Tamara (Gast) - 11. Sep, 15:59

Liebesfähigkeit

... dafür ist es meines Erachtens notwendig eigene Gefühle, Bedürfnisse und Wahrnehmungen auch zulassen zu können bzw. die Fähigkeit dieser wahrzunehmen ohne gleich ein zu starkes - anerzogenes - schlechtes Gewissen im Schlepptau aktiviert wird.

Aber es gibt noch andere Probleme. Die von Dir erwähnten Fähigkeiten selbst-bewußtsein, empathiefähigkeit, entwicklumngsfähige wahrnehmungspotenziale, und vor allem die fähigkeiten zur individuellen selbstregulation innerhalb von freiwilligen kollektiven werden meiner Erfahrung jedoch bekämpft. Wenn diese nicht im Kindesalter mindestens "unter die sichtbare Oberfläche" (oft reicht das nicht mal aus) gerutscht sind - wird auch noch der Erwachsene oft in zwischenmenschliche Situationen geraten, die ihm das vorwerfen oder als Schwäche auslegen (und damit die eigene Hilflosigkeit und ggf. auch Sehnsüchte zu "pflastern").

Ein Vorwurf (den ich vom Inhalt her gar nicht als Vorwurf empfinde - wohl von den Menschen als Solcher gemeint war) den ich schon oft hören musste ist: "Du bist zu sozial." Und alles "nur", weil ich selbst in den 80iger Jahren erlebt habe, was es bedeutet zu einer sozialen Randgruppe (Arbeitslosigkeit der Eltern) zu gehören. Das wenige Geld war da eigentlich das "geringste" Problem. Viel mehr habe ich unter der Ausgrenzung, den unberechtigten Vorwürfen, Diskriminierungen und teilweiser offener Ablehnung seitens meiner (menschlichen) Umwelt gelitten.

Allerdings brauchen Fähigkeiten Entwicklungsspielraum:

Selbst-bewußtsein (Körperwahrnehmung, Emotionswahrnehmung, etc.) ist schwer zu entwickeln bzw. dieser Fähigkeit selbst vertrauen zu lernen, wenn diese immer wieder angeblich "falsch" sein soll. ("Nein, Du bist nicht traurig. Das bildest Du Dir ein." - "Wie wenn Du Deinen Durst nicht stillst, willst Du mildernde Umstände für Deine fehlende Leistungsfähigkeit. Das ist eine Ausrede."- etc.)

empathiefähigkeit Die Schwierigkeit, die mit der Fähigkeit sich in andere hinein fühlen zu können, einhergehen kann liegt meiner Erfahrung u.a. darin, dass ich die Erfahrung machte AUCH die "wunden" Punkte und "unerwünschten Gefühlen" von Menschen recht zielsicher erfühlen zu können. Es wurde mir als Kind oft als mangelnde Empathiefähigkeit ausgelegt, weil ich aussprach was ich zu fühlen glaubte. Meiner Erfahrung wird in diesem Lande "Empathiefähigkeit" - die Fähigkeit sich in andere einfühlen zu können - oft nur noch auf "Fähigkeit" dem Gegenüber nur das zu zeigen und zu sagen, was dieser hören möchte und alles zu unterlassen, was dieser nicht hören möchte reduziert und alles andere wird pauschal als nicht Empathiefähig gewertet.

entwicklungsfähige wahrnehmungspotenziale werden meiner Erfahrung nach zu oft durch Erziehung (im Kindes- sowie im Erwachsenenalter - gestört wenn nicht gar zerstört.

die fähigkeiten zur individuellen selbstregulation innerhalb von freiwilligen kollektiven Was meinst Du hier? Konfliktfähikgeiten? Die Fähigkeit zwischen der "Alltagswelt" und der "Freundschaftswelt" unterscheiden zu können, um in diesem eher "geschützten Rahmen" eher das zu leben, was man eigentlich braucht? Anerkennung der unterschiedlichen Persönlichkeiten, Sensibilitäten, Ansichten, etc. des jeweilig Anderen? Etc. pp.

Vielleicht sind meine Ansprüche diesbezüglich einfach zu hoch? Ich weiß es nicht und bin oft verunsichert. Bisher habe ich es geschafft zwei Menschen zu finden bei denen ich einfach sein kann, wie ich bin. Konflikte werden ausgestanden zu gelöst, die Meinung und die Befindlichkeiten des jeweilig anderen respektiert und oft auch fleißig diskutiert.

Ich wünsche mir mehr von solchen Menschen in meinem privaten Umfeld, doch sie sind äußerst schwer zu finden. Wo sind sie? In Nischen versteckt, so wie auch inzwischen auf dem Land lebe, weil ich die Stadt mit all ihren gestressten Menschen nur noch in für mich gesunden Dosen ertragen kann?

Liebe Grüße
Tamara

PS: Ich habe mich soeben ein wenig durch das Erwerbslosenforum gelesen. Mich hat das kalte Grauen gepackt. DAS ist Psychokrieg! Psychozid um einen Begriff von von Gunter Dueck zu verwenden.

Und wieder einmal schäme ich mich einem solchen Volk anzugehören. Wer soll dabei denn noch gesund bleiben? Selbst die hier so gerühmte – und mich ebenfalls eher menschenverachtende – Forderung nach „Funktionalität“ wird durch solche staatlichen Maßnahmen verhindert. Und hinterher sind die auf der Strecke gebliebenen auch noch „selbst Schuld“.

Auch ich sage schon seit vielen Jahren, dass wir hier in Deutschland einen Nährboden für nationalistisches und/oder anderes fundamentalistisches Gedankengut bereiten.

Ich habe Angst, fühle mich hilflos und deprimiert. Am Liebsten würde ich mich völlig von den Medien zurückziehen, mich komplett abschotten von dieser Welt oder auswandern. Aber sieht es in anderen Ländern wirklich anders aus?

PPS: Vor ein paar Wochen sah ich ein Kind (4 oder 5 Jahre alt), welches von der Mutter an der Leine ausgeführt wurde. Eine Leine am Handgelenk der Kleinen. Meine Therapeutin gab mir zwar den Rat ich solle zum Wohl des Kindes in solchen Situationen meine Gefühle und Worte für mich behalten ... aber ich kann es nicht. Das ist auch menschenverachtend. Würden Menschen ebenso teilnahmslos wegschauend reagieren, wenn ein Mann z.B. seine Frau an der Leine "spazierenführt". Ich glaube, ich möchte die Antwort nicht wissen. Oder doch?

Wednesday - 11. Sep, 19:44

> Eine Leine am Handgelenk der Kleinen

Das ist zwar merkwürdig, kann aber auch sein, daß die Frau meint, zu langsam zu sein, um ihr Kind daran zu hindern, auf die Straße zu laufen, hier ist vielleicht eine Hilflosigkeit der Mutter im Spiel, ähnlich wie bei Eltern, die ihren Kindern verbieten, schnell zu laufen oder auf Bäume und Mauern etc. zu klettern, weil sie überängstlich sind und glauben, Kinder u.a. nur durch Verbote schützen zu können. In so einem Fall würde ich versuchen, über Nachbarn der Frau mehr über diese Situation zu erfahren, oder ganz normal in ihr ins Gespräch zu kommen.

Kann ja was ganz harmloses dahinter sein.

Ciao
W-Day
Tamara (Gast) - 11. Sep, 21:26

@Wednesday

Ich wohne nicht im Umfeld dieser Mutter. Aber falls ich sie nochmal sehe, werde ich sie sicher versuchen drauf anzusprechen.

Deine Vermutung passt ganz gut mit dem Misstrauen und der Angst der Mutter - die Kleine könne (in diesem Fall) auf die verkehrsberuhigte Straße laufen. Sobald die Kleine nicht mehr "beifuß" lief, wurde sie wie ein "ungezogener" Hund unwirsch zurückgezogen, mit ihren kleinen Füßen mind. noch 30 bis 50 cm von der Straße entfernt. Die Augen der Kleinen waren eher traurig. Auffällig für mich war jedoch, dass die Kleine die Mutter dauernd zu "scannen" schien.

Selbst wenn es "gute Gründe" (Ängstlichkeit der Mutter, starke Lebhaftigkeit des Kindes, etc.) geben sollte - finde ich ein solches Verhalten der Mutter weiterhin menschenverachtend. Was auch das Problem ist - es gibt sicher humanere Möglichkeiten als eine Leine für ein Kleinkind. Wie soll denn ein kleiner Mensch vertrauen lernen, wenn ihm in solcher Weise misstraut wird?

Grüße
Tamara
Wednesday - 11. Sep, 22:37

Hm, das "Scannen" ist ein unheimliches Signal, ja. Das arme Kind, unter Daueraufsicht und in zweierlei Hinsicht fixiert...

Wegen der "guten Gründe" - ich will dieses Verhalten nicht etwa befürworten. Aber vielleicht rastet sie ja aus, wenn man sie direkt auf die Leine und die Fixiertheit des Kindes anspricht.
Das befürchte ich aufgrund von unangenehmen Erfahrungen, die ich in ähnlichen Situationen machte. Viele vermeintlich bemutternde Menschen haben ja keine Ahnung, wie verdammt aggressiv sie sich oft verhalten...

Ciao
W-Day
monoma - 12. Sep, 13:31

fähigkeiten

"die fähigkeiten zur individuellen selbstregulation innerhalb von freiwilligen kollektiven"

Was meinst Du hier? Konfliktfähikgeiten? Die Fähigkeit zwischen der "Alltagswelt" und der "Freundschaftswelt" unterscheiden zu können, um in diesem eher "geschützten Rahmen" eher das zu leben, was man eigentlich braucht? Anerkennung der unterschiedlichen Persönlichkeiten, Sensibilitäten, Ansichten, etc. des jeweilig Anderen? Etc. pp.


konfliktfähigkeit ist ein punkt, aber eher geht´s mir um das gesamte spektrum von sozialen fähigkeiten, zu denen wir als menschen potenziell(!) fähig sind - menschliche kollektive, die tatsächlich sozial und lebendig sind, können umso vielfältiger und in einem nichtökonomischen sinne produktiver für alle ihre mitglieder sein, wenn sie unter beachtung des primates der allen gemeinsamen realität möglichst viele unterschiedliche realitätswahrnehmungen anerkennen & kommunikativ bearbeiten. und um die dabei entstehenden konflikte und reibungen aufzulösen, sind u.a. individuell vorhandene achtsamkeit, empathie, konfliktfähigkeit, ein verständnis der eigenen biographie, die fähigkeit zur grenzerkennenung und-setzung sowie selbst-bewußtsein im besten sinne gefragt.

ps: die leine finde ich zumindest - hm, sehr ungewöhnlich. kann mich nicht erinnern, so etwas schon mal gesehen zu haben.
Lotta (Gast) - 13. Sep, 17:43

Diese Leinen sind gar nicht so selten. Fast immer wird ihr Einsatz mit der Gefahr auf die Straße zu rennen begründet. Gibt's für's Handgelenk und als Brustgeschirr. Im englischsprachigen Raum scheinen die Dinger weiter verbreitet zu sein.
Hab da erst zufällig vor ein paar Tagen in einem Elternforum einen Thread zu entdeckt. Mich gruselt das. Aber ich fand dann Gott sei Dank noch einen anderen Thread in dem die Meinungen nicht ganz so positiv waren.
Und so sieht das glücklich angeleinte Kind dann aus: Klick. Kotz.
Lotta (Gast) - 13. Sep, 17:48

Verdammte Hacke, immer zerschieß ich hier mein HTML-Gedöne.
Der Thread mit mit den nicht ganz so positiven Meinungen: http://tinyurl.com/4bnwbg
somlu (Gast) - 14. Sep, 09:40

Ich bin ziemlich geschockt, bei der Vorstellung ein Kind an der Leine zu sehen. Das ist, für mich, so daneben, dass mir glatt die Worte fehlen.
Wednesday - 14. Sep, 14:05

Ich bin nicht geschockt, da so eine Leine Sinn machen kann. Darum wären die Gründe interessant, warum die Frau, um die es hier geht, ihr Kind an der Leine kontrolliert. Und ob das Kind andere, weit untragbarere Zumutungen erduldet.

Vielleicht ist die Frau der Ansicht, das Kind nicht schnell genug greifen zu können, falls es plötzlich auf die Straße laufen sollte. Daß die Aufsicht auch ohne solche Leinen und Geschirre funktioniert, kann man täglich sehen, und es hat auch bei mir und meinen noch lebhafteren Geschwistern ohne Zaumzeug geklappt.

Was mich ärgert, ist, daß man u.U. voreilig das Schlimmste voraussetzt. Wenn jemand auf der Straße sein Kind anbrüllt, finde ich das auch abstossend und falsch, aber nicht schockierend, und es muss nicht zwingend sein, daß derjenige sein Kind dauernd nur anbrüllt oder sogar haut; der Brüllende kann ja durchaus am Ende seiner Nervenkraft sein, und der Auslöser für die brutale Reaktion liegt nicht unbedingt am Verhalten des Kindes.

Es sind die von uns fast vollständig akzeptierten Lebensumstände: schneller, rücksichtsloser Verkehr (KFZ- und leider auch Fahrradfahrer), Fußgänger, die ihnen im Wege stehende Kinder einfach aus dem Weg schubsen oder treten, Hunde, die genervt nach Kindern schnappen, Auslagen, die nicht neugierig "begrapscht" werden dürfen, Grünflächen, die nicht betreten werden dürfen, Krach und Gestank und vieles mehr - die zu seltsamem und inakzeptablem Verhalten zB Erziehungsberechtigter führen - was mich zum Beispiel sehr aufregt, sind Erwachsene, die auf die Fragen ihrer Kinder nicht antworten oder dauernd "Sei still" zischen oder schreien; aber auch da kann ich nicht voraussetzen, daß diese Eltern immer abweisend sind.

Was ich mit all dem sagen will: warum sollen wir alle an den zwangsläufigen Symptomen herumdoktern, solange die Umwelt dadurch nicht lebenswerter und freundlicher wird, sondern stattdessen immer bedrohlicher, da "wir" uns ja andauernd und bis zur Erschöpfung anpassen?

Ciao
W-Day
archenoe - 14. Sep, 20:31

Stimme Dir, W-Day, bzgl. Deiner skeptischen Überlegungen zu. Und dennoch: Es gibt keine Alternative zur aktiven Nachfrage. Auch wenn Deine Therapeutin, Tamara, abgeraten hat - ihre Position ist zynisch. Denn: Keiner weiß, welche Verhaltensweise für das Kind besser ist. Deshalb muss das Risiko eingegangen werden, das W-Day richtig beschreibt. Die Frau muss angesprochen werden. Um die Befürchtungen zu berücksichtigen, bietet sich eine sehr vorsichtige, eher fragende Ansprache an, die aber dennoch nachdrücklich genug erscheint.
Zum letzten Satz von W-Day: "Was ich mit all dem sagen will: warum sollen wir alle an den zwangsläufigen Symptomen herumdoktern, solange die Umwelt dadurch nicht lebenswerter und freundlicher wird, sondern stattdessen immer bedrohlicher, da "wir" uns ja andauernd und bis zur Erschöpfung anpassen?"
Das Herumdoktern an Symptomen ist erst dann problematisch, wenn man dieses Herumdoktern als die richtige Handlung zur allgemeinen Genesung bzw. zur fundamentalen Veränderung missversteht. Jeder lebt nur einmal. Deshalb ist das Herumdoktern an Symptomen schon für manchen Menschen ausgesprochen glücksbringend gewesen, nämlich dann wenn ihm temporär oder partiell geholfen worden ist oder er selbst wenigstens in einer Lebensfacette etwas ändern konnte.
Das Kind an der Leine hat das Risiko verdient, was im Ansprechen der Mutter liegen könnte.
Außerdem: Eine Mutter, welche die Frage einer fremden Person zum Anlass oder gar Grund nehmen könnte, ihr Kind deshalb nachdringlich übel zu drangsalieren, ist wahrscheinlich in einer Verfassung, in der sie auch andere "Gründe" fände, dieses tun zu können. Ansonsten bliebe es bei einer kurzen Eruption. Sicher, es bleibt ein Risiko, aber ... (s.o.)

LG
Tamara (Gast) - 15. Sep, 12:13

@monoma: Es war auch das erste Mal, dass ich eine solche Leine gesehen habe. Aufmerksam wurde ich durch das "Zurückreißen" des Kindes. Ich wußte bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal etwas über die Existenz solcher Kinderleinen.

Im Moment lese ich Bauers neustes Buch: "Das kooperative Gen" und freue mich viele meiner Gedanken, die ich oft und lange mit meinem Mann durchdiskutiert habe in seinem Werk wiederzufinden.

Danke auch für Deine Beschreibung. Ich sehe das genauso. Wie viele Menschen kennst Du auf die diese Deine Beschreibung eher (überwiegend) zutrifft?

@lotta: Ich habe mir die Threads gerade durchgelesen und finde sie dennoch ziemlich erschreckend. Das hängt allerdings auch damit zusammen, dass ich mich - im Gegensatz zu scheinbar vielen anderen Menschen - recht gut an meine Kinderzeit erinnern kann. Es war für mich schrecklich irgendwo und irgendwie eingesperrt zu sein. So habe ich sehr früh gelernt die Stangen meines Kinderbetts vom Bett aus selbst zu entfernen und auch Gurte mit denen meine Oma mich ans Bett festgeschnallt hat zu überwinden. War sozusagen eine kleine "Hundini".

Was bis heute so geblieben ist: Ungeschicklichkeiten, kleinere Unfälle bzw. Beinaheunfälle sind zu etwa 80 bis 90 Prozent dann vorgekommen, wenn ein "überängstlicher" und "misstrauischer" Erwachsener in der Nähe war. Wenn von mir "erwartet" wurde, dass "es nicht gutgeht".

Daher überraschten mich viele Beschreibungen von Jean Liedloff (siehe auch den Link hier von monoma) überhaupt nicht. Kinder können sehr viel und auch sehr gut auf sich aufpassen, wenn man ihnen den Raum und das Vertrauen gibt, dass sie brauchen.

Auch das oft gehörte und gelesene "Argument", dass wir hier ja schließlich in einer Zivilisation und nicht im Urwald leben überzeugt mich persönlich nicht. Ich sehe in der Zivilisation "erschwerte Bedingungen" - aber keinen Ausschlussgrund.

@W-Day: Ja das "Scannen" hat mich auch sehr geschockt und nachdenklich gestimmt. Auch ich kenne das aus meinem Erleben. Bis heute besitze ich einen "Stress-Detektor" - der Stressreaktionen wahrnimmt - häufig die unterdrückten Gefühle anderer Menschen. Das ist es was ich als Kind zu fürchten gelernt habe: unterdrückte Emotionen.

Da jeder Mensch und damit jedes Kind unterschiedlich wahrnehmungsbegabt (sensibel) ist - wage ich kein pauschales Urteil darüber, ob eine Leine über die individuelle Zumutbarkeitsgrenze hinausgeht oder eben nicht. Damit meine ich, dass das eine Kind ggf. weniger dadurch beeinträchtigt wird (ich glaube nicht daran, dass so eine Leine irgendein Kind GAR NICHT beeinträchtigt) als ein Anders. Hinzu kommt ja noch das weitere Erleben und die Umgebung dieses jeweiligen Kindes.

Ich weiß nur eines: Es gibt Kinder, die so eine Leine schwer demütigen zu schädigen und traumatisieren kann. Und das es eine jeweilig subjektive Angelegenheit ist, ob und wie es von dem jeweiligen Kind wahrgenommen wird. Für mich bleibt eine solche Leine ein Zwang - natürlich ist meine erfahrungsgefärbte Sicht und ich schließe auch nicht aus, dass es Kinder gibt die zumindest ohne von außen erkennbaren "Schaden" einer solchen Leine "entkommen".

Meine Erfahrung - z.B. was Brüllen oder Nichtbeantwortung von Fragen von Kindern angeht - ist leider zu häufig, dass die "Ausrutscher" mehr die Regel sind - als die Ausnahme. Und wie sehr wünsche ich mir gleichzeitig meine Wahrnehmung sei überzogen und entspräche weniger häufig den Tatsachen, als ich diese erlebe.

Ich weiß nur eines - wer versucht seine "schlechten" Emotionen zu unterdrücken (also auch im Inneren vor sich selbst - ich meine hier nicht die Handlung - sondern das Wahrnehmen der Gefühle an sich) und diesen Gefühlen nicht mal in sich selbst einen "Raum" gibt bzw. dies nie gelernt hat - ist oft ein Pulverfass.

Was das "Herumdoktern an Symtomen" angeht gebe ich Dir Recht, denn leider ist unser Gesundheitssystem zu einseitig auf Funktionieren (im Sinne der Anpassung an die Gesellschaft) ausgerichtet und weniger an der individuellen Lebenswirklichkeit (was tut diesem Mensch gut) eines Menschen.

Eine spanische Bekannte fragt mich immer, wenn wir uns sehen: "Bist Du glücklich?" (Antwort: Öfter als früher.) Die meisten deutschen Bekannten fragen mich hingegen: "Bist Du immer noch im Ruhestand? Du fühlst Dich doch sicher nutzlos zu Hause." (Antwort: Ja. Nein, ich fühle mich nicht nutzlos. Warum sollte ich?")

@archenoe: Ja so sehe ich es inzwischen auch.

LG
somlu (Gast) - 16. Sep, 11:17

Bei der Vorstellung als Kind an die Leine gelegt zu worden zu sein, löst in mir spontan Übelkeit aus. Ich finde die Vorstellung unerträglich. Das die Welt, zumindest hier in der BRD immer kinderfeindlicher wird, kann ich nicht damit beantworten, dass ich meinem Kind noch mehr Zwänge auferlege.
Ich bin auch schon lange über den Punkt hinweg, solche spontanen Impulse in mir Interlektualisieren zu wollen. Ich muss nicht wissen, warum die Mutter das tut und ich halte es für wahrscheinlich, dass dieses Kind noch andere Kränkungen erdulden muss.

Ich habe die Antworten der Eltern in den verlinkten Foren gelesen. Die eine nutzt die Leine, weil sie die sicherlich heftige Auseinandersetzung mit ihrem Zögling scheut, weil der nicht in den Buggie will und dann einen Aufstand macht. Die Aussage von ihr war, sinngemäß, so ist es einfacher für sie. Sorry, da werd ich sauer. Und wenn es um die Kinder geht, die von der Leine ganz begeistert sind, empfehle ich zur Einführung Alice Miller.

Für mich geht das in die selbst Richtung, wie die Sache mit dem medikamentös Ruhigstellen, wie es heutzutage bei allzu lebhaften Kindern üblich ist.

Und ich würde die Mutter darauf ansprechen. Allein schon, damit das Kind mitkriegt, dass das was es da erlebt nicht für alle normal ist. Das Problem ist nämlich, wenn alle schamberührt wegschauen, die damit nicht klarkommen, signalisieren dem Kind nur, dass irgendwas mit ihm nicht in Ordnung ist. Und Scham ist ein wirklich schwieriges und bedrohliches Gefühl, weswegen die allermeisten auch nicht so gern damit in Kontakt kommen wollen.

Interressanterweise spüre ich selbst immer wieder, dass es in unserr Gesellschaft unglaublich schwer ist, Eltern auf ihr Verhalten anzusprechen. Wenn ich etwas beobachte, das mir übel aufstößt, versuche ich es anzusprechen und habe dabei da GEfühl ein Tabu zu brechen. Ist doch seltsam, einerseits kommt immer mal wieder in die Presse, was in Familien alles so passiert, die schrecklichen Beispiele die Monoma oben zitiert und der Staat greift immer weiter in die Privatsphäre der Einzelnen ein, um solche Situationen zu kontrollieren und im besten Fall zu verhindern. Andererseits ist es schwer tabuisiert auch nur von Nachbar zu Nachbar was zu sagen.

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