Nicht genug studiert? Oder nicht richtig (gelesen)?

Wo hast Du, werter King of Errors, in einem meiner Texte auch nur etwas in der Art gelesen, was Du mir als Aussage zuschreibst: dass Tiere "willenloser" seien als wir? (Nebenbei bemerkt vertrete ich auch keine "Theorie", sondern argumentiere logisch von ganz bestimmten Voraussetzungen her - s. meinen vorangegangenen Beitrag!)

Im genauen Sinn des Wortes "Wille" ist es nämlich sogar so, dass Tiere überhaupt keinen Willen (in diesem "eigentlichen" Sinn!) haben. Nur bei Menschen ist m.W. eine Willensbildung bekannt, die auf Überlegungen beruht und eine - eben überlegte! - Entscheidung sowie Festlegung darauf beinhaltet, diese Entscheidung in seinem Tun und Lassen im weiteren zu berücksichtigen, oder anders ausgedrückt: zu handeln, wie man will u.d.h. das zu tun, was nötig ist zu erreichen, zu was man sich entschlossen hat. (Ganz ähnlich: gemeinsame Entscheidungen in Form von Beschlüssen, an die man sich dann im Weiteren in seinem Tun "hält". Wenn Du allerdings so etwas wie persönliche Entschlüsse und gemeinsame Beschlüsse, die dann z.B. in Form von Gesetzen bekannt gemacht werden, nicht kennen solltest, können wir uns nicht weiter austauschen.)

Dein Beispiel betrifft ganz etwas anderes, nämlich etwas, was in Psychologie und Biologie Appetenzverhalten genannt wird (was durchaus etwas mit "Appetit" zu tun hat); ein anderer Ausdruck für das Gemeinte ist Instinktverhalten, während der Volksmund von Trieb redet, von Drang und ähnlichem wie Begehren. Kleinkinder kennen noch nichts anderes. Tiere zeigen nach allem, was ich weiß, dass man weiß, auch nur diese Art von Re-Agieren. (Deswegen kann man sie, wenn man weiß, auf welchen "Reize" sie reagieren, dressieren.)

Von Entscheidungen abhängig gemachtes Handeln bezieht sich eben nicht einfach und naturhaft auf Reize wie innere Impulse oder äußere Anreize. Die gibt es natürlich immer und auch bei überlegt handelnden Menschen. Sie werden von diesen aber bei ihren Überlegungen berücksichtigt, während sie ihr Tun an deren Ergebnis, der einmal getroffenen Entscheidung orientieren. (Nur deswegen können wir bei allem Appetit oder sogar Hunger bis hin zum Heißhunger willentlich aufs Essen verzichten und - eben freiwillig, aus eigenen Entschluss, aus freien Stücken, ganz ohne inneren oder äußeren Zwang usw. von uns aus - hungern. Wenn Du das von Dir selbst nicht kennst, so hoffe ich, dass Du davon schon gehört hast, dass es Menschen gibt, die das können.)

Es gibt - wo ist die Umgangssprache mal nicht vieldeutig? - noch den völlig anders gemeinten Begriff vom "Lebenswillen". Damit ist kein (fester, letzter, entschiedener, unbeugsamer und was der Ausdrücke dergleichen noch alle sind) "Wille" gemeint wie eben angegeben: ein an Entscheidungen bebundenes Wollen, sondern die triebhafte, wie man sagen könnte, Aktivität aller Lebewesen - in Unterscheidung und Abgrenzung von diesen zu leblosen Gegenständen. Schopenhauer hat m.W. den Begriff "Wille" so verstanden. Kleinkinder drücken ihr Begehren ja auch heute noch oft so aus, dass sie sagen "ich will hamm", wenn sie nach etwas greifen. Auch die Etymologie des Verbs 'wollen' verweist noch darauf – aber das führt hier wohl zu weit...

errorking - 22. Okt, 10:33

Lieber WF Wolf Kittel (WF: Willensfreiheit)

in einem internetartikel vom 12. juli 2008 , hast du mehrfach darüber räsoniert, dass tiere nur reflexhaft und gewohnheitsmässig reagieren.(komplexe sprachen sind ausdruck logischer entscheidungen...was ist dann mit den sprachgewandten affen , delphinen usw.? dürfen die nur aus christlichem sinn keinen freien willen haben, aber aus wissenschafltichen schon?)
zu meiner ausbildung darf ich dir sagen, dass ich eine ethnlogische und kunstgeschichtliche ausbildung habe. ausser ein paar explorierungen bei interdisz. seminaren beim ehem. "narrenturm" von wien und ein paar fachbüchern kann ich auf keine durchgehende ausbildung in psycholog. oder gar in neurolog. sicht hinweisen.
ich bin daher der quer (inter und intradisziplinär) gebildete mensch, der auch doch wohl auch gedanken über das selbst machen darf und das anrecht hat, von wissenschaftlern in verständlichen happen gefüttert zu werden (deshalb nehme ich deine väterliche mahnung "wenn du pers. entschlüsse od. gemeinsam. beschlüsse nicht kennen solltest würdest du ein austauschen nicht weiter vorziehen" nicht so ernst, da ich denke, dass du wie ich auch "nur" ein mensch mit all seinen schön- und eigenheiten bist...vielleicht sind wir uns ähnlicher als wir denken...
natürlich kenne ich persönl. und gemeinsame beschlüsse...wie jeder andre mensch auch, was meinst du damit? ).

danke für jedenfalls dein ausgiebig geistiges füttern, die verdauung des obigen futters fällt mir aber schwer. denn du hast mein paradebeispiel mit einem einfachen "appentenzverhalten" abgekanzelt. dann hast du nur von "beschlüssen" und "entscheidungen" gesprochen und dich eigentlich nie mit dem denkvorgägnen an sich befasst.
auch nicht mit der problematik des oxymorons. überdies denke ich, dass der mensch laut darwin schon ausgestorben wäre, wenn er nach deinen angaben denken würde....einfach so einige male das gegenteil von dem lustvollen zu tun begründet ja auch wider der im hirn angesammelten "vernunft zum überleben" zu handeln.

nochmals : ich habe mit der orange und banane ein beispiel für sämtliche entscheidungen gegeben. das ganze kannst du dann ausschmücken, detaillierter gestalten, die überlegungen über den bau eines atomkraftwerks oder eine reise, oder die beziehung zu deinem partner...letztlich ist alles entweder A oder B (oder keine entscheidung).
denn alles ist im kopf ein logisches abwägen.
vielleicht ein letztes beipiel: ich überlege, heute einen vortrag zu schreiben oder faul zu sein und spazieren zu gehen.
falls ich mich für die arbeit entscheide, tat ich das, weil ich gesehen habe, dass ich dann morgen ohne bericht meine arbeit nicht tun kann, job und geld verliere. die angst hat also die lust besiegt. da ist eine im innern eine logische waage, die zeigt (z. b. mittels schreckenbildern die konsequenzen an : das wiegt schwerer (wenn ich unter drogen bin ists natürlich anders).
wenn ich mich für die faulheit entscheide, dann habe ich einen nebenplan (unter umständen mag ich die arbeit gar nicht, habe angst vor der flugreise, will meinem körper einmal ruhe gönnen, plane die arbeit des nachts zu tun usw.) alles sind bilder die mir situationen zeigen und die waage stellt fest, was mein überleben fördert, oder meine unmittelbare lust fördert). jetzt wirst du sagen genau das ist es: diese eintscheidung.
aber wir entsceiden uns ja nur für die lust, wenn im kopf z. b. die homrmone die lust als wichtiger betrachten, es könnte auch sein dass wir krank sind, gibt ja schon wissenschaftl. gentische antriebslosigkeit). jedenfalls wird die innere waage dann aufgrund der homone und all der vielen bilder die da auftauchen eine "vorentscheidung" fällen .
dann hab ich noch immer die möglichkeit zu sagen: nein, ich mach das gegenteil. das wäre dann in deinem sinne der freie wille.
warum aber macht man das gegenteil? einfach so? frei aus der luft heraus? nein. das gegenteil wird auch begründet: entweder weil mich die in meinen tiefen schon als kind erlernte pflichtbewusstsein als "über-ich" ruft (vorinfo)oder weil gewisse lusthormone herrschaft erlangt haben.
im wort "entscheidung" liegt also kein freier wille sondern ein abhängiger wille.

PS in einem deiner aufsätze(ich war fleissig) las ich als begründung: was sollten gerichte denn tun, wenn sich jeder verbrecher auf den "abhängigen willen" beruft?
das ist natürlich erstens logisch unzulässig: die wahrheit eines satzes kann nicht durch die bemerkung: "das wäre dann in der konsequenz ein chaos" unlogisch gemacht werden.
zweitens: ich kann mir sehr wohl eine gesellschaft vorstellen in der die menschen in ihrem gesellschaftl. assozialem handeln therapeutisch in ein umdenken geführt werden...nur verwendet man zuwenig zeit dazu! was wäre, wenn man jeden verbrecher 24 stunden am tag für längere zeit therapeuten zur verfügung stellen würde? (kostet auch nicht mehr als ein gefängnis!)
krankhafte triebverbrechern muss man natürlich medikamentös (wenn möglich) helfen, oder eben extra in würde!"verwahren". von "schreckliche kerkerandrohungen, todesstrafe verhindern verbrechen" sehen wir ja, wie toll das in den usa funktioniert....2 millionen gefangene...bis zu hundertfacher kriminalität als in and. westl staaten.
viel eher sollte man sich in liebe um die erziehung der kinder kümmern. die kinderfeindlichkeit ist natürlich der ursprung jeder kriminalität.

UND DANN noch die oxymoronfrage: EINE FREIE WILLENSENTSCHEIDUNG begründet! sich doch auf etwas? auf fakten, unständen, hormonen...) wenn der freie wille nach deiner definition aber nur dieses denkergebnis ausdrückt...dann magst du recht haben...aber in christl. sinne z. b. ist dies kein freier wille. (bin übrigens agnostiker)
danke jedenfalls für dein lesen und ich hoffe du kommunizierst doch noch mit mir.
errorking - 23. Okt, 21:56

zusatzerklärung

es kann ja nicht sein, dass nur etwas ernst zu nehmen ist, wenn man es mit 100en zitaten aus wissenschaftl. publiziertem spickt, aneinanderreiht und dann-gleich einer seminararbeit an der uni - als statement herausgibt. ....was natürlich auch als info für die leser durchaus verdientstvoll ist.
gerade eine internetdiskussion verträgt die basis verschiedener menschentypen.
natürlich habe ich auch genug neurologische und philosoph.sensationsbücher pro und kontra "freier wille"gelesen. mich störte eben immer die unterschwellig christliche orientierung(lebte 10 jahre in japan), die offensichtlich unbewusst auf dem "freien willen" beharren möchte um den begriff "menschliche schuld" nicht auszulöschen. in japan macht man völlig andere erfahrungen: "schuld" und die oft daraus folgende angst (vor bestrafung)sind dort keine echten denkschematas. man denkt dort eher in die zukunft: "gib dein bestes! beiss die zähne zusammen!"
ich hab in meinen sehr persönl. wortmeldungen also nur versucht als allgemein logisch denkender mensch, (der hier nicht mit seinen publikationen und leistungen protzen möchte, sondern mit rein "gesunden" menschenverstand ohne wissenschaftl. "beweise"an dinge herangehen möchte), die dinge, die ich selbst beim denken beobachte zu formulieren. nur das.danke.
sansculotte - 24. Okt, 08:53

re

Zum ersten Absatz:
Wissenschaft ist eine systematisierte Erkenntnismethode. Ziel ist Nachvollziehbarkeit, Wiederholbarkeit und Überprüfbarkeit. Dieses prinzipiell transparente Verfahren ist mir ehrlich gesagt um einiges lieber als das Geschwätz von Märchenerzählern, Ideologen und Konstruktivisten.

Zum zweiten Absatz:
"gib dein bestes! beiss die zähne zusammen!"
Und das findest du begrüßenswert? Oder besser als die "christliche Orientierung"? Ich halte diesen "zukunftsorientierten" Ansatz für unglaublich ignorant dem einzelnen und seiner Lebensgeschichte gegenüber. Diese schicke fernöstliche "Denke" ist bei Licht betrachtet ein brutaler Kasernenhofappell, nichts weiter.

Zum dritten Absatz:
Hast du Eric Berne gelesen, "Spiele der Erwachsenen"? Berne geht ja davon aus, dass Kommunikation auf mehreren Ebenen abläuft und dass bestimmte Formen der Kommunikation eigentlich verdeckte "Agendas", persönliche Anliegen und Bedürfnisse transportieren. Allersimpelstes Beispiel: du sagst "schöner Tag heute" und meinst "sag was Nettes zu mir, Nachbar".

Berne will festgestellt haben, dass viele Menschen andere wiederholt und massiv in ihre verdeckten Kommunikationen verwickeln. Er nennt das "Spiele".

"Hilfe, ich werde angegriffen, aber ich hab doch nur...!" - das dürfte das Spiel des dritten Absatzes sein. Dein Spiel.

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