Vielen Dank für diese tiefen musikalischen und gedanklichen Anregungen!
Auch dafür, dass Sie mich (durch Ihre Links) mit dem Begriff der „social trance“ und all seinen Facetten bekannt gemacht haben - ich habe schon lange nicht mehr einen so belebenden Tritt in den mentalen Hintern bekommen. Es lässt mich vieles, was oft oberflächlich als Lethargie, politisches Desinteresse oder gar verscheuklappte Dummheit abgewertet wird, in einem ganz anderen Licht sehen. Fürwahr, it‘s a deep house ;).
Der amerikanische Komponist Steve Reich hat vor sehr vielen Jahren (als die elektronische Musik noch in winzigen Kinderschuhen steckte) mal gesagt, für ihn seien elektronische Klänge die „ethnic music“, also so etwas wie die „Folklore“ unserer Zeit. Fiel mir ein, als ich Ihren Satz las „...der perfekte musikalische ausdruck des rasend gewordenen neoliberalismus.“ Reich hatte es zwar in Bezug auf die Verwendung elektronischer Instrumente gemeint, aber es lässt sich natürlich genauso anwenden auf die Auswirkung der Musik auf die Menschen.
Ja, deep house macht euphorisch und einsam („enormer blues“, genauso fühlt es sich an) und kann zur wildesten Melancholie führen, aber eben auch die Augen dafür öffnen, dass es so ist und - im glücklichsten Fall - warum es so ist und gar nicht anders sein kann. Aber selbst in dieser vom Katzenjammer bedrohten Glückseligkeit („all die glücklichen verschwitzten Gesichter um mich herum sind letztlich unerreichbar“) kann es musikalisch angestiftete Momente des Übergreifenden, Nichtisolierenden geben: Ich war ein paar Jahre lang in einem Club unterwegs (leider inzwischen geschlossen), wo freitags deep house spielte und zwei Musiker aus Fleisch und Blut den Soundtrack mit ihren Djembe-Trommeln begleiteten. Das hat aus dem dancefloor eine kochende Vorhölle an gemeinsam erlebter Exstase gemacht. Es war ein fast unerträglicher Glückszustand. Vielleicht nur zu ertragen, weil auch er, natürlich, illusionär war.
Ach ja - „bittersweet - ich würde solche räume oft genug sehr gerne in all ihrer mysteriösen großartigkeit teilen. aber - alone again.“ Hans Werner Henze hat (auch schon sehr lange her) auf die Frage: Wo stehen wir heute? geantwortet: „Die Frage kann nur so beantwortet werden: Jeder steht an einer anderen Stelle. Für sich allein.“
Hier, ich hab‘ noch was aus der Plattenkiste gezogen: Was kommt raus, wenn ethnic music im Reich‘schen Sinne gemixt wird mit ethnic music im traditionellen Sinne? Antwort: Congo Deep. Widerstand zwecklos. in halluzinatorischen Momenten bilde ich mir ein, Manu Dibangos Saxophon darin zu erkennen. Viel Freude damit!
PS: Übrigens, auf Ihre Latin-House-Tracks freue ich mich jetzt schon.
deep blues
Auch dafür, dass Sie mich (durch Ihre Links) mit dem Begriff der „social trance“ und all seinen Facetten bekannt gemacht haben - ich habe schon lange nicht mehr einen so belebenden Tritt in den mentalen Hintern bekommen. Es lässt mich vieles, was oft oberflächlich als Lethargie, politisches Desinteresse oder gar verscheuklappte Dummheit abgewertet wird, in einem ganz anderen Licht sehen. Fürwahr, it‘s a deep house ;).
Der amerikanische Komponist Steve Reich hat vor sehr vielen Jahren (als die elektronische Musik noch in winzigen Kinderschuhen steckte) mal gesagt, für ihn seien elektronische Klänge die „ethnic music“, also so etwas wie die „Folklore“ unserer Zeit. Fiel mir ein, als ich Ihren Satz las „...der perfekte musikalische ausdruck des rasend gewordenen neoliberalismus.“ Reich hatte es zwar in Bezug auf die Verwendung elektronischer Instrumente gemeint, aber es lässt sich natürlich genauso anwenden auf die Auswirkung der Musik auf die Menschen.
Ja, deep house macht euphorisch und einsam („enormer blues“, genauso fühlt es sich an) und kann zur wildesten Melancholie führen, aber eben auch die Augen dafür öffnen, dass es so ist und - im glücklichsten Fall - warum es so ist und gar nicht anders sein kann. Aber selbst in dieser vom Katzenjammer bedrohten Glückseligkeit („all die glücklichen verschwitzten Gesichter um mich herum sind letztlich unerreichbar“) kann es musikalisch angestiftete Momente des Übergreifenden, Nichtisolierenden geben: Ich war ein paar Jahre lang in einem Club unterwegs (leider inzwischen geschlossen), wo freitags deep house spielte und zwei Musiker aus Fleisch und Blut den Soundtrack mit ihren Djembe-Trommeln begleiteten. Das hat aus dem dancefloor eine kochende Vorhölle an gemeinsam erlebter Exstase gemacht. Es war ein fast unerträglicher Glückszustand. Vielleicht nur zu ertragen, weil auch er, natürlich, illusionär war.
Ach ja - „bittersweet - ich würde solche räume oft genug sehr gerne in all ihrer mysteriösen großartigkeit teilen. aber - alone again.“ Hans Werner Henze hat (auch schon sehr lange her) auf die Frage: Wo stehen wir heute? geantwortet: „Die Frage kann nur so beantwortet werden: Jeder steht an einer anderen Stelle. Für sich allein.“
Hier, ich hab‘ noch was aus der Plattenkiste gezogen: Was kommt raus, wenn ethnic music im Reich‘schen Sinne gemixt wird mit ethnic music im traditionellen Sinne? Antwort: Congo Deep. Widerstand zwecklos. in halluzinatorischen Momenten bilde ich mir ein, Manu Dibangos Saxophon darin zu erkennen. Viel Freude damit!
PS: Übrigens, auf Ihre Latin-House-Tracks freue ich mich jetzt schon.