assoziation: von der (un-)möglichkeit des freien willens, perverser justiz, moral und einigem mehr

so. ich komme momentan nicht so recht bei der bearbeitung diversen materials hinterher, aber das ist ja bekanntlich nix neues. die angekündigten fortsetzungen zu den kriegen im nahen/mittleren osten, und hier als nächstes die möglichen psychophysisch-sozialen grundlagen für den islamischen fundamentalismus speziell aus sicht der psychohistorie, werden aber auf jeden fall erscheinen.

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und manchmal kommt dann auch einfach etwas "hereingeflogen", was ich so interessant finde, dass ich es einfach vorziehen möchte - in diesem fall danke ich wieder einmal sansculotte für den hinweis auf das folgende interview mit den hirnforscher und biologen gerhard roth unter dem kontroversen versprechenden titel "Hitler und Stalin haben sich nicht freiwillig entschieden" - es geht dabei, wie der satz schon vermuten lässt, generell um das thema "freier wille" - was das überhaupt sein könnte, welche grundlagen das besitzt (oder auch nicht), und vor allem, welche gesellschaftlichen folgen die - hm, ungeprüfte unterstellung der sog. willensfreiheit für faktisch alle von uns hat. ich werde die aus meiner sicht spannendsten passagen vorstellen und kommentieren.

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"Gerhard Roths provokante These lautet: Je verabscheuungswürdiger eine Tat ist, desto weniger ist sie vom Täter wirklich gewollt. Schläger, Mörder und Massenmörder seien Getriebene in der Kindheit erworbener Hassgefühle. Gesetze hält Roth für wichtig, Gefängnisse aber für überholt."(...)

"Lieber Herr Roth, ist die Tatsache, dass ich heute ein Interview mit Ihnen führe, das Ergebnis meines freien Willens, oder bin ich neuronal gesteuert bei Ihnen gelandet?

Gerhard Roth: Weder noch. Weder ist es die Konsequenz Ihres freien Willensentschlusses - den gibt es nämlich nicht -, noch kann man sinnvoll von einer reinen neuronalen Steuerung sprechen.

Hat der Mensch überhaupt einen freien Willen, der es ihm ermöglicht, selbstbestimmt zu entscheiden?

Roth: Er hat diese Möglichkeit. Was man unter freiem Willen versteht, ist jedoch etwas äußerst Heterogenes. Man ist auf der sicheren Seite, wenn man sagt, der Mensch hat die Fähigkeit und die Möglichkeit, frei, also aus sich heraus und auf der Basis seiner eigenen Motive, zu entscheiden."


die "fähigkeit und möglichkeit" also - das relativiert als erstes mal die absolutheit, an die wir faktisch alle gewöhnt sind, wenn wir uns mit dem "freien willen" beschäftigen, v.a. dann, wenn er zur begründung von handeln oder auch nichthandeln herangezogen wird. fähigkeiten und möglichkeiten umschreiben eigentlich ein potenzial - potenziale aber brauchen bestimmte bedingungen, um real wirksam werden zu können - sie brauchen förderung, training und - in diesem speziellen fall - auch entsprechende soziale milieus.

mit der "basis der eigenen motive" führt roth allerdings meiner meinung nach durch die hintertür wieder ein konstrukt ein, zu dem es in der realität nur annährungen geben kann - die eigenen motive so weitgehend zu verstehen, wie es hier impliziert wird, setzt eine qualität der selbsterkenntnis voraus, die zumindest unter den heutigen sozialen bedingungen schier unmöglich zu leben zu sein scheint.

"Trotzdem, damit ich es wirklich einmal verstehe: Eine der großen Errungenschaften des Menschen, mit der er sich auch vom Tier unterscheidet, ist der Glaube daran, er könne sich selbstbestimmt in seinem Leben verhalten. Dass seine Bedürfnisse auch reflektorisch zu einer Entscheidung führen, die dann zu einer Handlungsweise führt. Stimmt das?

Roth: Das stimmt. Man muss aber unterscheiden, was im philosophischen und strafrechtlichen Sinne unter Willensfreiheit verstanden wird. Im Klartext: Wir fühlen uns frei, wenn wir, wie der Philosoph David Hume sagte, tun können, was wir wollen. Wenn wir einen bestimmten Willen haben, der am besten auch noch reflektiert ist, und wenn wir nach diesem Willen handeln. Das ist ein vernünftiger Begriff von Handlungsautonomie oder von Freiheit im umgangssprachlichen Sinne. Davon unterscheidet sich völlig die Fiktion, die auf Immanuel Kant zurückgeht, es gebe bei unseren Entscheidungen einen Raum, in dem das bewusste Ich frei von allen Motiven, rein nach abstrakten Überlegungen, zum Beispiel der Rechtsmoralität, entscheiden könnte."


eine sinnvolle unterscheidung, wie ich finde. wobei der definition von hume eine permanente "unschärfe" zu eigen ist, die von roth zu wenig berücksichtigt wird.

interessant aber vor allem die kritik an der fiktion von kant - hier wird, in etwas anderen worten zwar, aber doch unverkennbar, von einem konstrukt des objektivistischen modus gesprochen, der beim obigen beispiel in einer dominanten, real unmöglichen, von der körperlichen basis losgelösten position operiert. und wie hier bereits öfter erwähnt, tut er das in einem quasi virtuellen raum, der als entstehungsort faktisch aller fiktionen funktionell unverzichtbar ist. ich fühle mich in meiner ansicht bestärkt, dass den verschiedenen strömungen gerade der westlichen philosophie spätestens seit newton (siehe auch hier ) und descartes mit allergrößter skepsis zu begegnen ist - sicher, teils sind es großartige konstruktionen - aber eben auch nur das.

"Was verstehen Sie unter Motiven?

Roth: Alle Beweggründe, die aus unseren Genen, aus unserer Hirnentwicklung, aus unseren frühkindlichen Prägungen, aus unserer späteren Sozialisierung und aus der Erfahrung resultieren und in vielfältigster Form auftreten."


würde ich soweit unterscheiben, mit zwei ergänzungen: erstens sind die genetischen grundlagen des menschen in einem großen aumaß, wie heute langsam sichtbar wird, viel flexibler und sozusagen interaktiver (und zwar mit den jeweiligen sozialen bedingungen), als früher vermutet wurde - eine starre genetische determinierung gerade sozialen verhaltens lässt sich als behauptung imo nicht mehr aufrechterhalten. und zweitens ist die hirnentwicklung (zusammen auch mit der entwicklung des nervensystems) etwas, dessen grundlagen bereits pränatal gelegt werden - und pränatal können aber auch bereits (vor allem via mütterlicher einflüsse) verschiedenste störungen bis hin zu regelrechten defekten auftreten, die sich beim werdenden menschen in funktionellen oder strukturellen beeinträchtigungen zeigen - u.a. beeinträchtigungen der selbst- und weltwahrnehmung, die besonders - aber nicht nur - im "offiziellen" autistischen spektrum eine hauptrolle spielen.

"Ich hatte immer die Überzeugung, dass ich tue, was ich will.

Roth: Das ist ja auch völlig richtig. Die Auflösung dieses Paradoxons besteht darin, dass der Mensch keinen Einblick in das hat, was den Willen formt. Wir handeln einem Gefühl entsprechend. Gleichzeitig müssen aber der Psychologe, der Neurobiologe und auch der Philosoph anerkennen, dass der Wille selber zusammengesetzt ist aus unbewussten und bewussten Motiven, aus emotionalen und rationalen. Das erleben wir selbst aber nicht. Insofern ist der Wille bedingt, und zwar durch unsere gesamte Lebensgeschichte.

Warum spiegelt das Gehirn dem Menschen den Eindruck vor, er habe ein autonomes Ich? Ist das ein Schutzmechanismus?

Roth: Am Ende ja. Wenn ich nach meinen eigenen Erwartungen handele, stellt sich in mir automatisch das Gefühl der Handlungsfreiheit ein. Das ist das Erste. Das Zweite ist, ich habe als Mensch gegenüber den Tieren fast immer Handlungsoptionen, die in dem Augenblick, in dem ich über die Option reflektiere, noch nicht festgelegt sind. Was ich heute Abend tun werde, steht in diesem Augenblick noch nicht fest. Das ist sehr wichtig, weil manche Kritiker denken, da gebe es ein Gehirn, das uhrwerkartig längst entschieden hat, ehe wir darüber reflektieren. Das ist natürlich völliger Unsinn. Ich habe Optionen. Ich kann früh ins Bett gehen, ich kann ins Kino gehen, ich kann arbeiten, viele andere Dinge machen - diese realen Optionen sind ein weiteres ganz wesentliches Merkmal des Gefühls von Freiheit. Und damit ist völlig vereinbar, dass ich, wenn ich es dann tue, durch meine Motive bedingt bin."


wobei auch die als letztes erwähnten optionen eben erstmal nur das sind - möglichkeiten. ich sehe v.a. zwei einschränkungen, durch die diese möglichkeiten teils drastisch reduziert werden können: einmal sozusagen eine "interne" einschränkung, die durch krankhafte prozesse/entwicklungen im ganz allgemeinen sinne erzeugt werden kann - ein gebrochenes bein reduziert gewisse möglichkeiten, ebenso aber auch bspw. phobien und ängste.

und zum anderen entscheiden auch die sozialen bedingungen über meine (un-)möglichkeiten - und zwar gleich in zweierlei weise: zum einen können die eben erwähnten ängste eigentlich hinsichtlich ihrer ätiologien meistens nicht von diesen bedingungen getrennt werden; und anderseits hat ein millionär andere optionen zur verfügung als ein "hartzIV"-empfänger (wobei sich das bei einem phobischen millionär bspw. auch wieder relativieren kann).

das erwähnte "autonome ich" scheint mir übrigens nur ein anderes synonym für den objektivistischen modus (nach der definition von mertz) zu sein - die postulierte "autonomie" ist real unmöglich, weil wir als materielle wesen ständig in verschiedenen beziehungen und auch abhängigkeiten stecken. ich greife hier mal weit vor und behaupte, dass sich so eine art "autonomes ich" funktionell wahrscheinlich ganz zentral als reaktion auf jahrtausendealte strukturen verbreiteter gewalt begreifen lässt - eine art kollektive dissoziation im breitesten maßstab, eine bewegung weg von den (schmerzerfüllten) körpern und schmerzhaften gefühlen, hin zu den (vermeintlichen) rettungsankern in fiktiven und virtuellen räumen. es gibt dabei wahrscheinlich verschiedenen erscheinungsformen, die so eine bewegung annehmen kann - so lassen sich bspw. die verschiedenen religionen mit ihren (fiktionalen) gottheiten ebenfalls derart begreifen. in der westlichen kultur haben philosophie und wissenschaft mit ihrer impliziten körperfeindlichkeit sowie ihrem funktionellen autismus (wahrnehmungsmässig) einen anderen weg der kollektiven dissoziation aufgezeigt. möglicherweise (!) aber einen, der eine paradoxe art der selbstauflösung der allgemeinen dissoziation zumindest als option enthalten könnte.

"Aber wenn ich nicht selbstbestimmt für mein Ich entscheide, dann kann man mich auch für nichts mehr verantwortlich machen.

Roth: Das ist die große Frage, die im Augenblick sehr intensiv in der strafrechtlichen Theorie diskutiert wird. Ob es eine Verantwortung im Staatssinne ohne diese Willensfreiheit gibt. Und die Antwort ist: ja. Wir haben zwar keine absolute Verantwortlichkeit in uns, von Geburt an, irgendwo in der Großhirnrinde, wir können aber zu einer Verantwortlichkeit erzogen werden. Das heißt, wir können durch Erziehung erreichen, dass jeder Mensch verantwortlich handelt, nämlich im Rahmen von Normen, die ihm vorgegeben werden."


nochmals die implizite betonung der option der durch den sog. freien willen möglichen verantwortlichkeit also. "erziehung" sollte hier imo nicht in der klassischen form begriffen werden - letztlich muss dieser prozeß bereits bei der schaffung von angemessenen, unterstützenden und gewaltfreien lebensbedingungen (nicht nur) von schwangeren frauen beginnen. und bei einer ganz wesentlich größeren bewusstheit bezgl der motivationen eigener kinderwünsche überhaupt.

und die erwähnten (sozialen) normen können selbstverständlich nicht die heutigen sein, die bspw. von den konstrukten "eigentum" und "objektivität" einen regelrecht perversen charakter verpasst bekommen haben. auf dieses problem verweist auch die nächste frage:

Wird der Mensch dadurch nicht absolut bestimmt von denjenigen, die die Herrschaft über die jeweiligen Normen der Zeit haben?

Roth: Überhaupt nicht. Die Erziehung durch die Gesellschaft ist nur eine von mehreren Komponenten. Zunächst gibt es meine genetische Ausrichtung.

Diese ist in der Regel schwach, sie liegt bei 10 bis 15 Prozent. Der allergrößte Teil ist das, was wir als Kind und als früher Jugendlicher erfahren haben. Das verfestigt sich einmal zur Persönlichkeit im individuellen Sinne, aber auch zur Persönlichkeit im sozialen Sinne. Das legt fest, wie ich später handele. Ob ich zum Beispiel der Staatsmacht widerstehe, weil ich in einem Elternhaus aufgewachsen bin, das mir beibringt, ungerechten Maßnahmen zu widerstehen. Interessant ist, dass sich diese frühe Kindheitserfahrung im Gehirn manifestiert. Also: Was ich als Kind erlebe, dringt in mein Gehirn ein und verändert es."


yo. wieder mit der erweiterung der pränatalen phase. ansonsten finde ich die obigen aussagen sehr erfreulich in dem sinne, das endlich einmal der heutige wissenstand bezgl. der menschlichen entwicklung deutlich mit art und form der daraus resultierenden gesellschaft(-en) verbunden wird, zumindest ansatzweise (aber man(n) ist ja bereits für wenig dankbar...)

und jetzt zu einem ganz heißen eisen:

"Sollte man die Kategorie Schuld im Strafrecht abschaffen?

Roth: Nein. Es gibt ja zwei große Kategorien von Schuld. Einmal die Sühne und Vergeltungsschuld. Die ist abzuschaffen, wie der Strafrechtstheoretiker Klaus Roxin schon gefordert hat. Andere Rechtstheoretiker wie Franz von Liszt sagen, wir müssen den Schuldbegriff aus bestimmten Gründen beibehalten, aber ihn auf die General- und Spezialprävention einschränken. Also auf die Stärkung des Rechtsbewusstseins, die Abschreckung, die Therapie und das Wegsperren. Den Schuldbegriff brauchen wir aber im Sinne einer anerzogenen Verantwortung, um - so argumentiert zum Beispiel Klaus Roxin - der Strafe ein Maß zu geben. Damit der Staat zum Beispiel nicht übermäßig straft. Das ist aber ein nicht ausgearbeitetes Konzept.

Lassen Sie mich ein wenig polemisieren. Wie gehe ich mit der moralischen Bewertung und Verurteilung eines Adolf Hitler oder eines Slobodan Milosevic um, wenn ich bei einem Dieb gesagt habe, das, was dieser Täter gemacht hat, war nicht willentlich?

Roth: Es gibt etwas, das ich Schuldparadoxon genannt habe. Das Schwere im moralischen Sinne ist die Tat. Alle Untersuchungen zeigen jedoch, dass je verabscheuungswürdiger das ist, was jemand getan hat, also auch Stalin oder Hitler, desto klarer die Einsicht ist, dass die Leute nichts dafür konnten. Sie haben sich nicht freiwillig dazu entschieden, sondern sie wurden aus extrem starken Motiven dazu getrieben. Das ist bei Hitler und bei Stalin so, ebenso bei Gewalttätern und Pädophilen. Das ist sonnenklar für jeden Fachmann."


ha! endlich! endlich wird einmal begonnen, die absurde und katastrophal falsche basis der heutigen justiz zu thematisieren, ihre pseudounabhängigkeit, die pseudoobjektivität ihrer richterInnen und nicht zuletzt die durch und durch objektivistische qualität ihrer gesetze, die wie ein abstraktes raster über der gesamten gesellschaft liegen, und gerade durch ihre abstraktion in ihrer heutigen form v.a. als machtinstrument dienen.

was ich mit dem letzten satz konkret meine? "gesetze" im heutigen sinne gehen ganz zentral erstens von einer vorausgesetzten und auf alle fälle vorhandenen verantwortlichkeit von menschen aus, die jedoch - gerade unter den herrschenden sozialen bedingungen, die wiederum ganz entscheidend von unser aller traumatischen kollektiven und auch vielfach individuellen geschichte bestimmt werden, eben - und das ist meine persönliche meinung - hauptsächlich nur als option vorhanden ist. zweitens, und der punkt hängt in gewisser weise mit dem ersten zusammen: sie sind ihrem wesen nach reduktionistisch, d.h. sie berücksichtigen nicht die beziehungsrealitäten des menschen, sondern gehen faktisch von einer isolierten, vereinzelten monade aus, die primär von ihrer vernunft geleitet wird - und dazu ein set hauptsächlich negativer an"triebe" wie neid, gier usw. besitzt. und im letzteren, damit zum dritten punkt, reproduzieren sie völlig bewußtlos die traumainduzierte negative anthropologie, die sich heute überall in dieser gesellschaft beobachten lässt (achten Sie nur mal drauf, wie oft Ihnen folgende aussagen begegnen - "der mensch ist von natur aus schlecht", "ein irrläufer der evolution" usw.)

ich habe hier in der vergangenheit gerade anläßlich verschiedener prozesse gegen kindsmordende bzw. gewalttätige eltern bereits ähnliches zur justiz anzumerken gehabt - und einiges meiner damaligen kritiken kann ich jetzt wiederholen - so zb. diese:

(...)"hat der gutachter kröber mit seinen fragwürdigen einlassungen hier vielleicht bewusst geschützt und gerade deshalb unfreiwillig offenbart, was nicht öffentlich und breit bewusst werden darf und soll? das eine nüchterne rekonstruktion der ereignisse unter einschluss der transgenerationalen familiendynamiken nicht nur die kette der gewalt, sondern auch unser aller gesellschaftliches versagen, unsere quasiakzeptanz dieser kette deutlich machen würde? mussten die beiden eltern alleine schon zur aufrechterhaltung des eigentlich unhaltbaren juristischen schuldbegriffs und menschenbildes auf alle fälle voll "schuldfähig" gesprochen werden? werden damit nicht auch die deutlichen widersprüche der staatlichen und politischen propaganda, die sich familien- und besonders kinder"freundlich" gibt, zur realität von politischen entscheidungen deutlich, die durch ökonomische verelendung genau die milieubedingungen fördert, in denen offene gewalt oder stille verwahrlosung von ganzen familien bevorzugt gedeihen, unter den teppich gekehrt? genauso wie die offenkundige unfähigkeit der offiziellen psychiatrie, zustände von wahnsinn - ausgelöst durch menschliche gewalt - korrekt zu erkennen und eben nicht durch die alleinige orientierung an scheinbarer "realitätstüchtigkeit" und "objektiv" vorhandener kognitiver intelligenz komplett zu leugnen und auf eine "als-ob"-simulation hereinzufallen (genauso werden auch die vielen hitlers dieser welt aus dieser sphäre des wahnsinns ferngehalten herausdefiniert - es wäre ja auch zu gefährlich, das zu erkennen und gleichzeitig nach der inneren verfassung der den "führern" folgenden massen fragen zu müssen)? müssen deshalb auch auschwitz (bzw. das, wofür es steht) und ereignisse wie das hier thematisierte regelmäßig als "leider völlig unerklärbar" bezeichnet werden?"(...)

und der folgende auszug lässt sich nach meinem verständnis als direkte weiterführung der ausführungen von roth oben verstehen:

(...)"ich sehe aber auch eine gesellschaft, die derlei stoppschilder aus berechtigten gründen aufstellt, in der pflicht, alles nur menschenmögliche zu tun, damit situationen wie die oben dargestellte sich erst gar nicht entwickeln können - und an diesem punkt versagen wir bisher alle mehr oder weniger kollektiv, und die justizielle "lösung" des problems stellt nur den deutlichsten ausdruck dieses versagens dar. vieles kommt zusammen: eine falsche anthropologie im sinne eines absurden welt- und menschenbildes, weitgehende unkenntnis über die menschliche struktur und die notwendigen bedingungen für ihre positiv-soziale entwicklung, die weitverbreitete und unbegriffene existenz und wirkung traumatisierender bzw. trauma-folge-strukturen in fast allen gesellschaftlichen bereichen, unwissenheit und ignoranz gegnüber dem phänomen der menschlichen simulationsfähigkeiten, daraus folgend mangelhafte psychiatrische/psychologische modelle von beziehungskrankheiten usw. usf.

vor diesem hintergrund ist das ergebnis (nicht nur) dieses prozesses logisch: eine schein-/als-ob-lösung, streng nach abstrakten und objektivistischen kriterien als platzhalter für ein vorgehen, welches nicht primär den straf- und schuldgedanken, sondern das individuelle und kollektive wohlergehen möglichst aller menschen in ihrem einzigen leben im blick haben müsste."(...)


kurz: unsere ach so "rechtsstaatlich-demokratische" justiz und ihre gesetze sind im kern ganz wesentlich von einer verzerrten anthropologie geprägt, die eine im strengen sinne pathologische und wahnsinnige version des menschlichen seins für "normal" hält.

entsprechend erbarmungslos und pathologieerzeugend sieht dann auch ihre praxis aus.es bleibt immer weniger bei der frage offen, ob dieser art von justiz noch irgendeine art von berechtigung zugestanden werden soll bzw. kann. (und um mißverständnisse an dieser stelle auszuschließen: die justiz stellt nur einen gesellschaftlichen bereich dar, in dem ganz grundsätzlich etwas falsch läuft).

weiter im interview:

"Wie soll eine Gesellschaft mit solchen Menschen künftig umgehen?

Roth: Es wird ja überhaupt nichts im weiteren Sinne entschuldigt. Sondern es geht darum, dass dieser Sühne- und Vergeltungsschuldbegriff inhuman ist. Er sinnt nämlich auf Rache. Dazu eine kurze historische Betrachtung: Früher wurde es als persönliches Verschulden angesehen, wenn man in Armut geriet oder krank wurde. Man war persönlich schuldig. Heute haben wir uns davon befreit - so wie von der Selbstjustiz. Aber vor 150 Jahren wollte kaum jemand anerkennen, dass Krankheiten durch Bakterien und Viren verursacht werden und nicht durch göttliche Fügung. Es wurde gesagt, es werde schon was dran sein, weshalb der oder die schwer krank geworden sei. Das ist ein Lernprozess. Ich behaupte, dieser Vergeltungs- und Sühneschuldbegriff ist inhuman. Der Therapiegedanke, der Besserungsgedanke wird dadurch nachweislich abgeschafft."


der vorletzte satz trifft es haargenau. und ich finde neben anderem v.a. immer wieder die heuchelei dieser gesellschaft extrem widerlich, die sich im falschen glanz ihrer fetische "rationalität" und "vernunft" sonnt, um dann in den entscheidenden momenten deutlich zu machen, dass es sich dabei um abgehobene konstrukte handelt - und dann folglich in der verdrängten, verleugneten, abgespaltenen und (zumindest in europa) tabuisierten ebene verzerrter und bösartig gewordener gefühle wie rache zu landen.

"Ist ein Mensch wie Hitler im hirnbiologischen Erkenntnisprozess therapierbar?

Roth: Eine völlig offene Frage. Schwerverbrecher und Mörder haben alle schwerste Hirnschäden im Stirnbereich, das belegen Untersuchungen. Es gibt aber eine ganze Reihe von Leuten, die auch solche Schäden haben und nicht kriminell geworden sind. Man vermutet, dass das Gehirn, durch verschiedene Umstände begünstigt, die Möglichkeit hat, das zu reparieren, ob nun organisch oder durch eine sehr frühe Therapie.

Überträgt man Ihre naturwissenschaftlichen Erkenntnisse auf die geisteswissenschaftliche Ebene, dann stellt sich bei Hitler der Offenbarungseid jeder Moraltheorie ein.

Roth: Das ist nicht richtig. Wenn es eine Moral gibt, die das, was Hitler getan hat, für verabscheuungswürdig hält, weil es das friedliche Zusammenleben der Menschen und das Glück des Einzelnen völlig zerstört, dann muss man untersuchen, ab wann solche psychopathologischen Entwicklungen einsetzen. Und die Erkenntnis lautet, sehr früh, bereits im Alter von vier oder fünf Jahren. Schon ein kleiner Junge, der sich so und so auf dem Schulhof verhält, ist höchst gefährdet, ein späterer Gewalttäter zu werden. Das ist nicht sicher, aber die Gefährdung ist sehr hoch. Und die Moral setzt genau dort an. Dass man beschließt, das müssen wir vermeiden, weil der Junge nämlich sonst das friedliche und glückliche Zusammenleben in der Gesellschaft stören würde."


was roth im letzten absatz ausspricht, ist und bleibt für mich unter den heutigen (!) gesellschaftlichen bedingungen und machtverhältnissen eine extrem zwiespältige angelegenheit - auch, wenn ich neue formen der prophylaxe und früherkennung von antisozialen tendenzen grundsätzlich befürworte - allerdings ausdrücklich unter einschluß derjenigen schichten, die sich heute als sog. eliten begreifen.

und das ich von "moral" in den hier diskutierten zusammenhängen nicht viel halte, lässt sich z.t. hier nachlesen. das vorhandensein von moral - d.h. abstrahierten handlungsanweisungen - innerhalb einer gesellschaft bleibt für mich weiter eher als indiz für grundsätzlich gestörte kollektive und individuelle selbstregulation bestehen.

"Die Gesellschaft kann doch die frühkindliche Entwicklung kaum beeinflussen. Sie vollzieht sich in den Familien.

Roth: Das ist eben die Tragik. Wir haben eine moralische Vorstellung von der Familie, dass sie eben das tun kann, was sie will. Aber wenn wir verhindern wollen, dass etwa fünf Prozent der Jungen schwer gewaltbereit werden, dann müssen wir dieses Tabu brechen. Und das wird ja auch äußerst erfolgreich von Kolleginnen und Kollegen von mir bei der frühkindlichen Therapie gemacht. Gerade wenn wir erkennen, dass Menschen moralisch gefährdet sind, hat die Gesellschaft die Verpflichtung, einzugreifen. Und dabei gilt: Je später man eingreift, umso weniger wirksam ist es."


auch das unterschreibe ich, aber mit einer gewaltigen einschränkung: wieder können unter den heutigen machtverhältnissen die nötigen veränderungen und auch eventuelle eingriffe in dysfunktionale familien eigentlich nicht stattfinden, ohne sofort die gefahr extrem destruktiver nutzung seitens der herrschenden eliten hervorzurufen.

"Lassen Sie mich noch einmal zum Ausgangspunkt zurückkommen. Mit Descartes entstand die Hoffnung des Denkens und mit Kant die Vernunft als Mittelpunkt des Seins. War das alles nur eine Illusion?

Roth: Ja, es war Illusion für jeden Menschenkenner seit 200 000 Jahren. Alle großen Denker haben immer gewusst, dass das eine Illusion ist. Es war eine verständliche Illusion, vielleicht sogar eine staatsnotwendige Illusion. Aber es war eine Illusion. Jeder Politiker mit Menschenkenntnis weiß, dass Rationalität sehr wichtig ist, dass man aber am besten nicht allein auf sie baut. Alle Eltern mit mehr als einem Kind wissen, dass vom Temperament, also vom Kern der Persönlichkeit her, die Kinder so bleiben, wie sie bei der Geburt sind. Gerade bei Kant ist es wunderschön zu sehen. Wenn Kant selber sagt, niemand könne sich vorstellen, wie dieser freie Wille funktionieren soll. Kant meinte eben, es müsse so sein, weil sonst moralisches Handeln nicht möglich wäre. Ich und viele andere sagen nun: Wenn wir die Verabscheuungswürdigkeit von Taten trennen von dem abstrakten Willen, dann können wir unseren moralischen Anspruch aufrechterhalten."


yo. wie schön, das zu lesen: diese gesellschaft, nein sogar die "kultur", in der sie verankert ist, ist in ihren selbstvorstellungen und ihrem weltbild bei realistischer betrachtung, d.h. unter berücksichtigung einer annährend korrekten anthropologie, auf sand gebaut - auf objektivistische fiktionen, illusionen - letztlich also einen bereich, dem ebenso die übelsten psychotischen individuellen wie auch kollektiven wahnvorstellungen entspringen, in deren offene formen ja die "normalen" illusionen auch immer wieder kippen - vielleicht das deutlichste beispiel dafür ist bis heute der nationalsozialismus. das roth das als "vielleicht sogar staatsnotwendige illusionen" bezeichnet, stellt - wenn auch vielleicht ungewollt - eine sehr wahre aussage über unsere situation dar.

"Woher nimmt man die Legitimation, bestimmte Normen für eine Gesellschaft festzulegen und andere nicht auch zu respektieren?

Roth: Darauf kann man eine klare Antwort geben. Ein ganz kleiner Teil unserer Normen liegt bereits in unseren Genen. Wir bringen zum Beispiel unsere Eltern nicht um. Wir schaden unseren nächsten Verwandten in aller Regel nicht. Aber im Tierreich gibt es Mord und Totschlag und beim Menschen eben auch. Ich behaupte, die Mehrzahl der Menschen folgt einer Art Steinzeitmenschen-Code, der während der frühen psychosozialen Erfahrung festgelegt wird und uns bestimmte Dinge tun lässt. Es gibt kein weiteres Gewissen. Nehmen Sie einen Jungen, der in Bogotá aufwächst, wo ich eine Zeit lebte. Der wird einen Menschen wegen eines Dollars umbringen und nicht die geringste Reue dabei empfinden. Weil er gelernt hat, wenn ich das nicht tue, dann sterbe ich. Der Straßenjunge bringt zwar nicht seinen Vater um. Aber ein Nichtverwandter bedeutet ihm nichts.

Ist das die Steinzeitkultur?

Roth: Ja. Wenn ein Fremder kommt und sich nähert, muss man ihn erschlagen. Das ist moralisch gut, moralisch geboten. In der Steinzeit war es nämlich so: Wenn einer kam, wollte er mein Kind, meine Frau und mein Vieh wegnehmen. Skrupel hatte man nur gegenüber Verwandten. Und dieser Junge in Bogotá, wenn der einen Touristen umbringt, warum sollte das aus seiner Sicht verwerflich sein? Im Gegenteil, es ist ja ganz toll, er bekommt dadurch einen Dollar oder eine goldene Uhr. Hier sieht man, es gibt nachweislich keine Moral jenseits dieser schwachen genetisch verankerten Moral. Das heißt, was wir uns an weitergehender Moral erworben haben, entstand nur durch in Tausenden von Jahren bitter bezahlte Einsichten. Dass es Regeln gibt, wie Menschen zusammenleben, und dass man sie tunlichst beachten sollte."


einspruch: roth vergisst hier u.a. schlicht die erkenntnisse der heutigen psychotraumatologie. der "junge in bogotá" nämlich stammt aller wahrscheinlichkeit nach aus einem milieu, welches voll von gewalt ist - und zwar akzeptierter und gewohnheitsmässiger gewalt. wie sind die sozialen fähigkeiten der eltern? wie sieht es mit den verschiedenen möglichen deprivationen durch bitterste armut aus? was spielt ein gewalttätiger staat (und als solches lässt sich das heutige kolumbien durchaus bezeichnen) für eine rolle, in dem übergriffe des militärs und folter zur "normalität" gehören? todesschwadronen? und dazu die offen mafiösen strukturen der diversen narco-kartelle?

ich brauche keine "steinzeitkultur" zu bemühen, um selbst eine negative genetische determinierung anzunehmen - wenn nämlich diese traumatischen gewaltformen wie die obigen über generationen vorhanden sind, dann steigt die wahrscheinlichkeit entsprechender genetischer "anpassungen" zwecks bloßen überlebens rapide an. und von den sonstigen anzunehmenden negativen psychophysischen prägungen durch extrem negative und destruktive lebensbedingungen brauchen wir erst gar nicht anzufangen. kurz: ich halte den "steinzeitmenschen-code" im wesentlichen für ein mehr oder weniger unbewusstes entlastungskonstrukt. wer und was hier entlastet werden soll, muss ich hoffentlich nicht noch extra erwähnen.

im nächsten absatz widerspricht er sich diesbezgl. meiner meinung nach selbst:

"Glauben Sie an die Vision eines friedlichen, guten Menschen im Sinne dieser Moral?

Roth: Ja, natürlich. Wenn Menschen ein stabiles Selbstwertgefühl besitzen und ein gutes Frustrationstoleranzsystem, eine stabile Mutter-Kind-Beziehung hatten und eine günstige psychosoziale Umwelt, dann sind sie empfänglich für die Normen der Gesellschaft. Das ist die große Chance, die wir haben. Und deshalb sind ja auch 95 Prozent der Menschen friedlich und bringen sich nicht um. Es sind fünf Prozent, die aus physiologischen Gründen oder wegen früher Traumatisierungen eben so sind, wie sie sind. Und bei Stalin, Hitler und anderen ist das ja auch aus den Biografien erklärbar."


also, es geht auch ohne "steinzeit-code" - genau die benannten bedingungen sind eben beim jungen aus bogotá nur rudimentär bis gar nicht vorhanden.

ich befürchte allerdings, dass die "fünf prozent" eine gewaltige fehleinschätzung darstellen.

"Sie beschreiben etwas, das in der Wissenschaft seit Jahrzehnten diskutiert wird. Was ist das Neue an diesen Erkenntnissen?

Roth: Das Neue an den Erkenntnissen meiner Zunft ist, dass man Dinge empirisch experimentell nachweisen kann. Also die Frage, ob frühkindliche Erfahrungen wirklich den Einfluss haben, den Freud und andere ihnen unterstellt haben. Das war bis vor Kurzem nicht überprüfbar. Die Antwort heißt nun: Es gibt diese Einflüsse, aber in komplizierter Wechselwirkung mit den Genen, mit der Hirnentwicklung und mit der späteren psychosozialen Verhaltensweise. Auch die alte Frage "Ist der Mensch eher durch seine Gene oder durch die Gesellschaft determiniert?" galt bis vor Kurzem als unentscheidbar. Heute können wir eine sehr befriedigende Antwort darauf geben, rein empirisch experimentell. Wir können nachweisen, wie die Gene das Verhalten bestimmen, wie die Mutter-Kind-Beziehung ins Gehirn eingreift - schon vor der Geburt. Und wie zum Beispiel die Tatsache, dass ich als Kind selbst Opfer von Gewalt wurde, mein Gehirn negativ verändert. Es gibt Tausende von Untersuchungen, die belegen: Menschen sind durch ihre frühe psychosoziale Erfahrung extrem beeinflusst. Man kann es im Gehirn zeigen."


und das obige sollten, nein sogar müssen wir uns allesamt hinter die ohren schreiben! genau hier liegt ein wesentlicher teil der basis, ohne die zukünftig keinerlei positive soziale entwicklung konzipiert und durchgeführt werden kann.

"Ist eigentlich die Institution Gefängnis nach dem, wie Sie Schuld, Schuldfähigkeit, Schuldbewusstsein und freien Willen definieren, überhaupt noch zeitgemäß?

Roth: Alle Experten, mit denen ich zu tun habe, sagen: nein. Durch das Gefängnis wird der erste Teil des Schuld- und Strafbegriffs bedient, nämlich Vergeltung und Sühne. Und der genauso wichtige Begriff der General- und Spezialprävention, also des Vorbeugens weiterer Taten, wird sehr niedrig gehandelt aus vielerlei Gründen, weil es unglaublich viel kostet und weil viele Dinge noch gar nicht untersucht sind. Das wird von vielen Strafrechtstheoretikern, Strafrechtlern und auch Kriminologen beklagt."(...)


und dem bleibt aus meiner sicht nur noch hinzuzufügen, dass gefängnisse nicht umsonst das synonym "schule des verbrechens" tragen - hier wird (im drittletzten absatz von unten) ein sehr eindrückliches beispiel dafür beschrieben. dafür werden u.a. Ihre steuern benutzt, neben der finanzierung von all dem anderen destruktiven zeug wie den sog. sicherheitsorganen, militär, fragwürdiger großtechnologie undundund...

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ob die "welt" wohl weiß, was sie da eigentlich veröffentlicht hat?
monoma - 21. Aug, 16:32

weil´s mir gerade vor die augen gekommen ist:

betrachten Sie sich vor dem hintergrund des obigen beitrags einmal diese thesen - und Sie erhalten einen eindruck davon, wie katastrophal falsch objektivistische konstrukte sein können. nicht, dass sie nicht - was zwangsläufig ist - auch durchaus reale kerne enthalten können - hier v.a. die beobachtung, dass es sich überdurchschnittlich um männer handelt, die als täter auftreten.

aber sowohl die anlehnung an die bürgerliche version der totalitarismustheorie als auch die beschwörung einer quasi im luftleeren raum hängenden angeblichen "anthropologischen konstante zur gewaltausübung" machen die thesen von enzensberger zu hochgradig reaktionären fiktionen. bezeichnend, dass im gegensatz dazu die aussagen eines neurowissenschaftlers geradezu revolutionär, teils sogar befreiend, wirken.

Adi (Gast) - 22. Aug, 01:19

Der falsch vermessene Mensch

Hi mo,

die Behauptung von Roth "Schwerverbrecher und Mörder haben alle schwerste Hirnschäden im Stirnbereich, das belegen Untersuchungen." steht für mich seltsam luftleer im Raum. In diesem Bezug mußte ich an alles denken, was Stephen Jay Gould in seinem Buch "Der falsch vermessene Mensch" anführt.

Das Problem liegt m.E. weniger in der Tatsache, daß möglicherweise Schädigungen vorhanden sind (die gleichwohl auch Folge einer gewalttätigen Familie und Umgebung geschuldet sein können und sich möglicherweise in nichts von den Schädigungen unterscheiden, die Berufsboxer erleiden, ohne kriminell zu werden), sondern in dem Versuch, diese Schädigungen als Kategorisierungsmerkmal zu verwenden.

Das führt, ob gewollt oder nicht zur Vorverurteilung und Einordnung von Menschen in das gesellschaftliche Wertesystem - sprich ab wann ist das Leben für die Gesellschaft nichts mehr wert und wieviel Rechte werden jedem gemäß seiner wissenschaftlich gemessenen Kategorie zugestanden.

Man danke nur an Binet und den Mißbrauch seines Test als Intelligenztest - wo Binet ausdrücklich davon sprach, daß damit eben nicht die Intelligenz gemessen wird und Regeln aufstellte, die mit dem Intelligenztest nach Yerkes völlig beiseite gewischt wurden. Sowie die dann erfolgte soziale Kategorisierung von Menschen nach dem "gemessenen" IQ.

Hier sehe ich ein weites Feld von Mißbrauchspotential und jedem der sich damit näher auseinandersetzt sei die intensive Lektüre von Goulds Buch ans Herzen gelegt ...

Liebe Grüße

Adi

monoma - 22. Aug, 11:26

hi adi,

"...steht für mich seltsam luftleer im Raum."

hm. finde ich nicht so deutlich. etwas anderes ist die frage, ob die aussage in der form überhaupt so haltbar ist, und nicht zu verkürzt. dazu werd ich noch mal recherchieren.

"Das führt, ob gewollt oder nicht zur Vorverurteilung und Einordnung von Menschen in das gesellschaftliche Wertesystem - sprich ab wann ist das Leben für die Gesellschaft nichts mehr wert und wieviel Rechte werden jedem gemäß seiner wissenschaftlich gemessenen Kategorie zugestanden."

ja. genau deshalb habe ich aber auch hinsichtlich seiner entsprechenden bemerkungen deutliche einschränkungen gemacht, sowohl was früherkennung und prophylaxe angeht, als auch eventuell nötige eingriffe in familien.

das problem, wenn real antisoziale (und das sind meistens die in "amt & würden") anfangen, mittels verkürzter definitionen und modelle nach der von ihnen so bezeichneten antisozialität zu fahnden, wird uns zukünftig noch schwer beschäftigen, fürchte ich. aber da führt kein weg drumherum. ich möchte einfach nochmal drauf hinweisen, dass sowohl frankreich als auch england entsprechende weitreichende pläne zum scanning nach antisozialen tendenzen bei kindern entweder schon sehr weit vorangetrieben haben oder aber imo schon umsetzen - siehe auch hier.

grüße
mo
Adi (Gast) - 22. Aug, 15:19

Seltsam luftleere Tendenzen

Hi mo,

das seltsam bezog sich auf die Ähnlichkeit der Argumentation zu der eines Lombroso ("Es ist bewiesen, daß die Schädelkapazität bei den Verbrechern überhaupt geringer ist, besonders bei den Dieben, weniger bei den Mördern ...") oder eines Lewis Terman ("Solche Tests haben absolut zweifelsfrei nachgewiesen, daß das wichtigste Merkmal von mindestens 25 % unserer Verbrecher Geistesschwäche ist") oder eines Yerkes ("Die Ergebnisse der Armeeüberprüfungen von Prostituierten bestätigen die bei zivilen Überprüfungen Prostituierter bereits getroffene Feststellung, daß zwischen 30 und 60% der Prostituierten geistesschwach und zum größten Teil hochgradig debil sind ...") oder oder oder ...

Gemeinsam haben diese Behauptungen in der Vermessungsdebatte (wie ich sie mal nennen werde), daß sie weder bewiesen werden konnte (reine Behauptungen, die lediglich immer wiederholt wurden) oder das die Beweise bei näherer Untersuchung wie ein Kartenhaus zusammengefallen sind. Das meinte ich mit luftleer.

Allein die Korrelation zwischen Verbrecher und Zustand des Hirns ist gefährlich. Denn ein Verbrecher ist immer nur gemäß der jeweiligen Definition der Gesellschaft ein Verbrecher (wenn wir ins frühe Mittelalter mit seinem Zinsverbot zurückgehen, und das auf heute übertragen, wäre die Mehrzahl der heute Mächtigen und Reichen Verbrecher, möglicherweise Schwerverbrecher ;). Zudem hat mich stutzig gemacht, daß jetzt die Gruppe der Schwerverbrecher und Mörder an der Reihe ist. Aus der Vermessungsdebatte sind jene nämlich am Ende meistens siegreich hervorgegangen (höheres Schädelvolumen, größerer IQ etc.). Also fiel die Stigmatisierung dieser Gruppe seit jeher etwas schwer ...

Ich stimme mit dir in den von dir gemachten Einschränkungen überein. Allerdings lehrt uns Binet, daß Einschränkungen, so sinnvoll und notwendig sie seien mögen, nur selten Bestand haben, wenn sie dem Zweck des Ganzen zuwiderlaufen - der Kategorisierung von Menschen nach gesellschaftlichen Kriterien bis hin zum lebensunwerten Leben - auf dem Hintergrund der Machterhaltung und -ausweitung der herrschenden Gruppe.

Bezüglich der Tendenz gebe ich dir völlig Recht. Auch hier in Spanien sieht es ähnlich aus. Vorgestern erst hörte ich, daß man an der Universität von Granada herausgefunden hat, welche Gene einen zum Alkoholiker machen (um es in der Sprache der Medien auszudrücken). Und man entsprechende Tests landesweit durchführen will, um entsprechend vorzusorgen. Das klingt bis dahin alles noch ganz harmlos und fast positiv (wenn man den Präventionsgedanken hochhebt).

Als dann aber der Zusammenhang mit dem Botellón erwähnt wurde, war klar in welche Richtung es geht. Mit Botellón bezeichnet man das Zusammentreffen mehrerer Jugendlicher auf der Straße und auf öffentlichen Plätzen, wo man dann seinen billig im Supermarkt gekauften Alkohol (Kneipen sind für die Jugendlichen zu teuer) gemeinsam vernichtet. Mithin eine Art gesellschaftliches Zusammensein für diejenigen, die sich Kneipen oder Aufenthaltsorte mit Verzehrzwang einfach nicht leisten können. Zudem wird nicht nur Alkohol konsumiert, sondern auch sehr viel Wasser. Ja, richtig gehört, einfaches Wasser ohne nix. Viele junge Spanier bezeichnen sich mittlerweile als "gente sana" - gesunde Leute, die weder rauchen noch saufen, aber trotzdem am Botellón ihren Spaß haben.

Der Botellón ist allerdings mittlerweile eine Staatsangelegenheit und den Behörden und Offiziellen ein Dorn im Auge (zumal man solche Versammlungen auch noch schwer kontrollieren kann - wie war das noch mit Versammlungsverboten in Krisenzeiten?). Und da käme es gerade gelegen, wenn man die Kids zu Hausarrest verdonnern könnte, wenn man ihnen genetisch eine "Anfälligkeit" für Alkoholismus nachweisen könnte.

Für mich ist das alles äußerst bedenklich und letztendlich die Weiterentwicklung der Rassenlehre und Eugenik. Man stellt nicht mehr auf die Rasse ab, sondern ganz allgemein auf die Merkmale, die der herrschenden Klasse ein Dorn im Auge ist. Genauso wie man nicht mehr zwischen Widerstandskämpfern, politischen Kämpfern etc. unterscheidet, sondern allgemein jeden Widerstand gegen ein bestehendes System als Terrorismus (das Synonym für alles Böse) bezeichnet.

Die totalitäre permissive Gesellschaft mit eingebauter Selbstzensur und präventiver Selbsttötung war noch nie so nahe wie heute. Das Erschreckende ist, das sie auch noch jeden Tag näher kommt ...

Liebe Grüße

Adi
somlu - 23. Aug, 08:37

"Roth: Alle Beweggründe, die aus unseren Genen, aus unserer Hirnentwicklung, aus unseren frühkindlichen Prägungen, aus unserer späteren Sozialisierung und aus der Erfahrung resultieren und in vielfältigster Form auftreten."

würde ich soweit unterscheiben, mit zwei ergänzungen: erstens sind die genetischen grundlagen des menschen in einem großen aumaß, wie heute langsam sichtbar wird, viel flexibler und sozusagen interaktiver (und zwar mit den jeweiligen sozialen bedingungen), als früher vermutet wurde - eine starre genetische determinierung gerade sozialen verhaltens lässt sich als behauptung imo nicht mehr aufrechterhalten.


Lieber Momo, ich bin beim Lesen über diese Passage gestolpert. Von wann schreibst Du? In den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ging man von keinerlei genetischer Determiniertheit aus, sondern von einer Entwicklung des Verhaltens, der massive Einfluss der Eindrücke von Geburt an, wurde als prägend gesehen. Vor allem in der Frauenbewegung, wobei dies sehr wohl ein wissenschaftliches Paradigma war. Buchtitel, wie "Wir werden nicht als Mädchen geboren, sondern dazu gemacht" stehen exemplarisch für diese Haltung. Seit Mitte der 90er Jahre wird heftig an dem neuen Biologismus gestrickt. Überall taucht die Rede von der Bestimmtheit durch die Gene auf. Inzwischen ist dieser Versuch eines Paradigmenwechsels soweit fortgetrieben worden, dass Menschen, die es mal anders erzählten, heute überzeugt die genetische Determiniertheit vertreten, wie sie "früher" die soziale Bestimmtheit vertraten. Ich persönlich stehe der Argumentation genetischer Bestimmung höchst misstrauisch gegenüber, da sie zu häufig kulturelle Defintionen von Menschsein als biologisch vorgeschrieben behauptet und, um mit Foucault zu sprechen, die strukturelle Macht über die Menschen überdeutlich zu Tage tritt. Für Menschen, die sich einigermaßen(!) reibungslos mit den bestehenden Angeboten für Identität klarkommen, merken es meist nicht, dass diese ideologisch überfrachtet sind. Vom Rand dieser Möglichkeiten, wird der Zwang und die Versuche diesen Zwang zu naturalisieren schnell deutlich. Auffällig ist, dass der kulturelle Blick (Thomas Laqueur: Auf den Leib geschrieben) auf die Körper nie angesprochen wird. Was für mich ein Indiz dafür ist, dass "jemand" etwas zu verbergen hat.
Lange Rede kurzer Sinn, dieses Einflechten der genetischen Bedingtheit, wie es Herr Roth da oben macht, ist aktuell typisch und für mich nichts als Propaganda. Welche gesellschaftlichen Gruppieren ein Interesse an dieser Sicht der Dinge haben, wäre noch zu diskutieren.

sansculotte (Gast) - 23. Aug, 11:47

weder - noch

Liebe somlu,
"In den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ging man von keinerlei genetischer Determiniertheit aus, sondern von einer Entwicklung des Verhaltens, der massive Einfluss der Eindrücke von Geburt an, wurde als prägend gesehen."
Hm, das ist nicht haltbar: "keinerlei genetische Determiniertheit" gibt es schlichtweg nicht. Bei der ungeschlechtlichen Vermehrung beträgt die "genetische Determiniertheit" sogar annähernd 100%, wenn man das Genom als Bezugsgröße nimmt. Sinn der geschlechtlichen Vermehrung ist es, diese strengste genetische Determiniertheit etwas "aufzuweichen". Und vom Genom zum Verhalten is noch ein bissi ein Sprung. Dazu näher unten.
Auch das In-Rechnung-Stellen der "massiven Eindrücke von Geburt an" ist ein wenig zu kurz gegriffen. Entweder man betrachtet den Organismus als grundsätzlich interaktionsfähig, dann muss man auch die Eindrücke vor der Geburt miteinbeziehen. Dann beginnt die Gesellschaft nicht erst mit der Geburt auf den kleinen Menschen einzuwirken. Schon der Umgang mit Schwangeren, die Rahmenbedingungen, die auf die Schwangere und ihren Fetus einwirken, Stress, Belastung, Unsicherheit, Angst - all das hat - wie wir nicht nur aus Regressionstherapie sondern mittlerweile auch aus bildgebenden Verfahren wissen - massive Einflüsse auf die Entwicklung des Kindes. Auch schwingt im Dogma "wir werden nicht als [...] geboren, sondern dazu gemacht" immer ein wenig die Vorstellung von einer ideologischen Schulung mit und das ist angesichts des psychophysischen Gesamtgeschehens, den die Ontogenese darstellt, doch ziemlich weit gefehlt.

Ich möchte zudem darauf hinweisen, dass dieses Dogma eines mE falsch verstandenen Umwelteinflusses auf den Menschen nicht nur zu emanzipatorischen Zwecken eingesetzt werden kann: auch die mE sehr repressive und leidbringende "Verführungstheorie", die Homosexualität ausschließlich mit Einflussnahme in der Entwicklung erklärt, bezieht ihre Argumentation aus der "Umwelttheorie".

Was die Beweggründe, von denen Roth sprich, angeht, präsentiert er ja das Gesamtpaket: Gene, Hirnentwicklung, frühkindliche Prägung, Sozialisierung. All das muss berücksichtigt werden und nur so kann ein angemessenes Verständnis des Verhaltens erreicht werden. Womit wir bei der Erklärung des Verhaltens "aus den Genen" wären: diese ausschließliche Position vertritt heute kaum noch jemand (außer Redakteure entsprechender Artikel in Boulevardzeitungen). "State-of-the-art" ist vielmehr die Beobachtung der Tatsache, dass Gene meist unter bestimmten Umweltbedingungen exprimiert werden, dass es für manche Gene kritische Zeitfenster der Entwicklung gibt andere wiederum ein Leben lang exprimiert werden können, wenn die Umweltparameter die Expression auslösen. Eine schöne Zusammenfassung hierzu gibt es zB bei Joachim Bauer "Das Gedächtnis des Körpers".

grüße, s
monoma - 23. Aug, 21:25

hallo in die runde,

finde ich sehr gut, das und wie sich hier die diskussion entwickelt - ein paar weitere antworten meinerseits:

@adi:

es ist keinesfalls so, dass ich deine einwände nicht nachvollziehen könnte - klar ist die definition von verbrechen strikt von der jeweiligen gesellschaftsformation abhängig. klar ist das potenzial für etliche schweinereien seitens der machthabenden gegeben (auf den aspekt bin ich hier im blog gerade am beispiel des ns besonders eingegangen). und ich bin mir auch über die unheilvolle tradition von eugenik und "rassenhygiene" (die im übrigen auch untrennbar gerade zur geschichte der psychiatrie dazugehören) durchaus im klaren.

aber ich finde nach wie vor, dass deine perspektive zu einseitig ist. kurz nochmals ein paar gründe: erstens, und hier liegt vermutlich ein versäumnis meinerseits vor, meine ich bei verbrechen hauptsächlich gewaltverbrechen, also destruktive bis tödliche aktionen gegen leben und gesundheit anderer menschen. was dagegen bspw. die sog. eigentumsdelikte, verstöße gegen das betäubungsmittelgesetz u.a. betrifft, habe ich eine fundamentalkritik an justiz und gesetzgebung. die habe ich bei den gewaltverbrechen in gewisser hinsicht auch, aber sie ist dort eine andere.

ich gehe nicht quasi automatisch davon aus, dass diese art verbrechen in einer anderen gesellschaftsordnung kein thema mehr wäre, erst recht nicht, was den bzw. notwendigen wege dorthin betrifft. ich weigere mich aber, zwischenmenschliche gewalt als eine art anthropologische konstante zu betrachten, die wir nur hinnehmen und bestenfalls repressiv eindämmen können. und gerade in dieser hinsicht werden für mich einige thesen von roth interessant, die im kern noch nicht mal neu sind, aber durch die neurowissenschaften jetzt möglicherweise eine verstärkung bekommen, die die ignoranz dem thema gegenüber schwieriger macht. wir machen unsere gewalt selbst - wenn sich das endlich, endlich mal in breiteren öffentlichen diskursen verankern würde, wäre das etwas, was imo viele neue möglichkeiten eröffnen könnte, realistische konzepte für andere gesellschaftsentwürfe nicht nur zu entwickeln und fundiert zu begründen, sondern auch umzusetzen. und in einigen bemerkungen von roth sehe ich sozusagen embryonal diese möglichkeiten aufscheinen.

das das sozusagen ein ritt auf messers schneide ist, ist mir klar. aber das muss imo riskiert werden. in diesem zusammenhang möchte ich nur auf die explizite kritik am heutigen knast- und strafsystem hinweisen, die heute so selbst von "links" nur noch vereinzelt zu vernehmen ist. dieses system ist inhuman. punkt. und das lässt sich mit den eigenarten der menschlichen struktur begründen. ich bin absolut froh, dass solche aussagen mal in den mainstream eindringen, und nicht mit "gutmenschengewäsch" und als linksradikale träumereien abgetan werden können, jedenfalls nicht so einfach.

ich finde dazu, dass sich gewaltverbrechen (dazu würde ich übrigens auch kriege rechenen) nicht ohne bezug auf hirn und nervensystem verstehen lassen. das widerspricht allem, was ich dazu weiß. und verstehen müssen wir, alleine schon aus gründen der selbsterhaltung. diese spezies kann sich gewalt im heutigen ausmaß schlicht nicht mehr erlauben, um den preis des eigenen untergangs.

nochmal: ich kann deine kritik / bedenken durchaus nachvollziehen und teile sie in vielen bereichen selbst. aber: das eine tun, ohne das andere zu lassen, fällt mir nur dazu ein.

@somlu:

du hast ein "mo" zuviel ;-) - ich hab definitv kein wuschelkopp.

und ansonsten hat sansculotte schon viel von dem geschrieben, was ich auch gesagt hätte. mir klingt ein bißchen bei dir durch, als würdest du überhaupt keine genetischen einflüsse annehmen? das würde ich stark in frage stellen wollen - und dem buchtipp von sansculotte - ist auch in der literaturliste drin - möchte ich mich anschließen. ich kenne bisher keinerlei (populärwissenschaftliche) arbeit, die rolle und funktion der gene derart sozusagen auf die füße stellt - aber darin steckt natürlich auch die forderung, sich von der vorstellung einer alleinigen prägung durch umwelt, soziale strukturen etc. zu verabschieden. es ist tatsächlich ein interaktives wechselspiel, was vielleicht am folgenden beispiel - grob skizziert - deutlicher werden könnte: eine genetische disposition für darmkrebs zb. bedeutet nicht eine unvermeidbare tumorentwicklung, sondern eine erhöhte wahrscheinlichkeit - wenn nämlich sozial bedingte trigger wie falsche ernährung, bewegungsarmut, alkohol und die ganzen mehr oder weniger bekannten risiken dazukommen. das beispiel mag banal sein, macht aber imo das "funktionsprinzip" sehr vieler menschlicher gene ganz gut deutlich.

auch grüße,
mo
mo (Gast) - 23. Aug, 21:51

als ergänzung...

...weil der film in der einleitung zum roth-interview erwähnt worden ist: auf spon findet sich eine rezension, zu der ich momentan nur sagen möchte, dass sie nach einem sehr, sehr schwer erträglichen film klingt.

Roth ist kein verlässlicher Wissenschaftler

Roth ist wie Singer ein begrifflich selten nachlässiger Wissenschaftler - ich hab das mal an einem Text von ihm hier http://www.michael-funken.de/information-philosophie/philosophie/kittelzuroth.html (und an einem von Singer hier http://www.sprache-werner.info/Off_Brief_Singer.1967.html ) demonstriert. Zudem argumentiert er wie Singer und Prinz grundsätzlich prinzipiell und ordnet sämtliche empirischen Daten diesen Prinzipien logisch unter, die er aber weder diskutiert noch auch nur argumentativ begründet, ein Verfahren, das man traditionell "metaphysisch" nennt (modern eher axiomatisch). Interne Stimmigkeit wird so logisch erzwungen, während die empirische Basis unklar bleibt. Wer das nicht weiß wie das Gros der Bevölkerung muss meinen, dass alle Aussagen von ihnen wissenschaftlich gesichertes Wissen darstellen – reine Täuschung!

Internationale Kritik an derartigen Grundlagen wie durch seinen australischen Kollegen Maxwell Bennett (in "Philosophical Foundations of Neuroscience", das er mit Peter M.S. Hacker erarbeitet hat, jetzt auch "History of Cognitive Neuroscience") oder bei uns durch Peter Janich "Kein neues Menschenbild - Zur Sprache der Hirnforschung" nimmt Roth ebenso wenig zur Kenntnis wie Singer, der sich dafür selbst philosophisch bemüht - allerdings ohne jegliche Kenntnis des Reflexionsstandes in der heutigen Philosophie, von dem Roth wenigstens den sog. Radikalen Konstruktivismus kennt. (Er treibt ihn in seinen Büchern auf die Spitze bis dahin, sich selbst zum "Konstrukt" seines eigenen Gehirns zu erklären!)

Das Schlimmste daran: von Wissenschaftlern derartigen Reflexionsniveaus lassen sich nicht nur Journalisten beeindrucken, die sich ausdrücklich als Wissenschaftsjournalisten verstehen, sondern weithin sogar Wissenschaftler.

errorking - 20. Okt, 12:02

praxis

diese abhandlungen sind mir allezu abstrakt, theoretisch bis zum brainfucking, obwohl ich dr meinung bin, dass es darüber natürlich auch eine wissensch. diskussion eben geben muss.

die frage ist doch: wie können wir wissenschaftl. erkenntnissse in unser leben aufnehmen. ich bin persönlich zwar sicher, dass es keinen freien willen gibt....aber in allen abhandlungen schwingt so etwas mit wie : ach, ohne freien willen sind wir doch nicht mehr soviel wert.

das ist nicht richtig: erstens einmal hat ein gutes glas wein auch keinen freien willen und ist doch etwas wert! es ist etwas wert, weil wir ihm den wert zuschreiben. der mensch ist also ohne freien willen auch wertvoll solange wir ihm den wert zuschreiben.
zweitens: was wäre ohne freien willen dann der sinn meines daseins? naja... so sehr kann ich den sinn mit einem mögl. freien willen auch nicht erkennen. aber trotzdem: der sinn wäre es, die freude am leben wäre es, zu beobachten und die wirklichkeit zu erkennen .... wie wir wie ein schiff auf den wellen dahinschwimmen der kapitän kann beim grossen wellengang nur die segel runterlassen und das steuer festzurren)
monoma - 23. Okt, 15:42

@ ingo wolf-knittel

schonmal danke für Ihre beiträge; ich werde mich vermutlich anfang nächster woche dazu länger äussern.

king of error...

hi errorking:
wenn du schreibst "die frage ist doch: wie können wir wissenschaftl. erkenntnissse in unser leben aufnehmen." - musst du dann nicht diese angeblichen "wissenschaftlichen ergebnisse" erst einmal verstehen?
das erste wäre, dabei zb. zu berücksichtigen, dass es solche gar nicht gibt! gemeint sind doch immer "erkenntnisse von wissenschaftlern" - was du sicher sofort zugestehen wirst.
das hat aber wichtige konsequenzen; denn personen, auch wenn sie wissenschaftlich forschen, können sich natürlich genau so irren wie jedermann sonst - ich, du, wir alle.
wissenschaftler können sogar reinen unsinn erzählen. den, den hirnforscher und sonstige 'neurowissenschaftler' so von sich geben und das selbst in wissenschaftsjournalen, hat einer von denen, der australische synapsenforscher maxwell bennett, also ein experte und zudem kein irgendwer, sondern einer der angesehendsten hirnforscher der welt, mal zu sammengestellt: fast fünfhundert seiten hat er dmait gefüllt! (liest du englisch? der titel des buches lautet 'philosophical foundations of neuroscience'; ist immer noch nicht auf dt. übersetzt worden.)
zweitens - ein wenig kniffeliger schon: wissenschaftler gehen selbstverständlich von voraússetzungen aus, und genau die sind's, um die es genau besehen in der diskussion um unsere willensfreiheit genau genommen geht!
wenn man das nicht weiss, kann man den streit nicht verstehen. jeder geht von gedanklichen voraussetzungen aus: du müsstest zb. genau sagen, was du mit WF oder asdruck 'der freie wille' meist was ich damit meine, hab ich in meinem 'beweis der existenz der WF' im letzten jahr auf dem (angebl. welt)ersten 'philosophy-slam' in augsburg vorgetragen...

errorking - 21. Okt, 16:10

lieber ingo-wolf.habe zwar

wie doktor faust vieles studiert...und gelesen (über psychologie, neurologie, freien willen)aber da steh ich nun ich armer errorking...

vieles in deinem artikel von deinem vortrag ist interessant....die grundfrage, die sich mir ergibt ist leider eine andere (und ich widerspreche damit auch deine wissenschaftl. unbewiesene theorie, dass die tiere willenloser seien: denn wenn ich eine orange und eine banane vor mir habe und ich soll mich freien willens für eins entscheiden, da nützen alle "denkkaskaden" nicht: ich werde auf grund
1. entweder einer vorliebe wegen die entscheidung treffen : orange
2. einer vorinformation genet. oder umweltsursprungs(tausende krrakheiten, die früher als "böse" galten, trotzverhalten, übermäßige selbstbehrrschung durch die erziehung, denken an meine gesundheit) in meinem hirn wegen meine orangenentscheidung widerrufe (nichts nehme oder die banane nehme)
denn falls ich 3. zufällig auswähle, dann ist es zufällig (wie ein würfel)und nicht freier wille

letztlich ist es doch so, dass alle "willensentscheidung", der FREIE WILLE also sich für mich als OXYMORON darstellt. denn sogar eine eigene entität im hirn kann eben auch nur aufgrund von vorinfos "frei" entscheiden , die stärker eingetrichterten infos wirken dann eben, oder der "freie wille" entscheidet ohne infos und ist damit ohnehin nur zufall. der FREIE infoabhängige WILLE, der letztlich immer AN DER LEINE ist.

übrigens: nachdem ich ein krishanmurtiliebhaber bin törnt mich die sogenannte "willensentscheidung" ohnehin nicht so an, er macht vieles natürliche kaputt.

wär aber auch lustig, wenn du mich von meinen errors heilen kannst.

Nicht genug studiert? Oder nicht richtig (gelesen)?

Wo hast Du, werter King of Errors, in einem meiner Texte auch nur etwas in der Art gelesen, was Du mir als Aussage zuschreibst: dass Tiere "willenloser" seien als wir? (Nebenbei bemerkt vertrete ich auch keine "Theorie", sondern argumentiere logisch von ganz bestimmten Voraussetzungen her - s. meinen vorangegangenen Beitrag!)

Im genauen Sinn des Wortes "Wille" ist es nämlich sogar so, dass Tiere überhaupt keinen Willen (in diesem "eigentlichen" Sinn!) haben. Nur bei Menschen ist m.W. eine Willensbildung bekannt, die auf Überlegungen beruht und eine - eben überlegte! - Entscheidung sowie Festlegung darauf beinhaltet, diese Entscheidung in seinem Tun und Lassen im weiteren zu berücksichtigen, oder anders ausgedrückt: zu handeln, wie man will u.d.h. das zu tun, was nötig ist zu erreichen, zu was man sich entschlossen hat. (Ganz ähnlich: gemeinsame Entscheidungen in Form von Beschlüssen, an die man sich dann im Weiteren in seinem Tun "hält". Wenn Du allerdings so etwas wie persönliche Entschlüsse und gemeinsame Beschlüsse, die dann z.B. in Form von Gesetzen bekannt gemacht werden, nicht kennen solltest, können wir uns nicht weiter austauschen.)

Dein Beispiel betrifft ganz etwas anderes, nämlich etwas, was in Psychologie und Biologie Appetenzverhalten genannt wird (was durchaus etwas mit "Appetit" zu tun hat); ein anderer Ausdruck für das Gemeinte ist Instinktverhalten, während der Volksmund von Trieb redet, von Drang und ähnlichem wie Begehren. Kleinkinder kennen noch nichts anderes. Tiere zeigen nach allem, was ich weiß, dass man weiß, auch nur diese Art von Re-Agieren. (Deswegen kann man sie, wenn man weiß, auf welchen "Reize" sie reagieren, dressieren.)

Von Entscheidungen abhängig gemachtes Handeln bezieht sich eben nicht einfach und naturhaft auf Reize wie innere Impulse oder äußere Anreize. Die gibt es natürlich immer und auch bei überlegt handelnden Menschen. Sie werden von diesen aber bei ihren Überlegungen berücksichtigt, während sie ihr Tun an deren Ergebnis, der einmal getroffenen Entscheidung orientieren. (Nur deswegen können wir bei allem Appetit oder sogar Hunger bis hin zum Heißhunger willentlich aufs Essen verzichten und - eben freiwillig, aus eigenen Entschluss, aus freien Stücken, ganz ohne inneren oder äußeren Zwang usw. von uns aus - hungern. Wenn Du das von Dir selbst nicht kennst, so hoffe ich, dass Du davon schon gehört hast, dass es Menschen gibt, die das können.)

Es gibt - wo ist die Umgangssprache mal nicht vieldeutig? - noch den völlig anders gemeinten Begriff vom "Lebenswillen". Damit ist kein (fester, letzter, entschiedener, unbeugsamer und was der Ausdrücke dergleichen noch alle sind) "Wille" gemeint wie eben angegeben: ein an Entscheidungen bebundenes Wollen, sondern die triebhafte, wie man sagen könnte, Aktivität aller Lebewesen - in Unterscheidung und Abgrenzung von diesen zu leblosen Gegenständen. Schopenhauer hat m.W. den Begriff "Wille" so verstanden. Kleinkinder drücken ihr Begehren ja auch heute noch oft so aus, dass sie sagen "ich will hamm", wenn sie nach etwas greifen. Auch die Etymologie des Verbs 'wollen' verweist noch darauf – aber das führt hier wohl zu weit...

errorking - 22. Okt, 10:33

Lieber WF Wolf Kittel (WF: Willensfreiheit)

in einem internetartikel vom 12. juli 2008 , hast du mehrfach darüber räsoniert, dass tiere nur reflexhaft und gewohnheitsmässig reagieren.(komplexe sprachen sind ausdruck logischer entscheidungen...was ist dann mit den sprachgewandten affen , delphinen usw.? dürfen die nur aus christlichem sinn keinen freien willen haben, aber aus wissenschafltichen schon?)
zu meiner ausbildung darf ich dir sagen, dass ich eine ethnlogische und kunstgeschichtliche ausbildung habe. ausser ein paar explorierungen bei interdisz. seminaren beim ehem. "narrenturm" von wien und ein paar fachbüchern kann ich auf keine durchgehende ausbildung in psycholog. oder gar in neurolog. sicht hinweisen.
ich bin daher der quer (inter und intradisziplinär) gebildete mensch, der auch doch wohl auch gedanken über das selbst machen darf und das anrecht hat, von wissenschaftlern in verständlichen happen gefüttert zu werden (deshalb nehme ich deine väterliche mahnung "wenn du pers. entschlüsse od. gemeinsam. beschlüsse nicht kennen solltest würdest du ein austauschen nicht weiter vorziehen" nicht so ernst, da ich denke, dass du wie ich auch "nur" ein mensch mit all seinen schön- und eigenheiten bist...vielleicht sind wir uns ähnlicher als wir denken...
natürlich kenne ich persönl. und gemeinsame beschlüsse...wie jeder andre mensch auch, was meinst du damit? ).

danke für jedenfalls dein ausgiebig geistiges füttern, die verdauung des obigen futters fällt mir aber schwer. denn du hast mein paradebeispiel mit einem einfachen "appentenzverhalten" abgekanzelt. dann hast du nur von "beschlüssen" und "entscheidungen" gesprochen und dich eigentlich nie mit dem denkvorgägnen an sich befasst.
auch nicht mit der problematik des oxymorons. überdies denke ich, dass der mensch laut darwin schon ausgestorben wäre, wenn er nach deinen angaben denken würde....einfach so einige male das gegenteil von dem lustvollen zu tun begründet ja auch wider der im hirn angesammelten "vernunft zum überleben" zu handeln.

nochmals : ich habe mit der orange und banane ein beispiel für sämtliche entscheidungen gegeben. das ganze kannst du dann ausschmücken, detaillierter gestalten, die überlegungen über den bau eines atomkraftwerks oder eine reise, oder die beziehung zu deinem partner...letztlich ist alles entweder A oder B (oder keine entscheidung).
denn alles ist im kopf ein logisches abwägen.
vielleicht ein letztes beipiel: ich überlege, heute einen vortrag zu schreiben oder faul zu sein und spazieren zu gehen.
falls ich mich für die arbeit entscheide, tat ich das, weil ich gesehen habe, dass ich dann morgen ohne bericht meine arbeit nicht tun kann, job und geld verliere. die angst hat also die lust besiegt. da ist eine im innern eine logische waage, die zeigt (z. b. mittels schreckenbildern die konsequenzen an : das wiegt schwerer (wenn ich unter drogen bin ists natürlich anders).
wenn ich mich für die faulheit entscheide, dann habe ich einen nebenplan (unter umständen mag ich die arbeit gar nicht, habe angst vor der flugreise, will meinem körper einmal ruhe gönnen, plane die arbeit des nachts zu tun usw.) alles sind bilder die mir situationen zeigen und die waage stellt fest, was mein überleben fördert, oder meine unmittelbare lust fördert). jetzt wirst du sagen genau das ist es: diese eintscheidung.
aber wir entsceiden uns ja nur für die lust, wenn im kopf z. b. die homrmone die lust als wichtiger betrachten, es könnte auch sein dass wir krank sind, gibt ja schon wissenschaftl. gentische antriebslosigkeit). jedenfalls wird die innere waage dann aufgrund der homone und all der vielen bilder die da auftauchen eine "vorentscheidung" fällen .
dann hab ich noch immer die möglichkeit zu sagen: nein, ich mach das gegenteil. das wäre dann in deinem sinne der freie wille.
warum aber macht man das gegenteil? einfach so? frei aus der luft heraus? nein. das gegenteil wird auch begründet: entweder weil mich die in meinen tiefen schon als kind erlernte pflichtbewusstsein als "über-ich" ruft (vorinfo)oder weil gewisse lusthormone herrschaft erlangt haben.
im wort "entscheidung" liegt also kein freier wille sondern ein abhängiger wille.

PS in einem deiner aufsätze(ich war fleissig) las ich als begründung: was sollten gerichte denn tun, wenn sich jeder verbrecher auf den "abhängigen willen" beruft?
das ist natürlich erstens logisch unzulässig: die wahrheit eines satzes kann nicht durch die bemerkung: "das wäre dann in der konsequenz ein chaos" unlogisch gemacht werden.
zweitens: ich kann mir sehr wohl eine gesellschaft vorstellen in der die menschen in ihrem gesellschaftl. assozialem handeln therapeutisch in ein umdenken geführt werden...nur verwendet man zuwenig zeit dazu! was wäre, wenn man jeden verbrecher 24 stunden am tag für längere zeit therapeuten zur verfügung stellen würde? (kostet auch nicht mehr als ein gefängnis!)
krankhafte triebverbrechern muss man natürlich medikamentös (wenn möglich) helfen, oder eben extra in würde!"verwahren". von "schreckliche kerkerandrohungen, todesstrafe verhindern verbrechen" sehen wir ja, wie toll das in den usa funktioniert....2 millionen gefangene...bis zu hundertfacher kriminalität als in and. westl staaten.
viel eher sollte man sich in liebe um die erziehung der kinder kümmern. die kinderfeindlichkeit ist natürlich der ursprung jeder kriminalität.

UND DANN noch die oxymoronfrage: EINE FREIE WILLENSENTSCHEIDUNG begründet! sich doch auf etwas? auf fakten, unständen, hormonen...) wenn der freie wille nach deiner definition aber nur dieses denkergebnis ausdrückt...dann magst du recht haben...aber in christl. sinne z. b. ist dies kein freier wille. (bin übrigens agnostiker)
danke jedenfalls für dein lesen und ich hoffe du kommunizierst doch noch mit mir.
errorking - 23. Okt, 21:56

zusatzerklärung

es kann ja nicht sein, dass nur etwas ernst zu nehmen ist, wenn man es mit 100en zitaten aus wissenschaftl. publiziertem spickt, aneinanderreiht und dann-gleich einer seminararbeit an der uni - als statement herausgibt. ....was natürlich auch als info für die leser durchaus verdientstvoll ist.
gerade eine internetdiskussion verträgt die basis verschiedener menschentypen.
natürlich habe ich auch genug neurologische und philosoph.sensationsbücher pro und kontra "freier wille"gelesen. mich störte eben immer die unterschwellig christliche orientierung(lebte 10 jahre in japan), die offensichtlich unbewusst auf dem "freien willen" beharren möchte um den begriff "menschliche schuld" nicht auszulöschen. in japan macht man völlig andere erfahrungen: "schuld" und die oft daraus folgende angst (vor bestrafung)sind dort keine echten denkschematas. man denkt dort eher in die zukunft: "gib dein bestes! beiss die zähne zusammen!"
ich hab in meinen sehr persönl. wortmeldungen also nur versucht als allgemein logisch denkender mensch, (der hier nicht mit seinen publikationen und leistungen protzen möchte, sondern mit rein "gesunden" menschenverstand ohne wissenschaftl. "beweise"an dinge herangehen möchte), die dinge, die ich selbst beim denken beobachte zu formulieren. nur das.danke.
sansculotte - 24. Okt, 08:53

re

Zum ersten Absatz:
Wissenschaft ist eine systematisierte Erkenntnismethode. Ziel ist Nachvollziehbarkeit, Wiederholbarkeit und Überprüfbarkeit. Dieses prinzipiell transparente Verfahren ist mir ehrlich gesagt um einiges lieber als das Geschwätz von Märchenerzählern, Ideologen und Konstruktivisten.

Zum zweiten Absatz:
"gib dein bestes! beiss die zähne zusammen!"
Und das findest du begrüßenswert? Oder besser als die "christliche Orientierung"? Ich halte diesen "zukunftsorientierten" Ansatz für unglaublich ignorant dem einzelnen und seiner Lebensgeschichte gegenüber. Diese schicke fernöstliche "Denke" ist bei Licht betrachtet ein brutaler Kasernenhofappell, nichts weiter.

Zum dritten Absatz:
Hast du Eric Berne gelesen, "Spiele der Erwachsenen"? Berne geht ja davon aus, dass Kommunikation auf mehreren Ebenen abläuft und dass bestimmte Formen der Kommunikation eigentlich verdeckte "Agendas", persönliche Anliegen und Bedürfnisse transportieren. Allersimpelstes Beispiel: du sagst "schöner Tag heute" und meinst "sag was Nettes zu mir, Nachbar".

Berne will festgestellt haben, dass viele Menschen andere wiederholt und massiv in ihre verdeckten Kommunikationen verwickeln. Er nennt das "Spiele".

"Hilfe, ich werde angegriffen, aber ich hab doch nur...!" - das dürfte das Spiel des dritten Absatzes sein. Dein Spiel.

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Wednesday - 2. Jan, 09:37
Ich bin da, ein Ping...
Ich bin da, ein Ping reicht ;) Monoma wird sich...
Grummel - 15. Sep, 16:50
Danke, Grummel. Das Netzwerk...
Danke, Grummel. Das Netzwerk bekommt immer grössere...
Wednesday - 13. Sep, 10:02
Leider nicht, hab ewig...
Leider nicht, hab ewig nix mehr gehört.
Grummel - 12. Sep, 20:17
Was ist mit monoma?
Weiss jemand was? Gruß Wednesday
monoma - 12. Sep, 14:48
Der Spiegel-Artikel im...
Den Spiegel-Artikel gibt's übrigens hier im Netz: http://www.spiegel.de/spie gel/spiegelspecial/d-45964 806.html
iromeister - 12. Jun, 12:45
Texte E.Mertz
Schönen guten Tag allerseits, ich bin seit geraumer...
Danfu - 2. Sep, 21:15

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