definitionsfragen

Samstag, 11. Juli 2009

und noch einen drauf ("postmoderne", die dritte)

weil drüben die dokumentation des eigenen unverständnisses - wiederum kombiniert mit etlichen unverschämtheiten - neue blüten getrieben hat, nun also - und das soll dann auch endgültig genügen, weil ich aus meiner perspektive... nein, nicht alles, aber das meiste geschrieben habe, was ich im kontext für relevant halte - noch einige anmerkungen.

*

es fällt mir auf, dass "momorulez" (mr) augenscheinlich entweder überhaupt nicht oder nur selektiv liest, was ich schreibe - oder aber es nicht begreift. keine der optionen finde ich besonders angenehm. das gemeinte wird bereits in den allerersten sätzen deutlich:

"Gehört sich ja, wenigstens auf das, was dort drüben intersubjektiv noch irgendwie nachvollziehbar bleibt, ein paar Worte zu verlieren; wenn ich die chronische Verwirrung da lese, tut mir das leid und Emphatie setzt ein."

mal von den impliziten zuschreibungen (die sich sogar als stigmatisierend lesen lassen - auch "chronische verwirrung" ist ein diagnostisches kriterium) abgesehen, mit denen er interessanterweise genau das betreibt, was er ja seiner ansicht nach so tapfer bekämpft - "der ist zwar eine verwirrte arme sau, aber ich bin mal höflich und mitleidsvoll" - die "empathie" kann er sich sonstwo hinstecken, weil es sich dabei um ein beispiel genau für das handelt, was ich neulich schon mal zitiert hatte:

"virtuelle kommunikation ist nämlich in sich grundsätzlich immer und unter allen umständen eine simulative kommunikation. warum? weil die entscheidende bedingung der körperlich-materiellen präsenz der kommunizierenden wegfällt, was alle beteiligten zwangsläufig in den bereich der konstruktivistischen wahrnehmungssurrogate des objektivistischen bewusstseins hineinzwingt. ich kann mir niemals sicher sein, wer im chat, hinter der mail oder dem forumsnick steckt und noch weniger darüber, wie der aktuelle psychophysische zustand des anderen tatsächlich aussieht - beste projektionsflächen also, um sowohl meine eigenen fiktionen unterzubringen als auch zum objekt fremder fiktionen zu werden."

wer die virtuelle präsenz eines anscheinend anderen - woher will er denn wissen, dass er sich nicht mit einem programm, einem autorenkollektiv oder sonstwem streitet - umstandlos mit körperlicher realität gleichsetzt und derart dann "empathie" behauptet, was unter diesen umständen wie gesagt nur ein konstruktivistisches wahrnehmungssurrogat sein kann, weil sich authentische empathie nur im realkontakt einstellen kann, da ihre entstehung funktionell an die ganzheitliche wahrnehmung anderer körperlichkeit gebunden ist - als offensichtlich gleichwertig der realen und authentischen existenz betrachtet, macht damit schon deutlich, warum er die "postmoderne" so vehement verteidigt.

weiter:

"Das liegt daran, dass ich inmitten dieser Psycho-Diskurse aufgewachsen bin, wie bereits häufiger betont; wenn ich sowas wie eine “postraumatische Belastungssyndrom” habe, dann deshalb, weil ich meine Kindheit und Jugend inmitten von Psychoanalytikern verschiedenster “Schulen” verbracht habe, von Sozialpädagogen und “Psychagogen”. Und manchmal fühlt man sich dann wieder wie das Kind einst, das sich einer Mauer von Manipulationen, Zuschreibungen und Verdrehungen gegenüber sah (...)

gehen ich mal davon aus, dass das realität beschreibt, dann ist das für mr zwar bedauerlich - ich habe durchaus meine eigenen erfahrungen und auch standpunkte mit und gegenüber orthodoxen psychoanalytikern, die eine echte plage sein können und auch aus meiner perspektive eine kritik, die jedoch aus einer ganz anderen richtung herankommt - , kann aber keinesfalls dieses völlig unterschiedlose durcheinanderschmeissen von verschiedensten kategorien rechtfertigen (wenn es auch die hartnäckige fixe idee erklärt, die ich neulich schon mal festgestellt hatte). nochmal: wer die themen und inhalte dieses blogs hier unter "psycho-diskurse" verbucht, hat schlicht entscheidende positionen hier nicht wahrgenommen (oder aber will sie nicht wahrnehmen - eine anfängliche unterstellung, die für mich aber bezgl. mr mehr und mehr gewicht bekommt). ganz zu beginn des blogs hatte ich damals mal in groben zügen die thematiken umrissen:

"autistische zustände und ihre gesellschaftliche produktion und wirkung; psychotraumatisierungen als massenphänomene; lücken und blinde flecken in den heute verbreiteten menschenbildern; die ökonomischen zwangsstrukturen von arbeit und geld; neurowissenschaften und ihre bisherigen ergebnisse; borderline, soziopathie und als-ob-persönlichkeiten; psychiatriekritik; sowie einiges mehr."

und ich beziehe mich explizit auf weitgehend ausgeblendete, ignorierte und verdrängte aspekte dessen, was sich tatsächlich als "psycho-diskurse" in der gesellschaft manifestiert. dazu arbeite ich von beginn an ausdrücklich mit einem mir wesentlich realistischer erscheinenden modell, in dem die "psyche" nicht wie irgendein "geistiges" gebilde in ungreifbaren sphären herumspukt, sondern sich als ein - wenn auch besonderer - aspekt unserer materiellen körperlichkeit entschlüsseln lässt. die hartnäckigkeit, mit der ein mr nicht begreifen will, dass er weitgehend seine eigenen negativen erfahrungen mit einer psychologischen schule tatsächlich in der gegend herumprojiziert, löst bei mir inzwischen mehr als ärger aus.

"Das Unangenehme ist, dass, wenn man sowas schreibt, man dem gegenüber die Gelegenheit gibt, auf die Patholisierungsschiene auszuweichen und dann alles, was man sagt, von irgendwas “Krankem” abzuleiten, was als Praxis selbst zutiefst pathologisch ist, Mo, mag als Beispiel hierfür dienen; und da hilft dann nur Emphatie, ich gebe mir gerade Mühe."

nun, ich würde kindliche negative prägungen nicht per se als "krank" begreifen, wenn sie auch - und dafür sehen wir oben gerade ein beispiel - zu ärgerlichen wahrnehmungsverzerrungen mit der folge abstruser standpunkte führen können. die geradezu unbekümmerte dummheit, mit der mr dann für sich mit einer ptbs - ich würde schon fast sagen, kokettiert - bestätigt dann höchst überflüssigerweise den eindruck, dass er sich tatsächlich mit dem aktuellen wissensstand in bereichen wie der psychotraumatologie und den neurowissenschaften weder auskennt noch dafür ernsthaft interessiert und es lieber vorzieht, sich in der als-ob-freiheit seiner konstruktionen zu bewegen.

sonst wäre es ihm nämlich selbst peinlich, sich mit real traumatisierten menschen auf eine stufe zu setzen. und gerade bei diesem punkt weiß ich sehr genau, wovon ich rede.

"Wie tief diese Pathologisierungsschemata auch weiterhin die Gesellschaft duchdringen, das wird gemeinhin unterschätzt in Zeiten flächendeckender “Externalisierungen”. Nannte man früher Projektion, Mo nennt es “abspalten”, das jedoch setzt mir zu individualpsychologisch an; es sind Zuschreibungen, die man im Bezug auf Gruppen tätigt, um die je eigene Gruppe “rein” zu halten. So fördert man einerseits regierungsamtlich die Familie, wo massenhaft Väter ihre Töchter befingern, um dann im Netz und bei Schwulen Pädophilie zu wittern, z.B.. Meiner Ansicht nach sind große Teile der Psycho-Szenen genau von diesem Prinzip durchdrungen."

mal abgesehen davon, dass es zwischen abspaltung und projektion tatsächlich einen qualitativen funktionellen unterschied gibt, der sich auch nicht unbedingt "individualpsychologisch" begründet - ich würde hier ja anstatt "zuschreibungen" das wort konstruktionen benutzen, denn genau darum handelt es ich meiner meinung nach - in gesellschaften mit einem hintergrund wie dem, den ich hier dauernd versuche näher zu beschreiben, also mit einer dominanz jener verhängnisvollen form von (letztlich psychopyhsisch produzierter) "objektivität" sind derartige konstruktionen sozusagen das tagesgeschäft nicht nur für individuen, sondern auch für gruppen. die einschlägigen ergebnisse lassen sich in jedem brauchbaren geschichtsbuch nachlesen. und nein, ich bestreite durchaus nicht die existenz von konstruktionen - habe ich nie bestritten - und selbst nicht ihre de-konstruierbarkeit, ich sehe jedoch ihre tatsächlichen quellen ganz woanders als all die selbsterklärten de-konstruktivisten -
ein beispiel, anhand dessen es vielleicht deutlicher wird:

"konstruierte identitäten, die bis heute den kern der gesellschaftlichen geschlechterstereotypen bilden, sind beliebig austausch- und natürlich auch dekonstruierbar - aber das eigentliche problem versteckt sich eher dahinter: konstruierte identitäten bilden primär krücken für diejenigen, die aufgrund psychophysischer schäden die (körperlichen) grundlagen ihrer eigenen authentischen identität entweder nicht (mehr) wahrnehmen oder aber deren grundlagen erst gar nicht entwickeln konnten. aus dieser perspektive wird deutlich, dass bspw. sebastian b. eine sehr martialische, sehr reduzierte und sehr klassische "männliche" identität eher wie ein kleidungsstück genutzt hat, um die sichtbare tatsache der unfähigkeit zum eigenen authentischen sein quasi zu maskieren. und in diesem punkt unterscheidet er sich keinesfalls von millionen menschen, die sich mit derartigen konstruktionen ebenfalls durchs leben schlagen."

dieses von mir als "eigentliches problem" bezeichnete stellt tatsächlich aus meiner sicht einen, wenn nicht den wesentlichen knackpunkt in der diskussion dar: von der "postmoderne" wird dieser hintergrund nicht nur geleugnet, sondern zu gleich in gewisser hinsicht instrumentalisiert - aber dazu später.

"Ich greife jetzt selektiv aus dem verwirrten Konglomerat aus Ursprungsphilosophie, Ressentiments und einem Kurzschluss nach dem anderen zwischen zu trennenden Ebenen ein paar Punkte heraus, weil sie der Sache, die hinter den Diskussionen steht, vielleicht ein wenig Klärung verschaffen. Jene Passagen, die eher Dampf ablassen, lasse ich mal unkommentiert, das ist ja jedem zuzugestehen."

die frage ist, wer hier darüber bestimmt, welches die "zu trennenden ebenen" sind - auch mittels solcher praktiken werden wahrnehmungsverzerrungen produziert. und interessant ist auch zu sehen, welche passagen mr tatsächlich nicht kommentiert - ich bezweifle allerdings den für ihn angegebenen grund. das herablassende zugeständnis ist dann wieder mal was, wofür sich ein realer gesprächspartner zumindest von mir ordentlich was anhören dürfte. aber hier spricht ja primär eine in wahrsten doppelsinne des wortes virtuelle figur.

“der menschliche körper, seine möglichen zustände, grenzen und (funktions-)störungen sind das agens aller gesellschaftlichen bewegungen – sozial, politisch, ökonomisch, kulturell, technisch…”

Bei Foucault ist das umgekehrt: Das greifen die von Monoma genannten Dimensionen in Körperlichkeit ein, um zu disziplinieren und so nutzbar zu machen und Verhalten zu formen."


und? diese binsenweisheit - die jede/r mensch mit einem funken wahrnehmungsfähigkeit schon selbst in familie, schule etc. selbst erlebt haben dürfte - "sitz jetzt still!" - gehört zwangsläufig zum grundrepertoire jeder herrschaft, weil sie sich nur über die manipulation der körperlichkeit überhaupt durchsetzen kann. am sicht- bzw. nachvollziehbarsten ist das vielleicht am militärischen drill klassischer art, der von vorne bis hinten erklärtermaßen den umbau des rekrutenkörpers zum ziel hat.

aber: was nicht nur foucault meiner meinung nach ausblendet, ist das dialektische verhältnis, welches zwischen gesellschaft und körper besteht. und welches keinesfalls beliebig ist, sondern sozusagen determiniert: die gesellschaftlichen versuche der eingriffe in den körper sind determiniert und begrenzt durch die psychophysischen funktionsgesetze - begrenzt in der hinsicht, dass bei überschreiten der körperlichen möglichkeiten unweigerlich die zerstörung des menschen folgt; und determiniert in der art, dass sich alle manipulationsversuche nur an dafür empfänglichen und vorhandenen psychophysischen "bruchlinien" vollziehen können - ein "hartz-IV"-empfänger bspw. wird sich gegenüber gesellschaftlich induzierten versuchen der beschämung - zwecks produktion eigener minderwertigkeitsgefühle, "kleinhaltung" etc. - mit aller wahrscheinlichkeit umso resistenter zeigen, je mehr seine selbst- und fremdwahrnehmungsfähigkeiten, welche u.a. die basis für ein authentisches selbst-bewusstsein bilden, in seinem leben von den frühesten prägungszugänglichen pränatalen phasen an gefördert oder aber, um es mit theweleit zu sagen, "belebt" worden sind. und "prägungszugänglich" sind wir nicht deshalb, um uns beliebige manipulationen gefallen lassen zu müssen sondern deshalb, weil es unsere sinnvolle biologische ausstattung ist, die in einem mix aus genetischen und sozialen einflüssen dazu dient, in dieser welt nicht überleben, sondern uns bestenfalls voll entfalten zu können - ein experiment der natur, welches genialerweise trotz aller funktionsimmanten determinierungen sozusagen auch offene enden enthält (die leider auch extrem bösartig benutzt und ausgeschlachtet werden können).

die angesprochenen manipulationsversuche können also umso besser greifen, je mehr menschen bereits vorgeschädigt sind - "sollbruchstellen" - und andererseits müssen all diese versuche, wenn sie denn "erfolgreich" aus sicht der macht sein sollen, die möglichen kompensationsversuche des authentischen (primär körperlichen) subjekts berücksichtigen, ja in der logik bestenfalls ebenfalls für sich nutzen, die unweigerlich als determinierte reaktion dann auftreten, wenn ein subjekt an seinen implizit angelegten entfaltungsmöglichkeiten (die im übrigen durchaus begrenzt sind) im leben gehindert wird. alte ratgeber der kindererziehung, wie zb. derjenige der
johanna haarer, welcher für generationen in d-land verheerende folgen hatte, sind gefüllt mit ratschlägen und überlegungen genau zu diesen fragen.

bestenfalls - aus sicht der macht gelingt eine nutzung der kompensationsprozesse dann, wenn das subjekt seiner verdinglichung (denn das ist die determinierte wirkung von gewalt - die verwandlung vom subjekt ins objekt) nicht nur passiv zustimmt, sondern aktiv daran mitwirkt - und das kann nur dann gelingen, wenn eine transformation der bedürfnisse stattgefunden hat, naturgemäß und zwangsläufig ebenfalls ein psychophysischer vorgang. wenn bspw. eine aufgeschlossene neugier für unbekannte und fremde lebensarten sich verwandelt hat in eine angstbesetzte, defensive und abwehrende reaktion, die sich bspw. in spontanen ekelreaktionen beim anblick schwarzer haut äussert (oder meinetwegen auch beim anblick sich knutschender männer). solche reaktionen - und die existieren - verweisen deutlich darauf, dass die form der ideologie bei so ziemlich allen herrschaftsverhältnissen nicht das zentrale ist, der zentrale ort ebenfalls auch nicht "der kopf" (synonym für "bewusstsein"), sondern es sich um eine bestimmte nutzung bestimmter psychophysischer prozesse handelt - rassismus bspw. ist in dieser perspektive ausdruck einer bestimmten neuronalen konfiguration, untrennbar assoziiert mit basalen und primär körperlichen prozesssen.

ich will mit dieser zwangsläufig knappen skizzierung darauf hinaus: es ist meiner meinung nach unzulässig, den körper nur als passives objekt innerhalb von machtverhältnissen zu betrachten (wie es bspw. foucault für mich deutlich betreibt und damit ebenfalls in der westlichen logik verhaftet bleibt, den körper als "fremdes" zu betrachten - derart werden machtverhältnisse weiter reproduziert, ausserdem ist das, wie in früheren beiträgen skizziert, bereits als grundsätzlich ver-rückte, und auch pathologische selbstwahrnehmung zu betrachten), sondern tatsächliche emanzipation muss sich gleichfalls der erwähnten "bruchlinien" bewusst werden und praktiken entwickeln, die kompensationsangebote der macht für die geschädigten subjekte schlicht zu entwerten - und das kann nur mittels aktivierung der für mich implizit in den meisten menschen angelegten tendenz zur vollen authentischen subjektivität erreicht werden, letztlich ließe sich das auch mit dem begriff der gesundung bezeichnen. erst dann wären authentische individualität - und in der folge auch authentische kollektivität - als lebbare und verdammt attraktive lebensformen für die meisten überhaupt erst vorstellbar. aber auch für diese konstellationen brächte es eben die entsprechenden "neuronalen konfigurationen".

und da absehbar ist, was mr darauf wieder entgegnen wird, gleich als anmerkung: wer bei betrachtung der durchweg extrem gewalttätigen sozialen verhältnisse in den menschlichen gesellschaften historisch bis heute diese tatsächlich als "normalität" betrachtet - und das wäre der gegensatz zur "pathologisierung", die ich hier angeblich betreibe -, ist meiner wahrnehmung schwer wahrnehmungsgestört. niemand braucht mehr diese gesellschaft (und damit primär ihre mitglieder) zu pathologisieren, das macht sie tag für tag mittels ihrer praxis selbst deutlich. gewalt in solchen dimensionen führt genauso zwangsläufig zu pathologischen zuständen, wie sie gleichzeitig ausdruck derer ist. das könnte man spätestens dann begreifen, wenn man sich bspw. einmal mit den entsprechenden wissensbereichen wie der psychotraumatologie beschäftigt, oder noch besser, traumatisierten einfach zuhört. und es sich nicht voller vorurteile im elfenbeinturm konstruierter weltbeschreibungen (und nichts anderes ist die postmoderne, die in der zusammenfassung auf etwas hinarbeitet, was sich als totalitäres patchwork bezeichnen ließe) gemütlich macht, um von dort zu krähen "versteh ich nicht, will ich nicht, ist doof"

btw: was ich unter "authentizität" verstehe, ist durchaus in verschiedenen beiträgen - v.a. unter der rubrik basis - im blog nachzulesen.

weiter:

"Wer eine Tanzschule in den 50er Jahre besucht hat, wird dem expressiven Auseinandertanzen der 60er Jahre sehr dankbar gewesen sein. Da hat sich schon eine – letztlich kompensatorische – Revolution ereignet bei jenen, die mitzogen: Von der Dressur hin zu einem breiterem Körperspektrum. Das kann man dann wieder geißeln als Amüsement, das doch nur dazu dient, am nächsten Tag im Job zu funktionieren. Aber warum soll man noch abends in der Disco traurig sein und sich im eigenen Körper schlecht fühlen? Die Maximierung von Leid zu fordern, um die Revolution zu ermöglichen, meine Programmatik ist das nicht …"

soll das jetzt ein beispiel für das propagierte "sich selbst neu erfinden" sein? streiche ich das er vor "finden", so wird der satz wahrer - denn eher geht es hier um eine wiederfinden von potenziell vorhandenen optionen. es gibt tatsächlich auch leute, die mangels rhytmusgefühls o.ä. tatsächlich nicht tanzen können, die können dann auch nix finden. aber womöglich empfinden sie zb. einen gewissen sozialen anpassungsdruck, der sie kompensatorisch dazu zwingt, etwas ädaquates zu erfinden - sich einen scheinbaren ausweg zu konstruieren.

und klar sind das zwei seiten einer medaille - die macht "ist schlau" genug, kompensatorische nischen zu gewähren - einerseits aus zwang, weil in den eher moderneren herrschaftsverhältnissen die offene sklaverei bis zum zusammenbruch zumindest in den westlichen gesellschaften dann doch eher verpönt ist, und dementsprechend regenrations- und reproduktionsphasen eingeräumt werden müssen. zum anderen aber aus einsicht, dass kompensatorische belohnungen durchaus der engeren anbindung dienen können.

"Der Umgang mit Bedürfnissen ist natürlich zentral für Kultur und Gesellschaft. Wüßte jetzt auch nicht, wer das abgestritten hätte. Problem ist, wenn die Humanwissenschaften anfangen, den Leuten erzählen zu wollen, was denn ihr WAHREN Bedürfnisse seien. Das kann immer noch jeder selbst am besten beurteilen und aussprechen, sonst macht man das, was diese Forscher machten,die den Hartz IV-Satz auf 213 Euro runter rechneten."

na schön - "ich habe das dringende bedürfnis, heute abend schwule klatschen zu gehen"

mittels des verzichts auf die fundamentale unterscheidung von wahr und falsch manövriert sich mr hier in eine position hinein, in der er ganz am ende dazu gezwungen ist, zu formen einer objektivistischen moral - "das gehört sich aber nicht, weil böse und menschenverachtend" - zuflucht zu nehmen (die im übirgen noch nie jemand wirklich überzeugen konnte). ich räume durchaus ein, dass jemand, der den oben beschriebenen satz sagt, das durchaus selbst als "authentisch" empfinden könnte - bloß ist die - im ganzen, oder besser: bis in die letzte konsequenz betrachtete - dysfunktionalität der destruktiven aggressivität, welche am ende in irgendwelchen direkten oder indirekten formen, wenn auch über verschlungene und nicht ganz leicht zu verstehende umwege, den täter erreicht, ein starkes indiz dafür, dass es sich hier keinesfalls um authentizität handelt, sondern um den ausdruck einer bereits gestörten psychophysischen konfiguration, die entprechend verschobene bedürfnisse produziert. die beschriebene dysfunktionalität auch für die jeweils aktiven, die anscheinend und isoliert betrachtet zunächst tatsächlich von ihrem verhalten zu profitieren scheinen, wird dann deutlicher, wenn man sich bspw. die ökologischen folgen des konsums von allem möglichen scheißdreck betrachtet, die irgendwann, früher oder später, aber mit unabwendbarer sicherheit jeden konsumenten in seinem leben wie ein boomerang erreichen und schlimmstenfalls auch niederstrecken werden.

die "kritik der bedürfnisse" - da gab´s auch schon mal wesentlich weiterreichende erkenntnisse in der linken, die im zuge der "postmoderne" über bord gegangen sind - ist nicht nur legitm, sondern dringend nötig. ganz recht: "anything goes" ist genau die parole, die in die tonne gehört.

"2.) Wahrnehmung:

Hier fängt der Dissens an, aber auch das nicht so totalisiert, wie manche das gerne hätten. Ich denke, man muss die Postmoderne im Rahmen des “linguistic Turn” in seiner de Saussureschen Variante verstehen; und die Einsicht, dass Sprache sinnliche Wahrnehmungen beeinflusst, die ist unhintergehbar. Und Sprache ist Subjektivität vorgängig. Mich ALS Subjekt kann ich nur begreifen, wenn ich auf das Bedeutungsrepertoire der Alltagssprache zurück greife, sonst vegetiere ich nur.

Das ist gerade KEIN Sprachidealismus, weil die These nicht besagt, dass es nur Sprache gäbe oder die Welt sprachlich verfasst sei. Man kommt nur nicht umhin, sie mit zu analysieren, wenn man Weltbezüge untersucht."


"Man kommt nur nicht umhin, sie mit zu analysieren, wenn man Weltbezüge untersucht." arggh. ja, mit zu analysieren, meinetwegen. aber was um alles in der welt hat diese reduktion - übrigend eine, die typisch für die art der westlich-instrumentellen rationalität des objektivistischen typs ist - mit den angesprochenen wahrnehmungsoptionen des körpers zu tun? es gibt derart viel neben- und vorsprachliche kommunikation (so lässt sich bspw. mittels entsprechender bildaufzeichnungen zeigen, dass jeder sprachlichen kommunikation im realen leben unmittelbar - im spektrum von mikrosekunden - eine körperliche kommunikation mittels nicht bewusst wahrnehmbarer bewegungsmuster durch muskuläre reaktionen u.ä. zwischen den sprechenden vorausgeht - wenn Sie mit jemanden "face to face" reden, so kommunizieren Sie permanent auf mehreren ebenen, von denen uns nur die verbale sprache, mimik und wahrnehmbare körpersprache überhaupt direkt zugänglich sind; die letzteren dazu bereits im regelfall nur stark eingeschränkt in dem sinne, dass man schon die aufmerksamkeit darauf focussieren muss, um diese kommunikation "bewusst" mitzubekommen). die körper führen in gewissem sinne jeweils auch ein autonomes gespräch, dessen inhalte mitunter stark von der verbalen kommunikation abweichen können, was zu den den meisten von uns bekannten grundsätzlichen irritationen und verwirrungen in gesprächen entscheidend beitragen dürfte.

dazu: auch schweigen kann voll von botschaften sein, eine berührung voller information. ich bin mir wirklich nicht sicher, ob die focussierung auf die verbale sprache nicht eine typische folge der bevorzugung der optik bzw. chronischen überlastung der augen sowie der uns immanenten objektivistischen abstraktionsfähigkeiten darstellt.

genau aus diesem grund verweise ich auch nochmal auf den beginn dieses beitrags - da die "postmoderne" und der konstruktivismus in ihren konsequenzen auch daraus hinauslaufen, keinerlei unterschiede zwischen authentischer realität und virtuellen/simulierten "realitäten" mehr machen zu wollen / zu können, müssen sie zwangsläufig auch gesprochene und textsprache in den focus stellen, weil die anderen - primär körperlich basierten kommunikationskanäle - innerhalb dieser reduktionistischen "realitäten" nicht mehr existieren. die behauptung von "empathie" in diesem kontext ist wie schon dargelegt schlicht absurd bis lächerlich, weil alle bedingungen für authentische empathie - die der realen körperlichen präsenz bedarf - hier einfach nicht vorhanden sind. und nein, "sprachidealimus" ist das tatsächlich nicht - eher ein gewaltiger blinder fleck.

"Zum Begriff der Krankheit:

Es ist klar, dass ein Aphasiker nicht sprechen und ein Spastiker nicht laufen kann. Aphasie war immer ein großes Thema für die postmodernen Denker. Aber macht es Snn, bei Blinden und Gelähmten nun die Krankheit in den Mittelpunkt zu stellen? Da entstehen oft gerade Fähigkeiten, die toppen können, was ich so kann. Wiederum übersehe man nicht das PRODUKTIVE, also den KREATIVEN UMGANG MIT, aber selbstverständlich auch nicht die Möglichkeit von Leid. Natürlich leide ich darunter, wenn ich keine Beine habe. Ich habe vor nix mehr Angst als vor Parkinson oder Multipler Sklerose, deshalb rauche ich so viel, ich hoffe darauf, dass mich der Herzinfarkt vorher erwischt."


aus dem ersten satz lässt sich ein schluß ziehen, der mr sicher nicht passen wird: nämlich den, dass es tatsächlich so etwas wie eine art "norm", eine messlatte für das geben könnte, was sich als gesundes menschliches leben bezeichnen lässt - unser u.a. genetisch determinierter "bauplan" sieht im normalfall eben die existenz von zwei beinen und der sprachfähigkeit vor, und das störungsbedingte (worunter auch unfälle etc. fallen können) nichtvorhandensein oder der wegfall solcher und anderer fähigkeiten stellen einen tiefgreifenden einschnitt in das leben dar. die im zuge einer falsch verstandenen "political correctness" sowie ebenfalls unter (de-)kontruktivistischen einflüssen stattgefundene umbenennung bspw. von körperlicher oder geistiger behinderung in der terminus "menschen mit handicap" ist in der hinsicht typisch: mittels quasi sprachmagischer rituale wird hier eben keinesfalls der realen gesellschaftlichen situation von behinderten menschen rechnung gezollt, die sich nur durch entprechende handfeste und finanzielle verbesserungen der versorgung, der pflege etc. auch tatsächlich real verbessern ließe, nein - es wird ein absurdes konstrukt bzw. eine simulation von nicht vorhandener quasinormalität aufgebaut, welches die reale behinderung, die realen unterschiede, die daraus folgen, sowie auch die realen prozesse der trauer bei den betroffenen - über verpasste und nicht (mehr) vorhandene möglichkeiten bspw. - in ein schemenhaftes "ihr seid eigentlich so wie wir" umkonstruiert. was gleich in mehrfacher hinsicht regelrecht verräterisch ist: einmal wird die tabuisierung von krankheit und tod in dieser gesellschaft fortgeführt; zweitens werden reale grenzen und die existenz irreversibler zustände geleugnet - nicht alles ist machbar, nicht alles hat ein happy end - eine einsicht, die für die westliche kultur immer noch eine art schwerer narzisstischer kränkung darstellt. drittens: doch, krankheiten können reale unterschiede konstituieren - gehen Sie hin und fordern Sie einen rollifahrer zu einem hundert-meter-lauf auf, spätestens dann sollte das klar sein.

wer über den letzten satz empört ist: Sie könnten auch mir ein paar handlungsvorschläge machen, die sich im weitesten sinne um bestimmte formen menschlicher beziehungen drehen - und ich müsste einräumen, hier trotz einiger hart erarbeiteter zusätzlicher optionen in den gemeinten bereichen trotzdem irreversible und nicht nachzuholende verluste und defizite erlitten zu haben, die mich teils jahrelang massiv negativ beeinflusst, wütend und später traurig gemacht haben. meiner biographie, der familiengeschichte und im weitesten sinne unserer miesen historie incl. wk2 gschuldet - aber das kann ich nur in letzter hinsicht akzeptieren, wenn ich die daraus folgenden - und mir gesetzten endgültigen grenzen - akzeptiere. auch hier wieder: "anything goes" ist ein satz aus rosaroten märchenländern, aber nicht aus der authentischen realität.

btw: ich vermute ja hinsichtlich meiner bemerkungen zur westlichen philosophie generell aus den letzten beiträgen, dass diese angesprochene narzisstische kränkung bei den diversen philosophenmännern für die art ihrer konstrukte im hintergrund ebenfalls eine nicht unwesentliche rolle spielt.

weiter: die möglichkeit des kreativen umgangs mit behinderungen/störungen jeglicher art übersehe ich keinesfalls; das sind nämlich bspw. genau die kompensationen, die beim wegfall authentischer wahrnehmungsfähigkeiten bei psychophysischen behinderungen und krankheiten in form der konstruktionen des objektivistischen modus zb. bei soziopathen für ihre chamäleongleiche fähigkeit der mimikry innerhalb alltäglicher gesellschaftlicher strukturen sorgen, hier sei auf die basisbeiträge autismus und als-ob-persönlichekietn verwiesen. oder auch die von oliver sacks geschilderte frau mit störung ihrer propriozeptiven wahrnehmung im basisbeitrag zu pränatalen traumata. das finde ich aus einer gewissen hinsicht alles durchaus geniale lösungswege zwecks überlebens unserer psychophysischen struktur, andererseits haben die eben auch durchaus gerade im "psychischen" bereich teils fatale wirkungen, und zwar im extremfall eben nicht für die betroffenen selbst, sondern für ihre umwelt.

ebenfalls interessant ist an dieser stelle der hinweis auf die seitens mr erste relevante weglassung eines zentralen teils meiner argumentationen aus dem vorherigen beitrag - nämlich diesen:

"zwar mögen viele durchaus den gedankengang verfolgen können, dass bspw. eine "klassische" - also durch exogene erreger verursachte - seuche ganze gesellschaften in ihrem entwicklungsweg entscheidend beeinflussen konnte (siehe zb. die mittelalterliche pest mit all ihren spätwirkungen im sozialen leben), aber bei den sog. "psychischen" (= psychophysischen) störungen / krankheiten sieht das dann eher so aus, wie ich es früher einmal so umrissen hatte:(...)

diesen gedankengang nämlich weiterzuführen, bedeutet in konsequenz, die ganz reale möglichkeit dafür zu untersuchen und ins auge zu fassen, dass auch die inzwischen durchaus als epidemisch zu bezeichnende verbreitung der sog. "psychischen" (psychophysischen) krankheiten und störungen genau wie die großen seuchen der vergangenheit auf ihre ganz spezifische art und weise massiv in gesellschaftliche entwicklungen (wie sie auch ihr produkt darstellen) eingreifen können - ich habe im blog schon en paar reale beispiele dafür dokumentiert; die vielleicht eindrücklichste, wenn auch leider längst nicht einzige geschichte dieser art stellt aktuell immer noch der
israelisch-palästinensische konflikt. von den gleichfalls zu besichtigenden langzeitfolgen (über generationen) in allen gesellschaften mit kriegs- und/oder diktaturerfahrungen war ebenfalls schon öfter die rede.

damit müsste sich mr aber wieder in die niederungen der verpönten "psycho-diskurse" begeben - so ein ärger.

4.) “gerade bei den psychophysischen störungen gibt es nicht erst seit foucault die tendenz, hier von einer umfassenden gesellschaftlichen konstruktion auszugehen, mittels derer viele störungen überhaupt erst geschaffen werden.”

Das ist so nicht richtig. Es sind ja REALITÄTEN, die da geschaffen werden, nicht Konstruktionen. Und man muss schon hinlesen, was er konkret untersucht, die große These geht bei dem gar nicht. In “Sexualität und Wahrheit” sind Angriffpunkte der Psychoterroristen die “hysterische Frau”, der “Homosexuelle”, das masturbierende Kind – zum Beispiel. Das wird behauptet als das Anormale, dass sich der Funktion entzieht, für Bevölkerungswachstum in Zeiten der frühen Industrialsierung zu sorgen. Und diese dysfunktionalen Lüste werden dann einer Therapie unterzogen. Was er analyisert, ist dann nicht die Praxis des Wichsens, sondern den Wissensdiskurs, die sich da herum ranken und Therapien ersinnen, ganze Theorien entwickeln, was denn das für ein Wesen sei, “der Homosexuelle” – und das ist GESELLSCHAFTLICHE REALITÄT, das wirkt. Die Kellogschen Folterapparate, um Kinder von der Masturbation abzuhalten, die gehören da mit rein, und die machen was aus den Kindern.Nicht nur im Sinne der Repression, sondern sie produzieren ein bestimmtes Verhalten."


nein. es sind einerseits zunächst tatsächlich konstruktionen (hier in form diagnostischer modelle), welche gerade reale gesellschaftliche realitäten verdecke (oder besser: mittels simulationen ersetzen) sollen - das beispiel der
hysterie ist dafür tatsächlich ganz gut geeignet, um das aufzuzeigen (genauso wie ich borderline auch heute mindestens teilweise als vertuschungsdiagnose eingesetzt sehe). konkret am beispiel: es wird eine konstruierte "realität" (der "hysterischen", als solche quasi geborenen frau) simuliert, um dann mittels definitorischer und auch institutioneller/administrativer macht diese simulation in der realität zu verankern. bloß, und hier komme ich wieder auf die oben erwähnten auslassung foucaults zurück: er übersieht, dass sich konstruktionen/simulationen immer auf reale aspekte oder auch fragmente der realität beziehen müssen; das hängt mit der art und weise ihrer struktur und noch mehr mit ihrem produktionsort in der menschlichen struktur zusammen. die symptome der hysterie waren real, hatten einen realen ursprung und verursachten reales leid - sie waren tatsächlich authentisch real, während die umdeutung mittels konstruktion das eben nicht war.

und eine versuchte de-konstruktion bei diesem beispiel landet nach den prämissen der "postmoderne" dann eben zwangsläufig bei der behauptung, es gäbe so etwas wie die hysterie tatsächlich im ganzen nicht - und das ist in der form nicht nur falsch, sondern geradezu eine realitätswidrige leugung.

dazu sehe ich die beispiel der homosexualität sowie der masturbation grundsätzlich als qualitativ anderes, weil es dabei nicht um tatsächlich pathologische zustände geht, sondern um die konstruktion solcher. bezgl. der kinder sehe ich das als teil der üblichen traumatischen "erziehungspraktiken", und mr denkt an der stelle wieder nicht zuende, wenn er zwar von realität spricht und von wirkung, aber es unterlässt, auf die ebenen dieser wirkung hinzuweisen, die eben wieder primär körperlich sind. und rückwirken auf die realität, in sehr handfester und materieller form, und genau die folgen erzeugen, die er partout nicht sehen will.

bezgl. der foucaulschen analyse der konstruktion des "pathologischen" homosexuellen habe ich hingegen keine einwände, das finde ich selbst plausibel - allerdings sehe ich auch nicht wirklich die verbindung zum thema, welches aus meiner sicht die "postmoderne" ist.

"Und so entsteht ein “Bild” von “Die Sexualität” – über die Analyse der Abweichung vom reproduktiven Genitalsex zwischen so genannten “Heterosexuellen”. Diese “Bilder” konstruieren, was dann einer “Eigentlichkeit” und “Gesundheit” entgegen stünde – das ist unsere geteilte Realität, keine Konstruktion."

heterosexualität als bloße tatsache mit "gesundheit" zu assoziieren, ist tatsächlich quatsch. soweit konsens. jetzt kommen wir aber zu einem punkt, der eine unüberbrückbare kluft darstellt: jeder schwule und jede lesbe ist das produkt von heterosexualität. diese einfache tatsache sollte endlich einfach registriert werden, und der ständige versuch, sie mittels absurder konstruktionen quasi um die ecke aus der welt zu schaffen, dürfte nicht unmaßgeblich dazu beitragen, dass viele leute - nicht nur sog. "normalos" - von bestimmten diskursen der schwul-lesbischen szene untergründig ständig genervt sind. bezgl. der reproduktion unserer spezies ist heterosexualität tatsächlich die norm. das ist so, darüber lässt sich nicht diskutieren. alles andere ist freigestellt, aber der versuch, diese norm als quasi repressive konstruktion darzustellen, ist schlicht und einfach albern.

"Was dann später über Wowereit und Westerwelle beschrieben wird, bewegt sich in diesem Paradigma – dass also ERST die “sexuelle” Praxis da ist, und von der leitet man dann generell Verhalten ab. Und nicht etwa davon, ob sie zum Frühstück lieber Rühreier oder Spiegelei essen. Da bewegt sich Monoma dann wieder klar in einem Stigamtsierungsparadigma; könnte ja sein, dass deren sonstiges Verhalten gar nix mit dem zu tun hat, wen sie poppen oder von wem sie gepoppt werden."

wieder unterstellungen: natürlich ist es mir egal, ob hetero- oder homo oder sonstwas (etwas anderes stellen mögliche praktiken dar; sm betrachte ich bspw. bei angehörigen der "eliten" als durchaus aufschlussreich und relevant). anscheinend hat mr nicht begriffen, dass ich hier das verhalten vieler schwuler beschreibe, die die erwähnte karrieremöglichkeiten mit den benannten vertretern offensichtlich als beleg dafür begreifen, endlich innerhalb des systems "anerkannt" zu sein (und die auch nix anderes möchten, weil sie sich primär eben als schwule - und nichts weiter - begreifen). das dürfte eher unter selbststigmatisierung fallen.

ich überspringe ein paar sätze, um dann zu etwas ganz zentralem zu kommen:

"All das ist aber kein Votum gegen einen Begriff von Wahrheit; wir haben zu dieser nur keinen direkten, außersprachlichen Zugang. Deswegen schmecke, sehe und höre ich natürlich trotzdem, aber DASS ich höre, das ist bereits ein Satz. Der jedoch ohne Sinnlichkeit auch nicht formulierbar wäre. Es gibt da keine Verleugnung des Körpers.

Aber auch nicht “das Authentische”. In der Tat räumt die Postmoderne mit allen Entfremdungsfiguren auf. Wenn man Körper und mein Körpergefühl in den Disziplinen geformt wurde, dann IST das mein Körpergefühl, dem ich jedoch ein ANDERES Köprergefühl entgegen setz kann – das meine ich ja mit “Mich neu erfinden”: Durch die Praxis des zu Michael Jackson Tanzens kann ich wieder Souverän meiner Körperlichkeit werden, die in Sportunterricht,wo ich nicht so dolle war, in ANDERER HINSICHT GEPRÄGT WURDE. Das war dann aber nix, was einen Ursprung irgendwie überwölbt hätte, das war MEINE Tapsigkeit, und ich WAR diese Tapsigkeit."


"wir haben zu dieser nur keinen direkten, außersprachlichen Zugang." falsch. warum, ergibt sich aus dem, was ich weiter oben bezgl. der sprache geschrieben habe. im übrigen steckt in der behauptung implizit die verleugnung des körpers.

"Wenn man Körper und mein Körpergefühl in den Disziplinen geformt wurde, dann IST das mein Körpergefühl, dem ich jedoch ein ANDERES Köprergefühl entgegen setz kann – das meine ich ja mit “Mich neu erfinden”: Durch die Praxis des zu Michael Jackson Tanzens kann ich wieder Souverän meiner Körperlichkeit werden, die in Sportunterricht,wo ich nicht so dolle war, in ANDERER HINSICHT GEPRÄGT WURDE. Das war dann aber nix, was einen Ursprung irgendwie überwölbt hätte, das war MEINE Tapsigkeit, und ich WAR diese Tapsigkeit."

und das ist geradezu paradigmatisch für den größenwahn, der implizit ebenfalls in der "postmoderne" steckt und der die realität unserer körperlichen grenzen und der psychophysischen gesetze, in derem rahmen wir uns bewegen, schlicht ignoriert und als nicht existent leugnet.

1. wenn mein körper/körpergefühl repressiv geformt wurde, dann ist das zwar einerseits mein aktuelles, jedoch gleichzeitig verzerrtes körpergefühl. das kann gar nicht anders sein, weil sich die repression - wie weiter oben geschrieben - an vorhandenen bruchlinien innerhalb der psychophysis orientieren und agieren muss. repressive manipulationen, schlimmstenfalls schwerer traumatischer art, äußern sich grundsätzlich in symptomen, d.h. ausdrücken von funktionsstörungen innerhalb des eigentlich vorgesehenen, letzten endes per biologie angelegten funktionierens des körpers. ständige einschüchterungen bspw. können sich in einer bestimmten körperlichen haltung materialisieren - hochgezogenen schultern und angespannten nacken - , die sich dann durch den verlust der muskulären flexibilität, bedingt durch die ständige fixierung in einer einzigen position, chronifiziert. folge sind dann zb. hübsche kopfschmerzen. alles das ist eine behinderung ursprünglichen körpergefühls. welche - um bei diesem beispiel zu bleiben - schlimmstenfalls seit der frühzeit der kindheit existiert, und dann natürlich die gesamte (selbst)wahrnehmung und auch das selbstgefühl prägt. und natürlich ist das dann ein entfremdetes körpergefühl, und zwar entfremdet per behinderung der möglichen ungehinderten funktion.

soll ich wirklich alle möglichen symptome derart auf ihre möglichen ursprünge zurückführen? gerade im bereich der psychophysischen störungen erzählen symptome ganze geschichten, und wer sich auch nur etwas mit körpertherapeutischen verfahren auskennt, wird die beeindruckenden momente kennen, wenn bspw. teils jahrzehntalte in chronischer muskulärer verspannung befindliche formationen sich lösen und dabei nicht selten auch flashbackartige innere bilder der ursprungssituation der verspannung freisetzen - unbeschreibliche gefühle der erleichterung und befreiung bei gleichzeitigem teils schockartigem wiedergewinn ureigener authentischer körperlichkeit. ich weiß schon, warum ich vor über einem jahrzehnt in vielen diskussionen begonnen habe (noch vor meinen eigenen körpertherapeutischen erfahrungen), reich gegenüber foucault vorzuziehen - der erstere war trotz aller irrungen und bizarren abwege schon auf der richtigen spur.

2. bei den derart körperlich verankerten verzerrungen gibt´s kein einfaches "neu erfinden", schon gar nicht ist das per kopf und alleine möglich. hier gibt es eher das wieder - oder schlimmstenfalls auch das erstmalige - finden der eigenen authentischen körperlichkeit, die gleichbedeutend ist mit der aufhebung der entfremdung, und das ist meiner erfahrung ein prozess, den kaum jemand alleine schafft. und da hilft auch kein noch so toller groove - der kann höchstens erste ahnungen von den unterdrückten optionen schaffen, die da begraben sind.

gerade die veränderungen und verhaltensweisen des körpers in phasen der krankheit machen sehr wohl deutlich, dass es etwas wie eine authentische körperlichkeit, die ich mit mit dem begriff der gesundheit im sinne eines ständigen dynamischen prozesses gleichsetzen würde, in der realität gibt.

wenn man die behauptungen des mr mal etwas umformuliert, wird ihre entsetzliche sinnleere deutlich:

"wenn `mein körper´ (übrigens ist das schon eine verräterische sprachfigur) krebs hat, dann ist das mein körpergefühl, dem ich jedoch ein anderes körpergefühl entgegensetzen kann" - abber sischer. eine der leichtesten übungen für den postmodernen.

und nein, es zählt auch nicht der einwand, die behauptungen würden ja nur für spezifische gesellschaftliche prozesse und situationen gelten - mr formuliert das als grundsätzliches, was dann auch für extreme psychophysische zustände gelten müsste. das aber wird durch die alltägliche praktische erfahrung ständig widerlegt.

übrigens scheint mr auch nicht damit vertraut zu sein, dass kinder im regelfalle einen ganz natürlichen bewegungsdrang haben, der kombiniert mit der kindlichen flexibilität des bewegungsapparates zu jener fließenden und spielerisch leichten anmut selbst der banalsten bewegungen bei kindern führt, die ich heute als mittvierziger mit etwas schmerzhaftem neid nur bewúndern kann. und natürlich wird dieser ursprung durch entsprechende repressive prägungen verdrängt und überdeckt - die anscheinend vorhandene zuschreibung der "tapsigkeit" - ein konstrukt - ist von mr bedauerlicherweise erfolgreich internalisiert worden. interessanterweise ergibt das beim vergleich mit entsprechenden internalisierungen zb. von erwerbslosen ein ähnliches muster: "ich bin faul - das hat mir niemand erzählt, sondern das ist meine faulheit, die auch nicht irgendeinen ursprung überdeckt" - nein, und ganz sicher auch nicht bspw. den, der darin liegen könnte, sich mittels bestenfalls selbstbestimmter arbeit irgendwie sowohl ernähren zu können als auch sinnstiftende befriedigung zu finden (halte ich ebenfalls für einen teil unserer natürlichen grundausstattung), daran aber per überflüssigkeit innerhalb der kapitalistischen ökonomie existenziell bedeutsam gehindert zu werden. aber "ich bin natürlich faul".

*

ich mache hier mal einen cut, weil ich tatsächlich keinerlei lust mehr dazu habe, mich mit dieser ungenießbaren mixtur aus zusammengesampelten philosophischen versatzstücken und beleidigenden unterstellungen - "...das ist dann Stalinismus." / "...und will so asoziale Elemente wie Schwule, Arbeitslose, Intellektuelle etc. rauswerfen, weil die angeblich zersetzen. Diesen Unterton spielt ja monoma die ganze Zeit auf seiner Diskurs-Klaviatur." / "Dummdreistigkeit und herrenmenschlichen Überheblichkeit" etc. - weiter zu beschäftigen. die frechheiten des mr - der keinerlei schimmer von mir und meiner politischen biographie hat - lassen sich eher unter der rubrik "getroffene hunde bellen" zusammenfassen, und mit dem fazit soll´s denn auch genug sein. don´t waste my time. alle interessierten haben zumindest aus meiner sicht die möglichkeit, sich hier selbst ein urteil zu bilden.

ach, eins zum schluß - als verweis auf den ursprung des ganzen - dann doch noch:


"Denn sowohl Coca Cola als auch Michael Jackson waren schon vor zwanzig Jahren wohl das einzige und global bekannteste westliche Produkt, das auf jedem Fleck der Erde jeder kannte."

darüber lohnt sich dann das genauere nachdenken wieder.

Freitag, 10. Juli 2009

grundsätzliches (nicht nur zur "postmoderne") (2)

(zum ersten teil)

*

5. die "postmoderne" enthält unübersehbar den katastrophalen und folgenschweren grundfehler der allermeisten westlichen philosophischen ansätze, sie beruht nicht nur auf ihm, sondern setzt ihn konsequenterweise fort.

und zu diesem punkt kann ich mich zunächst
wiederholen...

(...)"das der begriff der wahrheit tatsächlich zur rechtfertigung von und für destruktive fiktionen benutzt wird und wurde, macht ihn deswegen absolut nicht überflüssig. wie üblich in den bekannten westlichen philosophischen strömungen, wird schlicht ihre eigene - und wichtigste - voraussetzung vergessen: sie stammen alle aus einer kultur mit verbreiteten traumatischen sozialstrukturen, die sie unreflektiert wiederspiegeln. die real nicht begründbare dominanz, die sie allesamt dem "geistigen" (aka objektivistischen) teil des menschen zusprechen, ist bereits teil einer traumainduzierten strukturellen fragmentierung auch und gerade bei denjenigen, die solche konstrukte entwickeln. sie tun das aus ihrer eigenen - bereits geschädigten - wahrnehmung heraus und setzen die ergebnisse dann als generelles und absolutes.

damit verbunden ist regelmäßig und zwangsläufig die verleugnung des körpers (wobei diese nicht platt wie bspw. im christentum [fiktion religiösen typs], sondern subtiler stattfindet - körperliche vorgänge gerade in sozialen beziehungen werden hier grundsätzlich als manipulierbar verstanden, eine konstellation, die nur bei einer bereits vorhandenen opposition [virtuelles] "geistiges ich" vs. körper überhaupt möglich ist) und der in ihm basierten möglichkeiten der authentischen wahrnehmung, auf der jede authentische - d.h. vollständige und auch gesunde - menschliche identität beruht. die durch die traditionellen erziehungspraktiken verhinderte bzw. gestörte entwicklung dieses identitätsgefühls führt zwangsläufig zu kompensationsversuchen in form von fiktionen und konstruktionen - zu als-ob-realitäten bzw. virtuellen simulationen."(...)


...um dann mit einem längeren zitat von klaus theweleit zu einer auffälligen eigen- oder besser: unart - der westlichen philosophen den bogen weiter zu spannen. er greift dazu eine aussage von peter sloterdijk aus dem jahr 1993 auf, in der dieser das "älteste Aktionsmuster der Menschheit" beschreibt, welches für ihn "der historische Moment (ist), in dem ein flüchtendes (Affen-) Wesen in seinem Lauf einhält, sich umdreht, sich zum Gegenangreifer transformiert und einen Gegenstand, Ast oder Stein, auf seinen Verfolger wirft. Sloterdijk:`Man könnte geradezu von der Geburt des Menschen aus dem Geist des Gegenangriffs sprechen. Am Anfang war die Gegengewalt - das heißt die Gewaltflucht, die durch Würfe Grenzen in den Raum zieht.´"

theweleit weiter:

"Wirklich? Er hätte doch auch sagen können, der Kreis der Werfer schützt das Paar, das, in seiner Mitte, abgeschirmt, für den Nachwuchs sorgt... und daraus dann die Menschwerdung, die Hominisation, mit der sie es dauernd haben, die Philosophen: Wo entsprang `der Mensch´, eine ihrer Haupt- und Lieblingsfragen, mit der sie nie zu Ende kommen, weil sie die zutreffende Antwort partout nicht geben wollen: aus einer Mutter.(...)

Selbst ein feministisch nicht ungewitzter Mensch wie Sloterdijk liefert uns ein Modell von der `Geburt des Menschen´, ein Weltgeburtsmodell, das ganz ohne Frauen auskommt. Er begnügt sich damit, die Philosophen von Hegel bis Heidegger zu übermuttern,die `den Menschen´ als Sich-Selbst-Entwerfenden sehen (...)"


was hat das zu bedeuten?

"Es ist nicht ganz leicht zu sehen, was da vor sich geht: Ich habe lange gebraucht zu begreifen, daß dieser Ausschluß der Frauen aus der Weltgeburtsarbeit auch in der Philosophie tatsächlich eine ihrer entscheidenden Grundvoraussetzungen ist, ihr Basisopfer sozusagen... und noch länger gebraucht, daß Philosophen oder Menschen, die sich für solche halten, in der Regel nicht in der Lage sind, diesen Grundmangel überhaupt als Mangel zu erkennen... sie denken tatsächlich, sie denken (wo sie doch bloß die Frauen weglassen)... sie machen das nicht mit Absicht... es ist ein echter blinder Fleck. Spricht man einen der Denk- oder Wissenschaftsherren auf diesen Mangel an, stellt man fest: Sie verstehen einen meist überhaupt nicht, sie wissen gar nicht, was gemeint ist, und wenn sie es doch zu verstehen meinen, halten sie es für einen Witz... ja gut, die Frauen, die Mütter... richtig... aber keine philosophische Kategorie... keine Kategorie der Erkenntnis... die gehören doch nicht hierher.

Und bleibt man etwa dabei, daß sie doch hierher gehören und zwar gerade hierher, wird man in ihren Augen zu einem denkunfähigen Wesen... man kann geradezu sehen, wie man sich in ihrem Gesichtsausdruck, einer institutionellen Maske, zu einem Flachkopf verwandelt... zu einer Art Frau, die keine Ahnung hat von den Geheimnissen des männlich/philosophischen Diskurses... sie denken tatsächlich, da ist ein Geheimnis, hinter das sie kommen müssen mit ihren Gedanken. Die meisten philosophischen (wie auch religiösen) Gedanken dieser Art bestehen aber ganz schlicht aus der Tatsache, die Mutter gestrichen zu haben aus der Geburt."(...)

(klaus theweleit, "das land, das ausland heißt"; dtv, münchen 1995; isbn 3-423-30449-9; s. 45 - 46)


patriarchale philosophen also? jein, weil auch definiert werden müsste, was hier eigentlich gesellschaftlich so als "männlich" gilt - j. erik mertz dazu:

"Der patriarchalische Mann der spätmodernen Gesellschaft ist gar kein authentischer Mann, sondern ein Beziehungswesen männlichen Geschlechts, das sich als solches weitgehend negiert: Seine vermeintliche `Männlichkeit´ verdankt sich einem geschlechtsneutralen, anonymen und mechanistisch-toten Objektiv. (...)

Eine Emanzipation, die sich des (...) autistischen Objektivs bedient, ist keine Emanzipation, sondern Anti-Emanzipation. Das lässt sich an jenen Menschen demonstrieren, die sich schon emanzipiert haben. Der simulationsfähige Autist ist vollkommen emanzipiert. Diese vollkommene Emanzipation ist aber zugleich auch immer eine Emanzipation von der authentischen Welt, eine Befreiung von der menschlichen Substanz, die eine (authentisch) beziehungskulturelle ist. Niemand kann sich wirklich von dieser Beziehungskultur emanzipieren, ohne wahnsinnig zu werden, und alle, weibliche und männliche Beziehungswesen, gehen durch die (v.a. pränatale) Schule der Mütter. Darüber kann man nicht diskutieren, das ist so, ob es einem nun passt oder nicht.

Die einzig reale Negation dieser stark weiblich betonten Beziehungskultur wird nicht von der männlichen Position repräsentiert (die ist ein leicht unterprivilegierter, dennoch integraler Bestandteil dieser Kultur, sondern von der ungeschlechtlichen (...), beziehungs-exzentrischen (autistischen) und mechanistisch-toten Position der Objektivität, die absolut nichts Männliches an sich hat."(...)

(j.e. mertz, "borderline..."; siehe literaturliste, s. 256/257)


ich versuche mal, diese zugegeben für viele vermutlich nicht leicht nachvollziehbaren weiten sprünge zusammenzufassen:

- die geschichte der menschlichen gesellschaften ist selbst global gesehen nicht nur von naturkatastrophen, krankheiten und allerlei anderen unbilden des lebens geprägt, sondern v.a. von sozialer gewalt, nicht nur, aber vor allem
gegen kinder

- als eine bis heute weit verbreitete folge dieser gewalt entstehen u.a. zunächst individuelle, in folge dann auch kollektive, traumatische strukturen, die sich v.a. in formen von dissoziation und - als kompensationsversuch zwecks überlebens - in einer dominanz dessen ausdrücken, was ich in anlehnung an das modell von mertz als
objektivistischen modus bezeichne

- die art der "objektivität", die durch diesen modus (für den nebenbei gesagt durch ein modell des neurowissenschaftlers antonio damasio erste hinweise auf entsprechende strukturen im gehirn vorliegen - damasio spricht in seinem buch "descartes´ irrtum" tatsächlich von als-ob-schleifen, mit denen er spezielle bewusstseinsinterne simulationen assoziiert) produziert wird, ist genau die gleiche, die landläufig tatsächlich als "männlich" codiert ist. es spricht aus meiner perspektive aber ebenfalls einiges für den standpunkt von mertz, der diese objektivität als produkt eines apersonalen faktors versteht. unterstützt werden könnte diese betrachtungsweise durch einige forschungen -
autismus als extremvariante von männlichkeit? oder "männlichkeit" als autismusvariante?

- wer sich der bedeutung der mutter-kind-beziehung (und zwar auch schon
pränatal) für das gesamte spätere individuelle und auch kollektive leben bewusst ist, wird die kritik theweleits durchaus nachvollziehen und sogar präzisieren können: der wunsch nach dem ausradieren der mutter (der wiederum auf dem destruktivenverhalten traumatisch geschädigter mütter beruhen dürfte), drückt sich bei den philosophen in der beschriebenen form aus - im alltag nimmt er normalerweise handfest-mörderische formen an, die sich auch im allgemeinen frauenhass bei bestimmten männern manifestieren

- und wenn man dazu die gesellschaftlichen codierungen von "weiblichkeit" betrachtet, sollte das gemeinte endgültig verständlich werden - natur, körperlichkeit, sinnlichkeit etc. gelten in der "männlichen" - besser: objektiven - perspektive weiterhin als assoziiert mit frau; bei rassistischen fiktionen auch umstandslos mit "schwarzen" aus dem "süden", für den antisemiten (mit leichten spezifikationen) als "jüdisch" usw.

kurz: die von mir eingangs geschilderte auffällige bevorzugung des "geistigen" nicht nur in der westlichen philosophie lässt sich vor dem skizzierten hintergrund deutlich als fluchtbewegung, und zwar vor der eigenen beschädigten körperlichkeit, entschlüsseln - und die teils als "brillant" verstandenen philosophischen konstruktionen lassen sich in funktionaler und struktureller hinsicht (in inhaltlicher hinsicht dagegen natürlich schon, das halte ich aber für nebensächlich) nicht von ihren pendants namens "nation", "gott" oder gar den offen rassistischen und sonstigen rechtsextremen konstrukten unterscheiden. das dürfte jetzt zwar für einige leserInnen hier ein nahezu unverdaulicher brocken sein, den ich Ihnen nichtsdestotrotz weder ersparen will noch kann.

wie es eingangs im ersten teil schon angeklungen ist: wenn Sie begreifen wollen, was in Ihnen und um Sie herum passiert, ist der einzige sinnvolle weg, von Ihrem körper - der Sie sind - und demzufolge Ihren daraus resultierenden (un-)möglichkeiten auszugehen. die scheinbar grenzenlosen kopfwelten der philosophie und anderer disziplinen sind nicht mehr als (manchmal) amüsante, teils auch anregende fiktionen - letzteres aber nur dann, wenn sie wenigstens einen teil der authentischen realität enthalten und widerspiegeln, wobei das meist in arg verzerrten formen passiert. all das gilt verschärft für die "postmoderne".

zu den bemerkungen von mertz hinsichtlich emanzipation mehr im nächsten punkt

6. der vielgerühmte "pluralismus" der "postmoderne" hat in letzter konsequenz weder mit freiheit noch emanzipation zu tun, sondern fördert direkt antisoziale gesellschaftliche tendenzen bis hin zur soziopathischen anomie

wenn Sie sich aus zeit- oder sonstigen gründen nicht durch die originalwerke der postmodernen philosophen durcharbeiten wollen, ist für einen - wenn auch arg verkürzten - überblick der entsprechende
artikel bei wikipedia ganz brauchbar; vor allem die folgende komprimierung:

"Elemente postmodernen Denkens und Urteilens sind:

* Absage an das seit der Aufklärung betonte Primat der Vernunft (ratio) und an die Zweckrationalität (die bereits in der Moderne erschüttert
wurden)
* Verlust des autonomen Subjekts als rational agierende Einheit
* Neue Hinwendung zu Aspekten der menschlichen Affektivität und Emotionalität
* Ablehnung oder kritische Betrachtung eines universalen Wahrheitsanspruchs im Bereich philosophischer und religiöser Auffassungen und
Systeme (sog. Metaerzählungen oder Mythen wie Moral (wodurch Postmoderne zum Amoralismus wird), Geschichte, Gott, Ideologie, Utopie oder
Religion, aber auch, insofern sie einen Wahrheits- oder Universalitätsanspruch trägt, Wissenschaft)
* Verlust traditioneller Bindungen, von Solidarität und eines allgemeinen Gemeinschaftsgefühls
* Sektoralisierung des gesellschaftlichen Lebens in eine Vielzahl von Gruppen und Individuen mit einander widersprechenden Denk- und
Verhaltensweisen
* Toleranz, Freiheit und radikale Pluralität in Gesellschaft, Kunst und Kultur
* Dekonstruktion, Sampling, Mixing von Codes als (neue) Kulturtechniken
* Zunehmende Zeichenhaftigkeit der Welt (siehe auch Semiotisches Dreieck und Baudrillard)
* Feminismus und Multikulturalismus

In der postmodernen Kultur- und Geisteswissenschaft sind die vorherrschenden Methoden die Diskursanalyse, der Poststrukturalismus und der Dekonstruktivismus."


gehen wir die punkte mal kurz durch, so wird eine grundsätzliche tendenz, oder besser ein grundsätzlicher denkfehler deutlich: es werden allesamt konstruktionen älterer machart (wie nationen, götter, geschlechtsstereotype und auch die sog. vernunft; kurz die ganzen starr betonierten und teils extrem hierarchischen rollen der gesellschaftlichen historie) tatsächlich de-konstruiert - jedoch ohne ihre ursprünge, die in psychophysischen prozessen liegen, zu begreifen. was die "postmodernen" eben auch deshalb nicht begreifen können, weil sie sich ganz in der u.a. oben skizzierten form der philosophischen kopfgeburten bewegen. und es ist das gleiche phänomen wie die in dem oben eingangs verlinkten beitrag geschilderte vorgehensweise von paul watzlawick, der sich darin mit einem pionier des konstruktivistischen ideologie, heinz von foerster, die hand reicht:

"die von von foerster angeführten beispiele wie die kreuzzüge stellen letztlich materielle umsetzungen von als-ob-realitäten wie "göttern" (und auch "nationen") dar - und die werden nicht grundsätzlich mittels anderer simulationen aus der welt geschafft (was der konstruktivismus vorschlägt, und besonders watzlawick mit seiner "als-ob-therapie", die zb. bei traumatisierten, deren authentische gewalterfahrungen ganz real in neuronalen sub-netzwerken des gehirns und auch im körpergedächtnis gespeichert sind, dazu führt, dass die betroffenen diese erfahrungen verleugnen, als fiktion betrachten sollen)"

diesen entwurf der "als-ob-therapie" finde ich nach wie vor haarsträubend und unmenschlich, aber er passt in die zeit - gleichfalls wie das sog.
"neurolinguistische programmieren" als adäquate "therapie" für den letztlich sich selbst leugnenden postmodernen zeitgenossen erscheint (und die tatsache, dass sich das nlp wie im link geschildert einiger beliebtheit bei den gesellschaftlichen "eliten" erfreut, passt in dem zusammenhang wie die faust aufs auge - eine tatsache übrigens, deren bedeutung meiner meinung nach ziemlich unterschätzt wird.)

die erwähnte "hinwendung zu aspekten der menschlichen affektivität" führt ebenfalls in die irre, zumal es hier um aspekte derjenigen art geht, wie sie tag für tag in den nachmittagstalkshows der privatsender zu besichtigen sind - zur allgemeinen ausbeutung (und auch die belustigung fällt darunter) freigebene emotionalität, bei der sich dazu die frage stellt, wieweit das dargestellte nicht schon pseudo, mithin also blanke inszenierung ist.

die "radikale pluralität" gipfelt nicht selten in autoaufklebern alá "eure armut kotzt mich an", was kein wunder ist, wenn man in einer grundsätzlich in ihren sozialen bezügen geschädigten gesellschaft mit dekonstruktivistischen instrumenten herumfuhrwerkt, und sich dann hinterher darüber wundert, was dabei herauskommt - "individualität" wird dann gleichgesetzt mit der freiheit zum hemmungslosen und egozentrischen konsum, welcher ebenfalls als eine mögliche kompensationsstrategie vorhandener psychophysischer schäden fungiert (vielleicht beschäftigen Sie sich mal mit messies, oder auch mit zwanghaftem klauen - sind interessante und aufschlussreiche, wenn auch durchweg traurige geschichten, die dahinterstehen).

ich hab´s schon in ersten beitrag zu den als-ob-persönlichkeiten geschrieben, dass ich auch trotz grundsätzlicher einwände gegen das ganze konzept von "moral" bei der postmodernen zerstörungsorgie nicht nur diesbezgl. etliche bedenken habe:

(...)"für simulative persönlichkeiten ist eine formale moral womöglich eine möglichkeit, offene antisozialität zu vermeiden. aber auch das deutet darauf hin, dass sich moral eher als indiz für grundsätzlich vorhandene pathologische sozialstrukturen ansehen lässt."

cui bono? wem nützt all das letztlich tatsächlich? über diese frage will ich jetzt endlich zum aspekt der scheinbaren "freiheit" oder auch "emanzipation" kommen:

(...)"der jeweilige zeitgeist spielt zwangsläufig eine große rolle für die identitätskonstruktionen von simulativen persönlichkeiten. und das hat beim weiterdenken ernste konsequenzen bei der betrachtung der heutigen gesellschaftlichen angebote auf dem identitätsmarkt. da die eher starreren masken und rollen der letzten beiden jahrhunderte hier im westen seit ein paar jahrzehnten breit ins rutschen gekommen sind, ist es in gewisser hinsicht für simulative persönlichkeiten sowohl leichter als auch gleichzeitig schwieriger geworden, sich akzeptierte soziale identitäten zu konstruieren. leichter in der hinsicht, das die auswahl größer geworden ist und auch identitäten mit offen pathologischen aspekten toleriert werden - solange sie gemäß den gesellschaftlichen konventionen "erfolgreich" sind und gewisse formale regeln beachten. dazu spielt eine allgemein größerer verbreitung simulativer bzw. virtueller realitäten eine rolle, die das "unterschlüpfen" für entsprechend strukturierte persönlichkeiten leichter macht. schwieriger ist es aber gleichzeitig womöglich deswegen, weil die jeweils angesagten identitätsmodelle immer schneller unter modediktaten zu wechseln scheinen und bisher nur sehr "trainierte" simulative persönlichkeiten in der lage scheinen, derart schnelle wechsel ohne ernsthaftere komplikationen (die sich womöglich als symptome manifestieren) hinzubekommen."(...)

für "momorulez" spielt ja - wenn ich das richtig verstanden habe, hauptsächlich hinsichtlich seines schwulseins - die erwähnte größere auswahl von (als-ob)identitäten bei seinem loblied auf die "postmoderne" die hauptrolle. das ist ein stück weit nachvollziehbar, denn wenn sich der gerühmte pluralismus aufgrund der eigenarten psychophysischer schädigungen hier bei den weitaus meisten menschen in der form eines "ist mir doch egal" zeigt, erzeugt das für gesellschaftlich bisher stigmatisierte minderheiten durchaus als solche empfundene freiheitsräume. aber was ist das für eine freiheit?

es ist nichts weiter als die "freiheit", innerhalb der vorhandenen systemstrukturen einen bisher verschwiegenen oder zwangsweise unterdrückten teil der eigenen (sexuellen) identität jetzt "ausleben" zu können - incl. hofierens als neuer konsumentengruppe mit speziellen vorlieben sowie der möglichkeit, like wowereit und westerwelle endlich im system karriere machen zu können - in der hinsicht unterscheidet sich das nicht vom schicksal der "gleichgestellten" afroamericans in den usa (ja, jetzt kann sogar einer wie obama präsident werden, schau mal an!) und ebenfalls nicht von den "emanzipierten" frauen, die aber so gründlich vom system assimiliert wurden, dass sie jetzt sowohl als polizistin prügel verteilen als auch als kanzlerin einen realen kriegseinsatz leiten können - welch ein fortschritt!

diese totale sackgasse und bankrotterklärung einer "emanzipativen politik", die sich primär an objektivistischen kriterien orientiert hat und die sich mit etlicher wahrscheinlichkeit weder die feministinnen der 1970er, die black panthers oder auch die aktivistInnen von der christopher street so hätten vorstellen können und wollen, ist das zwangsläufige ergebnis, wenn man sich mit den methoden des "autistischen objektivs" (also der tradition westlicher philosophie wie oben dargelegt) innerhalb der grundsätzlich beziehungsfeindlichen - und das ist im weitesten sinne gemeint - strukturen unserer sozial nur noch als hochgradig verrottet zu bezeichnenden gesellschaft bewegen und vor allem anerkannt werden will - unter verdrängung der erkenntnis, dass die basis der gesellschaft insgesamt auf den prüfstand gehört, weil sie auf gewalt gebaut ist, mittels gewalt durchgesetzt wird und gewalt produziert und deshalb absehbar - und das war hier ebenfalls thema vieler beiträge - frontal gegen die wand rasen wird.

wer´s deutlicher haben will, bitte: es gibt hier nichts mehr zu "reformieren" oder zu "verbessern" - schon gar nicht mit "spielerischer ironie" und albernen verkleidungsspielchen, wie es die von "postmoderner" idiotie infizierten strömungen der verbliebenen linken so gerne hätten. genau in dem sinne waren übrigens meine abschließenden worte im allerersten beitrag zu "momorulez" gemeint. ich habe für leute tatsächlich wenig mitleid übrig, die es eigentlich - meiner meinung nach - besser wissen könnten.

sollen wir es denn wirklich nur als bloßen zufall betrachten, dass genau jene menschen, die sich tatsächlich konsequent nach der maxime des "sich selbst neu erfindens" richten, innerhalb der diagnostischen kataloge als soziopathen auftauchen, und zwar sehr berechtigt? betrachten Sie sich die (fiktionale) figur des tom ripley im beitrag zu als-ob-persönlichkeiten, oder die sehr reale
figur des herrn wolf, der neulich für einige zeit schlagzeilen machte - praktizierende radikale konstruktivisten, für die "wahrheit tasächlich die erfindung eines lügners ist" - weil sie sie nicht (mehr) wahrnehmen können aufgrund psychophysischer schädigungen, induziert durch soziale gewalt. george orwell hat dieses szenario davon prophetisch heraufziehen sehen (das zitat stammt aus dem oben verlinkten beitrag zum nlp):

"Sie sind hier, weil es Ihnen an Demut, an Selbstdisziplin mangelt. Sie wollten den Akt der Unterwerfung nicht vollziehen, der der Preis für geistige Gesundheit ist. Sie zogen es vor, ein Wahnsinniger, eine Einpersonenminderheit zu sein. Nur der disziplinierte Geist erkennt die Realität, Winston. Sie halten die Realität für etwas Objektives, Äußeres, das seinen eigenen Bestand hat. Sie glauben auch, das Wesen der Realität sei an sich selbstverständlich. Wenn Sie sich der Illusion hingeben, etwas zu sehen, nehmen Sie an, daß alle anderen das gleiche sehen wie Sie. Aber ich sage Ihnen, Winston, daß Realität nichts Äußeres ist. Die Realität existiert im menschlichen Geist und sonst nirgends. Nicht im Geist des Einzelnen, der irren kann und ohnehin bald untergeht; nur im Geist der Partei, die kollektiv und unsterblich ist. Was immer die Partei für Wahrheit erachtet, i s t Wahrheit. Die Realität lässt sich auschließlich durch die Augen der Partei erkennnen. Diese Tatsache müssen Sie wieder neu lernen, Winston. Es erfordert einen Akt der Selbstvernichtung (sic! mo), eine Willensanstrengung. Sie müssen sich erst demütigen, ehe Sie geistig gesund werden können." (...)

"Aber wie könnt ihr denn die Materie kontrollieren" stieß er hervor. "Ihr kontrolliert ja nicht einmal das Wetter oder die Schwerkraft. Und es gibt Krankheit, Schmerz und Tod --"
O´Brien brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. "Wir kontrollieren die Materie, weil wir den Geist kontrollieren. Realität findet im Schädel statt. Sie werden es schrittweise lernen. Es gibt nichts, was wir nicht könnten. Unsichtbarkeit, Levitation - alles. Wenn ich wollte, könnte ich wie eine Seifenblase über dem Boden schweben. Ich will es nicht, weil die Partei es nicht will. (...) Die Naturgesetze machen wir."

(aus den lektionen während der folterung von winston smith, zitiert nach: george orwell, "1984"; ausgabe der "ozeanischen bibliothek 84"; ullstein; frankfurt/main 1984)


auch das ist radikaler konstruktivismus, heute läuft das teils unter "positivem denken" - ganz postmodern.

*

es wimmelt in unserem leben inzwischen derart von fakes, simulationen, doppelt- und dreifachplots, lügen und "ironischer gebrochenheit", dass eine unabwendbare folge davon in zunehmendem misstrauen - die vorstufe zum reich der
paranoia - besteht, daraus aber ebenfalls eine bereits sichtbare folge - in form des revivals fundamentalistischer religionen und diverser faschistischer strömungen - als logische konsequenz zu erwarten ist. wer bereits in ihrer authentischen subjektivität geschädigte durch die mühlen der dekonstruktion drehen will, mit der offenen androhung, das ganze subjekt als falsch zu zerstören, wirkt nicht etwa emanzipativ, sondern wird nur umso mehr die reste authentischer subjektivität ersticken (die die einzige basis fpr emanzipation darstellen), den objektivistischen modus im überlebenskampf aktivieren und derart den "großen alten" und äusserst destruktiven fiktionen von "nation" , "gott" und "volk" neue opfer und täter zutreiben. die postmodernen/konstruktivistischen philosophen haben entweder ein völlig realitätwidriges menschenbild vor augen gehabt, als sie ihre unheilvollen visionen formulierten - oder aber sie haben es im vollen bewusstsein der katastrophalen folgen getan, die heute an jeder ecke sichtbar werden. und damit sind sie, möglicherweise entgegen ihrer intentionen - eine freundliche unterstellung zum ende - unwiderruflich zum teil dieses angriffs geworden:

(...)"der angriff auf unsere ganz spezifisch menschlichen beziehungsfähigkeiten ist dabei inzwischen unübersehbar, und der "erfolg" dieses angriffs ist u.a. in den steigenden zahlen der sog. psychischen krankheiten abzulesen. und dieser angriff zielt ebenfalls ganz unübersehbar auf den eigentlichen kern dessen, was uns überhaupt erst zu menschen macht: die fähigkeiten zur solidarität, empathie/mitgefühl, altruismus - die menschliche liebesfähigkeit in all ihren ausprägungen.

und wenn dieser angriff durchkommt, wird er der tödlichste überhaupt aller denkbaren angriffe sein. er zielt auf die absolute basis aller sozialität."(...)


wie sich das anfühlt?
so richtig scheiße:

"Ich fühle mich in dieser Gesellschaft in wirtschaftlicher und staatlicher Sicht zunehmend von einem menschlichen Wesen zu einem Objekt denunziert. Das ist falsch, das ist unmenschlich, pervers und schafft Zukunftsängste, zumindest gehts mir so."

und wer gleichzeitig loblieder auf die "postmoderne" anstimmt und sich daneben über das "hartz-IV"-regime oder polizeieinsätze aufregt, zeigt zumindest ein ganz eigenes talent zur abspaltung - weiteres verkneife ich mir an dieser stelle.

*

soweit fragmentarisch und notwendigerweise unvollständig mein zumindest letzter beitrag zur fraglichen diskussion. nicht, dass die "postmoderne", der konstruktivismus und all ihre konsequenzen nicht immer wieder thema sein werden - aber nicht anläßlich einer debatte, die urspünglich anhand des todes von michael jackson meinerseits nur auf allzu offensichtliche verbindungen hinweisen wollte.

grundsätzliches (nicht nur zur "postmoderne) (1)

wie gestern angekündigt, nun doch noch ein paar grundsätzliche anmerkungen zu einer inzwischen leicht unübersichtlichen diskussion, deren beginn in diesem beitrag zum tod des michael jackson zu finden ist, sowie den folgenden bisherigen reaktionen: eins, zwei, drei, vier, fünf und sechs.

ich schreibe dabei nicht primär für "momorulez", dessen auftreten ich nach wie vor, bzw. inzwischen ob seiner selbststilisierung als "verfolgtem, unverstandenem opfer"...

"Fühle mich gerade wie auf dem Schulhof einst, wo ich mich fragte, ob ich mich jetzt lieber auch auf dem Clo verstecken sollte …"

...inzwischen noch verschärft für unverschämt halte - erst großzügig faschismusvorwürfe verteilen (die mit dem attribut "mental" nicht relativiert werden), dann sowohl mich als auch die kommentierenden leserInnen hier beschimpfen, um mit der unterstellung, sein(e) kommentar(e) hier würden nicht zum lesen freigegeben, den erbärmlichen gipfel mittels der konstruktion eines zusammenhangs zur aktuellen staatlichen überwachungspolitik zu erreichen - nochmal: hier wird weder moderiert noch gelöscht, letzteres wie schon neulich geschrieben nur in seltenen ausnahmenfällen, und von "momorulez" habe ich hier keinen kommentar gesehen, was dann entweder nur einer technischen störung (für es allerdings in den letzten tagen hier keine hinweise gibt) geschuldet sein kann, oder aber schlicht daran liegt, dass dieser kommentar nie existierte - , um dann so zu tun, als ob er ja nur ein paar "kritische anmerkungen" loswerden wollte und dafür unberechtigt "von allen seiten" plötzlich prügel kassiert. das alles dann noch garniert von einer aus meiner perspektive deutlich sichtbaren unfähigkeit oder auch unwilligkeit(?), sich mit den grundlagen meiner argumentationen, und zwar nicht nur hinsichtlich michael jacksons, zu beschäftigen. alles zusammen reicht locker aus, die grenzen meiner persönlichen toleranz zu überschreiten und den "ignore"-modus zu aktivieren.

nein, ich schreibe das folgende vor allem für all jene, die sich rund um die strittigen themen gerne selbst ihre meinung bilden wollen - und deshalb im folgenden die für mich zentralen essentials, welche nicht nur in dieser diskussion eine rolle spielen. ich vermute dabei, dass es für den einen oder die andere leserIn durchaus überraschende einsichten geben könnte - und ich wähle dabei ganz bewusst die form der von der "postmoderne" so verabscheuten "großen erzählung", d.h. ich gehe von wahrheiten aus, sogar von evidenten wahrheiten, die sich beim heutigen wissensstand über unser leben geradezu aufdrängen.

*

1. der menschliche körper, seine möglichen zustände, grenzen und (funktions-)störungen sind das agens aller gesellschaftlichen bewegungen - sozial, politisch, ökonomisch, kulturell, technisch...

das mag zwar auf den ersten blick irgendwie platt / banal erscheinen, ist aber meiner erfahrung durchaus innerhalb dieser "zivilsation" hier kein konsens, bzw. teil jener hartnäckig ignorierten realitäten, die ich zb. unter dem titel
von "vernünftigen" motivationen in einer ver-rückten kultur in der vergangenheit näher skizziert hatte. allgemeiner: es exsitiert buchstäblich kein einziger aspekt unseres lebens, der sich nicht unmittelbar oder auch mittelbar auf entsprechende bedürfnisse unserer körperlichkeit zurückführen lässt - und da sind auch ausdrücklich all jene als "psychisch" bezeichneten ebenen eingeschlossen, die aus meiner sicht eben psychophysisch sind, also untrennbarer teil des körpers in form von gehirn und nervensystem(-en) und damit gleichfalls den uns bestimmenden funktionsgesetzen - biologisch, physikalisch, chemisch... - unterworfen.

Sie können sich Ihren heutigen oder auch jeden beliebigen anderen tagesablauf und Ihre aktivitäten betrachten - ich garantiere Ihnen, dass Sie nicht eine einzige minute finden werden, in der Sie nicht dem "diktat" Ihres körpers im obigen sinne unterliegen - die beschaffung von nahrung ([lohn-]arbeit, "geldverdienen") sowie das wohnen (eine sichere behausung haben) stellen dabei nur die absoluten (offen) materiellen notwendigkeiten dar, wobei die allermeisten von uns in mehr oder weniger großem maße zwecks erledigung des ersteren auf allerlei heute existierende technische entwicklungen zurückgreifen, die allesamt erweiterungen unserer grundausstattung an körperlichen fähigkeiten und / oder erleichterungen hinsichtlich aller möglichen bedürfnisbefriedigungen darstellen. letztere spielen beim erreichten materiellen entwicklungsstand v.a. in den westlichen gesellschaften inzwischen in der (selbst-)wahrnehmung vieler menschen eine größere rolles bei all jenen bedürfnissen, die nur vordergründig nicht den unmittelbaren leiblichen notwendigkeiten entspringen - bedürfnisse nach kontakt & zugehörigkeit (incl. sexualität), nach austausch und allgemein zwischenmenschlicher kommunikation stellen für die weitaus meisten menschen (es gibt einige ausnahmen) eine ebenso elementare lebensbedingung dar wie nahrung und wohnung und sind auch für die psychophysische gesundheit von gleicher bedeutung wie die erfüllung der materiellen grundbedürfnisse.

dazu entfaltet sich dann ein ganzes spektrum anscheinend unendlicher - wenn auch real begrenzter - sub-, neben-, pseudo- und sonstiger bedürfnisse, mit denen sich eine vielzahl heutiger menschen die zeit vertreibt: seien es die sphären von ruhm, macht, bewunderung; all die produzierten konsumwünsche, deren bewerbung aufs engste mit meist als "authentisch" empfundenen diversen sehnsüchten als scheinbaren ausdrücken diverser bedürfnisse gekoppelt ist und nur dadurch überhaupt funktioniert; seien es auch zustände wie neid, rachegelüste und schlimmeres, seien es - stellen Sie sich vor, was Sie wollen. auch die sphären der künste, von ästhetik und schönheit, gehören dazu.

alle bisher und zukünftig existierenden menschlichen gesellschaften spiegeln zwangsläufig bis in ihre bizarrsten oder aber auch tödlichsten erscheinungsformen die gesamte mögliche - aber real begrenzte - vielfalt der körperlich basierten und dort ihre einzige quelle besitzenden bedürfnisse.

2. die körperlich basierten wahrnehmungsfähigkeiten stellen unsere einzige reale verbindung bzw. möglichkeit der erfahrung zur welt dar - und damit sind nicht nur augen, ohrn und nase gemeint...

...sondern ebenfalls alle anderen sinne, zu deren zentralen auch solche weithin unbekannten wie zb. die
propriozeption gehört. all die vorhandenen wahrnehmungsfähigkeiten gehören durch ihre einzigartige position in sachen welterfahrung natürlich auch zur unverzichtbaren grundausstattung hinsichtlich unserer bedürfnisse, da sie sowohl ihre wahrnehmung (wozu ich auch die weitere verarbeitung des sensorischen inputs im gehirn zähle) als auch die diversen aktivitäten zu ihrer befriedigung erst möglich machen.

3. es existieren ganz reale und wirkungsmächtige ein- und beschränkungen, im weitesten sinne funktionsstörungen, die sich in der materiellen körperlichkeit manifestieren können und im allgemeinen als krankheit wahrgenommen werden

klingt ebenfalls zunächst banal - wer war nicht schon einmal krank, hatte nicht schonmal schmerzen etc. - , allerdings ist trotz täglicher thematisierung die gesellschaftliche relevanz des überaus interessanten phänomens krankheit meiner meinung nach immer noch chronisch unterbelichtet. zwar mögen viele durchaus den gedankengang verfolgen können, dass bspw. eine "klassische" - also durch exogene erreger verursachte - seuche ganze gesellschaften in ihrem entwicklungsweg entscheidend beeinflussen konnte (siehe zb. die mittelalterliche pest mit all ihren spätwirkungen im sozialen leben), aber bei den sog. "psychischen" (= psychophysischen) störungen / krankheiten sieht das dann eher so aus, wie ich es
früher einmal so umrissen hatte:

(...)"ebenfalls haben die meisten menschen nach entsprechender aufklärung keine großen schwierigkeiten damit, im allgemeinmedizinischen bereich krankheitskonzepte zu verstehen, die bspw. davon ausgehen, dass ein durch eine bestimmte organische funktionsstörung nicht mehr (ausreichend) produziertes enzym für weitreichende probleme im stoffwechselgeschehen sorgen kann. die genese einer solchen störung - Sie können auch eine bakterielle oder virale infektion nehmen - erscheint irgendwie logisch, ebenso wie die dadurch ausgelösten symptome und/oder behinderungen.

viele menschen haben aber sehr deutlich mühe mit der vorstellung, dass die in den obigen beispielen zutage tretenden prinzipien zwar nicht eins zu eins übersetzbar (das wäre imo sachlich nicht gerechtfertigt), aber doch prinzipiell eben auch im bereich von beziehungskrankheiten bzw. schweren störungen der sozialen fähigkeiten gültig sein könnten. wer fragt (sich) schon danach, wenn er oder sie z.b. verliebt ist, was eigentlich genau im psychophysischen geschehen notwendigerweise passieren muss, um in einen solchen zustand zu geraten (und was bei denen anders ist, die sich nicht verlieben können)? wer fragt danach, was für psychophysische voraussetzungen nötig sind, um bspw. ein tiefes, emotional befriedigendes gespräch mit einem anderen führen zu können (wozu die körperliche präsenz unabdingbar ist, und ebenso die fähigkeit, das ganze und zu einem großen teil unbewußt ablaufende körperlich basierte kommunikationsgeschehen wahrnehmen zu können)? richtig: es wird genausowenig gefragt wie nach einem guten essen zu den an der verdauung beteiligten und notwendigen prozessen. solange diese funktionieren, ist das ja auch keine unbedingte notwendigkeit."(...)


"solange diese funktionieren" - die beobachtung, dass davon hinsichtlich der zustände im menschlichen sozialen leben größtenteils keine rede sein kann, stellt einen der hauptgründe für die existenz dieses blogs dar.

was aber besonders hervorgehoben gehört: natürlich können auch unsere wahrnehmungsfähigkeiten von krankhaften prozessen betroffen werden - das liegt einfach in der natur der (körperlichen) sache. wenn Sie sich dazu verdeutlichen, dass wir eben über diese wahrnehmung eigentlich erst so richtig "zur welt kommen", sollte deutlich sein, dass funktionsstörungen oder -einschränkungen in disem bereich besonders fatale konsequenzen - und zwar nicht nur für die betroffenen - haben.

4. es existiert eine dialektische beziehung zwischen eigener körpererfahrung/wahrnehmung (incl. "ich"-bewusstsein) und gesellschaftlicher / sozialer umwelt. gleiches gilt für die definitionen dessen, was in einer gesellschaft als krankheit gesehen wird.

noch eine scheinbare banalität, die allerdings im "postmodernen" zeitalter gerade bei denjenigen, die sich als kritisch gegenüber heutigen entwicklungen betrachten, schon dazu tendiert, totalitäre züge anzunehmen. gerade bei den psychophysischen störungen gibt es nicht erst seit foucault die tendenz, hier von einer umfassenden gesellschaftlichen konstruktion auszugehen, mittels derer viele störungen überhaupt erst geschaffen werden. da ist auch aus meiner perspektive durchaus etwas dran, allerdings in leicht anderer hinsicht, als von foucault und anderen formuliert.

grundsätzliches zur orthodoxen westlichen
psychiatrie:

(...)"wer sich die geschichte der westlichen institutionalisierten psychiatrie genauer anschaut, besonders ihre traurigen und negativen "höhepunkte" bspw. in gestalt der militärpsychiatrie , der nationalsozialistischen "euthanasie"-aktion "T4" sowie der willigen (selbst-)instrumentalisierung zur durchsetzung genormter begriffe von gesundheit und krankheit und der stigmatisierung alles davon abweichenden (von therapeutischen methoden wie schockbehandlungen und psychopharmaka gar nicht erst zu reden), wird nicht umhin kommen, gegenüber diesem ganzen bereich eine gesunde skepsis zu entwickeln. ließe sich nun klipp und klar sagen, dass die diagnostischen konstruktionen und modelle dieser institution gänzlich an den haaren herbeigezogen wären, so würde das etliches sicherlich einfacher machen. jedoch: trotz der kenntnis all der zweifelhaften bis völlig abzulehnenden seiten der orthodoxen psychiatrie ist es imo nachweislich so, dass es viele der in den diagnostischen katalogen erfassten phänomene tatsächlich gibt. und bis auf weiteres sehe ich kein anderes instrumentarium - auch keine andere sprache - zur verfügung stehen als eben das, welches der psychiatrie entstammt.

skepsis ist also sozusagen als grundhaltung angebracht. diagnostische konzepte zb. sind imo grundsätzlich als komplexitätsreduzierende modelle anzusehen, von denen es üblicherweise keinerlei modellgetreue 1:1-umsetzungen in der realität gibt. ebenso ist stets ein bestimmter gehalt an - meist gesellschaftstragender - ideologie miteinzubeziehen, genauso wie die regelmässig unterschlagenen subjektiven motivationen und einschätzungen, die in derlei modelle einfließen.

aber wie schon gesagt: ich halte trotz allem immer weniger davon, das, was als "wahnsinn" in dieser kultur bezeichnet wird, zu verharmlosen oder zu glorifizieren. eine besonders aus den linkeren teilen des politischen spektrums stammende sichtweise, die sich teils auch in der sog. antipsychiatrie manifestiert hat (und theoretisch stark von leuten wie michel foucault beeinflusst wurde), hat sicher in bestimmten bereichen der psychiatriekritik notwendiges geleistet. aber mit der konstruktion eines bildes vom wahnsinnigen menschen als quasi heroischem outdrop, der mit seiner verrückten art ein mörderisches system ins leere laufen lässt, an die stelle berechtigt demontierter mythen letztlich nur neue gesetzt. und das könnte ein gewaltiges eigentor in der hinsicht gewesen sein, dass sich eine progressiv gemeinte linke psychiatriekritik damit unfreiwillig an der vernebelung äußerst bedrohlicher gesellschaftlicher entwicklungen beteiligt."(...)


und diese position ist u.a. ein resultat meiner ganz eigenen erfahrungen mit psychiatrie und auch verschiedenen psychologisch-psychotherapeutischen "schulen" (u.a. gestalttherapie, gesprächstherapie nach rogers, auf wilhelm reich bezogene körpertherapie), welche für ein paar jahre meiner biographie unter dem "offiziell" verliehenen label/der diagnose
borderline kulminierten (ich empfehle übrigens, diesen link wie alle anderen auch zu lesen, weil sich damit eher nachvollziehen lässt, warum ich hier wie argumentiere).

nun ist gerade das diagnostische modell der borderline-persönlichkeitsstörung (als symbol für das ganze spektrum der persönlichkeitsstörungen überhaupt) selbst in den reihen von psychiatrie und psychologie bis heute umstritten, und tatsächlich lässt sich an ihr die ganze zwiespältigkeit der heutigen psychiatrie, will sagen ihre systemstützende funktion bei gleichzeitiger - zwangsweiser und durchaus unfreiwilliger - thematisierung von fragmenten echter und auch vernichtender systemkritik sehr gut nachvollziehen (der letztere aspekt wird noch deutlicher formuliert beim modell der
komplexen posttraumatischen belastungsstörung sichtbar). betrachten Sie sich nur einmal die gültigen kriterien nach dem dsm-IV - hier zu sehen im vergleich mit dem vorläufermodell -, und Sie erhalten sofort einen eindruck von dem, was die klassische psychiatriekritik zb. unter dem begriff der durchsetzung gesellschaftlicher normen versteht.

andererseits sind im modell durchaus reale phänomene enthalten, und zwar phänomene von inzwischen so einer gesellschaftlichen verbreitung, dass in den letzten jahren nicht wenige aufmerksame beobachterInnen begriffe wie den von der borderline-gesellschaft - hier die zwar etwas populistisch anmutenden, aber schon teils sehr treffenden aussagen eines als borderline diagnostizierten dazu:


Poly Borderliner @ www.polylog.tv/videothek

- oder auch den von der borderline-politik formulierten (in der mitte des beitrags):

(...)"Wer eine Gesellschaft umbauen will, muss die Menschen neu formatieren. Das klingt nach Science-fiction oder Totalitarismustheorie - und doch ist genau das der Punkt, der mich beunruhigt: dass ein politischer Wille, der ja nichts anderes ist, als der Wille einer bestimmten und überschaubaren Klasse, eine Gesellschaft so effizient durchdringen kann wie Karies meine Zähne. Der süße Geschmack tötet das Bewusstsein dafür ab, dass sich etwas ablagert und bis zur Wurzel durchfrisst. Am Schluss wird der zerstörte Zahn gezogen, an seiner Stelle wird ein neuer, künstlicher, kariesresistenter implantiert. Mit schönen Prothesen dürfen wir dann die Welt außerhalb unser selbst verachten. Erfolg ist, strahlend dort angelangt zu sein, wo wir nie hinwollten.(...)

Wer keine oder zu wenig Beachtung findet, weil die Welt zu groß ist und die Interessen zu vielfältig sind, der beachtet sich eben selbst. Aber nicht im Sinne von Selbsterkenntnis, sondern von Selbststimulation. Das ist neu: Ich brauche nicht mehr die Außenwelt, die Anderen, die Teile meines Selbst spiegeln, Teile, die ich dann zu dem zusammensetze, was man Ich nennt. Ich brauche nur mehr mich selbst und die Außenwelt als Publikum, dem ich eine Vorstellung von mir gebe. Ich definiere also mich selbst, schreibe mir selbst eine Rolle zu und bringe die Außenwelt dazu, mir zu glauben. Das nennt sich dann Erfolg und um nichts sonst geht es als um Erfolg.

Was dabei aufgelöst wird, ist das, was die Psychoanalyse als das kritische Selbst bezeichnet. Üblicherweise werden die Grenzen des Selbst vom Ich realistisch erfasst. Dazu braucht es Selbsterkenntnis - und die tut immer weh, weil damit die Erfahrung der eigenen Begrenztheit einhergeht. Wer diese Erfahrung in den Wind schlägt und sich stattdessen selber auf die Schulter klopft, manövriert sich in eine narzisstische Störung. Wenn diese Störung aber die Grundlage der gesellschaftlichen Entwicklung sein soll, wenn der neu formatierte Mensch sich dadurch auszeichnet, sich seine eigene Wirklichkeit zurechtzulegen und dadurch zur Borderline-Existenz zu verkommen, dann ist das das Ergebnis einer Besorgnis erregenden Borderline-Politik."(...)


und in diesen absätzen ist schon verdammt viel von dem enthalten, was sich die "postmoderne" aus meiner sicht an antisozialen wirkungen zurechnen lassen muss. und das soll auch die überleitung
zum zweiten teil darstellen.

Mittwoch, 9. Juli 2008

diskussion: zum verhältnis individueller (diagnostizierter) autismus - gesellschaftliche kollektive und individuelle autistische zustände (2)

so, da ich heute unvorhergesehernermaßen etwas zeit habe, will ich die neulich unterbrochene diskussion in einem neuen beitrag fortsetzen. und das werde ich in der form tun, dass ich die bisherigen argumente von guru in zusammenfassender weise beantworten werde, weil ich erstens weder zeit noch lust habe, jeden einzelnen kommentar separat zu beantworten, und weil ich zweitens noch erneuter lektüre der bisherigen kommentare finde, dass sich einiges wiederholt. im folgenden werde ich werde ich gurus argumente zu den strittigsten punkten kursiv zusammenfassend wiedergeben; wer sich das nochmals ausführlich ansehen möchte, sei auf die im ersten beitrag vorhandenen links zu seinen kommentaren verwiesen.

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1. gleich zur klarstellung @guru (und diejenigen, die sich seine argumentationen zu eigen machen):

nachdem ich mir Ihre beiträge nochmals gesammelt durchgelesen habe, muss ich Ihnen erstmal dafür danken, dass Sie selbst mittels Ihrer argumente bzw. den implikationen, die diese enthalten, gute gründe dafür liefern, warum der begriff autismus durchaus sehr geeignet zur beschreibung des inneren wesens gesamtgesellschaftlicher pathologien ist. und wie Sie vielleicht gleichfalls merken werden, sehe ich mich durch die teils extrem unterstellende und ebenfalls typisch dissoziierte art & weise Ihrer argumentation veranlasst, schärfer zu formulieren, als ich das ursprünglich vorgehabt hatte.

unterstellungen folgender art bspw.:

da reden Sie zum einen von einer "unlogischen Welt voller irrational agierender Menschen", die Sie bzw. das spektrum, dem Sie sich offensichtlich zurechnen, als "nt´s" bezeichnen, die voller böser absichten daherkommen: "Ihr lacht über uns. Grenzt uns aus. Bezeichnet uns als antisozial. Greift uns sogar tätlich an. Wann stempelt Ihr uns ein "A" in den Ausweis?" gleichfalls vertreten Sie ganz ernsthaft die abstruse these "Letzten Endes wurden immer Kriege geführt und technische Erungenschaften gemacht, weil der Platz knapp wurde. Die Überbevölkerung, an der wir Autisten ganz gewiss nicht schuld sind, ist die Wurzel allen Übels." und weisen damit ganz explizit den "nt´s" die schuld an "allem (gesellschaftlichen) übel" zu. was in anderen worten auch nochmals betont wird: "Destruktive Phänomene habt Ihr Euch selbst zuzuschreiben mit Eurer Konsumwut, Eurer Machtgier, Eurem Alphatiergehabe."

da frage ich mich dann doch ernsthaft, wer hier eigentlich wen diskriminiert?

erstens ist die wertung "unlogisch" ein ausdruck Ihrer eigenen wahrnehmung und enthält implizit die folgerung, dass dann auch nur das als "logisch" zu betrachten sei, was sich wiederum selbst in Ihrer wahrnehmung so abbildet. ebenfalls scheint Ihnen dabei nicht klar zu sein, dass eigentlich für alles als "unlogisch" betrachtete verhalten zutrifft, dass es jeweils durchaus seinen eigenen - und im jeweiligen kontext durchaus sinnvollen - logiken folgt (das gilt selbst für menschen, die sich zb. in schweren psychotischen zuständen befinden und situationen produzieren, die auf ihre gesamte soziale mitwelt bizarr und sinn-los wirken mögen).

zweitens verschweigen Sie schlicht den elementaren unterschied zwischen negativer (destruktiver) und positiver menschlicher irrationalität, sowie die jeweiligen (sozialen und auch historischen) entwicklungsbedingungen, die für beide notwendig sind. "irrationalität" ist bereits ein begriff, der hier im westlichen kulturraum eine negative wertung mit sich führt und auch dementsprechend als eine art abwertende keule benutzt wird. für mich ist es eher eine spezifisch menschliche fähigkeit, die etwas mit spontaneität und zweckfreiem (im sinne von nicht für etwas verwertbar sein) verhalten zu tun hat. destruktiv wird diese fähigkeit dann u.a. durch umstände, zu denen an anderen stellen hier genügend zu lesen ist.

der angeblich "neurologisch typische" mensch ist hingegen ein konstrukt erster güte, und wenn ich mir dann die gerade erwähnten eigenschaften betrachte, die Sie diesem konstrukt (wie aus Ihren worten zu entnehmen ist, quasi der ganze rest der nicht als im autistischen spektrum diagnostizierten menschheit) zuschreiben und dann auf der anderen seite Ihre versionen der autistischen existenz betrachte, wie sie hier geschildert werden, kommen mir spontan assoziationen zu dem, was im borderline-bereich als klassische schwarz-weiß-wahrnehmung bezeichnet wird. und ich kann mir auch vorstellen, dass dieser eindruck gerade nicht auf einem zufall beruht - aber dazu später.

es existieren jedenfalls keine "neurologisch typischen" menschen - kein einziges menschliches gehirn gleicht dem anderen, und es lässt sich höchstens von - fließenden - übergängen zwischen mehr oder wenigen vollständigen und mehr oder weniger unvollständigen subjektivitäten bzw. den wahrnehmungsfähigkeiten, auf denen diese subjektivität beruht, reden. die synonyme "gesund" und "krank bzw. gestört" erfassen diese (un-)vollständigkeiten meiner meinung nach zwar keinesfalls in ihren gesamten dimensionen, sind jedoch für eine annäherung speziell an die realitäten, die sich aus dem agieren von in ihrer vollen subjektivität geschädigten menschen ergeben, durchaus brauchbar.

wie Ihnen weiterhin bekannt sein dürfte, lassen sich inzwischen für die meisten psychophysischen störungen ("psychische krankheiten") durchaus neurophysiologische, neurobiologische und neurochemische besonderheiten nachweisen, die - egal ob von kürzerer oder längerer, funktioneller bis struktureller irreversibler ausprägung - es ebenfalls als nicht gerechtfertigt ansehen lassen, in irgendeiner weise von einem quasi "neurologischen standard" auszugehen. dies umso mehr, als dass sich die änderungen im erleben und verhalten, die mit den erwähnten besonderheiten einhergehen, potenziell im "repertoire" von (fast) jedem menschen befinden - und unter bestimmten umständen entweder schwächer (dann meistens als "charakterzug/persönlichkeitsmerkmal" auch von außen wahrgenommen) oder stärker (dann mit u.u. störenden wirkungen für umwelt und betroffenene als pathologisch begriffen) aktiviert werden. will sagen: das, was als gesundheit begriffen wird, ist real ein ständiger prozeß, der kein statischer sein kann (was in dem nt-konstrukt implizit als behauptung enthalten ist), sondern eher ein ständiges zu- und wegbewegen auf und von einem real niemals zu erreichenden hypothetischen absoluten psychophysischem gleichgewichtszustand.

dann zu dem, was Sie "den nt´s" alles so unterstellen: die anrede "Ihr" bedeutet im fraglichen kontext durchaus, dass Sie auch sowohl mir als auch den anderen leserInnen hier direkt alles aufgezählte faktisch mitunterjubeln möchten. und das weise ich nicht nur für mich, sondern auch für die mir bekannten leserInnen entschieden zurück!

und kommen Sie mir jetzt nicht damit, dass Sie ja nur sozusagen den spieß umgedreht hätten: was Sie die ganze zeit entweder nicht verstanden haben , verstehen können oder möchten, ist der umstand, dass Sie keinesfalls das alleinige "recht" auf den begriff autismus besitzen, sondern das sich autismus im üblichen sprachgebrauch, aber auch medizinisch (auch dazu später mehr) im kern um ganz spezifische wahrnehmungsphänomene hinsichtlich der selbstwahrnehmung und im sozialen bereich dreht, die potenziell in sehr verschiedenen formen und ausprägungen ebenfalls eine option für alle menschen darstellen - und wenn Sie das wort autismus aus dem klinischen bereich heraushaben möchten, wäre die verbreitung eines entsprechenden bewußtseins und der daraus möglich werdenden nötigen differenzierung zwischen den verschiedenen möglichkeiten autistischer zustände aus meiner perspektive wesentlich sinnvoller als die selbststilisierung zum diskriminierten opfer böswilliger ignoranten, auf die Ihre beiträge hinauslaufen.

und wo wir gerade dabei sind: wenn ich mir die verschiedenen medialen & öffentlichen versuche anschaue, die besonderheiten (klinischer) autistischer zustände zu vermitteln bzw. bekannt zu machen, so würde ich sagen, das ich gerade diesbezgl. keinesfalls eine grundsätzliche diskriminierung erkennen kann - höchstens eine, die sich als "positive" form bezeichnen ließe. die bekanntesten bücher oder filme zum thema zeichnen durchgehend ein bild, welches nicht zufällig (durch rückkoppelungseffekte) dem nahekommt, was ich zu hören bekomme, wenn ich in meiner näheren oder weiteren umgebung auf dieses blog und speziell den begriff autismus angesprochen werde:

etwas schrullig, zurückgezogen, exzentrisch, mitunter "genial", technikaffin, spezialisiert, sozial isoliert, freakig.

das sind i.d.r. die ersten assoziationen; weitere wie "behindert" folgen erst dahinter. jedenfalls kann ich selbst regelmässig keinerlei "ausgrenzungsbedürfnisse" wie die von Ihnen in völlig überzogener weise unterstellten feststellen, sondern eher ein grundsätzliches und auch wohlwollendes interesse an etwas dem eigenen leben - offenbar - sehr fremdes. gleichfalls ist das tatsächliche vorhandene wissen zum thema sehr beschränkt, bis dahin, dass mit dem begriff autismus überhaupt nichts angefangen werden kann. und letzteres ist auch der grund für mich zu sagen, dass ich mir nur in sehr, sehr seltenen ausnahmefällen überhaupt vorstellen kann, dass als autistisch diagnostizierte genau aus diesem grund diskriminiert, gemobbt oder sonstwie angegriffen werden. ich streite keinesfalls ab, dass menschen mit den "klassischen" (asperger-)autistischen zügen in verschiedensten sozialen situationen u.u. größere und auch bedrohliche probleme bekommen können - ich sehe bloß nicht, dass sie diese probleme "wegen autismus" bekommen, sondern eher wird aus den gleichen gründen gemobbt und bedroht, aus denen bspw. auch rassistische und sexistische angriffe entstehen: ein beliebiges "anderes" bzw. fremdes wird aus rudimentären wahrnehmungsfragmenten bezgl. hautfarbe, persönlichkeitszügen oder auch geschlecht konstruiert, um sich - meistens - in form einer halluzinierten gruppenidentität größer bzw. machtvoller zu fühlen.

was ich bezgl. solcher täterInnen denke, ist ebenfalls an vielen stellen im blog schon thema gewesen. u.a. auch meine schlußfolgerungen, ganz spezifische autistische zustände als wesentlich prägender wahrnehmungsmodus bei solchen leuten zu vermuten. eben vor dem hintergrund meines weiter oben geäusserten satzes von diesen zuständen als einer allgemein menschlichen option. und das bedeutet eben nicht automatisch, dass ich diese spezifischen (!) zustände auch generell und umstandslos allen leuten mit einer diagnose aus dem "offiziellen" autistischen
spektrum unterstellen würde, sondern es geht einfach darum, die möglichen folgerungen und implikationen, die heute aus der forschung bezgl. autistischer zutände ableitbar sind (und das bezieht allerdings durchaus auch forschungen ein, die Ihnen vielleicht nicht so ganz passen mögen), mit jenen gesellschaftlichen realitäten abzugleichen, die heute jeden empfindenen menschen belasten müssen - weil es einige indizien dafür gibt, hier ganz elementare zusammenhänge zu vermuten. und das ist nicht nur ein im sinne der von Ihnen neulich beschworenen meinungsfreiheit zulässiges unterfangen, sondern sogar ein aus meiner sicht ganz dringend notwendiges von einiger gesellschaftlicher relevanz. Sie müssen die daran interessierten übrigens für ziemlich beschränkt in ihren emotionalen und intellektuellen fähigkeiten halten, wenn Sie einen derartigen versuch wie hier mit dem ruf "diskriminierung!" als unzulässig darstellen wollen - wenn es "da draußen" bei einigen zeitgenossen an der nötigen differenzierungsfähigkeit fehlen mag und die tatsächlich etwas in den falschen hals bekommen sollten, dann ist das primär das problem von denen - und nicht das von mir oder anderen, die sich mit den gesellschaftlichen implikationen von autistischer wahrnehmung beschäftigen.

dann zur diskriminierung noch dieses: wenn Sie sich einmal die berichterstattung bezgl. autismus und - ich wähle das beispiel bewußt, da ich selbst einige jahre mit der diagnose herumgerannt bin - der borderline-ps anschauen, müsste Ihnen eigentlich so einiges auffallen - insbesondere der fakt, dass - und auch derartige berichte habe ich im blog zur genüge dokumentiert - bspw. grausame fälle von kindermord bzw. gewalt gegen kinder in monotoner regelmäßigkeit zu forensischen gutachten führen, in denen bezgl der täterInnen das wort "borderline" fällt. ebenfalls wäre in Ihrer logik die feststellung diskriminierend, dass ein hoher prozentsatz aller männlichen knastinsassen nicht nur in diesem land mit hoher wahrscheinlichkeit diese diagnose unsichtbar vor sich herträgt. ein unterschied zwischen uns ist nun, dass ich keinesfalls mit dem ruf "diskriminierung" ein faktisches denkverbot davor errichten möchte, sich möglichst genau mit den gründen und umständen des gehäuften vorkommens dieser diagnose bei wahrlich destruktiven bzw.antisozialen aktionen zu beschäftigen und auch aus ganz eigenem interesse mehr darüber zu wissen zu wollen. ein weiterer unterschied liegt darin begründet, dass Sie jede auch nur denkbare negative richtung der inhaltlichen definition des begriffes autismus abwehren, während ich die negativen implikationen der diagnose borderline zu einem großen teil durchaus begründet finde, und zwar auch aus meinem ganz eigenem erleben heraus. und diese implikationen haben - für mich - auch sehr wohl etwas mit den angesprochenen autistischen optionen im menschen zu tun. wie Sie sich aus dieser situation heraus dann eine wie auch immer beschaffene diskriminierung basteln, bleibt umso mehr ein geheimnis, je länger ich darüber nachdenke.

und zum schluß dieses teils noch etwas zur "überbevölkerung": der entsprechende diskurs ist regelmäßig ein rechter, und vernebelt die tatsache, dass auf einem bescheidenen, aber ausreichenden materiellem niveau der planet durchaus ein leben, welches diesen namen auch verdient, für die heutige anzahl von menschen ermöglichen würde - das würde allerdings den verlust primär des westlichen wohlstandsniveaus nach sich ziehen, und ist aus diesem grunde unpopulär. stattdessen werden eher mit rassistischen klischees vermixte schreckbilder von sich unkontrolliert vermehrenden andersfarbigen menschenmassen "da im süden" bemüht, um sich derart beruhigt in pseudoerklärungen zu flüchten, die die eigenen privilegien nicht anzutasten drohen. das Sie dann noch gar "die überbevölkerung" als alleinige ursache "allen übels" bezeichnen, ist eine von allen real gegebenen gesellschaftlichen realitäten so unbefleckte weltsicht, dass Sie sich in einer diskussion, bei denen Sie nichts weiter als derart reaktionäres zeug abgegeben hätten, als ernsthafter gesprächspartner disqualifiziert hätten. da wir uns aber hier in einem etwas anderen thematischen kontext befinden, nur noch das: wenn ein autist, der augenscheinlich faktisch die gesamte nichtautistische (bzw. nicht so diagnostizierte) menschheit derart negativ wahrnimmt, wie anfangs thematisiert, dann als quelle dieser negativität ("allen übels") offenbar die existenz zu vieler dieser ("nichtautistischen", denn Ihre mitgenossInnen sprechen Sie ja ausdrücklich in dieser hinsicht frei) menschen ansieht - dann, ja dann könnte das bei aufmerksamen mitleserInnen erst wirklich eine assoziation bzw. frage danach aufwerfen, wie es mit der von Ihnen immer wieder implizit beschworenen "besseren menschlichkeit" im offiziellen autistischen spektrum eigentlich real aussieht. oder, um es bewußt überspitzt(!) und polemisch auszudrücken: hatte womöglich der protagonist
dieser geschichte hier ein ähnliches weltbild wie Sie? (das Sie übrigens an anderer stelle in Ihren kommentaren explizit eine mögliche höhere beteiligung von (asperger-)autistischen betroffenen an sog. amok-taten einräumen und gleich auch sehr verständnisvoll als eine art notwehr-reaktion erklären, macht die sache keinesfalls besser).

*

da das ganze jetzt wieder mehr geworden ist als eigentlich vorgesehen, werde ich den zweiten punkt - die dissoziative art und weise Ihrer argumentation, die übrigens besonders deutlich in Ihren definitionen von ursachen und wesen "des" autismus deutlich wird - wieder verschieben müssen. ich hoffe, zum wochenende die nötige ruhe dafür zu finden. und bis dahin werde ich auch - aus der erfahrung beim letzten male heraus - die kommentarmöglichkeit hier direkt zum beitrag sperren. die fortsetzung wird durchaus direkte bezüge zum obigen besitzen; und vieles im kommenden teil erst recht verständlich - und umgekehrt - bei der ganzen betrachtung meiner position.

achja, bevor ich das vergesse: zum kommentar von "wizud" beim vorherigen beitrag, der in anderer form auch im gästebuch (nicht veröffentlicht) geschrieben wurde, nur das:

auch autisten blamieren sich offenbar, so gut sie können.

Sonntag, 29. Juni 2008

diskussion: zum verhältnis individueller (diagnostizierter) autismus - gesellschaftliche kollektive und individuelle autistische zustände

in den letzten tagen hat ein leser namens guru, selbst (asperger-)autist, wie ich den kommentaren entnehme, hier an verschiedenen stellen harsche kritik an dem im blog vertretenen autismus-begriff und seinen möglichen implikationen geübt. um diese diskussion übersichtlicher zu gestalten, mache ich einen eigenen beitrag dafür auf, auch weil es bei den aufgegriffenen themen inhaltlich zur sache geht. deshalb @guru und potenzielle andere: ich bitte darum, dass Sie zukünftige kommentare innerhalb dieses beitrags hinterlassen, schon weil das zusammensuchen an verschiedenen stellen einen größeren aufwand bedeutet. die von Ihnen gesuchte beitragsübersicht lässt sich übrigens in der menueleiste rechts unter dem punkt index finden.

*

um das ganze für interessierte leserInnen, die womöglich erst jetzt einsteigen, nachvollziehbarer zu machen, liste ich die bisherigen kommentare von guru jetzt in ihrer chronologischen folge auf:
eins , zwei , drei , vier , fünf , sechs , sieben , acht und neun .

eine
erste antwort meinerseits hatte ich auf kommentar fünf gegeben, gurus replik wiederum werde ich im folgenden zitierend beantworten.

*

bevor ich aber gleich damit beginne, scheint es mir angebracht, nochmals teile
dieses alten beitrages hier einleitend zu zitieren:

(...)1. was bedeutet eigentlich "autismuskritik"?

dieses wort ist eine spontane augenblickskreation und scheint mir bis auf weiteres als prägnante zusammenfassung das hauptthema dieses blogs am ehesten wiederzugeben - den versuch einer analyse und kritik diverser gesellschaftlicher phänomene, die mir in den letzten jahren zunehmend bedrohlich erscheinen - die folgen von direkter und struktureller gewalt auf die menschlichen fähigkeiten zum sozialen leben als basis jeder gesellschaft und kultur. der autismus, egal wie er definiert wird - als krankheit, als behinderung, und/oder als seinsweise - weist dabei strukturell am deutlichsten in seinen erscheinungsformen auf defekte hin, die sich meiner meinung nach auch in gesellschaftlichen bereichen wiederfinden lassen, die wir als "normal" zu betrachten uns angewöhnt haben.

2. ist es nicht unzulässig und auch diskriminierend für direkt betroffene, das attribut "autistisch" in zusammenhang bspw. mit kindsmorden, kriegen und allgemein soziopathischem verhalten zu benutzen?

eine berechtigte frage - zeit für eine klarstellung: mir ist schon klar, das autistische menschen heute i.d.r. selbst betroffen von vielfältiger stigmatisierung/ausgrenzung sind (das gilt z.t. übrigens auch für diejenigen, die die diagnose einer der hier öfter erwähnten persönlichkeitsstörungen mit sich herumschleppen, gerade borderline ). und gleichfalls sind als solche diagnostizierte autistische menschen in aller regel nicht an der mehrzahl der hier dokumentierten, teils extrem destruktiven verhaltensweisen, beteiligt. trotzdem scheint mir aus gründen, die in punkt 1 schon näher benannt wurden, das wort "autismus" als nicht nur als metapher begründet zu sein - vor allem dann, wenn man ( wie ich) von der these ausgeht, dass sich autistische züge und strukturen bei weitaus mehr menschen finden lassen als bei den immer noch relativ wenigen, die eine diagnose aus diesem spektrum "offiziell" tragen. dabei geht es vor allem um die grundsätzlichen möglichkeiten und defekte der menschlichen wahrnehmungsfähigkeiten, die als eine der wichtigsten voraussetzungen für das menschliche leben auch für jede gesellschaft und kultur eine entscheidende (und meistens völlig unterschätzte) rolle spielen. die krankheiten des autistischen spektrums weisen dabei am deutlichsten darauf hin, was wahrnehmungsstörungen und defekte für konsequenzen haben können. bei anderen diagnosen, v.a. aus dem bereich der persönlichkeitsstörungen, existieren hingegen recht weit verbreitete und gut dokumentierte materialien, die einen zusammenhang zwischen kulturellen und gesellschaftlichen entwicklungen, extrem destruktiven praktiken und bestimmten persönlichkeitsstörungen mehr als nur nahelegen.(...)


das nochmals zur erinnerung. und nun zur direkten debatte. die von guru zitierten teile meiner vorherigen antwort setze ich dabei zwecks unterscheidbarkeit in eckige klammern.

*

Dass Sie Erfahrungen mit psychiatrischen Diagnosen haben, tut mir sehr leid. Es scheint Ihrem Verstand ja nicht geschadet zu haben,

der sog. verstand oder die instrumentelle intelligenz ist in aller regel bei psychophyischen störungen nicht nur nicht geschädigt im konventionellen sinne, sondern diese fähigkeiten springen mit einiger wahrscheinlichkeit sogar kompensatorisch, wenn auch in unorthodoxer form, für die jeweils ausgefallenen fähigkeiten ein - das dürfte selbst für die "klassischen" psychosen gelten.

Konstruktivismus ist eine interessante Theorie, radikaler auch, besonders aus wahrnehmungstheoretischer Sicht. Die Realität wird konstruiert und es werden Zusammenhänge hergestellt, wo manchmal gar keine sind. Und ich finde, das passiert hier.

da die virtuelle "natur" des netzes grundsätzlich eine konstruktivistische ist, lässt sich dieser eindruck - und zwar egal, bei welchem thema - nicht vermeiden.

Verdinglichung ist auch ein spannendes Thema. Einem Menschen Gefühle abzusprechen heißt, ihm Menschsein abzusprechen, Tiersein, Teil der Natur sein. Es heißt, ihn zu einem Objekt zu machen. Das ist Verdinglichung oder habe ich was falsch verstanden?

ja, haben Sie. wenn auch haarscharf: verdinglichung ist das produkt von bestimmten wahrnehmungsmodi, die aus bestimmten gründen in bereichen auftreten - zwischenmenschlich/sozial und auch gegenüber tieren - , in denen sie hochgradig dysfunktional und destruktiv wirken müssen. diese wahrnehmungsmodi, die ich hier im blog unter das label objektivistisch gepackt habe, gehören zur menschlichen grundausstattung, und sind zur bewältigung des lebens bzw. der auseinandersetzung mit den nichtlebendigen teilen unserer umwelt unverzichtbar und nicht per se pathologisch. letzteres werden sie jedoch in diversen formen und ausprägungen immer dann, wenn das gestörte psychophysische gleichgewicht innerhalb eines menschen den objektivistischen modus in eine wahrnehmungsmäßige monopolposition gebracht hat. das hat erstens zur folge, dass sich der betroffene in einem gewissen sinne selbst, v.a. "seinen" körper, als objekt wahrnimmt, und zweitens diese art der wahrnehmung im gesamten sozialen bereich praktiziert. anders ließe sich das als weitgehender verlust der eigenen vollständigen subjektivität beschreiben, und das ist die vorbedingung dafür, auch bei anderen deren subjektivität nicht mehr wahrnehmen zu können. im schlimmsten fall wird dieser status dann noch mittels objektivistisch produzierter simulationen überspielt, um sich an die jeweiligen sozialen normen und verhaltenskodexe anzupassen - in einer art "reinform" bei den klassischen soziopathen zu beobachten.

und subjektive fähigkeiten/eigenarten wie gefühle werden eher nicht "abgesprochen", sondern können vom objektivistischen modus nicht wahrgenommen werden, bzw. werden als konstruiertes interpretiert, was aber eher einer projektion des eigenen funktionsmodus entspricht. und auch, wenn sich dieser ganze prozeß als eine art überlebens- und anpassungsstrategie (innerhalb antisozialer umweltbedingungen) verstehen lässt, bleibt das ganze grundsätzlich destruktiv - zumindest für andere, nicht unbedingt für den betroffenen selbst. wie letzteres dann konkret aussehen kann, zeigt ein
fallbeispiel .

Grundlegende soziale Fähigkeiten – was versteht man darunter? Ich möchte wohl behaupten, dass ich über grundlegende soziale Fähigkeiten verfüge. Mitunter bin ich etwas zu direkt und man sollte mich nicht nach meiner Meinung fragen, wenn man sie nicht hören will, aber grundsätzlich bin ich ein sozial sehr engagierter und feinfühliger Mensch und selbst wenn ich dies nicht wäre, bliebe ich ein Mensch wie jeder andere. Oder anders, wenn ich das nicht wäre, wäre ich wie die meisten anderen.

grundlegende soziale fähigkeiten sind zb.
empathie als umfassende subjektive fähigkeit, einen anderen menschen verstehen zu können. ebenso fällt die intuition darunter als fähigkeit, beliebige situationen spontan ganzheitlich korrekt und in einer tiefe wahrnehmen zu können, die "der verstand" aufgrund seiner funktionalen beschränkungen niemals erreichen kann - seine aufgabe ist eher die im besten falle realistische interpretation und synthese der wahrgenommenen informationen.

ohne die beiden genannten ist letztlich kein soziales leben denkbar, welches auf vertrauen, liebes- und kollektivfähigkeit basieren sollte. das es das bis heute nur in absoluten ausnahmen tut, hat auch damit zu tun, dass diese sozialen fähigkeiten bzw. ihre materiell-körperlichen voraussetzungen - die in den verlinkten beiträgen teils schon erwähnt sind;
spiegelneurone und propriozeption gehören u.a. dazu - in einem klassisch klinischen sinne geschädigt bzw. u.u. auch zerstört werden können. und wenn man nun so ein phänomen wie die verdinglichung umfassend begreifen will, ist es mehr als nur plausibel, die grundlagen eines solchen sozusagen entgleisten wahrnehmungsmodus´ eben in unserer absoluten biologischen basis zu suchen: dem körper (incl. hirn & nervensysteme), der wir sind.

da Sie sich ja vermutlich aus höchst eigenem interesse mit den diversen forschungen rund um den autismus beschäftigen, sind Ihnen vielleicht auch forschungen wie
diese bekannt, wo es um den zusammenhang zwischen gestörten spiegelneuronsystemen und autismus geht? was automatisch die frage nach der empathiefähigkeit bei autismus nach sich zieht. ebenso gibt es starke hinweise richtung störungen (im letzten teil des beitrags) der oben erwähnten propriozeptiven wahrnehmung bei autistischen menschen.

das läßt aus meiner sicht hinsichtlich Ihrer obigen behauptung bzw. selbstbeschreibung, die ich bezgl. Ihrer selbstwahrnehmung gar nicht in abrede stellen will bzw. kann, eigentlich nur zwei schlüsse zu - und jetzt werde ich sehr direkt und nicht um den heißen brei herumreden:

entweder ist Ihre (vermutliche) diagnose unzutreffend, oder aber Ihre selbstwahrnehmung beruht auf einem zugegebenermaßen extrem schwer zu erkennenden prozeß der verwechslung von authentischen sozialen fähigkeiten mit durch eine art lernprozeß herausgebildeten simulativen fähigkeiten, die sich bei Ihnen zwecks anpassung / überleben / funktionieren in einer sozialen umwelt geprägt haben. das wäre noch nichteinmal als manko zu betrachten, sondern lässt sich auch in einem bestimmten sinne als kreative lösung eines existenziellen problems ansehen. nur: qualitativ wäre Ihre art der wahrnehmung trotzdem etwas sehr anderes als das, was ich oben unter den sozialen fähigkeiten beschrieben habe. und ich muss Ihnen auch sagen, dass ich "soziales engagement" nicht als - hm, "beleg" für das vorhandensein bzw. nichtvorhandensein authentischer sozialität ansehen kann. sozial engagieren kann ich mich auch aus eiskaltem kalkül heraus, um bestimmte wirkungen zu erzielen, die mit altruistischen motivationen aber auch gar nix zu tun haben müssen - die marketing- und pr-abteilungen großer konzerne verbringen inzwischen einen großen teil ihrer zeit mit derlei als-ob-engagement. ebenso kann authentisch wirkendes soziales engagement ein teil des konstrukts einer beliebigen eigenen identität sein, welche ganz und gar simulativ daherkommen kann, aber eben als solche nicht bewusst sein muss.

wie gesagt, ich will Ihnen mit dem obigen nichts unterstellen, weise aber darauf hin, dass Sie durchaus die möglichkeit in betracht ziehen müssen, dass Ihnen Ihre selbstwahrnehmung hier einen streich spielt - was bei einer lebenslangen praxis desselben weder verwunderlich noch unverständlich wäre. denn genau durch (qualitative) veränderungen dieser sozialen fähigkeiten (und den konsequenzen) zeichnet sich der klassische autismus, jedenfalls nach allem, was ich bisher weiß, ja aus.

*

an dieser stelle möchte ich aus zeitlichen gründen unterbrechen. der rest der antwort kommt in einem update demnächst. ich würde es begrüßen, wenn bis zu diesem zweiten teil von kommentaren zum obigen abgesehen wird.

Montag, 3. Dezember 2007

weitere verschiebung

so, da ich einerseits auch diese woche wg. zuviel verschiedener arbeit nicht dazu kommen werde, die im letzten beitrag erwähnten texte zu schreiben, und andererseits zur bereits vorliegenden frage einer leserin im gästebuch hinsichtlich meiner meinung zu gemeinsamkeiten/unterschieden zwischen asperger-autismus und soziopathie nun noch eine ähnliche frage bezgl. asperger und alexithymie dazugekommen ist, möchte ich zur überbrückung einige alte beiträge empfehlen, aus denen meine eigene position zumindest teilweise schon herauszulesen ist - ein sicheres wissen zu diesen fragen lässt sich meiner kenntnis beim aktuellen forschungsstand eh nicht behaupten. allerdings lassen sich durchaus einige pfade im nebel ausmachen. hier also die links zu den beiträgen mit den inhalten alexithymie; (asperger-)autismus; soziopathie

Samstag, 26. Mai 2007

von "nationaler identität" als identitätskrücke - ein paar grundsätzliche anmerkungen

ein beitrag von quirinus zum thema globalisierung hat mich zu einer längeren antwort angeregt, die ich wg. ihrer für mich grundsätzlichen aussagen auch hier veröffentlichen möchte:

*

na, dann müssen wir uns mal wieder streiten:

"daß es nur im Interesse der internationalen Konzerne sei, die Nationalstaaten zu zerschlagen; daß also jeder Linke zumal hier in Deutschland, der Nationalstaat und National(sozial)ismus miteinander vermenge, sich wider Willen zum Diener derer mache, die er bekämpfe."

erstmal: es ist schlicht unmöglich, den nazismus ohne bezug auf die idee des nationalstaates zu verstehen. ganz im gegenteil haben hitler & co. das eigentliche wesen des nationalstaates als zwangskollektiv - und zwar auch (@"traditionslinke": aber nicht nur) im interesse des nationalen kapitals - so sehr auf den punkt gebracht, dass es eigentlich keine zweifel mehr über diese veranstaltung geben sollte.

das postulierte interesse an der "zerschlagung der nationalstaaten" seitens der multis (mal hypothetisch angenommen) basiert auf einer überaus pragmatischen überlegung: dass nämlich die staatlichen machtapparate momentan (noch) als einzige potenzielle instanz erscheinen, die ihrem treiben einhalt gebieten könnten - "könnten" deshalb, weil sich die weitaus meisten staatsapparate schon längst klar positioniert haben: auf seiten eben dieser multis.

ich bestreite dabei, dass ein staat nach heutigem verständnis überhaupt die einzig mögliche form darstellt, speziell mit dem außer rand und band geratenen kapitalismus fertigzuwerden, und allgemein für möglichst alle menschen lebenswerte und -freundliche verhältnisse zu garantieren. die form des staates (und zwar unabhängig von seiner jeweiligen struktur) als angeblich "überparteilicher" gewaltapparat überhaupt ist bereits der ausdruck einer letztlich überholten stufe der evolutionären entwicklung unserer spezies. und zwar deswegen, weil wir endlich kapieren müssen, dass diese ganzen halluzinierten und zwanghaften grenzziehungen namens "nation", "volk" und schlimmstenfalls sogar "rasse" immer nur identitätskrücken für in ihrer vollen authentischen subjektivität ernsthaft geschädigte menschen darstellen, also als produkt pathologischer bzw. im weitesten sinne traumatischer verhältnisse zu begreifen sind (in einem eingeschränkten sinne zähle ich auch die kategorie "klasse" dazu, zumindest wenn sie als quelle zwanghafter als-ob-identitäten - wie sie bspw. der sog. "reale sozialismus" gefördert hat - herhalten muss. ansonsten besitzt sie wesentlich mehr realistischen gehalt als die anderen genannten oben).

dazu kommt der aspekt, dass wir schlicht dazu verdammt sind, global zusammenzuarbeiten - die planetaren notwendigkeiten lassen schon seit langem jeden rückzug aufs "nationale" als schlichte realitätsverweigerung erscheinen.

eine volle authentische subjektivität bedeutet nun für mich, dass einerseits im innen (psychophysisch) und außen (soziale verhältnisse) der menschen der nötige freiraum für die entwicklung vielfältigster individualität vorhanden ist, die sich keinesfalls als gegenpol, sondern als bedingung für und eingebettet in das menschliche bedürfnis nach gesellschaft/sozialität begreift, und sich demnach zwanglose, aber verbindliche kollektive ausdrucksformen sucht und schafft -basiert auf freude, neugier, liebe, mitgefühl, schöpferischer kreativität sowie produktiver aggression und der fähigkeit, selbstbewußt sowohl eigene positonen entwickeln und vertreten zu können als auch eigene fehler und sackgassen wahrzunehmen, zu benennen und ändern zu können.

ich halte das nun keinesfalls für ein übertrieben positives und utopisches menschenbild, das ich hier vertrete, sondern für eine realitische option innerhalb der menschlichen möglichkeiten - unser unvermögen, uns dieser option nähern zu können, hat nachvollziehbare gründe in den letzten jahrtausenden, in denen wir gelernt haben, gerade die übelsten und pathologischten varianten des menschlichen lebens als "normalität" fehlwahrzunehmen. aber diese "normalität" ist alles andere als normal, wie ich u.a. durch mein blog aufzuzeigen versuche.

"der - ich wiederhole! gesunde Menschenverstand hat mir schon immer gesagt, daß all, die uns einreden wollen, es gebe keine nationale Identität, bewußt oder auch nur unbewußt Übles im Schilde führen: so wie einer, der uns einreden wollte, es gebe keine Ich-Identität."

naja, der "gesunde menschenverstand" kann dir auch ganz plausibel erzählen, dass die erde eine scheibe ist...

was bitte soll denn das sein, "nationale identität"? woran soll etwas so objektivistisches/konstruiertes (ganz im sinne von mertz) festgemacht werden?

ich habe mit den weitaus meisten leuten in diesem land soviel oder so wenig gemeinsam wie mit leuten in paris, detroit, lima oder sydney - der hauptunterschied liegt vielleicht noch in der sprache, aber sich daraus eine identität basteln zu wollen, halte ich für quatsch.

bezug auf "deutsche kultur"? auch hier: was soll das sein? goethe, schiller, beethoven etc.? einen zugang schaffe ich mir entweder aus meinen eigenen - individuellen - vorlieben heraus oder eben nicht. ich sehe weit und breit keinen grund dafür, warum ich - mit betontem bezug auf das angeblich "deutsch identitäre" - eine sinfonie von beethoven alleine aus diesem grund irgendwie "besser" oder "bedeutungsvoller" finden soll als einen spät-70er-funk von herbie hancock, einen jungle-track der 90er aus dem londoner underground oder detroit-techno alá carl craig. beethoven - genauso wie tangerine dream, um mal ein anderes "deutsches" beispiel anzuführen - kann mir in bestimmten situationen durchaus viel geben, aber das können auch die anderen genannten. und die "nationale" herkunft des jeweils schönen ist dabei aber sowas von egal, mir käme jeglicher versuch, daraus irgendwelche bezüge herzustellen, absurd vor. ähnliches gilt auch für bücher und filme, vermutlich überhaupt alle künstlerischen produktionen. wenn sie "gehaltvoll" sind, sind sie eigentlich auch immer in einem sehr positiven sinne - universell, global ansprechend, kosmopolitisch - nenn es wie du willst.

bezug auf die heimatregion? hier würde ich noch am ehesten folgen können, allerdings nicht mit irgendwelchen wiederum konstruierten und mythisch überhöhten bezügen auf "scholle" und "heimatboden" - sondern ganz realistisch-materiell auf ein zuhause-gefühl bezogen, wozu sekundär die schönen eigenarten der jeweiligen landschaft gehören. ich halte das aber nicht für etwas zwanghaftes, sondern meine erfahrung ist eher die, dass die jeweilige qualität des sozialen umfeldes - die heimat ist u.a. da, wo meine freundInnen sind - primär darüber bestimmt, wo "zuhause" ist. in diesem sinne kann ich mir auch durchaus andere orte vorstellen, die zum zuhause werden können. und die rauhe tiefebene, in der wir beide uns befinden ;-), hat für mich durchaus eine eigene schönheit - aber das haben auch noch sehr viele andere ecken auf dem planeten.

diese ecken nun als "deutschen" wald, "schottische" highlands, "norwegische" fjorde oder auch "brasilianischen" amazonas zu bezeichnen, ist lediglich eine schlechte und gefährliche gewohnheit, ja eine fatale verwechslung von "landkarte und territorium" (ich hoffe, dass diese metapher hier verständlich ist). in letzter konsequenz also eine bestimmte wahrnehmungsposition, die durchaus halluzinatorische qualitäten hat. es gibt schlicht und einfach kein realistisches merkmal, anhand dessen bspw. ein unterschied zwischem "deutschen" und "holländischen" rheinwasser nachvollziehbar wäre (und nein, ich meine jetzt nicht die unterschiedlichen einleitungen der chemischen industrie...).

diese angeblich "natürlichen" unterschiede bestehen schlicht "nur" in unseren köpfen/körpern, als objektivistische konstrukte mit sekundären emotionen. und da sind sie weder unveränderbar noch zufällig hineingeraten, sondern vermutlich eine konsequenz unserer bisherigen mörderischen gewohnheit, uns selbst das soziale leben zur hölle zu machen. oder anders, wie ich oben schon skizziert hatte: eine der vielen möglichen kompensationsversuche traumatischer erfahrungen.

die gleichsetzung von ich-identität mit "nationaler" fake-identität ist dabei besonders ärgerlich, weil letztere eigentlich immer erst dann zum vorschein kommt, wenn die erstere bereits schwer geschädigt ist.

*

nun noch kurz zum aspekt des gefährlichen: alle weiter oben aufgeführten pseudoidentitären kategorien arbeiten als typisch objektivistische konstrukte vor allem mit dem binären modus: DAS gehört zu "uns", DAS gehört NICHT zu "uns". "nationen" können sich mangels eigener realistischer inhalte nicht von selbst definieren, sondern tun das - und dazu reicht ein blick in die geschichte - immer in abgrenzung von "den fremden/anderen". und diese struktur ist bis heute verantwortlich für einige der destruktivsten exzesse der spezies - es ließe sich auch sagen, sie ist ausdruck einer "geisteskrankheit" (gell, schäuble).

und darum ist jedes reden von einer wie auch immer gefüllten positiven "nationalen identität" bewußt oder auch unbewußt immer auch ein portal für die einzigen, die von solchen diskursen tatsächlich profitieren: die nazis.

und zu dem punkt spare ich mir jetzt weitere worte und verweise einfach auf eine textsammlung, in der die versuchte verquickung von nötiger kapitalismuskritik einerseits und rechter globalisierungskritik mit ausdrücklichem bezug aufs "nationale" ausführlich dargestellt ist. die verwischung der absolut notwendigen grenze zwischen beidem musst du dir als vorwurf gefallen lassen.

Montag, 26. Februar 2007

diskussion: verhältnis borderline - autismus, thesen von j. e. mertz und anderes

ubu hat mir im gästebuch einige einträge hinterlassen, die ich mehrheitlich aufgrund ihrer inhaltlichen aussagen hierher verschiebe - sie bieten einen einstieg für alle interessierten in eine intensivere diskussion nicht nur vieler thesen von mertz.

*

"Mich hat ein Themenbündel interessiert, das man mit Begriffen wie Autismus, Als-Ob, Maschinenmensch, Psychopathen, Borderline, Simulation und ähnlichem kennzeichnen könnte, oder Stichwörter wie z.B. Komorbidität, Beziehungsstörungen, Traumata, hochstrittige Trennungen usw. Alles in allem sozialpsychologische Themen, etwas Persönlichkeitspsychologie oder differentielle Psychologie, auch philosophische Ansätze.

Habe zum Beispiel das Buch von Mertz auch sehr intensiv gelesen. So bin ich auch zuerst auf Deinen Blog gestoßen, wollte mal wissen, was er überhaupt für eine Rezeptionsgeschichte bekommen hat. Letztendlich aber offenbar so gut wie gar nichts angesichts eines solchen Buches."


yep, das "so gut wie gar nichts" teile ich. ich hatte früher schon mal kurz hier geschrieben, dass ich vor ein paar jahren deswegen den verlag angeschrieben hatte, um herauszufinden, ob die dort einen überblick zu den bisherigen rezensionen haben - aber sie konnten mir letztlich bis auf drei ausnahmen auch nur vom schweigen im (publizistischen) walde berichten. und das einige jahre nach dem erscheinen - für ein in einem fachverlag erschienenes buch zum thema borderline schlicht erstaunlich.

einen relativ "neuen" text, der sich ausführlicher auf etliches aus dem buch beruft, gibt es unter dem titel Erhöhter Grenzverkehr - Die Symbiose zwischen der Spätmoderne und dem Borderline-Syndrom. bezeichnend aber auch hier, dass der bezug aus einem nicht-psychiatrischen/psychologischen zusammenhang heraus stattfindet. zur bis heute fehlenden reaktion der sog. fachwelt kann ich mich nur nochmal selbst zitieren:

"dieses auffällige schweigen der fachwelt ist für mich - gerade im borderlinebereich, wo an sich jede veröffentlichung sehr bald von anderen professionellen kommentiert und rezensiert wird - inzwischen zwar einerseits verständlicher, stellt andererseits jedoch auch ein recht jämmerliches ausweichen dar - die thesen von mertz haben es wirklich in sich, dazu bringt er eine sehr scharfe kritik an der orthodoxen psychoanalyse sowie inspirierende beobachtungen zum westlich geprägten bewußtsein vor, ebenso einiges ketzerische zum geschlechterverhältnis - von der möglichen rolle der mütter bei psychischen störungen und der bedeutung der pränatalen phase nicht zu reden. viel explosives material also, um sich daran abzuarbeiten - aber stattdessen das erwähnte tiefe schweigen. und es geht dabei nicht um etwas beliebiges, was eigentlich egal ist - das buch kann für betroffene z.b. mit einer borderline-diagnose eine verheerende wirkung haben, und alleine schon deswegen wäre es eine sozusagen berufliche pflicht der überwiegend - in relation - hochbezahlten sog. professionellen, sich dazu zu äußern."(...)

vielleicht hast Du, ubu, mit deinen folgenden gedanken zu den möglichen gründen dieser ignoranz breits einiges benannt:

"Vielleicht ist es einfach zu schonungslos, zu mitleidlos, außerdem von der Sprache her selber etwas technoid wirkend und stellenweise redundant wie ein Zettelkasten, der noch nicht durchgeordnet ist. Und immer die seltsamen Überschriften plus 15 oder 30 Zeilen, dann wieder eine Passage, und so das ganze Buch. Die Thesen über "Hitlerismus" und "plötzlichen Kindstod" sind vielleicht auch etwas schrill geraten."

ich persönlich hatte mich schnell sowohl an die gewöhnungsbedürftige gliederung als auch die sprache (bei der er nebenbei gesagt mit seinem eigenen, im buch formulierten anspruch recht spektakulär gescheitert ist) gewöhnt - in diesem fall waren für mich die inhalte einfach so - hm, umstürzlerisch, dass ich eine primär formale kritik nicht besonders relevant finde.

mit deinem letzten satz hast du dazu zwei bereiche angesprochen, die tatsächlich problematisch sind: die thesen zu hitler sind in der form tatsächlich zu pauschal und zuwenig unterlegt - da hätte er sich zurückhalten oder aber genauer werden müssen. zum plötzlichen kindstod empfehle ich hingegen einmal eine recherche zur entsprechenden arbeit von arno gruen. das, was mir darüber bekannt ist, hat einen eigenen beitrag nötig - es geht dabei u.a. auch um die wirkung von selbsthilfegruppen im medizinischen bereich.

"Schon klar, daß dieses Buch nichts für die Zunft ist, auch weil Mertz so viel Fundamentalkritik übt - an den Manualen wie ICD und DSM, an der Psychoanalsye, an der überall fehlenden Unterscheidung von Authentizität und Simulation, usw. usf. - auch seine Beispiele sind ja nicht ohne - gerade angesichts borderline-artiger Helfer im Range von Psychiatern, Chefs usw."

ja. gerade der letztere punkt ist absolut heikel - ich weiß aus eigener erfahrung, dass seine aussagen diesbezgl. durchaus realitätsgetreu sind.

*

ich komme zum nächsten eintrag:

"Hallo Monoma, das Ganze hat mich nun so interessiert, daß ich noch etwas weiter gestöbert habe und nochmal das Gästebuch für einen Beitrag verwende.

Ich weiß nicht genau, von welchen Daten die Überlegungen zur Als-Ob-Persönlichkeit waren, die im Blog stehen. Jedenfalls interessiert mich dieses Thema auch sehr. Bei Mertz (und anderswo) fällt mir auf, daß er selber die Schwierigkeiten einräumt, Authentizität überhaupt zu beschreiben. Simulation kann man vielleicht noch eher entlarven, besonders über die Zeitschiene bei abrupten Wechseln (Beziehungsabbruch, rücksichtsloser Neuanfang, wie Mertz mal formuliert, Ortswechsel, viele Jobs usw.).

Was Authentizität dagegen ist, bleibt auch etwas diffus. Über den Körper hat man natürlich in gewisser Weise einen nicht hintergehbaren Zugang. Aber der Körper steht ja auch bei Borderlinern durchaus sehr im Zentrum. Man fragt sich also, wo eigentlich Authentisches verortet wird, denn es geht ja um mehr als nur um direktes "Lügen" oder "Schauspielern".


die schwierigkeiten mit dem begreifen dessen, was unter authentizität eigentlich verstanden werden kann / soll / muss, liegen aus meiner perspektive hauptsächlich darin begründet, dass wir uns in einer kultur befinden, deren mainstream aus diversen - und existenziellen - gründen nicht nur kein interesse daran hat, diesen seinszustand näher kennenzulernen sondern ihn sogar aktiv bekämpft - bekämpfen muss, da er die eigenen grundlagen zur implosion bringen könnte.

warum ich das finde, habe ich in vielen beitragen hier im- und explizit schon umrissen. und genaues wahrnehmen fördert eigentlich in so ziemlich allen gesellschaftlichen bereichen diesen zustand ans tageslicht. es reicht dafür bereits, sich mit den täglichen nachrichten zu beschäftigen.

deinen satz oben würde ich anders formulieren: der körper ist der nicht hintergehbare zugang, und er produziert durch seine "teile" gehirn / nervensysteme eben auch sämtliche phänomene der simulativen sphäre. was ja nicht das problem ist, sondern erst dann zum problem wird, wenn die hierarchie zwischen authentizität und simulation auf den kopf gestellt ist. die recht ausführliche theorie dazu bei mertz gehört für mich immer noch zum anregendsten, was ich jemals über das menschliche psychophysische funktionieren gelesen habe.

und das der körper zb. bei borderline-menschen auch "durchaus sehr im Zentrum" steht, widerspricht obigem meiner meinung nach nicht, sondern unterstützt bei genauer betrachtung dessen, wie der körper da im zentrum steht, eher noch die mertzschen aussagen.

ausgangspunkt ist dabei die konstellation "virtuelles ich" (als simuliertes produkt des objektivistischen modus) vs. "eigenem" körper - was dabei in der regel herauskommt, ist intrumentalisierendes und manipulatives verhalten auch sich selbst gegenüber. die exzentrische "körperlichkeit" im bl-kontext ist dabei imo unvermeidbar und auch mehrdimensional - einerseits verweist sie immer wieder auf das problem des wahrnehmungsmäßig "verlorenengegangenen" körpers (und damit auch eines kontinuierlichen sinngefühls), andererseits lässt sie sich in ihren bekanntesten formen - wie svv zb. - sowohl als versuch zur kompensation, zur kontrolle, aber auch zur "wiederaneignung" interpretieren.

beunruhigend finde ich dabei zunehmend, dass die "milderen" formen der obigen konstellation eigentlich den "normalzustand" für die meisten von uns ausmachen - deshalb bin ich der meinung, dass die phänomene, die du selbst ganz oben erwähnt hast, nur die spitze des eisbergs darstellen.

(ich bin dabei übrigens auch durchaus redundant, was das herumreiten auf diesen verhältnissen betrifft - aus zwei gründen: einmal, weil ich finde, dass das, was wir uns als "normalität" angewöhnt haben wahrzunehmen, immer am schwersten zu begreifen ist - zum anderen aber finde ich auch, dass diese struktur eine totalitäre realität im schlimmsten sinne hervorbringt, die bei näherer betrachtung an vielen ecken und enden auf ihren wahrscheinlichen ursprung verweist, oder doch zumindest auf ihr vielleicht wichtigstes funktionsprinzip.)

"Ich finde, die eleganteste "Lösung", auf die ich bisher stieß, gibt eigentlich Marsha M. Linehan mit ihrem Ansatz von der "Invalidierung" vor, damit wird im Übrigen auch eine bruchlose Kennzeichnung der Borderline-Traumatisierung möglich, entweder über direkte Gewalt, Traumata in der Biographie bzw., Familiengeschichte, Mißbrauch u.a., aber auch über chronische Invalidierung (deren stärkste Form wohl auch der Mißbrauch ist).

Dann wird auch klar, wie hier immer mehr des "Als-Ob" verstärkt wird, jede einzelne kleine Invalidierung von Tausenden (als Rückmeldung, daß etwas nicht stimmt, übertrieben sei, falsch empfunden ist, falsch geschlußfolgert usw.) gibt wieder einen kleinen Knacks beim Gegenüber in der eigen-gespürten Sphäre. Man ist dann nur auf der Ebene des "objektiven Kontrollbewußtseins" und argumentiert eh dauernd mit "richtig" oder "falsch" - aargh! Da bleib für Empathie wenig Platz, und es ist eigentlich klar, daß jemand diese Muster dann auch immer mehr übernimmt ("Selbstinvalidierung"). So hat man die 25% oder wie auch immer der Borderliner ohne Trauma-Erfahrung auch noch mit drin, als chronisch Invalidierte. Das Rechthaben ist dann Seuche und ständiger Herd für Ärger, Mißverständnisse und Dementis in der Biographie, die "Entfremdung", auch die Probleme, sich selber überhaupt gut einzuschätzen, bestehen ebenfalls."


interessant. wenn ich das richtig verstehe, wäre die chronische invalidisierung als synonym für kumulative traumata aunzusehen? ich habe mich - vielleicht aus ganz persönlich-erfahrungsmäßig herrührenden vorurteilen - bisher mit linehan nur sporadisch beschäftigt. der dbt stehe ich ziemlich skeptisch gegenüber. aber deine obige skizzierung der "als-ob-verstärkung" finde ich gerade recht spannend, weil ich die - meiner meinung nach vorhandenen - zusammenhänge zwischen trauma und simulation bisher noch recht nebulös wahrnehme.

"Wenig einleuchtend ist mir bisher bei Mertz der Gedanke der vorgeburtlichen Traumatisierung. Wie soll das konkret aussehen - daß die Mutter mit dem Embryo nicht spricht?, es über den Bauch streichelt?, oder sich zuviel Streß zumutet, raucht?, in lauten Umgebungen aufhält?, dadruch das Kind dauernd erschrickt, weil die Mutter auch hohes Adrenalin produziert? Hier bleibt Mertz für mich unangenehm vage-überzeugt."

was eher wieder am vorgehen von mertz liegt, teils zuwenig material anzuführen - die pränatalforschung hat handfeste ergebnisse aufzuweisen, und auch die möglichen wege pränataler traumatisierung sind heute zu einem großen teil sichtbar. eine zusammenfassung davon gibt´s bei lloyd deMause in seinem "emotionalen leben der nationen". weiteren lesestoff zb. hier, oder auch - speziell zum thema autismus - eine arbeit unter dem titel Prä- und perinatale Erfahrungen von Menschen mit autistischen Tendenzen (etwas herunterscrollen auf der seite).

"Eine wieder andere Frage wäre, wofür die autistische Ausprägung eigentlich in positiver Weise nützlich ist, ebenso welchen Nutzen die Ausprägung des Psychopathen hat, o.ä. Ich denke mir, evolutionär war beides potentiell für ein Kollektiv von sehr hohem Wert, denn die Autisten waren mit ihrer Hochfokussierung die Meister im Erkennen von Veränderungen, vielleicht auch im Erfinden, im Vertiefen von etwas Bestimmten. Solange nicht zuviele davon im Kollektiv auftraten, sondern nur ein Rand-Prozentsatz, konnte das sehr nützlich sein.

Ebenso nützlich scheint mir evolutionär gesehen auch ein gewisser Prozentsatz an einigermaßen gezähmten "Psychopathen" in der eigenen Gruppe, denn diese waren sicher oft überlebensfördernd für die Gruppe bei all' den Auseinandersetzungen und Gefahren. Sie konnten relativ angstfrei und schnell eingreifen, kämpfen und waren nicht von den Skrupeln der meisten befallen. Durchaus sehr nützlich! Als Vortrupp, als Kämpfer und Durchsetzungskräfte konnten sie sicher auch sehr viel Schutz ausüben. In der heutigen Moderne laufen solche Individuen immer Gefahr, als Auslaufmodell nicht mehr gebraucht zu werden - obwohl, ganz stimmt das ja auch nicht, vgl. auch die vielen Kriege des 20. Jhts., die ohne Psychopathen auch nicht so hätten funktionieren können (gewisse Mitleidlosigkeit, Angriffsschärfe, Gewaltausübung, oft (vermeintlich) zugunsten der eigenen Gruppe)."


hui. hattest du vor dem schreiben des obigen vielleicht schon kenntnis dieses beitrags? das ist ein sehr streitträchtiges thema, finde ich. wenn ich mal als beispiel für einen "positiven psychopathen" oskar schindler heranziehe - genau, den schindler - werden die obigen gedanken vielleicht konkreter. die wertung psychopath stammt dabei aus diesem text (achtung, .rtf-datei zum download) - und sie lässt sich vertreten, wie ich finde. angstfreiheit unter lebensbedrohlichen bedingungen als ein merkmal eines "psychopathischen" hirns ist ebenso vorhanden wie die damit verbundene suche nach dem "kick" emotional starker erlebnisse, den schindler bei seinen lebensrettenden unternehmungen unter täuschung der ss sehr genossen zu haben scheint. und eine identität - als retter - sprang dabei auch noch heraus.

ein problem dabei scheint mir aber darin zu liegen, dass ein solcher mensch - wie es mertz so schön formuliert hat - unter verschiedenen gesellschaftlichen bedingungen sowohl "ein bekannter moraltheologe als auch ein begnadeter folterer" werden könne - oder sogar widerspruchsfrei zwischen beiden rollen wechseln könnte.

"Mir tun manchmal die Leute, die heute als Psychopathen vor Gericht stehen, leid, wenn ich mir denke, was für eine begnadete Rolle sie in einer kriegerischen Horde vor 5000 Jahren vielleich gespielt hätten - eigentlich fungiert hier doch heute nur noch der Sport als Ersatzmöglichkeit zur Abfuhr, ansonsten laufen diese Persönlichkeiten heute bedauerlich leer und enden dann kriminell stigmatisiert, weil sich ihnen auch kein Rahmen für ihre "Fähigkeiten" anbietet."

ein anderes problem hingegen liegt für mich darin, dass derartige menschen heute eben unter umständen existieren, die eigentlich nur mittels kollektiver zusammenarbeit von primär authentizitätsfähigen menschen zu bewältigen sind. und darin können sie sich zum großteil eben nur destruktiv verhalten - die bestimmung des menschen als soziales wesen ist etwas, was einer autistischen und/oder soziopathischen struktur direkt zuwiderläuft. es sei denn, es herrschen eben grundsätzlich antisoziale verhältnisse, die objektivierung und verdinglichung als wahrnehmungsmodi bevorzugen.

also so wie heute. ich denke, dass die schlimmsten soziopathen (oder adäquat funktionierende personen) in ihrer mehrheit eben nicht nur nicht vor gericht landen - was am grundproblem dazu nichts ändern würde - sondern im gegenteil in relativen machtpositionen damit beschäftigt sind, das leben für milliarden von menschen unerträglich zu machen. mein mitleid hält sich also in grenzen.

"Wenn man so "evolutionär" weiterdenkt, lande ich bei der Vermutung, daß der Mensch als Generalist sowieso schon immer leicht in Nischen reinschlüpfen konnte und sich irgendwo anpassen konnte. Das ist keinesfalls nur eine simulativ-negative Wirkung, sondern in gewisser Weise absolut menschheits-konstitutiv. Zum Problem wird es eigentlich erst, wenn dieses Anpassungsphänomen so total ausgeformt ist, daß eine Person ständig hin- und herswitcht. Der Autist, der bei seinem Steckenpferd bleibt, hat ja sogesehen durchaus eine wiedererkennbare Identität qua Spezialhobby. Der Borderliner füllt dann, etwas anders in seiner Funktion, irgendwelche Lücken aus, die ihm die Gesellschaft heute bietet, und ist doch dabei auch ein hoher Gewinn für die schnelllebige Moderne. Schon wieder: wie nützlich, wie funktional! Mertz hat recht, wenn er sagt, daß das Manko sich nur privat-beziehungsmäßig auswirkt, ansonsten ist die völlige Anpassungsfähigkeit, ob in der Arktis oder Sahara, zutiefst menschlich und gerade typisch für die menschliche Entwicklung."

die "völlige anpassungsfähigkeit" wird aber bei dominanz grundsätzlich destruktiver verhältnisse in einer gesellschaft dann doch eher insgesamt zu einem suizidalen eigentor. nützlichkeit und funktionalität sollten nur in einigen, aber gerade nicht in den beziehungsaspekten des menschlichen lebens, eine große rolle spielen.
ich denke schon, dass ich verstehe, worauf Du hinauswillst - aber ich finde die tendenz Deiner aussagen zu - hm, positiv und in einem gewissen sinne auch relativierend.

*

auf zum dritten beitrag:

(...)"Hier noch ein paar Gedanken zu dem Autismus-Thema: ich glaube, daß Mertz sehr viel Wichtiges gesehen hat, an manchen Stellen könnte man seine Gedanken aber noch deutlich weiter ausdifferenzieren. Den Autismus einfach mit "Beziehungslosigkeit" gleichzusetzen, finde ich schon schwierig genug, zumindest auf intelligente Autisten (z.B. in der Definition der "Asperger") bezogen - diese haben zumindest zur Dingwelt oft Beziehungen von einer Bindungstiefe und Begeisterung, von denen der Durchschnitt der Bevölkerung nur träumen kann. Auch sind sie oft sehr "treu" in Bezug auf Standort, in Bezug auf ein paar wenige Freunde oder eben bei einem Spezialhobby."

okay, hier kommt es ganz darauf an, in welchem zusammenhang "beziehungslos" definiert wird. ich persönlich habe ein gewisses unbehagen dabei, bei verhältnisse zu toten(!) dingen von "beziehungen" zu reden - einfach aufgrund der gewaltigen unterschiede, die zu beziehungen unter menschen vorhanden sind. dazu lässt sich mit einigem recht davon reden, dass die von Dir genannten "beziehungen zur dingwelt" ja eher als ausdruck eines mangels als auch zur kompensation zu verstehen sind (ich weigere mich, die verbreitete tendenz mitzumachen, behinderungen hinweg zu definieren bzw. zu konstruieren. klar sind die gesellschaftlichen verhältnisse so zu gestalten, dass sie auch für menschen mit schweren einschränkungen gleich welcher art lebbar sind - aber nichtsdestotrotz gibt es gewisse einschränkungen, die deshalb nicht verschwinden - persönliche verluste, bei denen die betroffenen - wie ich finde - eher die nötigen räume zum trauern bekommen müssten, als darauf zu beharren, dass sie ja "nur anders" seien.)

Noch schwieriger wird es beim Simulationskriterium. Hier ist es gerade bei Autisten (Aspergern) oft genau andersrum als mertz es suggeriert: sie machen eine Mode gerade NICHT mit, oft als einzige sind sie völlig immun gegen solche "Simulations- und Vorzeige-Trends". Auch Hierarchien bedienen sie so gut wie gar nicht, können darin nicht mitsimulieren, sondern stören immer nur einen hierarchischen Betrieb. Wenn sie eine höhere Intelligenz-Ebene erreichen, ist ihr Leben oft viel unverwechselbarer als bei "normalen" Leuten, die sich umstandslos in irgendeine Firma oder irgendeine Berufsrolle einordnen können."

yep, da hast Du auch meiner wahrnehmung nach recht - bis auf den punkt, dass mertz eben das suggerieren würde: er redet beim "klassischen autismus", auch beim asperger-syndrom, ja eben vom simulationsunfähigen autismus. bekannte und gesellschaftlich in einem eingeschränkten sinne etablierte autistische menschen, wie zb. temple grandin, stellen hier in grenzen die ausnahme von der regel dar. es geht aber auch andersherum: je mehr eine gesellschaft insgesamt in ihrer sozialen basis beschädigt ist - also objektivierung/verdinglichung ebenso verbreitet sind wie die kompensatorischen als-ob-zustände - , desto weniger werden autistische menschen auffällig sein, jedenfalls gerade diejenigen, die wie die "intelligenten asperger" fähig sind, in nischen zu funktionieren.

vor dem obigen sehe ich ein problem bei mertz eher darin, dass er ungenügend differenziert: er macht zwar auf strukturelle ähnlichkeiten zwischen borderline, soziopathie und (asperger-)autismus aufmerksam - und zwar zurecht; beschäftigt sich aber nicht mit einigen wichtigen unterschieden, die durchaus vorhanden sind und zu teils sehr unterschiedlichem verhalten führen können.

"Es gibt dann auch Überschneidungen zwischen Aspergern und den wenig erforschten Sonderlingen und Eigenbrötlern, die man auch uner dem Begriff "Exzentriker" fassen könnte. Diese Exzentriker sind gesellschaftlich wahrscheinlich am wenigsten von allen ihren sämtlichen Mitgliedern"simulationsgefährdet" sie machen ja geradezu wesensmäßig alles immer anders als alle anderen, kreiieren einen einzigartigen Stil und lassen sich auch von den Meinungen anderer überhaupt nicht oder nur wenig beeinflussen."

ja, dieser aspekt geht bei ihm zu sehr unter. wobei mir hier folgende möglichkeit plausibel zu sein scheint: eine konstruierte als-ob-identität (ohne einfluß bzw. korrektur durch empathische fähigkeiten zb.) kann von ihren inhalten durchaus völlig konträr zum herrschenden mainstream sein, bleibt aber dennoch eine fake-identität, die dann u.u. wegen ihrer "originalität" und exzentrik sogar sehr erfolgreich werden kann. wesentlich scheinen mir in solchen fällen die sozialen (un-)fähigkeiten zu sein. und in diesem zusammenhang skizziert mertz ja eine variante, über deren mögliche konsequenzen ich mir bis heute noch nicht so recht im klaren bin: nämlich sein modell einer eigentlich psychophysisch sehr gesunden persönlichkeit, die aber aufgrund der gesellschaftlichen verhältnisse dazu gezwungen ist, gegen die als-ob-sozialen normen und gesetze des mainstreams regelmäßig zu verstoßen - eine authentische als-ob-soziopathie sozusagen, bei der die soziopathie erst aufgrund der herrschenden definitionen entstehen würde (tendenzen dazu sind zb. dort sichtbar, wo politische opposition derart psychiatrisiert wird).

gleichfalls ist zu bedenken, dass die simulationen von sozialem leben innerhalb großer bereiche der gesellschaft ebenfalls für authentizitätsfähige menschen eher belanglos und abstoßend sein können, mit der folge eines sozialen rückzuges bis hin zu symptomen von isolation - ein als-ob-autistisches verhalten.

ich hoffe, es wird deutlich, worauf ich hinauswill: eine konfusion allererster qualität nämlich, die sich eigentlich nur mit klaren und handfesten definitionen von authentizität und simulation lösen lässt

"Insofern ist im autistischen Kontinuum keinesfalls nur ein "Imitieren" auf niederem Niveau zu sehen. Es ist sicher kein Zufall, daß so viele Künstler und Wissenschaftler durchaus autistische Züge haben, das heißt auch: sie sind sehr auf sich selber konzentriert, und sie können über lange Zeit einen Gedanken fokussieren, der sie interessiert. Sie sind in gewisser Weise autark. Bezüge sehe ich dann auch im Übergang zum schizoiden Typus, von dem schon Riemann sagte: "sie feiern innere Feste, bei unbewegter äußerer Fassade!"

wobei ich nicht finde, dass diese autarkie in einem realen sinne vorhanden ist. sie ist fiktiv, und vielleicht wäre die menscheit insgesamt besser dran, wenn es nicht soviel derartige genialität geben würde.

"Diese unverwechselbaren Seiten der autistischen Lebensverfaßtheit betont Mertz viel zu wenig, weil er den Autismus in erster Linie als unterste psychopathologische Ebene sieht, auf der er dann den "Borderline-Autisten" als nächsthöhere Ebene setzt. Borderline funktioniert aber - trotz vieler Berührungspunkte zum Autismus - in wesentlichen Bereichen gänzlich anders.

Bei Borderline könnten letztendlich sogar schwächere "Ich's" wirksam sein als bei einem stabilen Autisten, der auf Asperger-Niveau agieren kann. Einige der Borderline-Probleme hat dieser Autist ja gar nicht. Er schlägt z.B. nicht im Nähe- und Distanzbereich wie eine "Flipperkugel" hin und her, dies ist aber das Schicksal des Borderliners. Der Autist ruht in vielen Fällen sehr selbstgenügsam, vielleicht sogar asketisch zufrieden, in sich selbst, ausgelastet mit seinem reichen Innenleben. Dagegen fühlt der Borderliner, wenn er allein ist, oft nur Leere, ist eigentlich für sich als primär "symbiotisches Individuum" gar nicht lebensfähig - der Autist auf höherem Niveau kann aber genau das gerade besonders gut und wünscht es oft auch gar nicht anders."


von der beschreibung her zutreffend, wie ich finde. allerdings führt mertz nach meinem verständnis die typischen positivistischen bl-symptome ja zu einem großteil auf die probleme zurück, die sich durch sozusagen ungenügende bzw. unangepasste simulationen ergeben - wer gemäß der herrschenden normen simulieren kann, fällt nach dem orthodoxem verständnis eben aus dem raster "krank" heraus - obwohl oder gerade weil eine solche person völlig beziehungsunfähig sein kann.

"Hier finde ich Mertz deswegen nicht sorgfältig genug in der Binnendifferenzierung. Freilich hat Mertz gerade, was Borderline betrifft, unglaublich viele hochzutreffende Feststellungen in seinem Buch, ja vielleicht ist es sogar neben Linehan und einigen anderen Quellen eine der besten theoretischen Grundlagen zum Verständnis überhaupt. Was ich nicht ganz verstehe, ist höchstens, wieso sich das Buch von Mertz für mich so stark nach einer "Abrechnung" mit dem Borderline-Komplex anfühlt."

naja, hier lässt sich nur spekulieren: als therapeut dürfte er vielleicht ähnliche erfahrungen wie viele andere therapeutInnen auch mit borderline gemacht haben - nur spricht er seine gedanken dazu aus und lässt auch seine schlechten emotionen zu, während das andere aus gründen einer in diesem fall nicht hilfreichen therapeutischen "neutralität" und einer quasi "political correctness" eben nicht tun.

das lässt sich auch kritisieren, während vielleicht die bei ihm thematisierte mögliche gesellschaftliche bedeutung von borderline und deren weitgehende ignoranz seitens vieler "professioneller" es eher nötig erscheinen lassen, auf rücksichtnahme zu verzichten. ich habe das buch selbst während einer phase kennengelernt, in der ich die noch "offiziell" als borderline klassifiziert gewesen bin - angenehm war das nicht, aber letztlich hat mich das zu einer qualitativ ganz anderen auseinandersetzung mit dem thema und auch mir selbst gezwungen.

"Beim Lesen hatte ich oft das Gefühl, daß Mertz das Leid der Borderliner merkwürdig weg-erklärt. Daß bis zu 10 % aller Borderliner sich schließlich suizidieren, erwähnt er angesichts seiner sonstigen Redundanz kaum, daß viele Borderliner ihr Leben dauernd als "unerträglich" wahrnehmen, scheint ihn nicht so sehr zu berühren, wie es z.B. bei Linehan ersichtlich ist, die von Individuen "ohne gefühlsmäßige Haut" spricht, analog zu Verbrennungsopfern - was ich viel realistischer finde schon angesichts der vielen Suizidanwandlungen von Borderlinern (= höchste Verzweiflungsstufe überhaupt). Hat Mertz sich durch irgendeinen Trick, hier vielleicht durch seinen eigenen sehr sezierenden, dadurch fast autismus-typischen Blick vom Mitgefühl absentiert, also zurückgezogen und abgewendet?"

erwähnen tut er beides ja schon, warnt aber vor zuviel authentischem mitgefühl - suizide bzw. deren androhungen zb. können (!) eben auch durchaus in erpresserischer / manipulativer absicht eingesetzt werden. es ist und bleibt ein eiertanz bei diesen themen.

ein paar kritikpunkte meinerseits noch hinterher: was mir völlig fehlt, ist das thema der dissoziation, die meiner meinung nach theoretisch immerhin eine alternative zum "als-ob-modell" bilden könnte (darauf werde ich in der traumareihe hier noch zu sprechen kommen). und überhaupt, das wissen der psychotraumatologie und gerade die diesbezgl. auseinandersetzungen mit und in der borderline-forschung tauchen bei ihm fast nicht auf - so fehlt auch der aspekt der "vertuschungsdiagnose", den ich persönlich in vielen mir bekannten bl-"fällen" im hintergrund sehe.

"So viel wieder ein paar Gedanken, spontan runtergetippt. Viele Grüße und vielleicht noch weitere spannende Gedanken-Austäusche später! Ubu"

dito, dito und dito ;-)

finde deine beiträge sehr inspirierend, und vielleicht haben ja noch andere mertz-leserInnen (und nicht nur die) lust, sich hier einzuklinken.

Montag, 15. Januar 2007

"sag mir, wo du stehst..."

"eine bestimmte richtung der psychoanalyse" - so hatte mich che in einer diskussion bei ihm drüben hinsichtlich meiner favorisierten inhalte versucht, zu "klassifizieren". ich habe dem widersprochen, und reiche nun - nicht nur für ihn, sondern auch für andere interessierte - meine diesbzgl. selbsteinschätzung nach.

*

eigentlich könnte ich es mir dabei einfach machen, und lediglich auf die literaturliste in der sidebar rechts verweisen - dort finden sich eigentlich schon (fast) alle theoretischen ansätze, von denen ich mich selbst als beeinflusst bezeichnen würde:
  • psychotraumatologie (gerade deren ausdrücklich auch in richtung politisch-sozialer hintergründe argumentierende vertreterInnen wie bspw. judith herman)
  • psychohistorie (lloyd deMause)
  • unkonventionelle psychophysische modelle (hier wäre j. erik mertz ein beispiel; ebenso einige ansätze von wilhelm reich)
  • unorthodoxe psychoanalyse (arno gruen, tilmann moser, ebenfalls wieder einige ansätze von reich. ebenso klaus theweleit)
  • neurologie / hirnforschung (antonio damasio, joachim bauer)
es ist dabei so, dass ich mich mit keiner "richtung" alleine völlig einverstanden erklären würde bzw. könnte - eher sehe ich sie als ergänzend an, auch und gerade in ihren widersprüchen untereinander. die letzteren sollten dabei an etlichen stellen im blog schon oft deutlich geworden sein - etwa die tendenz der psychotraumatologie, die seite der opfer in der täter-opfer-dialektik zu sehr in vordergrund zu stellen - eine zwar verständliche vorgehensweise, die aber nichtsdestotrotz den blick auf eine ganz fatale mögliche folge von psychotraumata schwer vernebeln kann. zur psychohistorie wäre zu sagen, dass ich da die vernachlässigung von traumata im erwachsenenleben kritisch sehe, und ebenso mit einigen - aus der psychoanalyse (pa) entstammenden erklärungsmodellen von deMause so meine probleme habe. letzteres gilt auch bei arno gruen.

andererseits finde ich die kritik an der orthodoxen pa seitens von mertz sehr inspirierend, während er mir zugleich zu wenig konsequenzen aus der traumageschichte bzw. der heutigen psychotraumatologie zieht. und so könnte ich bei allen genannten für mich positive und negative aspekte benennen, die mir eine generelle zuordnung zu irgendeiner "strömung" mehr oder weniger nicht ermöglichen.

ich finde das aber auch keinesfalls irgendwie bedauerlich oder ein manko.

Sonntag, 29. Januar 2006

fragen und antworten zu bestimmten begriffen und definitionen

eine art "faq" ist es, die mir hier vorschwebt - ausgelöst durch konkrete fragen zu diesem blog, sowohl in virtuellen als auch "real-life"-zusammenhängen. ich werde versuchen, mich hier möglichst kurz zu fassen (was bei der komplexität etlicher themen wirklich eine herausforderung ist). mit der zeit könnte so eine art index entstehen. fragen und anmerkungen Ihrer- bzw- eurerseits sind natürlich willkommen und erwünscht. bitte hier keine inhaltlichen diskussionen zu bestimmten beiträgen führen - die sollten nach wie vor unter den jeweiligen artikeln stattfinden.

***

1. was bedeutet eigentlich "autismuskritik"?

dieses wort ist eine spontane augenblickskreation und scheint mir bis auf weiteres als prägnante zusammenfassung das hauptthema dieses blogs am ehesten wiederzugeben - den versuch einer analyse und kritik diverser gesellschaftlicher
phänomene , die mir in den letzten jahren zunehmend bedrohlich erscheinen - die folgen von direkter und struktureller gewalt auf die menschlichen fähigkeiten zum sozialen leben als basis jeder gesellschaft und kultur. der autismus, egal wie er definiert wird - als krankheit, als behinderung, und/oder als seinsweise - weist dabei strukturell am deutlichsten in seinen erscheinungsformen auf defekte hin, die sich meiner meinung nach auch in gesellschaftlichen bereichen wiederfinden lassen, die wir als "normal" zu betrachten uns angewöhnt haben.

2. ist es nicht unzulässig und auch diskriminierend für direkt betroffene, das attribut "autistisch" in zusammenhang bspw. mit kindsmorden, kriegen und allgemein soziopathischem verhalten zu benutzen?

eine berechtigte frage - zeit für eine klarstellung: mir ist schon klar, das autistische menschen heute i.d.r. selbst betroffen von vielfältiger stigmatisierung/ausgrenzung sind (das gilt z.t. übrigens auch für diejenigen, die die diagnose einer der hier öfter erwähnten persönlichkeitsstörungen mit sich herumschleppen, gerade
borderline ). und gleichfalls sind als solche diagnostizierte autistische menschen in aller regel nicht an der mehrzahl der hier dokumentierten, teils extrem destruktiven verhaltensweisen, beteiligt. trotzdem scheint mir aus gründen, die in punkt 1 schon näher benannt wurden, das wort "autismus" als nicht nur als metapher begründet zu sein - vor allem dann, wenn man ( wie ich) von der these ausgeht, dass sich autistische züge und strukturen bei weitaus mehr menschen finden lassen als bei den immer noch relativ wenigen, die eine diagnose aus diesem spektrum "offiziell" tragen. dabei geht es vor allem um die grundsätzlichen möglichkeiten und defekte der menschlichen wahrnehmungsfähigkeiten, die als eine der wichtigsten voraussetzungen für das menschliche leben auch für jede gesellschaft und kultur eine entscheidende (und meistens völlig unterschätzte) rolle spielen. die krankheiten des autistischen spektrums weisen dabei am deutlichsten darauf hin, was wahrnehmungsstörungen und defekte für konsequenzen haben können. bei anderen diagnosen, v.a. aus dem bereich der persönlichkeitsstörungen, existieren hingegen recht weit verbreitete und gut dokumentierte materialien, die einen zusammenhang zwischen kulturellen und gesellschaftlichen entwicklungen, extrem destruktiven praktiken und bestimmten persönlichkeitsstörungen mehr als nur nahelegen.
in der frage von kultur- und gesellschaftskritik bin ich übrigens bei weitem nicht der erste, der das wort "autismus" als prägnante metapher benutzt - neben einigen im blog bereits erwähnten buchtiteln sei hier zb. auf diesen text verwiesen. (der ehemals hinterlegte link hat sich im laufe der jahre offensichtlich ins nirvana verflüchtigt, anmerkung juni 2010 - aber wer selbst sucht, findet durchaus weitere beispiele für das genannte.)

3. was bedeutet "psychophysisch"?

ich benutze es hier oft an stellen, an denen ich noch vor einiger zeit die worte "psychologisch" bzw. "psychosomatisch" gebraucht hätte. im gegensatz zu den beiden gerade genannten begriffen finde ich es wesentlich präziser, weil der körperlich-materielle aspekt aller "psychischen", "mentalen", "geistigen" vorgänge so deutlicher herausgestellt wird. die trennung zwischen körper und psyche ist nach meinem verständnis bereits ausdruck einer langen und schlechten tradition fragmentierender, d.h. spaltender (selbst-)wahrnehmung. diese trennung ist nach aktuellem wissensstand sachlich in keiner weise gerechtfertigt - jede bekannte psychische aktivität ist auch eine körperliche aktivität. ausführlicher ist das letztere in
diesem beitrag beschrieben.
den begriff selbst habe ich übrigens über die arbeiten von klaus theweleit das erste mal kennengelernt.

4. was ist mit dem "objektivistischen modus" gemeint? (auch: "konstruktivistisches ich"?)

das "konstruktivistische ich" ist ein modell, welches ich dem theoretischen ansatz des psychologen j.e. mertz entnommen habe, den er in seinem borderline-buch (literaturliste) vorstellt. ich benutze den begriff "objektivistischer modus" lieber, weil er imo deutlicher macht, dass es sich um eine mögliche psychophysische funktionsweise handelt, die allen menschen zugänglich und für das leben im allgemeinen an vielen stellen auch nützlich ist - allerdings nicht im bereich zwischenmenschlicher beziehungen. mertz benutzt das konstruktivistische ich als eine art metapher für eine strukturell autistische existenz, und da erscheint das wort "ich" auch als totalität berechtigt. der objektivistische modus jedoch lässt sich auch bei menschen als problem sehen, die zwar nicht strukturell, jedoch funktionell in einem autistischen modus agieren - und zwar im sozialen bereich.
mehr in diesen beiträgen:
hier, hier und dem oben verlinkten autismus-beitrag.

5. was ist eigentlich psychohistorie?

im allgemeinen die anwendung psychologischer / psychiatrischer / psychoanalytischer thesen und instrumente auf die geschichte - die hier erwähnte hitler-biographie z.b. wird von den autoren als psychohistorisches vorhaben bezeichnet; auch
dieses buch eines "konventionellen" historikers wäre demnach als eine zumindest z.t. psychohistorische arbeit zu sehen. wobei hier eine andere fragestellung deutlicher wird: wie und wie stark wirken psychophysische phänomene und gar psychiatrische krankheitsbilder in der geschichte? unter diesem aspekt ergeben sich fließende grenzen zur psychiatriegeschichte. ebenfalls als psychohistorisch dürften all jene arbeiten anzusehen sein, die sich mit den folgen von 2. weltkrieg und holocaust auf die überlebenden sowie die nachfolgenden generationen befassen.

im engeren sinne wird darunter ein eigener, primär von lloyd deMause begründeter, wissenschaftlicher ansatz verstanden - die psychogene geschichtstheorie:

"Die psychogene Geschichtstheorie ist eine wissenschaftliche, empirische, falsizierbare Theorie, basierend auf einem Modell, das mit kollektiven Wiederaufführungen dissoziierter Erinnerungen früher Traumata zu tun hat, deren Inhalte sich durch die Evolution der Kindheit ändern. Sie basiert auf den Schlußfolgerungen klinischer Psychologie, wonach der psychische Inhalt durch frühe emotionale Beziehungen organisiert ist, sodaß die psychische Struktur durch den schmalen Trichter der Kindheit von Generation zu Generation weitergegeben wird.

Folglich sind die gesellschaftlichen Praktiken der Kindeserziehung nicht nur ein Bestandteil kultureller Eigenschaften, sondern genau die Bedingung für die Übertragung und Entwicklung aller kulturellen Elemente. Die Kindeserziehung ist der springende Punkt, weil sie die emotionale Struktur organisiert, welche die Übertragung jeglicher Kultur determiniert und definitive Grenzen dafür setzt, was von einer Gesellschaft erreicht werden kann. Spezifische Kindheiten erhalten spezifische kulturelle Eigenschaften, und wenn diese frühen Erfahrungen nicht länger vorkommen, verschwindet die Eigenschaft oder wird modifiziert.

Es ist die erste Sozialtheorie, die Liebe als den zentralen Mechanismus für historische Veränderungen postuliert, weil klinische Wissenschaften gezeigt haben, das Liebe die Individuation hervorbringt, die für menschliche Innovation gebraucht wird - das heißt, für kulturelle Evolution.

Die Theorie wird `psychogen´ genannt anstatt `ökonomisch´ oder `politisch´, weil sie den Menschen mehr als *Homo relatens* denn als *Homo oeconomicus* oder *Homo politicus* betrachtet - das heißt, mehr auf der Suche nach Beziehungen und Liebe als nach Geld und Macht. Die Theorie betrachtet sich entwickelnde *Psychoklassen* - kollektive Kindeserziehungsmodi -, die für das Verstehen von Geschichte maßgeblicher sind als ökonomische oder soziale Klassen, zumal die politische Geschichte hauptsächlich entlang der Linien von Kindeserziehungsmodi ausgefochten wird, wobei eine zunehmende strafende Kindeserziehung umso strafendere politische Verhaltensweisen hervorbringt. (...)"

( de Mause, zitiert nach
Das emotionale Leben der Nationen , s. 75)

soweit deMause selbst zu seinem ansatz - mir war die psychohistorie in auschnitten schon länger bekannt, jedoch hat erst die letzte veröffentlichung - aus der eben das zitat stammt - mir die breite und tiefe des ansatzes erschlossen. einige kritikpunkte habe ich in der rezension schon angesprochen, andere sind in dieser
kritik enthalten, wobei ich die dort vorgebrachten argumente z.t. als widerlegt betrachte, z.t. als pure behauptungen - das lässt sich bereits mit dem ersten absatz zeigen:

"Psychohistorie ist eine Pseudowissenschaft, die auf der Anwendung der Psychoanalyse auf die Lebensbeschreibungen bereits verstorbener Menschen beruht. Sigmund Freud bezeichnete diese Methodologie als "Biographik". Einer der Kernpunkte der Psychohistorie ist die Theorie von frühkindlichen (meist sexuellen) Traumen als unbewusst wirkende Auslöser seelischer und körperlicher Probleme im Erwachsenenleben."

erstens: es geht keinesfalls nur um "bereits verstorbene" menschen, sondern es lassen sich bspw. aus der fälle der auch hier im blog dokumentierten infantizidalen handlungen und ihren entstehungsbedingungen bzw. konsequenzen durchaus rückschlüsse ziehen, was das leben bereits sehr lange verstorbener menschen anbelangt ( es sei denn, man will eine grundsätzliche strukturelle psychophysische unterschiedlichkeit zu uns heute lebenden postulieren). ebenfalls lassen sich bei historischen persönlichkeiten, wenn denn genügend zeitgenössische berichte sowie materialien und arbeiten der betreffenden selbst vorliegen, mit einiger vorsicht durchaus rückschlüsse auf die psychophysische verfassung der person(en) ziehen.

zweitens: inzwischen werden einige wesentliche grundannahmen der psychohistorie vom rasch zunehmenden wissen über das funktionieren, die entstehungsbedingungen sowie die konsequenzen von psychotrauamata gestützt - und so beginnen denn folglich in der psychotraumatologie selbst einige in der forschung involvierte, den blick in andere bereiche zu richten. ebenfalls trägt die pränatalforschung einiges an wissen bei.

drittens: keinesfalls geht es um "meist sexuelle" traumata, sondern um gewalt in all ihren formen. und die sexualisierten (und nicht "sexuellen") formen stellen dabei nur einen, allerdings auch häufigen, teil dar.

viertens aber ist der verweis auf eine angeblich mangelnde "reputation" bereits etwas, wo es nicht mehr um eine inhaltliche auseinandersetzung geht, sondern um unglaubwürdigmachung. mithin selbst als unwissenschaftlich zu betrachten. wer sich in der wissenschaftsgeschichte etwas auskennt, wird gerade um die bedeutung vieler - nicht aller - beiträge sog. dissidenten bzw. außenseiter wissen - gerade in psychiatrie und psychoanalyse. wilhelm reich ist hier als pionier der körperpsychotherapie nur ein beispiel. in kontext dieses blogs wären ebenso arno gruen, alice miller, selbst theweleit zu nennen - und mertz sowieso.
kurz: an relevanter kritik sehe ich einzig den vorwurf, zu eng auf einen einzigen punkt - wie es deMause mit der behandlung von kindrn tut - zu focussieren. weder sehe ich eine allgemeine ablehnung psychoanalytischer ansätze (an deren gerade "orthodoxer" prägung berechtigt viel zu kritisieren ist) als plausibel an, noch eine "beschränkung auf individualpsycholgische ansätze" als berechtigt - es geht gerade darum, den großteils mechanistisch arbeitenden und abstrahierenden sozialwissenschaften eine wesentliche erweiterung des eigenen blicks zuzumuten.

und die unsachlichen kritikpunte an der psychohistorie scheinen mir z.t. aus motiven zu kommen, die den kritisierenden selbst nicht klar zu seinen scheinen:

"Was besonders übel an deMauses Psychohistorie aufstößt, ist die Abstempelung der überwiegenden Mehrzahl der (toten und lebenden) Eltern als kinderschändende Verbrecher."

wenn die historischen fakten eine deutliche sprache sprechen, geht es nicht um "abstempelung", sondern um verständnis - und das ist keine akzeptanz. verständnis hingegen ist wichtig, um zu begreifen, was uns als menschen eigentlich prägt.
moralische urteile und empörung wie die obige sind dabei keinesfalls eine hilfe.

*

mir erscheinen bei deMause hingegen die nichtberücksichtigung von traumata im erwachsenen leben - z.b durch kriege, aber auch die "normale" soziale gewalt - und ihre rückkoppelungen im sozialen umfeld, auch auf kinder; sowie der möglichen autismusgenese mit ihren schwerwiegenden konsequenzen, wie sie zb. von mertz dargestellt wird, als zentrale vorläufige kritikpunkte.

*

- wird fortgesetzt -

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