notiz: zu-kurz-kommendes - von den möglichkeiten der ölentstehung über das oktoberfestattentat 1980 bis hin zu physiologischen kompensationen

weil meine zeitlichen möglichkeiten bis in die nächste woche hinein immer noch begrenzt sind, ich aber andererseits mir interessant erscheinende meldungen nicht ewig liegenlassen möchte, hier nun ein kleiner aktueller rundblick.

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das thema peak oil und die konsequenzen spielt im blog schon seit längerer zeit eine rolle (zum letzten entsprechenden artikel mit weiterverweisenden links geht´s
hier lang; ebenfalls fiel bereits in früheren kommentaren der hinweis auf die mögliche existenz abiotischen öls, also erdöl, welches nicht aus organischen quellen entstanden ist, sondern als produkt anorganischer chemischer prozesse direkt im tiefen erdmantel. diese hypothese stammt ursprünglich noch aus der sowjetunion, spielt aber bis heute eine eher belächelte randexistenz. nun wurden allerdings neuere forschungen bekannt:

(...)"Allerdings spricht das nicht dagegen, dass zumindest ein Teil der Vorräte aus dem Erdinneren stammen könnte. Dass dort auf nichtbiologischem Wege Methan entstehen kann, hatten Forscher schon früher nachgewiesen. Fraglich war bisher allerdings, ob dort auch die Bedingungen für die Entstehung von Ethan (einem weiteren Hauptbestandteil von Erdgas) und höheren Kohlenwasserstoffen existieren.

Dafür haben nun drei russische Forscher der amerikanischen Carnegie Institution for Science den Beweis angetreten. Ihre Ergebnisseveröffentlicht das Fachmagazin Nature Geoscience vorab online. Die Wissenschaftler setzten demnach Methan in einer lasergeheizten Druckzelle Bedingungen aus, wie sie im oberen Erdmantel in einer Tiefe von 70 bis 150 Kilometern herrschen: Temperaturen zwischen 1000 und 1500 Kelvin und Drücken über 2 GPa nämlich.

Unter diesen Voraussetzungen reagierten Methanmoleküle miteinander zu Ethan, Propan und Butan – und umgekehrt verwandelte sich Ethan wieder in Methan. Die Reversibilität des Prozesses zeigt, dass offenbar keine Katalysatoren beteiligt sind und der Prozess nur thermodynamisch gesteuert wird."(...)


nun ist es keinesfalls so, dass damit die existenz von peak oil und die sozialen folgen daraus vergessen werden könnten, wie es vielleicht einige beim anblick der nachricht annehmen werden - wenn es denn überhaupt nennenswerte vorkommen abiotischen öls (und gas) geben sollte, so sind sie erstens in einer beim stand der technik auch absehbar nicht erreichbaren tiefe vorhanden - 70 bis 150 km tiefe bohrlöcher bleiben bis auf weiteres science fiction, selbst den zweifelhaften erfindungsreichtum der kapitalistischen ökonomie beim winken potenzieller neuer profitquellen berücksichtigt -, und zweitens existieren bis heute keinerlei hinweise darauf, dass auch nur ein einziges der bekannten ölvorkommen sozusagen aus der tiefe gespeist werden würde. dazu ist die frage nach der chemischen und physikalischen haltbarkeit möglicher komplexerer kohlenwasserstoffe unter den genannten bedingungen berechtigt, wie es auch bereits im letzten absatz des obigen artikels anklingt. alles zusammen erlaubt die vorläufige schlußfolgerung, dass vielleicht die möglichkeit abiotischen öls real ist, diese aber nichts an der realität des langsamen zurückgehens der uns erreichbaren vorkommen ändern kann. von der frage, ob das überhaupt wünschenswertwert sein könnte, gar nicht erst zu reden.

weiteres zu diesen aktuellen forschungen in einem entsprechenden
thread des peak-oil-forums.

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die hintergründe des
oktoberfestattentates 1980 in münchen werden mit jedem jahr des abstands von diesem blutigsten terroranschlag in der geschichte der brd einerseits immer undurchschaubarer, was andererseits auch mit dem immer stärker werdenden verdacht zu tun hat, dass damals in irgendeiner form die in der brd existierenden strukturen von "gladio" beteiligt waren. nun liegen laut dem grünen bundestagsabgeordnetem jerzy montag ausgerechnet aufgrund neu gefundener akten der ehemaligen ddr-"staatssicherheit" neue fragen auf dem tisch:

(...)"Vor Kurzem sind bei der Birthler-Behörde in Berlin umfangreiche Akten über das Münchner Attentat gefunden worden. Mit interessanten Details. So sollen damalige Staatssekretäre des Bundesinnenministeriums intern notiert haben, der Bombenanschlag sei durch rechtsextremistische Kreise inszeniert worden. Mitglieder der Wehrsportgruppe Hoffmann haben sich nachweislich mehrfach damit gebrüstet, an dem Anschlag aktiv beteiligt gewesen zu sein. Aber Strauß versuchte auch Monate nach dem Attentat und nach einem Verbot der Wehrsportgruppe, ihre Mitglieder als harmlose deutsche Jungens darzustellen.

Die Wehrsportgruppe Hoffmann war von Spitzeln des Verfassungsschutzes und anderer Geheimdienste durchsetzt. Und heute kann man in den Unterlagen der meist bestens informiert gewesenen Hauptabteilung XXII des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR lesen, dass Verfassungsschützer aus Bayern, Baden-Württemberg und Hessen ausgerechnet 22 Stunden vor dem Attentat in München eine Operation "Wandervogel" gegen Mitglieder der Wehrsportgruppe Hoffmann eingeleitet hatten. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

In der Wehrsportgruppe Hoffmann tummelten sich aber nicht nur Rechtsradikale, Agenten und V-Leute westdeutscher Sicherheitsdienste und Doppelagenten mit Kontakten zu Staatsicherheitsbehörden der damaligen DDR, sondern auffallend viele ehemalige und aktive Bundeswehrsoldaten. Darunter einige mit Sprengstoffkenntnissen, nach den Unterlagen der Stasi auch ein Bundeswehrsprengmeister. Rechtsradikale Terrorgruppen versuchten damals an der deutsch-deutschen Grenze, vor allem aber in Westberlin, selbst gebastelte Bomben gegen DDR-Grenzanlagen einzusetzen. Einige davon fielen den Behörden der DDR in die Hände, die mit diesem Material Sprengversuche durchführten. In den Unterlagen der Birthler-Behörde finden sich Hinweise, wonach die von der DDR geprüften und gezündeten Sprengsätze auffallend der Bombe ähnelten, die in München gezündet wurde. Leider gestalten sich weitere Untersuchungen heute mehr als schwierig, weil die Behörden inzwischen alle Asservaten des Wies'n-Attentats vernichtet haben."(...)


der schweizer historiker und "gladio"-spezialist daniele ganser hat diese hinweise in richtung gladio schon vor ein paar jahren thematisiert:



und vor diesen trüben hintergründen bilanziert montag:

(...)"Es ist bis heute völlig ungeklärt, wie das Wies'n-Attentat in diese ganz Westeuropa umspannenden Aktivitäten der Nato, vieler westeuropäischer und amerikanischer Geheimdienste und weitverzweigter rechtsradikaler Terrorgruppen eingebunden war. Es ist ungeklärt, inwieweit dieses Attentat auch in Westdeutschland einige Tage vor einer Bundestagswahl die Stimmung zugunsten des Kanzlerkandidaten der Union wenden sollte.

Und unaufgeklärt ist bis heute, weshalb die Ermittlungsbehörden mehr Energie auf die Beschwichtigung, die Abwehr aller Hinweise auf Netzwerke und Hintermänner und auch Vertuschung offenkundiger Zusammenhänge verwendet haben als auf eine umfassende Aufklärung.

Völlig ungeklärt ist ebenfalls, wem der abgerissene Finger gehört, der am Tatort sichergestellt wurde und der nicht vom Attentäter Köhler stammte. Damals meldete sich kein Opfer mit einer entsprechenden Verletzung. Von diesem Finger hat die Polizei einen Abdruck nehmen können und hat entsprechende übereinstimmende Spuren bei Unterlagen von Köhler gefunden. Und jetzt, da neue Ermittlungsansätze möglich wären, erklärt die zuständige Staatsanwaltschaft, nicht nur diesen abgerissenen Finger, sondern auch die Bombenreste und alle anderen Asservate vernichtet zu haben, trotz unaufgeklärter Hintergründe und möglicher Mittäter und Hintermänner. Das blutige Wies'n-Attentat in München ist bis heute nicht aufgeklärt. Kein Wunder."


zufälle gibt´s, die gibt´s gar nicht - nicht nur bei diesem anschlag ist zu beobachten gewesen, wie die bundesdeutschen "sicherheitsbehörden" sofort eine erlahmende ermittlungsmotivation und den hang zum handwerklichen pfusch zeigen, sobald bei einem spektakulären attentat wie jenem von münchen unter keinen umständen mehr die these vom "linken terror" aufrechterhalten werden kann. die bis heute entgegen aller vorliegenden widersprechenden indizien und hinweise offiziell vertretene these vom "einzeltäter" ist bei faschistischem terror immer noch ein gern benutztes sujet.

ich finde ja sowieso, dass die bedeutung der existenz von "gladio" und alles damit verbundene nicht nur in der brd bis heute vollkommen unterschätzt wird - womöglich gilt hier ebenso wie bei der aktuellen finanzkrise und den beteiligten banken der (sinngemäße) satz vom verbrechen, das nur groß genug sein muss, um von der "öffentlichkeit" komplett ignoriert zu werden. das jedenfalls, was über "gladio" bis heute schon so alles bekannt gworden ist, hat eigentlich das potenzial, jeglichen glauben an das märchen des "freien und demokratischen westens" über den jordan zu schicken. und es ist nach wie vor ein treppenwitz der geschichte, dass die jahre von 1989 bis 91, als die existenz von "gladio" in einigen europäischen nato-staaten nicht mehr (medial) unter den tisch zu kehren war, in der öffentlichen aufmerksamkeit fast völlig von ganz anderen themen besetzt waren. aber womöglich mögen sich auch nicht allzu viele menschen in ein geflecht aus geheimdiensten, faschisten, obskuren geheimbünden wie der italienischen
p2-loge s0wie offenen aktionen, die sich berechtigt nur noch als staatsterroristisch bezeichnen lassen, vertiefen. niemand lässt sich bekanntlich gerne die eigenen illusionen rauben. aber das ist und bleibt ein zwar verständlicher, jedoch langfristig höchst selbstdestruktiver menschlicher zug.

*

zum schluß noch der hinweis auf ein sehr faszinierendes phänomen bei einem jungen mädchen, welches nicht nur
neue fragen an die hirnforschung aufwirft:

(...)"Die Ärzte dürften nicht schlecht gestaunt haben, als sie die Gehirnaufnahmen des Kleinkinds sahen. Bei einer anatomischen Messung mit dem Kernspintomographen, die ihm Rahmen einer medizinischen Untersuchung durchgeführt worden war, zeigten die Bilder einen dramatischen Befund: Der jungen Patientin fehlte die rechte Hälfte des Großhirns komplett, große Teile des Zwischenhirns rechts waren nur in Ansätzen vorhanden und allein das Klein- und Stammhirn war auf beiden Seiten vollständig ausgeprägt.(...)

"Wenn bei Jugendlichen oder Erwachsenen in Extremfällen eine der Großhirnhälften entfernt werden muss", erklärt Marcus Naumer vom Institut für Medizinische Psychologie, "kommt es normalerweise zum Ausfall des gegenüberliegenden Gesichtsfelds." Das heißt, ohne die linke Hemisphäre können die Betroffenen nicht mehr sehen, was auf der rechten Seite passiert und umgekehrt. Solche drastischen neurochirurgischen Eingriffe, medizinisch als Hemispherektomie bezeichnet, sind beispielsweise bei schwersten Epilepsien nötig, wenn sich der Anfälle anders nicht Herr werden lässt und Schädigungen des Gehirns eingetreten oder zu erwarten sind.

Anders war das bei dem jungen Mädchen. Mit wahrnehmungspsychologischen Testverfahren wurde genau kartiert, wie viel sie auf beiden Seiten sehen konnte. Auch wenn ihr linkes Gesichtsfeld im Vergleich mit dem rechten etwas eingeschränkt war, konnte sie dort erstaunlich gut sehen. Das widersprach der Annahme, dass die Gesichtsfelder in der jeweils gegenüberliegenden Gehirnhälfte repräsentiert werden. Aufgrund ihrer fehlenden rechten Hemisphäre hätte das Mädchen auf der linken Seite eigentlich nichts sehen dürfen."(...)


das wörtchen "eigentlich" spielt hier mal wieder eine schlüsselrolle, und ich fand bei diesem bericht besonders die demonstration hinsichtlich der psychophysischen (in diesem fall liegt die betonung auf letzterem) möglichkeiten zur kompensation elementarer schäden interessant, die bei dem betroffenen mädchen lt. bericht wohl schon
pränatal eingetreten sind. bekanntlich halte ich einen solchen grad an kompensationsmöglichkeiten auch im "psychischen" bereich nicht nur für relevant, sondern sogar für eine quelle vieler aktueller und historischer sozialer probleme. und der bericht macht zumindest indirekt deutlich, unter welchen prämissen - nämlich denen des überlebens und des dazu nötigen funktionierens - kompensationen eines solchen kalibers stehen könnten.
carlos (Gast) - 30. Jul, 11:52

"grad an kompensationsmöglichkeiten...quelle...sozialer probleme"

da du das nur so beiläufig erwähnst nehme ich an du hast den sachverhalt schon ausführlich kommentiert. kannst du bitte mal verlinken?
besten dank!

monoma - 30. Jul, 17:21

@carlos

recht ausführlich findet sich die entsprechende idee beim beitrag zum objektivistischen modus - die im text erwähnte entgleisung dieses modus begreife ich als kompensation ausfallender / geschädigter wahrnehmungsmöglichkeiten innerhalb der vollen subjektivität.

ein weiteres beispiel findet sich im oben im text verlinkten basisbeitrag zur pränatalen phase; dort geht´s um die kompensation des ausfalls der propriozeption anhand eines konkreten (und ebenfalls sehr beeindruckenden) beispiels.

indirekt bzw. als "subtext" durchzieht das thema auch die beiträge zu den als-ob-persönlichkeiten.

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