notiz: occupy - die "eliten" werden nervös

das folgende lässt sich als lose fortsetzung dieses beitrags lesen. ich habe selbst nach wiederholtem betrachten des gesammelten materials vor allem aus den usa langsam aber sicher das gefühl bekommen, dass sehr viele ausserhalb des landes noch gar nicht recht begreifen, was sich in der selbsternannten "supermacht" bzw. "führungsmacht der westlichen hemisphäre" eigentlich gerade tatsächlich entwickelt:
  • fakt 1: die usa sind seit ziemlich genau zwei monaten mit einer aus sehr kleinen anfängen geradezu explosionsartig wachsenden massenbewegung durch sehr viele bevölkerungsteile hindurch konfrontiert
  • fakt 2: diese massenbewegung hat es bereits geschafft, seit jahren und jahrzehnten dort medial und politisch nicht nur ignorierte, sondern forcierte hochgradig antisoziale entwicklungen auf die agenda der öffentlichen diskussion zu bringen
  • fakt 3: die phase der massenproteste beginnt primär durch die sich verschärfenden repressiv-staatlichen reaktionen, für die herrschende klasse ein echtes risiko für landesweite massive unruhen mit sich zu bringen
insbesondere für punkt 3 im folgenden ein paar indizien.

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es gibt insbesondere seit den diversen versuchten und durchgesetzten räumungen von occupy-camps gerade in großen städten sich haltende gerüchte über eine art "konzertierter aktion" zwischen diversen behörden. was daran inzwischen bestätigt ist (u.a. von der bürgermeisterin von oakland in californien), ist ein treffen von achtzehn bürgermeistern von großstädten quer durch die usa, die jeweils mit occupy-camps konfrontiert sind. es ist nicht nur in den usa vielen leuten aufgefallen, dass die jüngste räumungswelle nach diesem treffen und vielfach auch noch simultan begann. inzwischen bringen unabhängige medien in den usa zunehmend berichte, nach denen auch die bundesregierung in form des fbi und der "homeland security" in anti-occupy-aktionen involviert sei, was vom fbi glatt bestritten und von der letztgenannten behörde nur auf fälle von expliziter anforderung durch städtische behörden zugegeben wird. allerdings gibt es inzwischen auch etliche zeugenaussagen aus verschiedenen städten, u.a. new york, die fahrzeuge des "department of homeland security" (dhs) am rande von polizeiaktionen gegen occupy beobachtet haben. ich komme gleich unten nochmal auf das thema zurück. ausführlicher beschäftigt sich auch ein
artikel der huffpost damit.

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aus florida, genauer tampa, gibt es folgendes bild:

gepanzertes polizeifahrzeug in tampa
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bildquelle
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twitter via the daily

die dortige polizei ist inzwischen peinlich darum bemüht, öffentlich klarzumachen, dass es sich hierbei "nicht um einen panzer, sondern einen gepanzerten mannschaftstransporter" (sinngemäß) handeln würde, und da steht ja schließlich auch "rescue" drauf. tatsächlich kam dieses ding bei einer polizeiaktionen gegen im vergleich wenige und auch friedliche occupy-aktivistInnen zum vorschein, und inzwischen kam auch noch heraus, dass solche gepanzerten fahrzeuge im zuge des "anti-terror-kriegs" von verschiedenen polizeibehörden angeschafft worden sind, unter beratung des schon erwähnten dhs. was für ein sinn macht das zeigen eines solchen - nun ja, panzers, in der jetzigen situation? was für einen sinn ausser einschüchterung?

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es gibt weitere interessante und auch folgerichtige entwicklungen - ähnlich, wie sich teile der spanischen bewegung schon seit monaten auch immer wieder erfolgreich gegen zwangsräumungen von überschuldeten wohnungen wehren bzw. den betroffenen zu hilfe kommen, geht es auch in den usa los - ein bericht aus minnesota, bei dem es um die für den moment erfolgreiche verhinderung der zwangsräumung der wohnung einer college-professorin geht. die wahrscheinlichkeit ist recht hoch, dass die occupy-bewegung dieses feld in kürze noch intensiver beackern wird.

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ebenfalls ist festzustellen, dass neben den schon länger involvierten gewerkschaften auch zunehmend die hochschulen und universitäten der usa im zuge von occupy repolitisiert werden, nicht zuletzt einmal mehr durch ein überaus widerliches vorgehen der jeweils örtlichen "campus-police", im folgenden beispielhaft dargestellt an der university of california - davis:




es sind eben auch nicht zufällig viele college-, highschool- und uniabsolventInnen mit der realität ihrer völligen perspektivlosigkeit nach der ausbildung konfrontiert, wobei eben diese ausbildung sie und ihre familien zusätzlich noch nicht selten mit zehntausenden von dollar schulden für ihre studienzeit belastet. und so ist es auch nicht zufällig, dass neben der thematisierung der sozialen lage allgemein die bildungsfrage, das zusammenbrechen des öffentlichen bildungssystems und darüber hinaus und speziell die rolle der corporations als geldgeber für viele unis und auch die militarisierung der campus-police in den focus geraten. zum letzten punkt hat sich ein uni-professor einige gedanken gemacht, und er endet so:

(...) "What we have seen in the last two weeks around the country, and now at Davis, is a radical departure from the way police have handled protest in this country for half a century. Two days ago an 84 year old woman was sprayed with a chemical assault agent in Portland in the same manner our students at Davis were maced. A Hispanic New York City Councilman was brutally thrown to the ground, arrested, and held cuffed in a police van for two hours for no reason at all, and was never even told why he was arrested. And I am sure you all know about former Marine Lance Cpl. Scott Olsen, who suffered a fractured skull after police hit him with a tear gas canister, then rolled a flash bomb into the group of citizens trying to give him emergency medical care.

Last week, former Seattle Police Chief Norm Stamper published an essay arguing that the current epidemic of police brutality is a reflection of the militarization (his word, not mine) of our urban police forces, the result of years of the "war on drugs" and the "war on terror. Stamper was chief of police during the World Trade Organization protests in Seattle in 1999, and is not a voice that can be easily dismissed.

Yesterday, the militarization of policing in the U.S. arrived on my own campus.

These issues go to the core of what democracy means. We have a major economic crisis in this country that was brought on by the greedy and irresponsible behavior of big banks. No banker has been arrested, and certainly none have been pepper sprayed. Arrests and chemical assault is for those trying to defend their homes, their jobs, and their schools.
These are not trivial matters. This is a moment to stand up and be counted. I am proud to teach at a university where students have done so."


es ist faszinierend zu erleben, wie in den usa selbst nun endlich, endlich jene zusammenhänge von immer mehr menschen begriffen werden, die seit jahren von außen mehr als deutlich wahrzunehmen sind - die unzähligen kriege, gegen "den terror", "die drogen" und ihre folgen auch in den usa selbst, das ganze unheilvolle erbe von reagan angefangen bis hin zum bush-clan, von den sog. "demokraten" nicht wirklich unterbrochen, sondern unter anderem label in wesentlichen punkten fortgesetzt. das zu beobachtende zusammenkommen von bisher voneinander größtenteils isoliert existierenden gesellschaftlichen gruppen wie gewerkschaftlich organisierten arbeitern, studenten, veteranen, teilen der abstürzenden mittelklassen mit jenen, die schon völlig draussen sind - obdachlose, zwangsgeräumte und jene, die in irgendwelchen von jeder infrastruktur abgeschnittenen zeltstädten leben -, ist vielleicht das wichtigste moment, für das occupy bisher gesorgt hat. das bedeutet nichts anderes, als das hier eine art "kritischer masse" im doppelten wortsinn am entstehen ist, und das ist in dieser form und diesem ausmaß für die usa ein historisches ereignis mit unkalkulierbaren folgen.

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und von daher überrascht das folgende nicht, was markus gaertner in seinem blog aktuell aufgegriffen hat (und in den usa schon thema vieler berichte in print-, online- und fernsehmedien ist):
Lobbyisten briefen Banker – Ratschläge für entscheidendes Gefecht gegen Occupy Wall Street

"Eine der führenden amerikanischen Lobbyfirmen – Clark, Lytle, Geduldig, Cranford – hat einen Brief an die US-Banken geschrieben, mit Empfehlungen und Ratschlägen zur Strategie im “Krieg der Botschaften gegen Occupy Wall Street”. (...)

Das Ziel der Empfehlungen, die darin gegeben werden: Die politisch gefährliche Annäherung der Demokratischen Partei von Barack Obama an die junge Bewegung soll durch organisierte Gegenaktionen neutralisiert werden." (...)


immer zu diensten für ihre kundschaft, diese lobbymakler. wobei ich finde, dass sie damit auch beweisen, dass sie unfähig sind, einige tendenzen der bewegung überhaupt wahrzunehmen - es gibt verbreitet bei occupy berechtigte ressentiments gegen das gesamte existierende und politische system der usa an sich, und da werden umstandlos auch die "demokraten" dazugerechnet. wahr ist, dass sich deren "linker" (wenn man´s denn so nennen kann) flügel tatsächlich bemüht, die dynamik für die nächsten wahlen auszunützen. wahr ist aber auch, dass occupy u.a. aus vielen desillusionierten ex-obama-supportern besteht, und ich glaube nicht, dass die - besonders wenn sich der oben erwähnte verdacht gegen institutionen der bundesregierung in sachen counterinsurgency betätigen sollte - noch zurückzugewinnen sind. nein, ein nicht geringer teil der us-bevölkerung - nicht die mehrheit, aber auch keine "kleine minderheit" mehr - ist gerade dabei, nach jahrzehnten der agonie und apathie aufzuwachen, sich die augen zu reiben und entsetzt feststellen zu müssen, in was für einer realität sie mittlerweile existieren. good morning, usa!

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und falls es dort ähnlich wie in teilen europas ein (noch) halbwegs funktionierendes system einer wenn auch immer dünner werdenden rettungsleine in form von sozialhilfe u.ä. vor dem endgültigen absturz geben würde, so wären solche
vorschläge wie jener aus den niederlanden schon längst von den "republikanern" zu hören gewesen:

"Die niederländische Regierungspartei VVD will Aktivisten der Occupy-Bewegung die Sozialhilfe streichen. Der VVD-Politiker Boudewijn Revis erklärte am Samstag, die Regierung solle Beamte in das Occupy-Lager außerhalb von Den Haag entsenden und prüfen, ob unter den Demonstranten dort Empfänger von staatlicher Hilfe seien. „Wenn Sie wirklich zeigen wollen, dass Sie eine bessere Wirtschaft wollen, dann gehen Sie arbeiten“, sagte Revis." (...)

der letzte satz ist dabei schon wieder so derartig merkbefreit, dass mir dazu nichts einfällt - wenn dummheit leuchten würde, würden rechte jeder coleur den planeten komplett ausleuchten können.
Wakenews.de (Gast) - 20. Nov, 22:15

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