Yurun (Gast) - 7. Sep, 07:37

soundso

Da hier einige Dinge und Quellen gestreift wurden, die mir selbst in letzter Zeit so ins Auge vielen, hier zu früher Stunde noch ein Link zu einem Artikel von Dmitry Orlov (lustiger Zeitgenosse), um das Bild vielleicht etwas besser abzurunden.

http://www.culturechange.org/cms/content/view/674/66/

Dazu der Unterhaltung halber hier noch eine kleine Rezension:

http://www.sueddeutsche.de/kultur/2.220/smile-or-die-gegen-die-widerliche-optimismus-industrie-1.995130

Ich habe ja selbst den Eindruck das gedankenlose Zukunftsgestaltung nach dem Motto "wir denken wie immer und finden schon eine systemische Lösung" ihr eigenes ERoEI-Problem hat (ERoEI=Energy Returned On Energy Invested). Selbst mit einiger Flexibilität und ideenoffener Herangehensweise gehen irgendwann die Mittel aus, wie man denn da den Hauch einer Kontrolle über eine chaotische Entwicklung stülpen kann. Da kann man noch so viele Aufträge an think tanks veteilen, am Ende ist "everything is possible" eben schlicht ein Stück simple Ideologie und der Aufwand lohnt die Resultate nicht. Nun haben wir vielleicht Eliten, die gewohnt sind, aus einem wachsenden Markt und zunehmenden internationalen Verflechtungen ihren Profit zu ziehen, letztlich auch indem man seine recht profanen Methoden hinter einem Meer an Komplexität versteckt und sich mit kleinen Geschenken Loyalitäten kauft. Doch sind diese Eliten dafür gewappnet wirklich stets oben auf zu schwimmen, selbst wenn die trübe Suppe der allgemeinen Ignoranz hurrikanartigen Durchfall bekommt?

Geben wird es solche Eliten sicher, wie etwa schon beim Zusammenbruch der Sowjetuntion hat jede Situation ihre Glücksritter, aber ich zweifle doch stark es werden die gleichen sein die heute noch den Ton angeben. Dafür sind auch unsere Eliten viel zu "weich", was da einigen vielleicht mehr Angst macht als alles andere. Das sind keine Übermenschen, die haben (insofern wenigstens halbwegs klug) mit einiger Berechtigung auch wirklich Angst die kriegen das nicht gebacken. Insofern würde ich einiges was da hinter den Kulissen abläuft eher als Ausdruck dieser Angst, denn als irgendeine tragbare Strategiesuche interpretieren (so an sansculotte). Die erfolgsversprechende Strategie ist dabei in jedem Fall die Vermögenserhaltung, denn mit einem genügend großen Scherflein im Trockenen lässt sich noch jede Krise meistern und nachher unter anderen Vorraussetzungen wieder "Politik" machen. Nicht nur in Pakistan stellt sich aber auch da die Frage, wo es dann am Ende trocken bleibt. Die Antwort darauf dürfte derzeit der heilige Gral der fortgesetzten Systemerhaltung seitens der (im Selbstverständnis) Systemeigentümer sein, alles andere ist Begleitmusik. Die bisherige Lösung die Fluten einfach Richtung arme Schlucker zu schicken, wie ich lese auch in Pakisten seitens korrupter Eliten bis zur offenen Menschenverachtung praktiziert, reicht irgendwann nicht mehr aus. Vielleicht ein offener Ideenwettbewerb in deutschen Grundschulen?


Privat wundere ich mich auch immer wieder wie eins ins andere fällt, so besuchte ich letzte Woche meine ehemalige Uni und stellte beim Gespräch mit dem Dozenten für Lagerstättenlehre (lakonisches Zitat aus dem Studium "wir betreiben heute eigentlich bis auf Schüttgut durchgängig nur noch Raubbau") fest, dass einige meiner ehemaligen Kommolitonnen (allesamt überzeugte Ökologen) nun ihren Doktor dadurch machen, in Südamerika die Geohydrologie von Salzseen zu erforschen. Das ist die wohl die für Menschen und Leben überhaupt unwirklichste Gegend der Erde, wenn man mal von der Antarkits absieht. Da diese Salzseen aber auch die einzigen wirklichen Lithium-Lagerstätten des Planeten sind, wird es ihnen wohl bald tüchtig an den Kragen gehen. Es ist schon erstaunlich zu welch absurden Längen wir gehen, um unseren Wahnsinn am Leben zu halten und wie das dann wohl irgendwann im Wohnzimmer als kitschige "Riesige Maschinen durchwühlen Wüste am Arsch der Welt"-Doku für die gelangweilte Zuschauerschar auf Phoenix mit gähnender Begeisterung zur schnell vergessenen Kenntnis genommen wird. Und das alles nur dank der Expertise jener, die am liebsten heute als morgen einen lebbaren Planeten erhalten wollen, am Ende aber eben genau da forschen wo Interesse und Bedarf besteht (mich selbst nicht ausgeschlossen). Schließlich bezahlt sich die Miete nicht von selbst und für irgendwas hat man den Kram ja wohl gelernt.

Manchmal habe ich ja inzwischen schon das Gefühl bei all dem Gerede über die Wissensgesellschaft könnte es vielleicht nicht schaden, wenn man den jungen Generationen für alle Fälle das Wissen um den richtigen Anbau von Kartoffeln gleich mit vermittelt, am besten nach dem Informatikunterricht. Das hat man zu meinen Grundschulzeiten in der DDR mit eigenem Schulgarten übrigens auch durchaus getan, was mich noch heute verwundert.

Yurun (Gast) - 7. Sep, 08:14

PS

Post scriptum und nur so nebenbei:

Dieses Video mit Michael C. Ruppert ist mal wieder auf so eine bestechende Art typisch für diese spezielle Szene, das kann man eigentlich fast nur ertragen wenn man den Ton austellt, um sich diese Psycho-Musik zu ersparen (was einen allerdings auch auf die Untertitel reduziert). Von einem breiteren Bewußtsein für derartige Probleme erhoffe ich mir ja zumindest, dass mal die Spinner etwas an den Rand gedrängt werden und das Anschauungsmaterial in Stil und Aufbereitung nicht mehr diese spezielle Art von "Professionalität" ala Zeitgeist zur Schau trägt. Damit macht man eher auf junge Leute Eindruck, die nach Jahren des Haschischkonsums nun im Internet sprituell auf der Suche sind. Das führt im Sinne der Schaffung eines kritischen öffentlichen Bewusstseins aber auch nicht sonderlich weit, da diese Leute außer Sekten zu gründen und Shittalks zu verantstalten mit ihrem "Wissen" in aller Regel nichts anfangen. Freilich würde viel Material ohne diese Gruppe schlicht nicht veröffentlicht existieren, grundsätzlich schlecht ist das also nicht, es nervt im Gegenzug aber schon ziemlich.
sansculotte - 7. Sep, 13:09

Zur Motivationslage u.a.

Yurun schreibt:
Geben wird es solche Eliten sicher, wie etwa schon beim Zusammenbruch der Sowjetuntion hat jede Situation ihre Glücksritter, aber ich zweifle doch stark es werden die gleichen sein die heute noch den Ton angeben. Dafür sind auch unsere Eliten viel zu "weich", was da einigen vielleicht mehr Angst macht als alles andere. Das sind keine Übermenschen, die haben (insofern wenigstens halbwegs klug) mit einiger Berechtigung auch wirklich Angst die kriegen das nicht gebacken. Insofern würde ich einiges was da hinter den Kulissen abläuft eher als Ausdruck dieser Angst, denn als irgendeine tragbare Strategiesuche interpretieren (so an sansculotte).

Mich interessieren die vorgelagerten Motivationen der elitären Verschwörer nur bedingt. Ob sich nun einer aus Angst, aus Langeweile, aus Bösartigkeit, aus Gier, aus Überzeugung, das Richtige zu tun, aus spirituellen Gründen oder aus welchen Gründen auch immer in solchen Gruppen zusammenfindet und gegen die Interessen der überwiegenden Mehrheit der auf diesem Planeten lebenden Menschen vorgeht, ist zunächst nebensächlich. Das werden wir auch nicht herausfinden, solange nicht Auskunftsbereitschaft, Offenheit und Zusammenarbeit (also das, was man unter "Compliance" versteht) von seiten der Akteure gegeben ist. Und diese wiederum setzt Bewusstheit voraus. Inwieweit die Akteure sich ihrer eigenen Motivationen bewusst sind, ist u.a. Thema diese Blogs und es genügt, darauf hinzuweisen, dass sowohl generationübergreifende Traumatisierung als auch soziale Exklusion eine basale Wahrnehmungseinschränkung zur Folge haben.

Den Eliten allerdings einzig Angst als Motiv zu unterstellen, läuft für mich zu sehr auf Verharmlosung hinaus: "Die haben ja nur Angst". Eine angesichts der furchtbaren Effekte ihres Tuns beinahe lächerliche Feststellung.

Zur Konstanz der Eliten genügt ein Blick auf die Namen der Akteure. Manche Familienlinien ziehen sich seit über 100 Jahren und länger durch die Geschichte der "Clubmitgliedschaften". Da wird streng patriarchalisch operiert, da geht "das Amt" vom Vater auf den Sohn über. Ich denke, der Familiendruck ist hier enorm und es wird kein Zufall sein, dass in solchen Familien auch immer wieder Suizide von männlichen Angehörigen anliegen. Wie richtig bemerkt, geht es um Systemerhaltung. Da wird auch schon mal ein Teil des eigenen Nachwuchses geopfert. Und ja: einige Familien haben beträchtlich mehr Interesse an Systemerhaltung als die meisten anderen, verstehen sie sich doch - wie du richtig bemerkt hast - als "Systemeigentümer". Und Eigentum verpflichtet.
monoma - 7. Sep, 13:23

@yurun: ich fand den film deshalb besonders interessant, weil ruppert selbst aus den problemstrukturen stammt und deshalb mehr als andere vielleicht einschätzen kann, wie und was innerhalb der dieser schichten gedacht wird. als alleinige quelle würde ich mich nicht drauf verlassen, aber im kontext mit vielen anderen dokus, ob der vorgestellten zu peak oil oder auch "the corporation", finde ich das durchaus brauchbar. natürlich sehr "amerikanisch" in der machart - aber wie Du schon schriebst: der ton lässt sich ja ausstellen ;-)

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