demon driver - 28. Jul, 09:05

"Rücktrittsforderungen als Massenbewegung... und Ablenkung von Verantwortung"

http://www.heise.de/tp/pdanews/33041.html

Nicht viel Neues gegenüber dem hier bereits Zusammengetragenen, aber als Ergänzung vielleicht doch noch ein bisschen interessant.

Meine Gesamteinschätzung bisher: der ganz normale Wahnsinn, SNAFU (i. S. v. R. A. Wilson), kommerzielle und politische Interessen führen zur Missachtung von Sicherheitserfordernissen, und wenn dann was schief geht, geht es richtig schief.

Insofern sehe ich auch durchaus eine Parallele zum Golf von Mexiko (wenn man sich einmal nur die Zahl menschlicher Opfer ansähe, wäre die übrigens in beiden Fällen quasi gleich), in beiden Fällen ist das gleiche Prinzip, oder, wie Wednesday natürlich richtig andeutet, dasselbe System am Wirken.

Und solange das Prinzip mit den ihm nachgeordneten Hierarchien die Welt beherrscht und sich gleichzeitig krisenhaft immer nur noch weiter verschärft, werden wir uns in zunehmender Frequenz auf weitere Katastrophen dieser und jedder anderen Art einstellen dürfen, egal wer nun jeweils "die Verantwortung" dafür hat, wer was zu vertuschen versucht oder wer da gerade aus dem Risiko zu profitieren versucht hat. Diese Figuren und Institutionen sind vollkommen austauschbar.

sansculotte - 28. Jul, 10:15

Das System und seine Prinzipien

...egal wer nun jeweils "die Verantwortung" dafür hat, wer was zu vertuschen versucht oder wer da gerade aus dem Risiko zu profitieren versucht hat. Diese Figuren und Institutionen sind vollkommen austauschbar.
Nein, nicht egal. System und Akteure bedingen einander. In Systemen werden die Bedingungen hergestellt (z.B. das "Prinzip der nachgeordneten Hierarchien"), die zur positiven Selektion eines bestimmten Persönlichkeitstyp führen, und diese Persönlichkeitstypen ("Figuren") wiederum sind aktiv daran beteiligt, das System, das sie trägt, zu erhalten, zu optimieren und auszubauen, d.h. seine Bedingungen herzustellen.

Warum z.B. konnte die Parade v.u.Z. über zwanzig Jahre unfallfrei über die Bühne gehen? Weil die ökonomischen, sozialen und politischen Rahmenbedingungen anders waren, ja. Aber locken die Rahmenbedingungen, denen wir uns gegenüber sehen, nicht geradezu das Personal an, dessen Wirken wir heute fassungslos vorgeführt bekommen? Ökonomische Abenteurer, Politiker ohne Verantwortung, Lobbyisten und korrupte Experten. Und die sind natürlich daran interessiert, die Bedingungen, von denen sie profitieren, weiter zu festigen und auszubauen. Das tun sie aktiv, das fällt ihnen keineswegs in den Schoß.

Um von dem mystifizierenden Gerede von "dem System" einmal wegzukommen: wer baut denn so ein System auf? Sind es nicht die Akteure und ihre Interessen? Wer hat z.B. Interesse an einem befestigten Eigentumsverständnis, an Zwangseinrichtungen und ökonomischen Instituten, die Eigentum, Horten und Raffen fördern? An Gesellschaften, deren Mitglieder konkurrieren statt zu kooperieren?An Machtapparaten, dies alles durchzusetzen? Diese Einrichtungen sind nicht vom Himmel gefallen und sie haben sich auch nicht zwangsläufig entwickelt. So etwas zu behaupten, schlägt in die Kerbe der T.I.N.A.-Ideologen, die ständig auf die Gottgegebenheit, Unabänderlichkeit und Alternativlosigkeit dieses Systems verweisen und damit das beste Immunisierungsargument vortragen. Gut genug immerhin, um die Wahrnehmung der Menschen zu beeinflussen, denn wenn der Wahnsinn nur groß genug ist, bleibt er unentdeckt. Um dies zu erreichen, werden Heerscharen von PR-Leuten, Öffentlichkeitsarbeitern, Pressesprechern, Medienbeuaftragten usw. eingesetzt.

Nun könnte man sagen, dass diese Leute unter dem Druck des Systems stehen. Auch wahr. Aber schier aussichtslos wird die Sache erst dann, wenn wir nicht mehr davon ausgehen, dass sich dieses System umbauen ließe. Und dies geschieht nun mal wiederum nur durch die Akteure, Menschen, die tätig werden, "Figuren", die erkannt haben, dass die lohnabhängige Arbeit als Existenzgrundlage grundsätzlich Erpressbarkeit und Korrumpierbarkeit schafft und die fähig sind, Alternativen zu entwickeln.

Und deswegen ist es nicht egal und die Figuren sind nicht austauschbar.
demon driver - 28. Jul, 14:53

System und Akteure

...egal wer nun jeweils "die Verantwortung" dafüür hat, wer was zu vertuschen versucht oder wer da gerade aus dem Risiko zu profitieren versucht hat. Diese Figuren und Institutionen sind vollkommen austauschbar.
Nein, nicht egal.
„Egal“ im Sinne von „für die Beurteilung des Sachverhalts unerheblich“, nicht im Sinne einer Schuldbefreiung für die Verantwortlichen. Es spielt am Ende keine Rolle, ob da ein menschlich eher sympathischer oder eher unsympathischer Typ Bürgermeister ist, ob das ein CDU- oder SPD-Mann ist, ob der Veranstalter einen 68er- oder einen McKinsey-Hintergrund hat – die globale Tendenz, dass Fälle wie Deepwater Horizon und Duisburg immer wahrscheinlicher werden, ist von der individuellen Besetzung solcher Stellen unabhängig, und letztlich auch davon, wie man jetzt meint, dass mit den konkreten Verantwortlichen und Beteiligten eines einzelnen, einmal eingetretenen Falles umgegangen werden soll.
System und Akteure bedingen einander. In Systemen werden die Bedingungen hergestellt (z.B. das "Prinzip der nachgeordneten Hierarchien"), die zur positiven Selektion eines bestimmten Persönlichkeitstyp führen,
Soweit absolut richtig!
und diese Persönlichkeitstypen ("Figuren") wiederum sind aktiv daran beteiligt, das System, das sie trägt, zu erhalten, zu optimieren und auszubauen, d.h. seine Bedingungen herzustellen.
Nö, das ist Verschwörungstheorie. Diese „Figuren“, wo es sich um Funktionäre der herrschenden Wirtschaftsordnung handelt, sei es in Wirtschaft oder Politik, haben nur sehr begrenzte Handlungsspielräume, sind total dem zentralen Erfordernis dieser Wirtschaftsordnung, dem Profitzwang unterworfen, machen in aller Regel „nur ihren Job“ – egal um wie große Arschlöcher es sich im einzelnen handeln mag, da mag es im Einzelfall mal hier mehr und da weniger Skrupel geben, irgendeine Sauerei durchzuziehen, aber im Zweifelsfall wird sich am Ende irgendwo schon jemand finden, der’s macht.

Ich komme auf den Profitzwang gleich nochmal zurück.
Warum z.B. konnte die Parade v.u.Z. über zwanzig Jahre unfallfrei über die Bühne gehen? Weil die ökonomischen, sozialen und politischen Rahmenbedingungen anders waren, ja.
Ja, einerseits, aber im Grunde genommen nur graduell. Und andererseits: Glück, Zufall. Zwanzig Ereignisse sind für statistische Aussagen ja noch recht wenig.

Aber es stimmt schon, die insbesondere ökonomischen Rahmenbedingungen werden für alle Beteiligten ja immer härter, und das trifft eben auch zunehmend Gemeinden und Städte, die tendenziell genauso wie der Rest des Staatswesens immer mehr auf die Profite der in ihrem Abschöpfbereich befindlichen Unternehmen angewiesen sind und dabei immer größere Geldprobleme kriegen. Da verändern sich schleichend die Maßstäbe, wenn es um die Mitnahme von Chancen auf zusätzliche Einnahmen geht – ganz von alleine und quasi notwendigerweise.
Aber locken die Rahmenbedingungen, denen wir uns gegenüber sehen, nicht geradezu das Personal an, dessen Wirken wir heute fassungslos vorgeführt bekommen? Ökonomische Abenteurer, Politiker ohne Verantwortung, Lobbyisten und korrupte Experten.
Tendenziell schon, ja, selbstverständlich. Aber das war schon auch immer der Fall, und wirklich grundlegend hat sich an den Rahmenbedingungen ja auch nichts geändert und an den Hierarchien, es wird alles nur immer schwieriger. Insofern hat sich an den Mechanismen der Kandidatenauswahl für solche Posten und Funktionen im Prinzip auch nicht viel geändert – es sind tendenziell immer noch dieselben Typen, die in Politik und Wirtschaft Karriereleitern erklimmen, die es schon immer waren.

Nun würden wir uns die ganze Problematik aber auch dann nicht vom Hals schaffen, würden wir es schaffen, irgendwie grundlegend „bessere Menschen“ auf diese Posten und in diese Funktionen zu bringen, was angesichts der eingefahrenen Mechanismen natürlich auch ohnehin Illusion bleiben muss.
Und die sind natürlich daran interessiert, die Bedingungen, von denen sie profitieren, weiter zu festigen und auszubauen. Das tun sie aktiv, das fällt ihnen keineswegs in den Schoß.
Ja, aber sie sind mehr daran interessiert, ihre eigene Position auf der Profitseite der Verhältnisse zu festigen, als daran, an den „Bedingungen“ zu schrauben. Die Grundbedingung, wie gesagt, ist ohnehin unverrückbar vorgegeben: die Profitbasierung der Wirtschaft, die gleichzeitig für alles, was gesellschaftlich getan werden muss, einen Profitzwang bedeutet, sei es, dass die Tätigkeit selbst Profit erwirtschaften muss, sonst geht das Unternehmen, das sie ausführen soll, pleite, oder sei es, dass andere Unternehmen im Vorfeld Profit gemacht haben müssen, von dem Gesellschaft bzw. Staat die benötigten Summen abzweigen können.

Machen die Unternehmen der Volkswirtschaft nicht genug Profit, funktionieren irgendwann auch Infrastruktur, Bildungs-, Gesundheitswesen, Sozialsystem, Verwaltung nicht mehr. Und je schwieriger es für eine Volkswirtschaft wird, dafür genug Profit zu erwirtschaften, und je schwieriger es für die Gesellschaft wird, dann auch noch genug abzuschöpfen, um wenigstens die gröbsten Notwendigkeiten zu finanzieren, umso mehr fallen bei den Verantwortlichen die Hemmungen dahingehend, was man alles tut, das auch nur die Chance auf Profit ermöglichen würde. Ein schleichender wie zwangsläufiger Prozess.
Um von dem mystifizierenden Gerede von "dem System" einmal wegzukommen: wer baut denn so ein System auf? Sind es nicht die Akteure und ihre Interessen? Wer hat z.B. Interesse an einem befestigten Eigentumsverständnis, an Zwangseinrichtungen und ökonomischen Instituten, die Eigentum, Horten und Raffen fördern?
Das ist ja die Crux: Solange Profitzwang Voraussetzung allen Wirtschaftens ist, weil das globale Betriebssystem so aussieht, solange hat JEDER ein Interesse daran, weil Existenz und Wohlergehen eines Jeden direkt davon abhängen, wie gut es der Volkswirtschaft, in der er lebt, also der Summe der Unternehmen bzw. Unternehmer in seinem Land, mit Hilfe der in ihrem Privatbesitz befindlichen Produktionsmitteln gelingt, so viel wie möglich Profit zu erzeugen. Alles, was diese Profitsumme schmälert oder gefährdet, gefährdet die Lebensbedingungen jedes einzelnen Staatsbürgers – und die sind für viele schon prekär genug.
An Gesellschaften, deren Mitglieder konkurrieren statt zu kooperieren?An Machtapparaten, dies alles durchzusetzen? Diese Einrichtungen sind nicht vom Himmel gefallen und sie haben sich auch nicht zwangsläufig entwickelt.
Doch, haben sie – auf Basis der historisch gewachsenen Voraussetzung, dass wir „den Markt“ bestimmen lassen wollen, was wir herstellen und konsumieren können, waren diese Einrichtungen tatsächlich zwangsläufig.
So etwas zu behaupten, schlägt in die Kerbe der T.I.N.A.-Ideologen, die ständig auf die Gottgegebenheit, Unabänderlichkeit und Alternativlosigkeit dieses Systems verweisen und damit das beste Immunisierungsargument vortragen. Gut genug immerhin, um die Wahrnehmung der Menschen zu beeinflussen, denn wenn der Wahnsinn nur groß genug ist, bleibt er unentdeckt. Um dies zu erreichen, werden Heerscharen von PR-Leuten, Öffentlichkeitsarbeitern, Pressesprechern, Medienbeuaftragten usw. eingesetzt.
Es mag schwerfallen und sogar wehtun, das zu akzeptieren, aber innerhalb der grundlegenden, nicht veränderbaren Rahmenbedingungen der herrschenden, profitbasierten globalen Wirtschaftsordnung sind manche Zusammenhänge tatsächlich unabänderlich, und im Hinblick auf die politischen Alternativen, oder eben Nicht-Alternativen, haben die neoliberalen Ideologen, so ungern ich das sage, überwiegend Recht.

Die Profitbasierung, die ökonomische Notwendigkeit der Profitmaximierung, ist eine Konstante, die keiner Veränderung zugänglich ist, einerseits keiner „Optimierung“ im Sinne der Profiteure, aber auch keiner Entschärfung im Sinne der betroffenen Allgemeinheit. Ohne alles zu tun, was sich im Rahmen der Legalität einer- und eines kalkulierten Illegalitäts- und Gefahrenrisikos andererseits tun lässt, damit die Volkswirtschaft und damit jedes einzelne ihrer Unternehmen und jede einzelne Unternehmung soviel Profit machen wie es eben geht, riskiert die Volkswirtschaft Konkurrenzfähigkeit und Gesamtvolumen einzubüßen, ein dringend benötigtes Gesamtvolumen, das angesichts der kontinuierlich nun seit Jahrzehnten und auch künftig weiter zunehmenden Überflüssigkeit von Arbeitskraft so schon immer weniger ausreicht, um die gesamte Gesellschaft überhaupt noch am Laufen zu halten.

Auch diese Tendenz zur Verschärfung, die Tendenz von Volkswirtschaften zur Profitverknappung gemessen an dem, was ihre Gesamtbevölkerungen bräuchten, ist nichts, was – womöglich gar absichtsvoll – von Menschen betrieben würde, sondern die zwangsläufige Entwicklung eines profitbasierten Wirtschaftssystems, das einen Produktivitätsfortschritts-Automatismus beinhaltet.

Der neoliberalen Folgerung, dass man folglich Profithemmnisse beseitigen, aber im Prinzip so weiter machen müsse wie bisher, muss man deswegen allerdings noch lange nicht zustimmen.

Die einzige Folgerung kann m.E. nur sein, mit allen Kräften auf die Ablösung der herrschenden Wirtschaftsordnung hinzuarbeiten, und sich daneben im realen Hier und Jetzt noch gegen die Zumutungen, die uns schon ereilt haben und die uns noch bevorstehen, zu wehren, aber im Wissen, dass die herrschende Ordnung unreformierbar ist – anstatt Energie mit Versuchen zu verschwenden, Profitproduktion und Marktwirtschaft nochmal irgendwie zu was kuschelig „Sozialem“ zu machen. Das ist schlicht außerhalb des Möglichen.
Nun könnte man sagen, dass diese Leute unter dem Druck des Systems stehen. Auch wahr. Aber schier aussichtslos wird die Sache erst dann, wenn wir nicht mehr davon ausgehen, dass sich dieses System umbauen ließe. Und dies geschieht nun mal wiederum nur durch die Akteure, Menschen, die tätig werden, "Figuren", die erkannt haben, dass die lohnabhängige Arbeit grundsätzlich Erpressbarkeit und Korrumpierbarkeit schafft und die fähig sind, Alternativen zu entwickeln.

Und deswegen ist es nicht egal und die Figuren sind nicht austauschbar.
Wenn der „Umbau“ nicht die Abschaffung des Markts und der Profitbasierung beinhaltet (und damit letztlich auch den Privatbesitz an Produktionsmitteln), wird, fürchte ich, aus diesem System auch durch noch so viel „Umbau“ nichts grundlegend anderes werden können als es heute ist, und die Problematik, die wir hier diskutieren, wird nur ihrer weiteren Verschärfung entgegengehen.

Umso wichtiger, dass man ernsthaft begönne, sich auf einer breiten Basis klar zu werden darüber, wie so ein „Umbau“ unter diesen Voraussetzungen a) aussehen sollte, wenn er fertig ist, und b) auf welchem Wege der vonstatten gehen müsste...

[Edit 17:24: kleine Fehler]
sansculotte - 28. Jul, 20:20

Im Sinn der Lesbarkeit

werde ich nicht Absatz für Absatz antworten, sondern die mE wesentlichen Punkte herausgreifen. Bin mir bewusst, dass dieses Vorgehen selektiv ist.
Diese „Figuren“, wo es sich um Funktionäre der herrschenden Wirtschaftsordnung handelt, sei es in Wirtschaft oder Politik, haben nur sehr begrenzte Handlungsspielräume, sind total dem zentralen Erfordernis dieser Wirtschaftsordnung, dem Profitzwang unterworfen, machen in aller Regel „nur ihren Job“
Das ist mE eine bequeme Exkulpation. Meine These war, dass diese Akteure aktiv daran beteiligt sind, das System, das sie trägt, zu erhalten, zu optimieren und auszubauen, d.h. seine Bedingungen herzustellen. Das bedeutet nun nicht, dass sie dessen bewusst sind, was sie tun, schon gar nicht im vollen Umfang. Es unterstellt also nicht, dass sie eine plan- und absichtsvolle Steuerung betreiben, sondern beschreibt lediglich die effektive Leistung, die sie erbringen. Da können Elemente planvoller Steuerung dabei sein und zwar umso mehr, als diese Steuerung in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrer Funktion steht. Dass sie das 'Big Picture' nicht erkennen, ist aber keine Entschuldigung für die Wirkung ihres Tuns und hindert nicht, dass sie die Systemerhaltung aktiv vorantreiben. Die Rede von total zwangunterworfenen Akteuren ist also mE nicht gerechtfertigt.
Solange Profitzwang Voraussetzung allen Wirtschaftens ist[...]
Nein, der Profitzwang ist mE Folge einer bestimmten Art des Wirtschaftens, im Grunde Konsequenz einer Variante der Sklavenwirtschaft. Er ist - wie du im vorletzten Absatz andeutest - nicht nur Folge des Privatbesitzes an Produktionsmitteln, denn dann müsste er - sobald die Produktionsmittel Mehrwert abschlagen - irgendwann zum Erliegen kommen. Aber er perpetuiert sich selbst und das kann nur heißen, dass in den Produktionsmitteln ein Faktor steckt, der ständig Mehrwert produziert und das ist die menschliche Arbeitskraft.

Nach Marx (Lohn, Preis und Profit, MEW 16) hat die kapitalistische Akkumulation ihre Wurzel in der Expropriation der unmittelbaren Produzenten, das heißt, die Auflösung des auf eigener Arbeit beruhenden Privateigentums.

Wann kommt es aber zu einer solchen ursprünglichen Expropriation des unmittelbaren Produzenten? Ganz einfach: durch Schuldverhältnisse! Nicht bedienbare Schulden - und hier liegt der zentrale Skandal - geben dem Gläubiger umfassendes Zugriffsrecht auf die Arbeitsleistung des Schuldners, das ist nichts anderes als das Recht, die Arbeitskraft des Schuldners in die Produktionsmittel des Gläubigers überzuführen. Dies geschieht aber nicht zwangsläufig, sondern vorsätzlich und könnte leichterdings korrigiert werden.

Im Grunde arbeiten wir alle, die wir lohnabhängig ohne Eigentum von fruchtbringendem Grund und Boden unter staatlicher Zwangsgewalt und unter Zuhilfenahme fremder Produktionsmittel arbeiten, noch immer inmitten eines solchen Schuldverhältnisses. Der amerikanische Philosoph Thomas Paine hat diese prinzipielle Schuldknechtschaft genau gesehen und deshalb ein Naturrecht auf produktiven Bodenbesitz für jeden Menschen behauptet. Diejenigen, die aus welchen Gründen auch immer (Platznot, persönliches Unvermögen,..) auf bewirtschaftbares Land verzichten müssen, sollten angemessen entschädigt werden. Das würde ein BGE für 90% aller heute lebenden Menschen bedeuten.
Auch diese Tendenz zur Verschärfung, die Tendenz von Volkswirtschaften zur Profitverknappung gemessen an dem, was ihre Gesamtbevölkerungen bräuchten, ist nichts, was – womöglich gar absichtsvoll – von Menschen betrieben würde, sondern die zwangsläufige Entwicklung eines profitbasierten Wirtschaftssystems...
Nein, es ist die Folge eines zinsbasierten Wirtschaftssystems. Profitverknappung entsteht dann, wenn die bedienbaren Zinsen die Produktivitätsquote übersteigen, oder anders: sobald der effektive Zinssatz über dem BSP liegt. Dann gibt's nix mehr zu verteilen. Und aufgrund der Zinsdynamik, die exponentielles Wachstum zur Folge hat, ist das in einer durchschnittlich wachsenden Volkswirtschaft nach ungefähr 35 Jahren der Fall.

Zins ist auch nix Zwangsläufiges. Viele antike Gesellschaften kannten das Zinsverbot bzw. die "Jubeljahre", in denen - in verordneten periodischen Abständen - die aus Zinsen erwachsenen Schulden erlassen werden mussten. Das ist sehr weitischtig, wenn man die exponentielle Zinsentwicklung und die irgenwann an die Gernzen kommende Möglichkeit, Nachschuldner zu finden, in Betracht zieht. Und auch diese Stellschraube, die ein - wenn nicht sogar das - wesentliche Motiv des Profitzwanges ist, ist keine Konstante und alles andere unabänderbar.
Umso wichtiger, dass man ernsthaft begönne, sich auf einer breiten Basis klar zu werden darüber, wie so ein „Umbau“ unter diesen Voraussetzungen a) aussehen sollte, wenn er fertig ist, und b) auf welchem Wege der vonstatten gehen müsste...
Ein wunderbares Schlusswort!

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