältnisse in nordrhein-westfälischen Frauengefängnissen für unmenschlich halten.

Zu diesen Verhältnissen gehört nach deren Kenntnis nicht nur die Trennung von Mutter und Kind unmittelbar nach der Geburt. Zu diesen Verhältnissen gehöre auch, dass Frauen in Hand- und Fußfesseln zum Gynäkologen gebracht werden - und im Einzelfall sogar gefesselt entbinden mussten. Eine Praxis, die im Düsseldorfer Justizministerium "nicht bekannt" ist, von der aber Hebammen, der Sozialdienst Katholischer Frauen und die Corneliusstiftung sagen: "Wir wissen, dass es das gegeben hat." (...)


jaja, der rechtsstaat - dieser begriff ist bekanntlich wortwörtlich zu nehmen. die vorstellung einer gebärenden in handschellen und fußfesseln ist unbeschreiblich, zumindest für mich (und glauben Sie mir bitte, dass ich mir so einiges an wirklich krankem zeug vorstellen kann). neben allen anderen finsteren aspekten ist das wirklich auch als schwere körperverletzung an den säuglingen zu werten, und die zitate der beiden frauen oben in der mitte sind leider überhaupt nicht so absurd, wie sie sich vielleicht für einige darstellen mögen - um das nachzuvollziehen, empfehle ich eine nähere beschäftigung mit den bisher bekannten eigenheiten der
pränatalen phase.

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der gedanke ist nicht sehr abwegig, dass bei unter solchen umständen (dazu gehören auch die problembelasteten, also im regelfall massiv gestressten, schlimmstenfalls gleichgültigen mütter) geborenen menschen auch ihre
spiegelneuronen nicht so arbeiten, wie´s eigentlich in unserem genetischen code vorgesehen ist (der verlinkte beitrag ist schon sehr alt, aber wie ich gerade feststelle, passt der inhalt perfekt). inzwischen sind neue erkenntnisse zu dieser spezifischen gruppe von neuronen bekannt geworden:

(...) "Gemeint sind damit Neuronen, die im Gehirn einer Person aktiv werden, die ein Verhalten oder auch Gefühle bei anderen Menschen beobachtet. Die senso-motorischen Aktivierungsmuster sollen denen ähnlich sein, die entstehen, wenn eine Person selbst etwas macht oder fühlt. Daher wurden die Spiegelneuronen, deren Existenz man aber bislang bei Menschen nur indirekt nachweisen konnte, auch als Grundlage für Wiedererkennung, Lernen, Nachahmung und Empathie bezeichnet. Sie sollen den neuronalen Mechanismus darstellen, mit dem man andere Menschen verstehen kann, indem man sich an die Stelle eines anderen versetzt, um so etwa erkennen zu können, ob jemand lächelt oder grinst, ob er Angst hat oder Schmerzen empfindet.

Nun wollen Neurowissenschaftler der University of California, Los Angeles, erstmals einen empirischen Nachweis für die Existenz dieser Neuronen bei Menschen gefunden haben, die das Spiegeln oder nachahmende Kopieren von Gehirn zu Gehirn ermöglichen. (...)

Möglicherweise ist dies aber auch ein Mechanismus, der die Menschen, die sich beobachten, einander ähnlich macht, also zu einem konformen Verhalten führt. Das kann offenbar nicht nur in körperlicher Anwesenheit geschehen, sondern auch medial vermittelt. Und natürlich würden Spiegelneuronen, sollten sie tatsächlich automatisch Verhalten und Gefühle anderer reproduzieren, nicht nur Empathie fördern, sondern auch Wut, Panik oder Aggressivität." (...)


finde ich alles sehr interessant, gerade auch die letzten sätze. bei weiterer verifikation wären eigentlich teils recht drastische konsequenzen in verschiedensten gebieten fällig - das fernsehprogramm wäre da nur ein bereich. ist vorgemerkt für einen eigenen beitrag.

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zum abschluß eine meldung, über ich nur zufällig gestolpert bin - und die sofort zu hochgezogenen augenbrauen geführt hat -
Nationalgarde soll in Chicago einmarschieren:

"Mit einem drastischen Schritt wollen Politiker die rasant steigende Anzahl von Morden und Gewaltverbrechen in Chicago bekämpfen. Weil die Polizei mit der Lage in der drittgrößten US-Stadt offenbar überfordert ist, sollen künftig Soldaten der Nationalgarde für Sicherheit auf der Straße sorgen.

Die Entwicklung ist dramatisch. Seit Beginn des Jahres wurden 113 Einwohner der Stadt am Michigansee ermordet. Damit starben genau so viele Zivilisten in den Straßenschluchten der Stadt wie US-Soldaten bei ihren Kriegseinsätzen in Afghanistan und im Irak. Allein in einer Nacht der vergangenen Woche verzeichnete die Polizei sieben Todesopfer und 18 Schwerverletzte. In den meisten Fällen spielten Schusswaffen eine Rolle. (...)

Den Eindruck, dass bald Panzer durch die Stadt rollen, wollen Fritchey und Ford dabei nicht aufkommen lassen. Nach ihrem Plan sollen die Gardisten in den besonders von Gewalt betroffenen Stadtvierteln Einsatzteams mit der regulären Polizei bilden. Damit solle die Präsenz der Sicherheitskräfte auf den Straßen deutlich erhöht werden. Auch Geld ist ein Thema: Die klamme Stadt Chicago kann sich derzeit keine neuen Polizisten leisten. Einen Einsatz der Nationalgarde müsste zumindest teilweise der Bundesstaat bezahlen. (...)


und das wäre dann nach
italien der zweite, westliche nato-staat, in dem im zuge der krise militärische formationen "legal" in großstädten auftauchen würden - ebenfalls unter dem label der "kriminalitätsbekämpfung". nun dürfte eben die dargestellte (gewalt-)kriminalität mittelbar ebenfalls zu den (in maßen tolerierten, weil aus elitärer sicht nützlichen) krisenfolgen zählen - die deklassierten gehen sich selbst an die gurgel (vermutlich auch noch in den typischen formen der bandenstruktur) und lassen sich derart noch als vorwand für die innere aufrüstung sowie als schreckgespenst gegen "das chaos" nutzen, welches ohne den starken staat losbrechen würde. ich fürchte, da sehen wir eine art blaupause für die nähere zukunft in vielen staaten.

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kurz noch in eigener sache: versprochene kommentare und beiträge sind nicht vergessen. aber momentan ist mal wieder vieles eine zeitfrage bei mir.
Geheimrätin (Gast) - 29. Apr, 01:17

Horror Monoma

wünsch dir aber trotzdem ne alptraumlose, gute nacht.

ps. ich kanns dir nicht erklären, aber irgendwas ist heute bei mir eingekehrt. ich hatte jean ziegler nämlich geschrieben, dass ich an seinen aufstand des gewissens nicht mehr glauben kann und das der faschismus tatsächlich und derart schleichend rasant im aufmarsch wäre....als ich dann dieses interview las, wo ja nix wirklich neues drin stand, ist da aber irgendein funke über gesprungen und diesen funken bewahre ich mir ab sofort..bzw. zündle ein wenig mit ihm

quirinus - 29. Apr, 17:56

So isses:

ach, hätte ich doch heute nachmittag nur dem impuls nachgegeben, irgendwo ein nettes fleckchen in der sonne zu besetzen - stattdessen habe ich angefangen, im netz zu stöbern. ergebnis: rauchender kopf und schlechte laune.

Aber eben auch eines der besten Blogs. Wie sagte doch Arno Schmidt? Kein Glücklicher hat je ein gutes Buch geschrieben. Du hast schon längst mehr geleistet als nur ein gutes Buch zu schreiben. Deshalb hoffe ich sehr, daß du dir in Zukunft öfter einmal den Luxus gönnen wirst, den du dir in diesen Tagen mal wieder nicht gegönnt hast. Denn niemand ist dazu geboren, pausenlos für andere zu recherchieren und zu denken oder gar zu fühlen, was sie nicht oder nicht mehr fühlen können: bis ihm schließlich die ganze Welt nur noch als Hölle erscheint, worin es nichts mehr gibt, was ihm noch Freude bereiten könnte.

Dieser Gefahr setzt sich jeder aus, der den Dingen auf den Grund geht. Und deshalb muß, wer nicht daran zugrundegehen will, sich früher oder später dazu zwingen, in seichteren Gewässern zu plätschern und sich mit gutem Gewissen ein wenig treiben zu lassen, zuweilen auch nach draußen in die Sonne. Denn bei Lichte besehen können 'wir' die Welt ohnehin nicht retten. Eine Binsenweisheit, jaja. Aber auch eine, die uns davor bewahrt, zum Märtyrer zu werden und uns am Ende unseres Lebens eingestehen zu müssen, daß wir es anderen geopfert, aber letztlich kaum etwas bewirkt haben außer uns selbst durch die unablässige Beschäftigung mit dem Wahnsinn dieser Welt derart zu verändern, daß uns nur noch tiefer Frust entgegenblickt, wenn wir in den Spiegel sehen, und unser Gesicht zu einer Fratze wird, wenn wir zu lächeln versuchen. Damit aber ist keinem gedient. Denn um diese Welt zu einem etwas besseren Ort zu machen, brauchen wir nicht nur mehr Wissen, sondern (so paradox das klingt) auch mehr Heiterkeit. Andernfalls nämlich wird unser Wissen zu einer tödlichen Waffe, die sich gegen uns selber richtet.

In diesem Sinne äußerte sich einst auch der Göttinger Mescalero in seinem Nachruf auf Buback geäußert. Deshalb gehe ich seit Jahren öfter in die Sonne, anstatt mich mir schlechte Laune zu machen, indem ich all das lese, was ich lesen sollte. Es hat meinem Blog und meinen übrigen schriftlichen Aktivitäten geschadet, aber ganz gewiß nicht mir und wohl auch nicht der Welt. Nun, so denke ich, kommt es auf diejenigen an, die nach 1980 geboren sind. Damit freilich begebe ich mich nicht aufs Altenteil, sondern trete nur etwas kürzer. Was nicht nur mir recht gut bekommt, sondern gerade auch all den sehr viel Jüngeren, die jetzt von uns vorgelebt bekommen wollen, wie man es macht, als denkender Mensch an Jahren zu altern und sich dennoch genau das zu bewahren, was jeder braucht, um nicht verrückt zu werden: nämlich ein hohes Maß an jenem (Galgen-) Humor, der den Unterdrückern aller Zeiten schon immer ein Dorn im Auge war.

Nuu iss die Sonne draußen wech. Doch zum Glück hat es mir keine schlechte Laune bereitet, diese Sätze hier zu schreiben.

Grüßend: Quirinus

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