notiz: von traumatisierten elefanten, dürren menschen und betrügerischen arzneimittelstudien (update)
neulich abends in einem café machte mich ein freund auf einen artikel der zeitschrift "neon" aufmerksam, der bei mir zunächst großes unglauben, später dann wachsende bestürzung auslöste. worum es geht? darum:
(...)"Seit den 90er-Jahren nehmen Zusammenstöße zwischen Menschen und Elefanten beunruhigend zu. Die "New York Times"widmete dem Phänomen sogar einen mehrseitigen Artikel. Diese Konflikte sind so alltäglich geworden, dass Elefantenforscher sie seit zehn Jahren in einer eigenen statistischen Kategorie H.E.C. (Human-Elephant-Conflict) erfassen. Beispiele aus jüngster Zeit:
Im nordindischen Bundesstaat Jharkand töteten Elefanten zwischen 2000 und 2004 insgesamt 300 Menschen. Im Bundesstaat Assam (mit ca. 5000 Elefanten) verdrängen sich Menschen und Elefanten gegenseitig aus Waldgebieten; seit 1994 starben dabei 605 Menschen durch Elefanten und umgekehrt 265 Elefanten durch aufgebrachte Dorfbewohner. In Nepal terrorisierte ein Elefantenbulle im Oktober mehrere Dörfer und tötete 12 Menschen. Eine indische Tageszeitung warnte sogar bereits, sich Tempel-Elefanten zu nähern, obwohl Elefanten den Hindus als heilige Tiere gelten.
In Afrika gibt es H.E.C.-Meldungen aus Sambia, Tansania, Uganda, Kenia. In Natal (Südafrika) wurden Elefantenherden Opfer der Rückgabe ehemals "weißen" Farmlandes an schwarze Einwohner: Die Tiere mussten umgesiedelt werden. Aus mehreren Reservaten meldeten Ranger, dass Elefantengruppen Safaribesucher und Rhinozerosse angriffen. Auch untereinander werden sie aggressiver. Im Addo-Nationalpark (Südafrika) sind bereits 90 Prozent aller getöteten Elefantenbullen Opfer anderer Bullen; normalerweise sind es höchstens 6 Prozent."(...)
nun werden tiere erstens generell nicht grundlos aggressiv, und zweitens geht es im falle der elefanten (die neben den walen nicht zufällig einen recht großen beliebheitsstatus haben, gelten sie doch - unter normalen, d.h. artgemäßen lebensbedingungen - als liebenswerte, soziale und intelligente tiere) darum, dass in dem oben bezeichneten konflikt sowie ebenso in den herden intern dazu absolut untypische verhaltensweisen sichtbar werden - nach einem weiteren bericht schließen sich junge elefantenbullen zu aggressiven gruppen zusammen, die ihre zeit hauptsächlich mit zerstörerischem verhalten füllen - bis hin zur vergewaltigung von rhinozerossen. ebenso wird von sehr gezielten angriffen auf dörfer berichtet. das erinnert Sie an etwas? korrekt:
(...)"Die aus Uganda stammende Tier-Ethnologin und Wildlife-Beraterin Eva Abe zieht eine klare Parallele zwischen besonders auffälligen jungen Elefantenbullen und menschlichen Kindersoldaten in afrikanischen Bürgerkriegsgebieten. "Wir haben mehr als 200 Flüchtlingscamps in Nord-Uganda. Es gibt dort kaum Erwachsene. Es sind Camps voller Kinder, ohne Eltern und Großeltern, ohne Schulen, ohne Infrastruktur. In diesen Camps werden Kindersoldaten rekrutiert. Sie haben nichts anderes."
es gibt dabei ein paar mehr als nur oberflächliche ähnlichkeiten zwischen menschen und elefanten, die dann auch dieses verhalten beleuchten können:
"Für den Fang eines jungen Elefanten muss in der Regel dessen Mutter getötet werden. Allein diese Erfahrung kann ein Elefantenjunges lebenslang traumatisieren. Wie Menschen haben auch Elefanten eine lange Kindheitsphase, mindestens acht Jahre, in der sie eng an der Seite ihrer Mutter bleiben, mitbetreut von Tanten, Großmutter, älteren Schwestern. In dieser umsorgten Kindheit werden differenzierte soziale Kompetenzen ausgeformt. Experten berichten, dass sie sogar Tränen weinen, wenn sie traurig sind. Auch rabaukenhafte Jungbullen werden durch das enge Familiensystem diszipliniert. Versuche scheinen zu zeigen, dass Elefanten sich ihres "Ichs" bewusst sein können,(...). Das wurde bisher nur bei Schimpansen und (eingeschränkt) bei Delfinen beobachtet.
Der Verlust älterer Herdenmitglieder durch Jagd oder Vertreibung hat automatisch Auswirkungen auf die jüngeren. Sie sind wie verwahrloste, vernachlässigte Kinder und können ihre Nachkommen selbst nicht herdengerecht sozialisieren. Neurologen fanden in Elefantengehirnen nicht nur einen großen Hippocampus (Sitz ihres guten Gedächtnisses), sondern auch ausgeprägte Strukturen eines limbischen Systems, das Emotionen entwickeln kann - sofern eine intensive soziale Interaktion in der Herde stattfindet. Ist sie gestört oder zu kurz, bleiben Reaktionen und Bindungen des Tieres grob und instabil."(...)
(die andeutung auf ein vorhandenes selbstbewußstsein bezieht sich auf den sog. spiegeltest.)
für den moment nur drei gedanken dazu: erstens lassen sich tatsächlich viele ähnlichkeiten mit prozessen menschlicher traumatisierungen sowie den teils gewalttätigen versuchen der "verarbeitung" / re-inszenierung entdecken. zweitens reagieren die tiere hier - auch das ist eine ähnlichkeit - auf zerstörungen ihres sozialgefüges in einer art und weise, die gegenüber ihrem sonstigen verhalten deutlich als ver-rückt zu bezeichnen ist (und da elefanten nicht nur metaphorisch über ein sehr gutes gedächtnis verfügen, erinnern sie sich auch daran, wer ihre feinde sind und ihnen leid zugefügt hat).
drittens aber: ich habe es neulich schon zum thema tiertransporte geschrieben, dass sich auch in der miesen, verachtenden und gleichgültigen behandlung von tieren - in freier wildbahn und erst recht in gefangenschaft - genau der gleiche verdinglichende wahrnehmungsmodus bemerkbar macht, der auch die soziale basis der menschlichen gesellschaft bedroht. und es ist nicht nur eine bittere pointe, sondern bereits ein symptom für den besorgniserregenden zustand unserer sozialstrukturen, dass viele menschen eher für tierschutz - gegen den ich keinesfalls etwas habe, im gegenteil - zu mobilisieren sind als für aktivitäten, die ein sozusagen artgerechtes leben für menschen ermöglichen würden. ich sehe es schon vor mir, dass wir erst bis zu dem punkt kommen mussten, an dem traumatisierte elefanten als türöffner für eine breite öffentliche aufmerksamkeit gegenüber der realität und den folgen von traumata dienen müssen. und das ist - und zwar in jeder hinsicht - schlicht erbärmlich.
ps: ich finde, das elefanten wunderschöne tiere sind.
*
von ge- und verstörten tieren nun zurück zu ge- und verstörten menschen: das thema magersucht (anorexia nervosa) macht an der spitze der essstörungen derzeit mal wieder schlagzeilen - die überschrift dieses artikels lautet "Mein Körper, mein Feind" - und die ist allerdings in meinen augen völlig zutreffend. egal, aus welchen gründen jemand eine magersucht entwickelt - der aspekt der kontrolle des eigenen körpers, die sich darin bereits manifestierende spaltung zwischen körper und einem virtuellen "ich" und die rücksichtslosigkeit, mit der dieses reduzierte "ich" seine fiktionen selbst um den preis der eigenen vernichtung real werden lassen will, ist jeweils deutlich zu beobachten und weist auf vieles von dem hin, was ich bisher in etlichen beiträgen hinsichtlich der eigenarten von möglichen störungen der menschlichen psychophysis versucht habe, aufzuzeigen. es ist definitiv kein primär individuelles problem.
mehr auch hier und hier.
*
zum abschluß wieder einmal eine geschichte von lügen, betrug und fakes, wie sie in der kapitalistischen ökonomie alltäglich ist - besonders interessant ist dieses mal die branche, von der die rede ist:
(...)"Ich war über dreißig Jahre korrupt, habe Menschen bestochen und die Manipulation von Daten gedeckt.
Da sind Sie nicht der Einzige.
Klar. Aber es geht hier um kranke Menschen beziehungsweise um Menschen, die durch diese Präparate erst richtig krank werden oder sich umbringen oder andere gefährden.
Wie meinen Sie das?
Es ist kein Geheimnis, dass Arzneimittelstudien, die schlecht ausgehen, oft nicht veröffentlich werden. Sie werden auch nicht den Behörden vorgelegt, die etwa über die Zulassung eines Medikaments entscheiden. Sie verschwinden einfach in den Schubladen der Firmen.
Fluoxetin kann nicht nur Angst, Nervosität und Schlaflosigkeit herbeiführen, es besteht auch das Risiko von aggressivem Verhalten und konkreten Suizidgedanken, weil depressive Patienten durch den selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer aktiviert werden. Wussten Sie das schon damals?
Ja, solche negative Effekte waren bekannt.
Und die alarmierenden Daten wurden unterdrückt?
Ja. Sie wurden jedenfalls nicht weiter verfolgt, um die Zulassung nicht zu gefährden."(...)
fluoxetin ist - das werden vermutlich viele leserInnen hier wissen - der wirkstoff des bekannten "prozac", welches für die hersteller durchaus als "ökonomischer erfolg" (für ihre eigene börse und die ihrer aktionäre zumindest, die gesamtgesellschaftliche bilanz dürfte etwas anders aussehen) gewertet werden kann. zumindest bei solchen zahlen:
"In den USA wird die Zahl der Prozac-Konsumenten auf 20 Millionen geschätzt. Es wurde dort nach der Einführung 1987 als Wundermittel gefeiert und galt wegen seiner antriebssteigernden Wirkung als Yuppie-Droge."
zweifelhafte schmiermittel für eine noch zweifelhaftere gesellschaftsform mit den usa an der spitze, die inzwischen jeden tag unzählige male ihre eigene bankrotterklärung unterzeichnet. die frage ist nicht mehr, ob diese elende farce irgendwann ein ende hat - denn das wird sie haben, und zwar unabwendbar. die frage ist, wann und unter welchen umständen dieses überfällige ende eintreten wird - genauer: ob genügend soziale substanz übrigbleiben wird, um ein leben, welches diesen namen auch verdienen würde, zu realisieren.
für die antwort sind wir heutigen zuständig.
*
edit am 13.01.07: zum letzten thema oben, und da besonders zur feststellung des interviewers hinsichtlich korruption und manipulation - "Da sind Sie nicht der Einzige" - , passt ebenfalls ein artikel, in dem bezgl. einer der verantwortlichen personen der treffende satz "Ein Feind des Planeten" zu lesen ist. es geht um den energiekonzern "exxon", der nachweislich seit jahren mittels manipulationen von daten und studien sowie einem ganzen arsenal sog. "pr"-maßnahmen (zu dieser professionellen fake-maschinerie mehr hier) einfluß auf öffentliche und wissenschaftliche diskussionen zu den ursachen der klimaerwärmung genommen hat. das geht bis zur beeinflussung von schulkindern:
(...)"Exxon nimmt nicht nur Einfluss auf die wissenschaftliche Debatte. Auch die Lehrerschaft in den USA scheint fest in der Hand der Ölfirma zu sein. Als die Produzenten von "An Inconvenient Truth", einem weltweit äußerst erfolgreichen Film des ehemaligen demokratischen Vizepräsidenten Al Gore über die globale Erwärmung, Schulen in Amerika 55.000 Kopien des Films umsonst zur Verfügung stellen wollte, lehnte die "National Science Teachers Association" (NSTA) ab. Die offizielle Begründung: Der Film sei tendenziös. In einem Nebensatz ließ sie mehr durchblicken: Man wolle sein Fundraising nicht gefährden. Einer der größten Sponsoren der NSTA ist Exxon. Während "An Inconvenient Truth" in Norwegen und Schweden inzwischen zum festen Lehrplan gehört, bekommen US-Schüler von Exxon produzierte Filme gezeigt. Die sind für die NSTA offenbar objektiv genug."(...)
ich würde übrigens dringend dazu raten, nicht dem kurzschluss zu verfallen, die im artikel ebenfalls genannten und offensichtlich ein kleines fitzelchen mehr realitätswahrnehmung aufweisenden anderen konzerne ob ihres verhaltens generell zu entlasten. mit allergrößter sicherheit dürfte hier kühle kalkulation hinsichtlich der folgen für das eigene image eine gewichtige rolle gespielt haben. und dazu kommt noch, dass das betreffende thema nur eines von vielen ist, in dem sich solche konzerne nicht anders als jeder gewöhnliche mafiaclan verhalten.
eine folgerung aus solchen und anderen geschichten, die ich schon früher gezogen habe: diese "unternehmen" - und das sie primär schützende system mitsamt allen beteiligten institutionen - haben jeden anspruch auf respektierung oder gar loyalität verloren. und wer sie schützt, verteidigt oder rechtfertigt, macht sich unausweichlich selbst zum mittäter. das gilt übrigens prinzipiell auch für die "nur" passive duldung dieses treibens.
(...)"Seit den 90er-Jahren nehmen Zusammenstöße zwischen Menschen und Elefanten beunruhigend zu. Die "New York Times"widmete dem Phänomen sogar einen mehrseitigen Artikel. Diese Konflikte sind so alltäglich geworden, dass Elefantenforscher sie seit zehn Jahren in einer eigenen statistischen Kategorie H.E.C. (Human-Elephant-Conflict) erfassen. Beispiele aus jüngster Zeit:
Im nordindischen Bundesstaat Jharkand töteten Elefanten zwischen 2000 und 2004 insgesamt 300 Menschen. Im Bundesstaat Assam (mit ca. 5000 Elefanten) verdrängen sich Menschen und Elefanten gegenseitig aus Waldgebieten; seit 1994 starben dabei 605 Menschen durch Elefanten und umgekehrt 265 Elefanten durch aufgebrachte Dorfbewohner. In Nepal terrorisierte ein Elefantenbulle im Oktober mehrere Dörfer und tötete 12 Menschen. Eine indische Tageszeitung warnte sogar bereits, sich Tempel-Elefanten zu nähern, obwohl Elefanten den Hindus als heilige Tiere gelten.
In Afrika gibt es H.E.C.-Meldungen aus Sambia, Tansania, Uganda, Kenia. In Natal (Südafrika) wurden Elefantenherden Opfer der Rückgabe ehemals "weißen" Farmlandes an schwarze Einwohner: Die Tiere mussten umgesiedelt werden. Aus mehreren Reservaten meldeten Ranger, dass Elefantengruppen Safaribesucher und Rhinozerosse angriffen. Auch untereinander werden sie aggressiver. Im Addo-Nationalpark (Südafrika) sind bereits 90 Prozent aller getöteten Elefantenbullen Opfer anderer Bullen; normalerweise sind es höchstens 6 Prozent."(...)
nun werden tiere erstens generell nicht grundlos aggressiv, und zweitens geht es im falle der elefanten (die neben den walen nicht zufällig einen recht großen beliebheitsstatus haben, gelten sie doch - unter normalen, d.h. artgemäßen lebensbedingungen - als liebenswerte, soziale und intelligente tiere) darum, dass in dem oben bezeichneten konflikt sowie ebenso in den herden intern dazu absolut untypische verhaltensweisen sichtbar werden - nach einem weiteren bericht schließen sich junge elefantenbullen zu aggressiven gruppen zusammen, die ihre zeit hauptsächlich mit zerstörerischem verhalten füllen - bis hin zur vergewaltigung von rhinozerossen. ebenso wird von sehr gezielten angriffen auf dörfer berichtet. das erinnert Sie an etwas? korrekt:
(...)"Die aus Uganda stammende Tier-Ethnologin und Wildlife-Beraterin Eva Abe zieht eine klare Parallele zwischen besonders auffälligen jungen Elefantenbullen und menschlichen Kindersoldaten in afrikanischen Bürgerkriegsgebieten. "Wir haben mehr als 200 Flüchtlingscamps in Nord-Uganda. Es gibt dort kaum Erwachsene. Es sind Camps voller Kinder, ohne Eltern und Großeltern, ohne Schulen, ohne Infrastruktur. In diesen Camps werden Kindersoldaten rekrutiert. Sie haben nichts anderes."
es gibt dabei ein paar mehr als nur oberflächliche ähnlichkeiten zwischen menschen und elefanten, die dann auch dieses verhalten beleuchten können:
"Für den Fang eines jungen Elefanten muss in der Regel dessen Mutter getötet werden. Allein diese Erfahrung kann ein Elefantenjunges lebenslang traumatisieren. Wie Menschen haben auch Elefanten eine lange Kindheitsphase, mindestens acht Jahre, in der sie eng an der Seite ihrer Mutter bleiben, mitbetreut von Tanten, Großmutter, älteren Schwestern. In dieser umsorgten Kindheit werden differenzierte soziale Kompetenzen ausgeformt. Experten berichten, dass sie sogar Tränen weinen, wenn sie traurig sind. Auch rabaukenhafte Jungbullen werden durch das enge Familiensystem diszipliniert. Versuche scheinen zu zeigen, dass Elefanten sich ihres "Ichs" bewusst sein können,(...). Das wurde bisher nur bei Schimpansen und (eingeschränkt) bei Delfinen beobachtet.
Der Verlust älterer Herdenmitglieder durch Jagd oder Vertreibung hat automatisch Auswirkungen auf die jüngeren. Sie sind wie verwahrloste, vernachlässigte Kinder und können ihre Nachkommen selbst nicht herdengerecht sozialisieren. Neurologen fanden in Elefantengehirnen nicht nur einen großen Hippocampus (Sitz ihres guten Gedächtnisses), sondern auch ausgeprägte Strukturen eines limbischen Systems, das Emotionen entwickeln kann - sofern eine intensive soziale Interaktion in der Herde stattfindet. Ist sie gestört oder zu kurz, bleiben Reaktionen und Bindungen des Tieres grob und instabil."(...)
(die andeutung auf ein vorhandenes selbstbewußstsein bezieht sich auf den sog. spiegeltest.)
für den moment nur drei gedanken dazu: erstens lassen sich tatsächlich viele ähnlichkeiten mit prozessen menschlicher traumatisierungen sowie den teils gewalttätigen versuchen der "verarbeitung" / re-inszenierung entdecken. zweitens reagieren die tiere hier - auch das ist eine ähnlichkeit - auf zerstörungen ihres sozialgefüges in einer art und weise, die gegenüber ihrem sonstigen verhalten deutlich als ver-rückt zu bezeichnen ist (und da elefanten nicht nur metaphorisch über ein sehr gutes gedächtnis verfügen, erinnern sie sich auch daran, wer ihre feinde sind und ihnen leid zugefügt hat).
drittens aber: ich habe es neulich schon zum thema tiertransporte geschrieben, dass sich auch in der miesen, verachtenden und gleichgültigen behandlung von tieren - in freier wildbahn und erst recht in gefangenschaft - genau der gleiche verdinglichende wahrnehmungsmodus bemerkbar macht, der auch die soziale basis der menschlichen gesellschaft bedroht. und es ist nicht nur eine bittere pointe, sondern bereits ein symptom für den besorgniserregenden zustand unserer sozialstrukturen, dass viele menschen eher für tierschutz - gegen den ich keinesfalls etwas habe, im gegenteil - zu mobilisieren sind als für aktivitäten, die ein sozusagen artgerechtes leben für menschen ermöglichen würden. ich sehe es schon vor mir, dass wir erst bis zu dem punkt kommen mussten, an dem traumatisierte elefanten als türöffner für eine breite öffentliche aufmerksamkeit gegenüber der realität und den folgen von traumata dienen müssen. und das ist - und zwar in jeder hinsicht - schlicht erbärmlich.
ps: ich finde, das elefanten wunderschöne tiere sind.
*
von ge- und verstörten tieren nun zurück zu ge- und verstörten menschen: das thema magersucht (anorexia nervosa) macht an der spitze der essstörungen derzeit mal wieder schlagzeilen - die überschrift dieses artikels lautet "Mein Körper, mein Feind" - und die ist allerdings in meinen augen völlig zutreffend. egal, aus welchen gründen jemand eine magersucht entwickelt - der aspekt der kontrolle des eigenen körpers, die sich darin bereits manifestierende spaltung zwischen körper und einem virtuellen "ich" und die rücksichtslosigkeit, mit der dieses reduzierte "ich" seine fiktionen selbst um den preis der eigenen vernichtung real werden lassen will, ist jeweils deutlich zu beobachten und weist auf vieles von dem hin, was ich bisher in etlichen beiträgen hinsichtlich der eigenarten von möglichen störungen der menschlichen psychophysis versucht habe, aufzuzeigen. es ist definitiv kein primär individuelles problem.
mehr auch hier und hier.
*
zum abschluß wieder einmal eine geschichte von lügen, betrug und fakes, wie sie in der kapitalistischen ökonomie alltäglich ist - besonders interessant ist dieses mal die branche, von der die rede ist:
(...)"Ich war über dreißig Jahre korrupt, habe Menschen bestochen und die Manipulation von Daten gedeckt.
Da sind Sie nicht der Einzige.
Klar. Aber es geht hier um kranke Menschen beziehungsweise um Menschen, die durch diese Präparate erst richtig krank werden oder sich umbringen oder andere gefährden.
Wie meinen Sie das?
Es ist kein Geheimnis, dass Arzneimittelstudien, die schlecht ausgehen, oft nicht veröffentlich werden. Sie werden auch nicht den Behörden vorgelegt, die etwa über die Zulassung eines Medikaments entscheiden. Sie verschwinden einfach in den Schubladen der Firmen.
Fluoxetin kann nicht nur Angst, Nervosität und Schlaflosigkeit herbeiführen, es besteht auch das Risiko von aggressivem Verhalten und konkreten Suizidgedanken, weil depressive Patienten durch den selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer aktiviert werden. Wussten Sie das schon damals?
Ja, solche negative Effekte waren bekannt.
Und die alarmierenden Daten wurden unterdrückt?
Ja. Sie wurden jedenfalls nicht weiter verfolgt, um die Zulassung nicht zu gefährden."(...)
fluoxetin ist - das werden vermutlich viele leserInnen hier wissen - der wirkstoff des bekannten "prozac", welches für die hersteller durchaus als "ökonomischer erfolg" (für ihre eigene börse und die ihrer aktionäre zumindest, die gesamtgesellschaftliche bilanz dürfte etwas anders aussehen) gewertet werden kann. zumindest bei solchen zahlen:
"In den USA wird die Zahl der Prozac-Konsumenten auf 20 Millionen geschätzt. Es wurde dort nach der Einführung 1987 als Wundermittel gefeiert und galt wegen seiner antriebssteigernden Wirkung als Yuppie-Droge."
zweifelhafte schmiermittel für eine noch zweifelhaftere gesellschaftsform mit den usa an der spitze, die inzwischen jeden tag unzählige male ihre eigene bankrotterklärung unterzeichnet. die frage ist nicht mehr, ob diese elende farce irgendwann ein ende hat - denn das wird sie haben, und zwar unabwendbar. die frage ist, wann und unter welchen umständen dieses überfällige ende eintreten wird - genauer: ob genügend soziale substanz übrigbleiben wird, um ein leben, welches diesen namen auch verdienen würde, zu realisieren.
für die antwort sind wir heutigen zuständig.
*
edit am 13.01.07: zum letzten thema oben, und da besonders zur feststellung des interviewers hinsichtlich korruption und manipulation - "Da sind Sie nicht der Einzige" - , passt ebenfalls ein artikel, in dem bezgl. einer der verantwortlichen personen der treffende satz "Ein Feind des Planeten" zu lesen ist. es geht um den energiekonzern "exxon", der nachweislich seit jahren mittels manipulationen von daten und studien sowie einem ganzen arsenal sog. "pr"-maßnahmen (zu dieser professionellen fake-maschinerie mehr hier) einfluß auf öffentliche und wissenschaftliche diskussionen zu den ursachen der klimaerwärmung genommen hat. das geht bis zur beeinflussung von schulkindern:
(...)"Exxon nimmt nicht nur Einfluss auf die wissenschaftliche Debatte. Auch die Lehrerschaft in den USA scheint fest in der Hand der Ölfirma zu sein. Als die Produzenten von "An Inconvenient Truth", einem weltweit äußerst erfolgreichen Film des ehemaligen demokratischen Vizepräsidenten Al Gore über die globale Erwärmung, Schulen in Amerika 55.000 Kopien des Films umsonst zur Verfügung stellen wollte, lehnte die "National Science Teachers Association" (NSTA) ab. Die offizielle Begründung: Der Film sei tendenziös. In einem Nebensatz ließ sie mehr durchblicken: Man wolle sein Fundraising nicht gefährden. Einer der größten Sponsoren der NSTA ist Exxon. Während "An Inconvenient Truth" in Norwegen und Schweden inzwischen zum festen Lehrplan gehört, bekommen US-Schüler von Exxon produzierte Filme gezeigt. Die sind für die NSTA offenbar objektiv genug."(...)
ich würde übrigens dringend dazu raten, nicht dem kurzschluss zu verfallen, die im artikel ebenfalls genannten und offensichtlich ein kleines fitzelchen mehr realitätswahrnehmung aufweisenden anderen konzerne ob ihres verhaltens generell zu entlasten. mit allergrößter sicherheit dürfte hier kühle kalkulation hinsichtlich der folgen für das eigene image eine gewichtige rolle gespielt haben. und dazu kommt noch, dass das betreffende thema nur eines von vielen ist, in dem sich solche konzerne nicht anders als jeder gewöhnliche mafiaclan verhalten.
eine folgerung aus solchen und anderen geschichten, die ich schon früher gezogen habe: diese "unternehmen" - und das sie primär schützende system mitsamt allen beteiligten institutionen - haben jeden anspruch auf respektierung oder gar loyalität verloren. und wer sie schützt, verteidigt oder rechtfertigt, macht sich unausweichlich selbst zum mittäter. das gilt übrigens prinzipiell auch für die "nur" passive duldung dieses treibens.
monoma - 12. Jan, 15:33
kurz was zur technik: