Samstag, 5. November 2005

kontext 12: weitere infos aus der hirnforschung zum autismus

dem hinweis eines lesers (nochmal danke dafür!) verdanke ich die kenntnis von mehreren älteren forschungsprojekten zum autismus mit einigen sehr aufschlussreichen ergebnissen. einmal wäre da ein bericht zur - im wahrsten sinne des wortes - hier schon häufiger thematisierten auffälligen objektwahrnehmung, bzw. möglichen gründen dafür:

"Menschen mit Autismus und dem verwandten Asperger Syndrom nehmen Gesichter quasi wie unbelebte Objekte wahr. Das berichten Forscher der Universität Yale aufgrund von funktionellen Kernspinuntersuchungen (fMRI) des Gehirns. "Diese Ergebnis ist sehr überzeugend, da es mit unseren klinischen Erfahrungen mit Autismus zusammenpasst", erklärte Studienleiter Robert Schultz."
(...)
"In der dreijährigen Studie haben der Neuropsychologe Schultz und seine Kollegen ermittelt, dass Personen mit Autismus bei Gesichtswahrnehmung verminderte Aktivität im Gyrus fusiforme zeigen, der Großhirnwindung, die bei Gesichtserkennung aktiv ist. Gleichzeitig fanden die Forscher, dass eine benachbarte, für Objekterkennung zuständige Hirnregion bei diesen Patienten aktiver war. Die Schwierigkeit, Menschen anhand ihrer Gesichter zu erkennen und mit ihnen umzugehen, ist für dieses psychische Leiden charakteristisch. "Personen mit Autismus und Asperger haben sehr wenig Interesse an Menschen, und unsere Studie zeigt, dass dieses Desinteresse sich wiederspiegelt in der Art, wie die Zentren für optische Verarbeitung in ihren Hirnen organisiert sind."


wenn Sie sich vor augen halten, dass das autistische spektrum in den hier im blog vorgestellten erscheinungsformen aufgrund theoriebedingter und struktureller (wahrnehmungs-) defizite in psychiatrie/psychologie möglicherweise wesentlich größer ist, als allgemein angenommen wird, erhält der satz "haben sehr wenig Interesse an Menschen" gleich einen unheilvollen unterton. die benannte eigenschaft lässt sich in ihren konsequenzen jeden tag in den nachrichten studieren.

*

die überschrift des nächsten artikels, "Autisten fühlen sich mit Logik ein", stellt bereits einen widerspruch in sich dar - konsequenterweise müsste hier von objektivierender simulation von empathie gesprochen werden - eine als-ob-variante davon:

"Mitgefühl als "mentale Arithmetik"

Eine Londoner Wissenschaftlerin hat drei Gehirnregionen identifiziert, die bei gesunden Menschen vermutlich für das Einfühlungsvermögen zuständig sind, berichtet das Wissenschaftsmagazin "New Scientist". Autisten dagegen versuchen sich mit Hirnregionen des reinen Verstandes in andere Menschen einzufühlen, sagte Francesca Happe auf der Konferenz der Britischen Psychologischen Gesellschaft in Glasgow."


wie hier bereits zu lesen war, spielen nach den neuesten forschungen sowohl die spiegelneurone als auch die propriozeptive wahrnehmung eine wichtige, wenn nicht eine entscheidende rolle für die fähigkeit zur empathie. leider werden die drei gehirmregionen nicht genauer präzisiert.

Bei den gesunden Versuchspersonen stellten die Forscher in drei Hirnregionen eine erhöhte Aktivität fest. Die autistischen Probanden dagegen nutzten ganz andere Gehirnbereiche, um die Aufgaben zu lösen. "Es scheint, dass sie dazu eher den reinen Verstand als die soziale Intelligenz nutzten", erklärt Happe.

*

eine enorme brisanz in verschiedener hinsicht enthält aber besonders ein artikel unter der überschrift "Gestresste Schwangere bekommen häufiger autistische Kinder" - spontan werden Ihnen, falls bekannt, dazu die thesen von j.e. mertz hinsichtlich der borderlinepersönlihkeitsstörung einfallen, dazu ergeben sich von hier aus aber auch deutliche verbindungen zum gesamten bereich psychotraumata:

"Starker Stress der Mutter in der Schwangerschaft kann das Risiko für Autismus bei Kindern erhöhen. Das berichten amerikanische Hirnforscher auf dem Jahrestreffen der Neurologischen Gesellschaft in San Diego.

Belastende Ereignisse wie der Tod eines geliebten Menschen oder der Verlust des Arbeitsplatzes können die Entwicklung des Gehirns der Ungeborenen beeinflussen und so zu Autismus führen, so die Wissenschaftler um David Beversdorf von der Staats-Universität Ohio. Bisher sahen Wissenschaftler die Gründe für die Krankheit vor allem in einem Defekt des Erbguts.

Die Wissenschaftler hatten 188 Frauen mit autistischen Kindern über den Verlauf ihrer Schwangerschaft befragt. Sie fanden heraus, dass diese Mütter zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche häufig durch schwere Schicksalsschläge belastet waren. In dieser Phase der Schwangerschaft entwickelt sich ein Teil des Gehirns, der bei Autisten anders ausgebildet ist.

Autismus ist eine Persönlichkeitsstörung, bei der die Patienten bereits im Säuglingsalter unfähig sind, Gefühlsbeziehungen zu anderen Menschen aufzubauen. (...)"


klartext: hier geht es um die möglichkeit, das ereignisse, die üblicherweise als traumatisch beschrieben werden - wobei die oben angeführten beispiele noch nicht mal die variante von direkter psychophysischer gewalt gegen die schwangere benennen - verschiedene erscheinungsformen des autistischen spektrums hervorrufen könnten. was das in letzter konsequenz vor dem hintergrund der zustände auf diesem planeten bedeuten könnte, brauche ich regelmässigen leserInnen hier wahrscheinlich nicht näher zu erläutern.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

US-Depeschen lesen

WikiLeaks

...und hier geht´s zum

Aktuelle Beiträge

Es geht ihm gut? Das...
Es geht ihm gut? Das ist die Hauptsache. Der Rest...
Grummel (Gast) - 23. Jan, 21:22
Im Sommer 2016 hat er...
Im Sommer 2016 hat er einen Vortrag gehalten, in Bremen...
W-Day (Gast) - 23. Jan, 14:49
Danke, dir /euch auch!
Danke, dir /euch auch!
Grummel - 9. Jan, 20:16
Wird er nicht. Warum...
Wird er nicht. Warum auch immer. Dir und wer sonst...
Wednesday - 2. Jan, 09:37
Ich bin da, ein Ping...
Ich bin da, ein Ping reicht ;) Monoma wird sich...
Grummel - 15. Sep, 16:50
Danke, Grummel. Das Netzwerk...
Danke, Grummel. Das Netzwerk bekommt immer grössere...
Wednesday - 13. Sep, 10:02
Leider nicht, hab ewig...
Leider nicht, hab ewig nix mehr gehört.
Grummel - 12. Sep, 20:17
Was ist mit monoma?
Weiss jemand was? Gruß Wednesday
monoma - 12. Sep, 14:48
Der Spiegel-Artikel im...
Den Spiegel-Artikel gibt's übrigens hier im Netz: http://www.spiegel.de/spie gel/spiegelspecial/d-45964 806.html
iromeister - 12. Jun, 12:45
Texte E.Mertz
Schönen guten Tag allerseits, ich bin seit geraumer...
Danfu - 2. Sep, 21:15

Suche

 

Status

Online seit 7190 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:08

Besuch

Counter 2


assoziation
aufgewärmt
basis
definitionsfragen
gastbeiträge
in eigener sache
index
kontakt
kontext
lesen-sehen-hören
notizen
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren