notiz: "Allein mit der Mafia"
als ergänzung zu diesem beitrag hier können heute ein paar artikel in der aktuellen taz gelesen werden, so z.b. dieser:
"Sofort nach seiner knappen Wahlniederlage forderte Silvio Berlusconi nicht nur eine Überprüfung von 43.000 umstrittenen Stimmzetteln in Italien, sondern gleich dazu die komplette Neuauszählung der von den Auslandsitalienern abgegebenen Stimmen; da nämlich habe es "gravierende Unregelmäßigkeiten" gegeben.
Die Forderung überrascht schon deshalb, weil die gesamte Abstimmungsprozedur in den Händen des Innenministeriums der Regierung Berlusconi lag. Sie überrascht aber auch vor einem ganz anderen Hintergrund: Nicht immer, nicht überall ist Berlusconis Blick auf mögliche "gravierende Unregelmäßigkeiten" so kritisch - zum Beispiel nicht in Sizilien. Die Insel bildet seit Berlusconis Einstieg in die Politik 1994 das wichtigste Stimmbecken für seine Partei Forza Italia und für seine Koalition. Viele der Abgeordneten und der Senatoren aus seinem Lager haben Ermittlungsverfahren oder Prozesse laufen - wegen Mafiaverstrickungen. Doch kein einziger musste sein Mandat niederlegen oder wenigstens bis zur Aufklärung der Vorwürfe ruhen lassen. Im Gegenteil: Alle wurden wieder als Kandidaten aufgestellt, meist dazu noch auf sicheren Listenplätzen, um ihnen die Wiederwahl zu garantieren.
Berlusconi selbst musste sich über die Jahre in Palermo fünf Ermittlungsverfahren gefallen lassen, wegen Unterstützung einer mafiösen Vereinigung und wegen Geldwäsche; allerdings wurden alle diese Verfahren eingestellt. Auch die Staatsanwaltschaften von Florenz und Caltanissetta ermittelten: Sie verdächtigten Berlusconi gar, einer der Hintermänner jener blutigen Anschläge der Mafia von 1992/93 in Palermo, Mailand und Florenz gewesen zu sein, die die Staatsanwälte Giovanni Falcone, Paolo Borsellino und zahlreiche andere das Leben kosteten. Auch diese Ermittlungen wurden schließlich eingestellt, weil innerhalb der vom Gesetz für ein Ermittlungsverfahren vorgesehenen Fristen keine hinreichenden Beweise für eine Anklageerhebung gefunden wurden."(...)
ich denke nicht, dass ich das noch groß kommentieren muss. eher sollten wir uns erstens deutlich machen, dass sehr viele informationen dafür sprechen, dass diese zustände keineswegs nur in italien so herrschen, und zweitens - noch wichtiger - die frage stellen: warum lassen wir derartige gestalten faktisch über unser leben bestimmen? es gibt zweifelsohne einen starken eigenanteil bei den beherrschten, wenn antisoziale/soziopathen immer wieder in zentrale macht- und führungspositionen gelangen können. mögliche gründe dafür sind in der vergangenheit hier schon mehrmals angerissen worden, v.a. im kontext der psychohistorie von deMause. aber es wird von tag zu tag dringlicher, nicht nur die gründe für die eigenen verstrickungen wahrzunehmen, sondern endlich auch praktikable konzepte zu schaffen, um die völlig unakzeptblen realitäten nachdrücklich zu verändern. das ist schlicht eine überlebensfrage.
"Sofort nach seiner knappen Wahlniederlage forderte Silvio Berlusconi nicht nur eine Überprüfung von 43.000 umstrittenen Stimmzetteln in Italien, sondern gleich dazu die komplette Neuauszählung der von den Auslandsitalienern abgegebenen Stimmen; da nämlich habe es "gravierende Unregelmäßigkeiten" gegeben.
Die Forderung überrascht schon deshalb, weil die gesamte Abstimmungsprozedur in den Händen des Innenministeriums der Regierung Berlusconi lag. Sie überrascht aber auch vor einem ganz anderen Hintergrund: Nicht immer, nicht überall ist Berlusconis Blick auf mögliche "gravierende Unregelmäßigkeiten" so kritisch - zum Beispiel nicht in Sizilien. Die Insel bildet seit Berlusconis Einstieg in die Politik 1994 das wichtigste Stimmbecken für seine Partei Forza Italia und für seine Koalition. Viele der Abgeordneten und der Senatoren aus seinem Lager haben Ermittlungsverfahren oder Prozesse laufen - wegen Mafiaverstrickungen. Doch kein einziger musste sein Mandat niederlegen oder wenigstens bis zur Aufklärung der Vorwürfe ruhen lassen. Im Gegenteil: Alle wurden wieder als Kandidaten aufgestellt, meist dazu noch auf sicheren Listenplätzen, um ihnen die Wiederwahl zu garantieren.
Berlusconi selbst musste sich über die Jahre in Palermo fünf Ermittlungsverfahren gefallen lassen, wegen Unterstützung einer mafiösen Vereinigung und wegen Geldwäsche; allerdings wurden alle diese Verfahren eingestellt. Auch die Staatsanwaltschaften von Florenz und Caltanissetta ermittelten: Sie verdächtigten Berlusconi gar, einer der Hintermänner jener blutigen Anschläge der Mafia von 1992/93 in Palermo, Mailand und Florenz gewesen zu sein, die die Staatsanwälte Giovanni Falcone, Paolo Borsellino und zahlreiche andere das Leben kosteten. Auch diese Ermittlungen wurden schließlich eingestellt, weil innerhalb der vom Gesetz für ein Ermittlungsverfahren vorgesehenen Fristen keine hinreichenden Beweise für eine Anklageerhebung gefunden wurden."(...)
ich denke nicht, dass ich das noch groß kommentieren muss. eher sollten wir uns erstens deutlich machen, dass sehr viele informationen dafür sprechen, dass diese zustände keineswegs nur in italien so herrschen, und zweitens - noch wichtiger - die frage stellen: warum lassen wir derartige gestalten faktisch über unser leben bestimmen? es gibt zweifelsohne einen starken eigenanteil bei den beherrschten, wenn antisoziale/soziopathen immer wieder in zentrale macht- und führungspositionen gelangen können. mögliche gründe dafür sind in der vergangenheit hier schon mehrmals angerissen worden, v.a. im kontext der psychohistorie von deMause. aber es wird von tag zu tag dringlicher, nicht nur die gründe für die eigenen verstrickungen wahrzunehmen, sondern endlich auch praktikable konzepte zu schaffen, um die völlig unakzeptblen realitäten nachdrücklich zu verändern. das ist schlicht eine überlebensfrage.
monoma - 12. Apr, 23:56