W-Day (Gast) - 25. Mai, 18:17

Ein wenig Widerspruch ;)

Sich in Verzicht üben ist höchstens eine Art Meditation oder asketische Selbstbefriedigung. Wer verzichten müsste, sind ganz andere Leute als wir, die wir von Reichtum eh keine Ahnung haben. Und aus dem Warenkreislauf steigt man nicht aus, das klappt nicht, egal wie viel "Verzicht" man übt.

Man nehme zB den Yachtbau - in diesem Geschäft werden unglaubliche Mengen an sog. Rohstoffen vernichtet, um eine Superyacht zu bauen, die ein berühmter Fomel-1-Rennfahrer grad mal ein Jahr besitzt, bevor er sie durch ein noch grösseres Schiff ersetzt. Was so ein Rennfahrer plus Equipment und Management an Rohstoffen allein in einem Jahr wegraucht, verbraucht keiner von uns Hanseln im ganzen Leben nicht.

Wieviel Rohstoffe allein für die Entwicklung und Herstellung von Anstrichmitteln verbraucht werden, kann sich ebenfalls kaum einer ausmalen. Und diese Anstrichmittel sind überall, ob auf dem Strassenschild, der Teepackung oder der Wohnung - fast scheint mir, man muss die Erde ganz und gar durch eine komplett neue ersetzen, um da rauszufinden. ;-)

Es ist schon heimtükisch, daß das "System" grad die moralischen Leute zum Verzicht bewegt, anstatt die Verursacher der Gangstereien. Und warum machen die ihre Gangstereien? Weil sich die für die Gangster lohnen, ganz einfach, und weil sie eine andere Art von Moral haben als der protestantisch aufgezogene Verweigerer, und weil sie es im Kapitalismus nun mal nicht anders können, als Werte zu verbrennen.

Die Verzichtübung erinnert mich zu sehr an die bekannten Formen der Herrschaft - wie weit müsste denn Verzicht gehen, um die Welt zu retten? Bis die bösen Ausbeuter ein Einsehen haben? Bis zur Ermordung jener, die keinen Verzicht üben wollen? Unterwirft man sich mit Verzichtübungen nicht der kalten Logik der Warenwelt? Die kann auf ihre Gegner pfeifen, denn sie hat stets mehr Abhängige als Feinde gehabt, und das wird sich allein aufgrund der Lebensbedingungen des Menschen nicht ändern.

somlu (Gast) - 25. Mai, 21:19

W-day, sorry, natürlich gehöre ich nicht zu den Verschwendern auf der Welt und ich bin Teil der gigantischen Ausplünderung dieses Planeten. Wir hier im industrialisierten Westen - wir alle zusammen machen ca. 20% der Weltbevölkerung aus und verschwenden zusammen 80 % aller Ressourcen. Da kann ich nur schlecht immerzu mit dem Finger auf die zeigen, die noch mehr verschwenden. Um die Situation zu ändern, kann es auch nicht um eine Diktatur gehen, sondern um einen Bewußtseinswandel.

Wie ich schon schrieb, diese Sache mit dem Wasser, es hat mich mächtig beeindruckt, dass alles Wasser, das wir heute auf diesem Planeten haben, genau das gleiche Wasser ist, dass die kleinen Muscheln, die vor Milliarden von Jahren Landschaften schufen umgab. Alles hängt zusammen. Ich sehe mich überhaupt nicht als besser oder schlechter als die Menschen, die hier leben. Ich beteilige mich an dieser Verschwendung jeden Tag, ob ich will oder nicht. Was sich ändern muss, sind die Werte. Das was wertgeschätzt werden sollte, ist eben nicht der beruflich erfolgreiche Manager prostestantischer Prägung oder den emotional verkrüppelten harten Vorgesetzten, der es schafft die grausamsten Entscheidungen zu treffen und trotzdem noch Nachts gut schlafen kann, weil er viel verdient und das nun mal in unserer Gesellschaft nach wie vor mehr Wert ist, als ein bescheidenes am eigenen Bedarf orientieres achtsames Leben. Damit meine ich nicht Leute, wie du, monoma oder mich. Dennoch habe ich das Gefühl, davon gibt es immer noch zu wenig. Es müssen viel mehr werden, bis eine "kritische" Masse erreicht ist, die das gesellschaftliche Klima ändert. Und wo kann ich damit anfangen? z.B. sammel ich alle meine Kippen immer ein und werfe sie in Mülleimer, manchmal an meinen Lieblingsplätzen in der Eifel sammel ich auch noch alle herumliegenden Kippen auf. Zum einen habe ich das schon immer gemacht, weils mir einfach richtig vor kam und zum anderen weiß ich heute, dass zur Zersetzung eines einzigen Filters 1000 Liter Wasser vergiftet werden muss. Dieses Verhalten, dass meine Freundin auch an den Tag legt, erstaunt nicht nur Raucher, viel NichtraucherInnen mit denen wir unterwegs sind, staunen auch, weil sie das nicht kennen.

Verzicht ist somit eine Form von Bewußtseins über die Konsequenzen meiner Handlungen und dass ich darauf eben auch Konsequenzen ziehe. Glaub mir die Luxusjachtenproduktion sind unser kleinstes Problem auf diesem Planeten.
Anstriche können geändert werden, siehe mein Beispiel mit meinem Büromateriallieferanten. Worauf ich dabei verzichte, ist ein bisschen Geld und die allerbilligsten Materialien für mein Büro.

Keine Ahnung wo das enden kann aber ich kann dir die beiden von mir empfohlenen Filme nur schwer empfehlen. In "the corporation" ist dieser Teppichfliesenfabrikant, der ist sehr deutlich und der tut auch was. Ob es aber reicht, schnell genug. Wir scheinen nicht mehr viel Zeit zu haben. Und ehrlich, auf einige Annehmlichkeiten oder Selbstverständlichkeiten machen mir weniger Angst, als die Situation, wenn es so weitergeht, wenn die wenigen mit Macht anfangen den offenen Kampf um Ressourcen, Wasser, saubere Luft und gesundes Erdreich eröffnen und der Kampf hat eigentlich schon angefangen. Schau dir mal Nestle an, die kaufen seit Jahren Trinkwassserquellen weltweit auf.

Das mit der Unterwerfung unter die kalte Logik der Warenwelt in diesem Kontext verstehe ich in diesem Kontext nicht. Vielleicht kannst du das noch mal ausführen`?
somlu (Gast) - 25. Mai, 21:21

Verzicht kann auch bedeuten auf der herrschende Finanzsystem zu verzichten, die Träume der Großbürger des 18. und 19 Jahrhunderst aufzugeben. Es ist mehr als Verzicht auf Konsum.
W-Day (Gast) - 26. Mai, 07:37

Mir fällt's nicht schwer, auf Erdbeeren im Winter, den Swimmingpool, Skiurlaub und ein neues Auto zu verzichten. Nur kann ich mir weder den Swimmingpool noch ein Auto überhaupt erst leisten, Skiurlaub hat mich nie interessiert. Mein "Verzicht" wird also kaum was bringen, eher nichts. Weil ich sowieso zu den unfreiwillig Verzichtern gehöre. Schließlich leben wir in einem ordentlichen Herrschaftssystem. ;) Die Verzichtträume können wir getrost vergessen, tausend 1-€-Läden singen uns ein anderes Lied.

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