interessanter Gedankengang.
Ein wenig provokativ von mir zum Anfang, aber verständlicher und klarer beim
weiterlesen: "Um ein Selbst zu verlieren, muß man zuerst ein Selbst haben." Das
jedoch ist bei den meisten Menschen nicht der Fall. Ein sozial dressiertes Ich,
hat mit einem Selbst, mit einem persönlichen Ich nichts zu tun. Heidegger sprach
vom "Man-Selbst-Sein". Eine massive Schicht von sozial dresseirtem Ich überlagert
und erstickt fast jede Regung eines persönlichen Ich´s. Und das paßt fast ja wie die
Faust auf´s Auge, nicht wahr. Ich habe mir seit geraumer Zeit angewöhnt, unsere
Konsumgesellschaft in eine Verblödungsgesellschaft umzubennen, was es auch
trifft. In so einer Verblödungsgesellschaft ist es überhaupt kein Wunder, wenn
diese einen alten verblödeten Menschen hervorbringt und schafft.
Sozusagen die Krönung dieser Perversion, die sich heute als Alzheimer Krankheit
manifestiert.
In einer sozialen und humanen Gesellschaft wäre wohl eher der weise
und gütige alte Mensch das Ziel.
Was zeichnet die Verblödungsgesellschaft aus?
Die Verblödungsgesellschaft wie wir sie kennen, ist darauf ausgelegt, Zerstreuung,
keine Aufmerksamkeit, Ablenkung, keine Konzentration, Flucht vor sich selbst in
Form von Konsum, Medienverblödung(Inhalte) zu schaffen. So verhindert sie
Selbstsein, Selbstbegegnung, Selbstverwirklichung, Fragen nach dem Sinn des
Lebens, Selbsterziehung, Selbsterkenntnis, Selbstanalyse, Autonomie, Weisheit,
etc. Ein persönliches Selbst, das sollten wir auch nicht vergessen, zeichnet sich durch deutlich
erweiterte und starke Gedächtnisleistung aus.
Aber, niemand soll wach werden und anfangen die richtigen Fragen zu stellen. Alles
wird getan, um dem Menschen von vornherein den Weg zum eigenen Selbst und zum
Selbstsein zu verbauen. Das klappt, wenn wir uns den Aufbau dieser Verblödungsgesellschaft
der letzten Dekaden ansehen ganz vorzüglich, aber scheinbar mit fatalen Konsequenzen.
Aus diesem Grunde haben wir heute einen Menschentypus der eigenartig in Selbstvergessenheit,
Zerstreutheit und Uneigentlichkeit lebt. Ein dressiertes soziales Ich, das sich selbst kaum wahrnehmen kann
und auch nicht soll. Der Typus von heute soll auch keine Stellung beziehen, das machen ja schon
Öffentlichkeit, Medien und Politik für ihn. Er hat und soll das alles dann fraglos übernehmen
und im Chor der Masse eben ein und dasselbe Lied singen. Aber leider gibt es da ein kleines Problem.
Das Problem der Endlichkeit des Einzelnen, seinen Tod. Kann es vielleicht sein, das trotz der
heftigen Nivellierung des Einzelnen, der älter werdende Mensch nun doch Stellung beziehen
muß? Und macht ihm das vielleicht dermaßen viel Angst, Panik und Stress, das er das bisher angelernt und
eingeübte Selbstvergessen nun durch Alzheimer quasi zur vollen Blüte bringt?
Psychosomatiker werden hier sicherlich ein wenig hellhörig werden. Ich will das mal
mit einem kleinen Beispiel durch Frieda Fromm-Reichmann belegen:
"Das scheitern der Ehe mit Erich Fromm ließ auch Frieda erkranken.
Als sich Erich nach Davos begab, begann sie über Unterleibsschmerzen zu klagen, arbeitete
aber weiter, ohne sie zu beachten.Im darauf folgenden Frühjahr berichtete sie Groddeck von
chronische Bauchschmerzen, die ihrer Einschätzung nach eine psychische Komponente
hätten. Als schließlich ein Myom festgestellt wurde, das am 20. Juli 1932 in einem Baseler
Krankenhaus operativ entfernt wurde, schrieb sie Groddeck:
Im Unterbewusstsein mußte ich solange aushalten, weil das Myom, das sich gebildet hatte,
erst Mitte Juli - ein Jahr nach dem Beginn der Krankheit meines Mannes (meine zuerst wahrgenommenen
Symptome ereigneten sich neun Monate nach Beginn seiner Krankheit und seines Weggangs) - das
Myom erst jetzt Größe und Aussehen eines Kindes erreicht hatte. Vor elf Tagen gebar ich es(d.h. es wurde
herausoperiert). Als mir der Arzt das Exemplar zwei Tage später zeigte, - mußte ich über die Macht des Es
lachen, das ein wirkliches Kind mit einem Kopf, Körper und Beinen gebildet hatte. Und obwohl die "Geburt"
ein großer chirurgischer Eingriff war, erholte ich mich danach so schnell wie von einer Entbindung, heute
war ich sechs Stunden auf und ging im Garten spazieren..."
Frieda Fromm-Reichmann scheint monatelang mit dem Gefühl gelebt zu haben, schwanger zu sein.
Nun wenden wir uns wieder der Verblödungsgesellschaft zu. Mit einem konkreten Beispiel aus meiner
Familie. Eine Verwandte von mir, 82 Jahre alt, Alzheimer in sehr fortgeschrittenen Stadium.
Sprache: Ja und Nein, ansonsten nur noch Laute wie im Säuglingsalter.
Wenn ich mir ihr Leben so vor Augen führe, dann fällt mir auf, das sie immer auf der Flucht vor
sich selbst war. Immer die Meinung der Öffentlichkeit hatte und auch sonst extrem angepasst.
Vom Morgens bis Abends aktiv, immer auf Achse. Alleinsein konnte sie nicht
ertragen, bastelte jedoch mit ihrer Art und Weise tagtäglich daran, nicht gemocht zu werden.
Sie stieß andere vor den Kopf und sprach taktlos ihre "Schwächen" an. Sie selbst sagte von
sich, das sie im Alter wohl sehr einsam werden würde, niemand würde sie besuchen. Sie hatte
Recht, niemand telefonierte mit ihr, niemand kam zu Besuch. Und!, sie hatte panische Angst
vor dem Sterben müssen. Ihr Lebensmotto: Nein, umgekehrt, ließ sich zwar auf ihre Mitmenschen
anwenden, die mit Flucht und Kontaktverweigerung antworteten, aber für den Tod selbst lief
dieses Motto wohl in die Leere. Bei meiner Verwandten würde ich auf Einsamkeit und
zunehmend soziale Isolation und verfehlte Auseinandersetzung mit dem Sterben-Müssen
(Panik, Angst und Stress) tippen.
Vielleicht treffen sich ja an dieser Stelle zwei Protagonisten, die eine gegenseitige Bereitschaft
und Entgegekommen aufweisen.
Die Verblödungsgesellschaft, die zur Selbstvergessenheit in allen Lebenslagen
animiert, und Menschen, die diese Selbstvergessenheit gelebt und zu sozialer Isolation
neigen. Soziale Isolation muß aber nicht zwingend von Innen kommen, es reicht wahrscheinlich
durchaus aus, das so etwas wie eine Haltung und Erwartung von außen herangetragen(Trigger) wird.
Verbal, als auch Präverbal wird alten Leuten ja zu verstehen gegeben, das sie "überflüssig" sind
und "eigentlich unnütz Arbeit" machen(Verdinglichung).
Vielleicht bedeutet Alzheimer ja auch ein loswerden seines Ich´s auf besondere Weise?
Wer sich selbst komplett vergißt, braucht vielleicht nicht mehr wahrnehmen das er sterben wird?
Pervertierte Erwartungen einer Verblödungsgesellschaft an älter werdende Menschen?
Die Krönung der Verblödungsgesellschaft schafft im Alter den verblödeten Menschen, im wahrsten
Sinne des Wortes?
In einer sozialen und humanen Gesellschaft wäre wohl eher der weise und gütige alte Mensch das Ziel.
Wieso Ziel? Ich sehe keine "Ziele"; ich sehe auch nicht die Absicht, Menschen zu "verblöden"; daß wir zunehmend zu Monaden werden (manche meinen ja, es gäbe nur noch diese: eine Art Soft-Autisten), ist ein Prozess, der seit der Industrialisierung als Durchkapitalisierung aller menschlichen/umweltlichen/natürlichen Bereiche wahrgenommen werden kann. Es steht keine Absicht dahinter, es ist stattdessen ein zwangläufiges Ergebnis unseres Gesellschafts- und Verwertungssystems.
Ich sehe die Gefahr in solcherlei Diskussionen darin, daß manche Leute dazu neigen, entweder die menschliche Spezies völlig zu überschätzen, oder sie total zu unterschätzen. Eine weitere Gefahr sehe ich in der Esoterisierung ;-) des Themas.
Aus Beispielen meiner Lebenszeit heraus kann ich sagen, daß Vereinsamung und damit "Verblödung" durchaus auch Menschen trifft, die sich gegenüber ihren Verwandten und Freunden sehr schlecht benommen haben (Ausnutzung, Intrigen, psychische und physische Gewalt), und, wenn man so will, irgendwann die Quittung dafür erhalten [ach, diese Verkaufmannisierung der Sprache! ;-)], sie büßen mit Einsamkeit, und viele mit wachsender Boshaftigkeit, und genau solche erlebte ich nicht als Verblödende im Sinne von Demenzkrankheit - in gewisser Weise "verblödet" im sozialen Miteinander waren sie aber schon immer, oder schon sehr lange.
Die meisten alternden Menschen, die ich kenne, wollen vor allem ihre Ruhe haben: keine Hektik, keine schlechten Nachrichten, keine Kälte und Hunger. Das ist jedoch eine Generation, die den WWII miterlebt hat, oder kurz nach seinem Ende geboren wurde und gewisse Dinge durchmachen musste, die meine Generation nicht erleiden musste. Wie wir im Alter sein werden, das wird sich herausstellen. Auf jeden Fall war es und wird es hoffentlich so bleiben: wer bislang wach und interessiert lebte, mit seinen Mitmenschen und Umwelt in Frieden leben durfte und im Großen und Ganzen seine Ruhe und Stärke bewahren konnte, der wird das auch ins Alter hinüberretten können und möglichst lang geistig rank sein.
Aber Demenzkrankheiten können auch den "braven und guten" treffen; es stört mich gewaltig und geht mir enorm auf den Keks, daß man mit Überlegungen wie der Übertragung von Streß auf die Entstehung körperlicher Symptome bis hin zu Krebserkrankung die seelische Verfassung in Haft nimmt.
Die schwache oder verletzte Psyche kann die Verstärkung einer Erkrankung ermöglichen, das ist nicht zu leugnen; daraus aber zu konstruieren, der kranke Mensch hätte irgendwie "Schuld" an seiner Erkrankung, lässt sich fatalerweise in das Extrem weiterentwickeln: Jedem das Seine. Und wer das, in welcher Absicht, vertrat, ist uns bestens bewusst.
Aber Demenzkrankheiten können auch den "braven und guten" treffen; es stört mich gewaltig und geht mir enorm auf den Keks, daß man mit Überlegungen wie der Übertragung von Streß auf die Entstehung körperlicher Symptome bis hin zu Krebserkrankung die seelische Verfassung in Haft nimmt.
Die schwache oder verletzte Psyche kann die Verstärkung einer Erkrankung ermöglichen, das ist nicht zu leugnen; daraus aber zu konstruieren, der kranke Mensch hätte irgendwie "Schuld" an seiner Erkrankung, lässt sich fatalerweise in das Extrem weiterentwickeln: Jedem das Seine. Und wer das, in welcher Absicht, vertrat, ist uns bestens bewusst.
ist das, was du im letzten absatz kritisierst, nicht genau das, was du hier skizzierst?
Aus Beispielen meiner Lebenszeit heraus kann ich sagen, daß Vereinsamung und damit "Verblödung" durchaus auch Menschen trifft, die sich gegenüber ihren Verwandten und Freunden sehr schlecht benommen haben (Ausnutzung, Intrigen, psychische und physische Gewalt), und, wenn man so will, irgendwann die Quittung dafür erhalten [ach, diese Verkaufmannisierung der Sprache! ;-)], sie büßen mit Einsamkeit, und viele mit wachsender Boshaftigkeit,
das ist imo doch eigentlich genau in der richtung, die von esoterikern als "schlechtes karma" bezeichnet wird, wenn auch nicht mit konsequenzen im fiktionalen "nächsten leben", sondern bereits aktuell.
ich glaube schon, dass handeln/nichthandeln generell und allgemein konsequenzen für einen selbst hat *ach was*, und das auch die duldung immer massiverer über- und angriffe der macht natürlich konsequenzen auch für das leben derjenigen mit sich bringt, die diese duldung verantworten. aber ich glaube auch, dass das in willkürlicher form geschieht - und keinesfalls immer "die richtigen" trifft (willkür ist ein typisches kennzeichen übergriffiger machtstrukturen, welches ob seiner sichtbaren und gewollten ungerechtigkeit angst und terror wirkungsvoll verstärken kann).
*
und zu deinem ersten teil ganz oben: ich sehe das eher etwas anders. natürlich kann im derzeitigen zeitgeist diese abwälzung von "schuld" für das eigene unglück beobachtet werden - aber das kann das wissen um die psychophysische ganzheit des menschen nicht relativieren. die entsprechenden modelle von psychoimmunologie und neurowissenschaften lassen auch ganz andere konsequenzen des handelns und der argumentation zu: in richtung kollektiver verantwortlichkeit zb.
dieses "jeder-ist-seines-glückes-schmied"-geschwätz widerspricht allem, aber inzwischen wirklich allem, was wir über die realität und die funktionsgesetze dieser welt berechtigt sagen können - ich verweise auf das, was ich hier zum "beziehungsgeflecht" geschrieben habe, in dem wir uns alle - absolut ohne ausnahmen! - bewegen. das problem mit solchen aussagen und ansichten, wie sie im erwähnten "sprichwort" vorkommen, besteht eher in der nichtwahrnehmbarkeit der realität dieser handfesten und v.a. realen matrix seitens derjenigen, die solche aussagen glauben und tätigen. aber die können sich dabei immer weniger auf wissenschaft berufen.
ist das, was du im letzten absatz kritisierst, nicht genau das, was du hier skizzierst?
Ja und? Demenz trifft ja eben auch jene, die ein "gutes" Leben geführt haben.
Manchmal habe ich den Eindruck, Du erwartest, vorausgesetzt wir alle lebten endlich in Eintracht zusammen, in paradiesischen Zuständen, alle als Vegetarier und ungespaltene Persönlichkeiten, eine Art ewiges Leben, ohne Krankheiten, ohne sonstige Erschütterungen. Deine Auffassung von Kollektivität ist so - insektenhaft. Und ich lasse mich, Du weisst das ja bereits, in Sachen "kollektiver Verantwortlichkeit", wie Du sie anscheinend besonders radikal vertrittst, nicht verhaften, denn so ist sie mir zu nah am Größenwahn.
Ja und? Demenz trifft ja eben auch jene, die ein "gutes" Leben geführt haben.
sorry, aber dann verstehe ich deine aussagen nicht so ganz - wieso schreibst du dann von "quittungen"? um genau diese denkweise später zu kritisieren?
Manchmal habe ich den Eindruck, Du erwartest, vorausgesetzt wir alle lebten endlich in Eintracht zusammen, in paradiesischen Zuständen, alle als Vegetarier und ungespaltene Persönlichkeiten, eine Art ewiges Leben, ohne Krankheiten, ohne sonstige Erschütterungen. Deine Auffassung von Kollektivität ist so - insektenhaft.
wieder sorry, aber das ist ziemlicher unsinn. die beseitigung überflüssigen , d.h. gesellschaftlich produzierten leidens wird weder den tod noch naturkatastrophen oder schmerzvolle zustände generell beseitigen - die gehören zum leben dazu und sind in gewisser hinsicht sogar unverzichtbar. ich glaube übrigens nicht, dass ich hier schon mal detaillierter meine vorstellungen von kollektivität ausgebreitet habe.
Und ich lasse mich, Du weisst das ja bereits, in Sachen "kollektiver Verantwortlichkeit", wie Du sie anscheinend besonders radikal vertrittst, nicht verhaften, denn so ist sie mir zu nah am Größenwahn.
kollektive verantwortlichkeit: es liegt potenziell eine unglaubliche macht im handeln von vielen, die die von uns kritisierten zustände innerhalb kürzester zeit beenden könnte. und das wissen darum hat für mich nix mit größenwahn zu tun - so ein argument zementiert eher die eigene resignation.
und "verhaften"? die absolute mehrheit aller hier lebenden trägt dieses system in vielfältigster weise mit - konsumiert die angebote der mafia und wählt ihre politikerInnen. zahlt brav die steuern, mit denen knäste und armeen unterhalten werden. natürlich sind alle, die das tun, mitverantwortlich. ohne dieses tun wären die zustände hier nicht lebensfähig.
Eigentlich hab ich Kandinsky geantwortet und bin dabei ausgeufert. Egal, das wird ja vielleicht doch noch ein netter Austausch.
> sie büßen mit Einsamkeit, und viele mit wachsender Boshaftigkeit, und genau
> solche erlebte ich nicht als Verblödende im Sinne von Demenzkrankheit - in
> gewisser Weise "verblödet" im sozialen Miteinander waren sie aber schon immer, oder
> schon sehr lange.
Und ihre Einsamkeit wird ihnen wenn überhaupt erst im Alter bewusst, und die Schuld suchen sie dann für gewöhnlich nicht bei sich, ihrem Verhalten, dazu sind sie nicht in der Lage, weil sie in einem anderen Zustand leben als jemand, der sein Verhalten kritisch reflektiert. Aber das ist ja schon ziemlich niedriges Niveau, das ist ja nun wirklich nichts weltbewegendes, was erzähl ich Dir da, ich lass es jetzt.
> wieder sorry, aber das ist ziemlicher unsinn. die beseitigung überflüssigen , d.h.
> gesellschaftlich produzierten leidens wird weder den tod noch naturkatastrophen
> oder schmerzvolle zustände generell beseitigen - die gehören zum leben dazu und sind
> in gewisser hinsicht sogar unverzichtbar. ich glaube übrigens nicht, dass ich hier
> schon mal detaillierter meine vorstellungen von kollektivität ausgebreitet habe.
Warum denn "sorry", wenn Du denkst, daß ich Unsinn schreibe, dann lass das ruhig so stehen, so was macht mich nämlich echt sauer, wenn man mir sagt, entschuldige, aber ich finde dich doof. Da gibt es nichts zu entschuldigen.
Du unterscheidest hier soweit ich das überblicken kann nirgends zwischen überflüssigen Leiden und zum Leben dazugehörenden, vielmehr gewinne ich laufend den Eindruck, daß Deiner Überlegung nach jegliche Krankheit oder Unwohlsein ihren Ursprung in einem seelischen Ungleichgewicht haben muss - etwa auch der Unfall? Die Fehl- oder Totgeburt?
Was gehört denn zu den überflüssigen Leiden? Was genau ist nicht gesellschaftlich produziertes Leiden? Was ist für Dich überhaupt Gesellschaftlichkeit, was eigentlich Leben, d.h. gutes Leben (reichte es Dir ohne Herrschaft und Gewalt - mir würde es als Basis reichen, alles andere liesse sich darauf er-gründen)?
Ausser den tatsächlich erkennbaren überflüssigen Leiden wie traumabedingte - was schafft die Voraussetzung für "überflüssiges" Leiden? Wie kannst Du annehmen, man könne "überflüssigem" Leiden den Boden völlig entziehen? Ich kann es mir vorstellen, aber ich kann es mir nicht realisiert denken, weil die Menschen nicht mehr in Kleingruppen von höchstens 200 Mitgliedern leben möchten, und weil sie schwerlich auf Komfort verzichten werden - ausser sie werden dazu gewzungen, und wer soll sie dazu zwingen? Der Dritte Weltkrieg?
Noch eine Kleinigkeit: wenn ich überleben will, muss ich gelegentlich resignieren. Nicht jeder ist mit Super-Kräften ausgestattet, und Vorwürfe wie Deine sorgfältig formulierten machen mich ganz schattig.
Warum denn "sorry", wenn Du denkst, daß ich Unsinn schreibe, dann lass das ruhig so stehen, so was macht mich nämlich echt sauer, wenn man mir sagt, entschuldige, aber ich finde dich doof. Da gibt es nichts zu entschuldigen.
hallo? wenn ich finde, dass du an einem bestimmten punkt aus meiner sicht unsinn geschrieben hast, heißt das nicht gleich "du bist doof".
Du unterscheidest hier soweit ich das überblicken kann nirgends zwischen überflüssigen Leiden und zum Leben dazugehörenden, vielmehr gewinne ich laufend den Eindruck, daß Deiner Überlegung nach jegliche Krankheit oder Unwohlsein ihren Ursprung in einem seelischen Ungleichgewicht haben muss - etwa auch der Unfall? Die Fehl- oder Totgeburt?
ich unterscheide deswegen hier nicht, weil die letzteren schlicht nicht mein thema sind - in der einleitung zur trauma-reihe bin ich kurz darauf eingegangen, aber das war´s dann auch.
und wie du auf deinen obigen schluß kommst, ist mir gerade echt ein rätsel - eigentlich wird - wie ich selbst finde - bei den meisten beiträgen hier schon sehr deutlich, dass es bei den thematisierten zuständen jeweils konkrete verantwortliche gibt, manchmal meinetwegen auch indirekt verantwortliche. und hinter allem steht und wirkt ein uns allzu bekanntes system. so what?
zu deinen anderen fragen müssten wir uns wohl zunächst drüber verständigen, was wir jeweils unter "überflüssig" verstehen - für mich heißt das erstmal alles, was aus herrschaftsverhältnissen entspringt.
Noch eine Kleinigkeit: wenn ich überleben will, muss ich gelegentlich resignieren. Nicht jeder ist mit Super-Kräften ausgestattet, und Vorwürfe wie Deine sorgfältig formulierten machen mich ganz schattig.
?
was denn bitte für vorwürfe? ich kapier´s grad echt nicht :-(
> hallo? wenn ich finde, dass du an einem bestimmten punkt aus meiner
> sicht unsinn geschrieben hast, heißt das nicht gleich "du bist doof".
Grrr, das hab ich Dir nicht unterstellen wollen - das mit dem "doof" diente mir zur drastischen Verdeutlichung. Ein Sorry klingt in meinen Ohren in solchem Zusammenhang herablassend.
> zu deinen anderen fragen müssten wir uns wohl zunächst drüber
> verständigen, was wir jeweils unter "überflüssig" verstehen - für mich
> heißt das erstmal alles, was aus herrschaftsverhältnissen entspringt.
Ja, erst mal einverstanden.
Ein Kontakt hat mir heute diese Seite empfohlen: www.ads-praxis.de Vielleicht interessiert es hier.
Ein paar Gedanken....
interessanter Gedankengang.
Ein wenig provokativ von mir zum Anfang, aber verständlicher und klarer beim
weiterlesen: "Um ein Selbst zu verlieren, muß man zuerst ein Selbst haben." Das
jedoch ist bei den meisten Menschen nicht der Fall. Ein sozial dressiertes Ich,
hat mit einem Selbst, mit einem persönlichen Ich nichts zu tun. Heidegger sprach
vom "Man-Selbst-Sein". Eine massive Schicht von sozial dresseirtem Ich überlagert
und erstickt fast jede Regung eines persönlichen Ich´s. Und das paßt fast ja wie die
Faust auf´s Auge, nicht wahr. Ich habe mir seit geraumer Zeit angewöhnt, unsere
Konsumgesellschaft in eine Verblödungsgesellschaft umzubennen, was es auch
trifft. In so einer Verblödungsgesellschaft ist es überhaupt kein Wunder, wenn
diese einen alten verblödeten Menschen hervorbringt und schafft.
Sozusagen die Krönung dieser Perversion, die sich heute als Alzheimer Krankheit
manifestiert.
In einer sozialen und humanen Gesellschaft wäre wohl eher der weise
und gütige alte Mensch das Ziel.
Was zeichnet die Verblödungsgesellschaft aus?
Die Verblödungsgesellschaft wie wir sie kennen, ist darauf ausgelegt, Zerstreuung,
keine Aufmerksamkeit, Ablenkung, keine Konzentration, Flucht vor sich selbst in
Form von Konsum, Medienverblödung(Inhalte) zu schaffen. So verhindert sie
Selbstsein, Selbstbegegnung, Selbstverwirklichung, Fragen nach dem Sinn des
Lebens, Selbsterziehung, Selbsterkenntnis, Selbstanalyse, Autonomie, Weisheit,
etc. Ein persönliches Selbst, das sollten wir auch nicht vergessen, zeichnet sich durch deutlich
erweiterte und starke Gedächtnisleistung aus.
Aber, niemand soll wach werden und anfangen die richtigen Fragen zu stellen. Alles
wird getan, um dem Menschen von vornherein den Weg zum eigenen Selbst und zum
Selbstsein zu verbauen. Das klappt, wenn wir uns den Aufbau dieser Verblödungsgesellschaft
der letzten Dekaden ansehen ganz vorzüglich, aber scheinbar mit fatalen Konsequenzen.
Aus diesem Grunde haben wir heute einen Menschentypus der eigenartig in Selbstvergessenheit,
Zerstreutheit und Uneigentlichkeit lebt. Ein dressiertes soziales Ich, das sich selbst kaum wahrnehmen kann
und auch nicht soll. Der Typus von heute soll auch keine Stellung beziehen, das machen ja schon
Öffentlichkeit, Medien und Politik für ihn. Er hat und soll das alles dann fraglos übernehmen
und im Chor der Masse eben ein und dasselbe Lied singen. Aber leider gibt es da ein kleines Problem.
Das Problem der Endlichkeit des Einzelnen, seinen Tod. Kann es vielleicht sein, das trotz der
heftigen Nivellierung des Einzelnen, der älter werdende Mensch nun doch Stellung beziehen
muß? Und macht ihm das vielleicht dermaßen viel Angst, Panik und Stress, das er das bisher angelernt und
eingeübte Selbstvergessen nun durch Alzheimer quasi zur vollen Blüte bringt?
Psychosomatiker werden hier sicherlich ein wenig hellhörig werden. Ich will das mal
mit einem kleinen Beispiel durch Frieda Fromm-Reichmann belegen:
"Das scheitern der Ehe mit Erich Fromm ließ auch Frieda erkranken.
Als sich Erich nach Davos begab, begann sie über Unterleibsschmerzen zu klagen, arbeitete
aber weiter, ohne sie zu beachten.Im darauf folgenden Frühjahr berichtete sie Groddeck von
chronische Bauchschmerzen, die ihrer Einschätzung nach eine psychische Komponente
hätten. Als schließlich ein Myom festgestellt wurde, das am 20. Juli 1932 in einem Baseler
Krankenhaus operativ entfernt wurde, schrieb sie Groddeck:
Im Unterbewusstsein mußte ich solange aushalten, weil das Myom, das sich gebildet hatte,
erst Mitte Juli - ein Jahr nach dem Beginn der Krankheit meines Mannes (meine zuerst wahrgenommenen
Symptome ereigneten sich neun Monate nach Beginn seiner Krankheit und seines Weggangs) - das
Myom erst jetzt Größe und Aussehen eines Kindes erreicht hatte. Vor elf Tagen gebar ich es(d.h. es wurde
herausoperiert). Als mir der Arzt das Exemplar zwei Tage später zeigte, - mußte ich über die Macht des Es
lachen, das ein wirkliches Kind mit einem Kopf, Körper und Beinen gebildet hatte. Und obwohl die "Geburt"
ein großer chirurgischer Eingriff war, erholte ich mich danach so schnell wie von einer Entbindung, heute
war ich sechs Stunden auf und ging im Garten spazieren..."
Frieda Fromm-Reichmann scheint monatelang mit dem Gefühl gelebt zu haben, schwanger zu sein.
Nun wenden wir uns wieder der Verblödungsgesellschaft zu. Mit einem konkreten Beispiel aus meiner
Familie. Eine Verwandte von mir, 82 Jahre alt, Alzheimer in sehr fortgeschrittenen Stadium.
Sprache: Ja und Nein, ansonsten nur noch Laute wie im Säuglingsalter.
Wenn ich mir ihr Leben so vor Augen führe, dann fällt mir auf, das sie immer auf der Flucht vor
sich selbst war. Immer die Meinung der Öffentlichkeit hatte und auch sonst extrem angepasst.
Vom Morgens bis Abends aktiv, immer auf Achse. Alleinsein konnte sie nicht
ertragen, bastelte jedoch mit ihrer Art und Weise tagtäglich daran, nicht gemocht zu werden.
Sie stieß andere vor den Kopf und sprach taktlos ihre "Schwächen" an. Sie selbst sagte von
sich, das sie im Alter wohl sehr einsam werden würde, niemand würde sie besuchen. Sie hatte
Recht, niemand telefonierte mit ihr, niemand kam zu Besuch. Und!, sie hatte panische Angst
vor dem Sterben müssen. Ihr Lebensmotto: Nein, umgekehrt, ließ sich zwar auf ihre Mitmenschen
anwenden, die mit Flucht und Kontaktverweigerung antworteten, aber für den Tod selbst lief
dieses Motto wohl in die Leere. Bei meiner Verwandten würde ich auf Einsamkeit und
zunehmend soziale Isolation und verfehlte Auseinandersetzung mit dem Sterben-Müssen
(Panik, Angst und Stress) tippen.
Vielleicht treffen sich ja an dieser Stelle zwei Protagonisten, die eine gegenseitige Bereitschaft
und Entgegekommen aufweisen.
Die Verblödungsgesellschaft, die zur Selbstvergessenheit in allen Lebenslagen
animiert, und Menschen, die diese Selbstvergessenheit gelebt und zu sozialer Isolation
neigen. Soziale Isolation muß aber nicht zwingend von Innen kommen, es reicht wahrscheinlich
durchaus aus, das so etwas wie eine Haltung und Erwartung von außen herangetragen(Trigger) wird.
Verbal, als auch Präverbal wird alten Leuten ja zu verstehen gegeben, das sie "überflüssig" sind
und "eigentlich unnütz Arbeit" machen(Verdinglichung).
Vielleicht bedeutet Alzheimer ja auch ein loswerden seines Ich´s auf besondere Weise?
Wer sich selbst komplett vergißt, braucht vielleicht nicht mehr wahrnehmen das er sterben wird?
Pervertierte Erwartungen einer Verblödungsgesellschaft an älter werdende Menschen?
Die Krönung der Verblödungsgesellschaft schafft im Alter den verblödeten Menschen, im wahrsten
Sinne des Wortes?
Ein paar Gedanken......
Gruss,
Kandinsky
Spezi
Wieso Ziel? Ich sehe keine "Ziele"; ich sehe auch nicht die Absicht, Menschen zu "verblöden"; daß wir zunehmend zu Monaden werden (manche meinen ja, es gäbe nur noch diese: eine Art Soft-Autisten), ist ein Prozess, der seit der Industrialisierung als Durchkapitalisierung aller menschlichen/umweltlichen/natürlichen Bereiche wahrgenommen werden kann. Es steht keine Absicht dahinter, es ist stattdessen ein zwangläufiges Ergebnis unseres Gesellschafts- und Verwertungssystems.
Ich sehe die Gefahr in solcherlei Diskussionen darin, daß manche Leute dazu neigen, entweder die menschliche Spezies völlig zu überschätzen, oder sie total zu unterschätzen. Eine weitere Gefahr sehe ich in der Esoterisierung ;-) des Themas.
Aus Beispielen meiner Lebenszeit heraus kann ich sagen, daß Vereinsamung und damit "Verblödung" durchaus auch Menschen trifft, die sich gegenüber ihren Verwandten und Freunden sehr schlecht benommen haben (Ausnutzung, Intrigen, psychische und physische Gewalt), und, wenn man so will, irgendwann die Quittung dafür erhalten [ach, diese Verkaufmannisierung der Sprache! ;-)], sie büßen mit Einsamkeit, und viele mit wachsender Boshaftigkeit, und genau solche erlebte ich nicht als Verblödende im Sinne von Demenzkrankheit - in gewisser Weise "verblödet" im sozialen Miteinander waren sie aber schon immer, oder schon sehr lange.
Die meisten alternden Menschen, die ich kenne, wollen vor allem ihre Ruhe haben: keine Hektik, keine schlechten Nachrichten, keine Kälte und Hunger. Das ist jedoch eine Generation, die den WWII miterlebt hat, oder kurz nach seinem Ende geboren wurde und gewisse Dinge durchmachen musste, die meine Generation nicht erleiden musste. Wie wir im Alter sein werden, das wird sich herausstellen. Auf jeden Fall war es und wird es hoffentlich so bleiben: wer bislang wach und interessiert lebte, mit seinen Mitmenschen und Umwelt in Frieden leben durfte und im Großen und Ganzen seine Ruhe und Stärke bewahren konnte, der wird das auch ins Alter hinüberretten können und möglichst lang geistig rank sein.
Aber Demenzkrankheiten können auch den "braven und guten" treffen; es stört mich gewaltig und geht mir enorm auf den Keks, daß man mit Überlegungen wie der Übertragung von Streß auf die Entstehung körperlicher Symptome bis hin zu Krebserkrankung die seelische Verfassung in Haft nimmt.
Die schwache oder verletzte Psyche kann die Verstärkung einer Erkrankung ermöglichen, das ist nicht zu leugnen; daraus aber zu konstruieren, der kranke Mensch hätte irgendwie "Schuld" an seiner Erkrankung, lässt sich fatalerweise in das Extrem weiterentwickeln: Jedem das Seine. Und wer das, in welcher Absicht, vertrat, ist uns bestens bewusst.
Ciao,
K.
@w-day
Die schwache oder verletzte Psyche kann die Verstärkung einer Erkrankung ermöglichen, das ist nicht zu leugnen; daraus aber zu konstruieren, der kranke Mensch hätte irgendwie "Schuld" an seiner Erkrankung, lässt sich fatalerweise in das Extrem weiterentwickeln: Jedem das Seine. Und wer das, in welcher Absicht, vertrat, ist uns bestens bewusst.
ist das, was du im letzten absatz kritisierst, nicht genau das, was du hier skizzierst?
Aus Beispielen meiner Lebenszeit heraus kann ich sagen, daß Vereinsamung und damit "Verblödung" durchaus auch Menschen trifft, die sich gegenüber ihren Verwandten und Freunden sehr schlecht benommen haben (Ausnutzung, Intrigen, psychische und physische Gewalt), und, wenn man so will, irgendwann die Quittung dafür erhalten [ach, diese Verkaufmannisierung der Sprache! ;-)], sie büßen mit Einsamkeit, und viele mit wachsender Boshaftigkeit,
das ist imo doch eigentlich genau in der richtung, die von esoterikern als "schlechtes karma" bezeichnet wird, wenn auch nicht mit konsequenzen im fiktionalen "nächsten leben", sondern bereits aktuell.
ich glaube schon, dass handeln/nichthandeln generell und allgemein konsequenzen für einen selbst hat *ach was*, und das auch die duldung immer massiverer über- und angriffe der macht natürlich konsequenzen auch für das leben derjenigen mit sich bringt, die diese duldung verantworten. aber ich glaube auch, dass das in willkürlicher form geschieht - und keinesfalls immer "die richtigen" trifft (willkür ist ein typisches kennzeichen übergriffiger machtstrukturen, welches ob seiner sichtbaren und gewollten ungerechtigkeit angst und terror wirkungsvoll verstärken kann).
*
und zu deinem ersten teil ganz oben: ich sehe das eher etwas anders. natürlich kann im derzeitigen zeitgeist diese abwälzung von "schuld" für das eigene unglück beobachtet werden - aber das kann das wissen um die psychophysische ganzheit des menschen nicht relativieren. die entsprechenden modelle von psychoimmunologie und neurowissenschaften lassen auch ganz andere konsequenzen des handelns und der argumentation zu: in richtung kollektiver verantwortlichkeit zb.
dieses "jeder-ist-seines-glückes-schmied"-geschwätz widerspricht allem, aber inzwischen wirklich allem, was wir über die realität und die funktionsgesetze dieser welt berechtigt sagen können - ich verweise auf das, was ich hier zum "beziehungsgeflecht" geschrieben habe, in dem wir uns alle - absolut ohne ausnahmen! - bewegen. das problem mit solchen aussagen und ansichten, wie sie im erwähnten "sprichwort" vorkommen, besteht eher in der nichtwahrnehmbarkeit der realität dieser handfesten und v.a. realen matrix seitens derjenigen, die solche aussagen glauben und tätigen. aber die können sich dabei immer weniger auf wissenschaft berufen.
Ja und? Demenz trifft ja eben auch jene, die ein "gutes" Leben geführt haben.
Manchmal habe ich den Eindruck, Du erwartest, vorausgesetzt wir alle lebten endlich in Eintracht zusammen, in paradiesischen Zuständen, alle als Vegetarier und ungespaltene Persönlichkeiten, eine Art ewiges Leben, ohne Krankheiten, ohne sonstige Erschütterungen. Deine Auffassung von Kollektivität ist so - insektenhaft. Und ich lasse mich, Du weisst das ja bereits, in Sachen "kollektiver Verantwortlichkeit", wie Du sie anscheinend besonders radikal vertrittst, nicht verhaften, denn so ist sie mir zu nah am Größenwahn.
Und der letzte Absatz ist mir schleierhaft...
re:
sorry, aber dann verstehe ich deine aussagen nicht so ganz - wieso schreibst du dann von "quittungen"? um genau diese denkweise später zu kritisieren?
Manchmal habe ich den Eindruck, Du erwartest, vorausgesetzt wir alle lebten endlich in Eintracht zusammen, in paradiesischen Zuständen, alle als Vegetarier und ungespaltene Persönlichkeiten, eine Art ewiges Leben, ohne Krankheiten, ohne sonstige Erschütterungen. Deine Auffassung von Kollektivität ist so - insektenhaft.
wieder sorry, aber das ist ziemlicher unsinn. die beseitigung überflüssigen , d.h. gesellschaftlich produzierten leidens wird weder den tod noch naturkatastrophen oder schmerzvolle zustände generell beseitigen - die gehören zum leben dazu und sind in gewisser hinsicht sogar unverzichtbar. ich glaube übrigens nicht, dass ich hier schon mal detaillierter meine vorstellungen von kollektivität ausgebreitet habe.
Und ich lasse mich, Du weisst das ja bereits, in Sachen "kollektiver Verantwortlichkeit", wie Du sie anscheinend besonders radikal vertrittst, nicht verhaften, denn so ist sie mir zu nah am Größenwahn.
kollektive verantwortlichkeit: es liegt potenziell eine unglaubliche macht im handeln von vielen, die die von uns kritisierten zustände innerhalb kürzester zeit beenden könnte. und das wissen darum hat für mich nix mit größenwahn zu tun - so ein argument zementiert eher die eigene resignation.
und "verhaften"? die absolute mehrheit aller hier lebenden trägt dieses system in vielfältigster weise mit - konsumiert die angebote der mafia und wählt ihre politikerInnen. zahlt brav die steuern, mit denen knäste und armeen unterhalten werden. natürlich sind alle, die das tun, mitverantwortlich. ohne dieses tun wären die zustände hier nicht lebensfähig.
Selbstverwalteter Zustand
> sie büßen mit Einsamkeit, und viele mit wachsender Boshaftigkeit, und genau
> solche erlebte ich nicht als Verblödende im Sinne von Demenzkrankheit - in
> gewisser Weise "verblödet" im sozialen Miteinander waren sie aber schon immer, oder
> schon sehr lange.
Und ihre Einsamkeit wird ihnen wenn überhaupt erst im Alter bewusst, und die Schuld suchen sie dann für gewöhnlich nicht bei sich, ihrem Verhalten, dazu sind sie nicht in der Lage, weil sie in einem anderen Zustand leben als jemand, der sein Verhalten kritisch reflektiert. Aber das ist ja schon ziemlich niedriges Niveau, das ist ja nun wirklich nichts weltbewegendes, was erzähl ich Dir da, ich lass es jetzt.
> wieder sorry, aber das ist ziemlicher unsinn. die beseitigung überflüssigen , d.h.
> gesellschaftlich produzierten leidens wird weder den tod noch naturkatastrophen
> oder schmerzvolle zustände generell beseitigen - die gehören zum leben dazu und sind
> in gewisser hinsicht sogar unverzichtbar. ich glaube übrigens nicht, dass ich hier
> schon mal detaillierter meine vorstellungen von kollektivität ausgebreitet habe.
Warum denn "sorry", wenn Du denkst, daß ich Unsinn schreibe, dann lass das ruhig so stehen, so was macht mich nämlich echt sauer, wenn man mir sagt, entschuldige, aber ich finde dich doof. Da gibt es nichts zu entschuldigen.
Du unterscheidest hier soweit ich das überblicken kann nirgends zwischen überflüssigen Leiden und zum Leben dazugehörenden, vielmehr gewinne ich laufend den Eindruck, daß Deiner Überlegung nach jegliche Krankheit oder Unwohlsein ihren Ursprung in einem seelischen Ungleichgewicht haben muss - etwa auch der Unfall? Die Fehl- oder Totgeburt?
Was gehört denn zu den überflüssigen Leiden? Was genau ist nicht gesellschaftlich produziertes Leiden? Was ist für Dich überhaupt Gesellschaftlichkeit, was eigentlich Leben, d.h. gutes Leben (reichte es Dir ohne Herrschaft und Gewalt - mir würde es als Basis reichen, alles andere liesse sich darauf er-gründen)?
Ausser den tatsächlich erkennbaren überflüssigen Leiden wie traumabedingte - was schafft die Voraussetzung für "überflüssiges" Leiden? Wie kannst Du annehmen, man könne "überflüssigem" Leiden den Boden völlig entziehen? Ich kann es mir vorstellen, aber ich kann es mir nicht realisiert denken, weil die Menschen nicht mehr in Kleingruppen von höchstens 200 Mitgliedern leben möchten, und weil sie schwerlich auf Komfort verzichten werden - ausser sie werden dazu gewzungen, und wer soll sie dazu zwingen? Der Dritte Weltkrieg?
Noch eine Kleinigkeit: wenn ich überleben will, muss ich gelegentlich resignieren. Nicht jeder ist mit Super-Kräften ausgestattet, und Vorwürfe wie Deine sorgfältig formulierten machen mich ganz schattig.
ähem...
hallo? wenn ich finde, dass du an einem bestimmten punkt aus meiner sicht unsinn geschrieben hast, heißt das nicht gleich "du bist doof".
Du unterscheidest hier soweit ich das überblicken kann nirgends zwischen überflüssigen Leiden und zum Leben dazugehörenden, vielmehr gewinne ich laufend den Eindruck, daß Deiner Überlegung nach jegliche Krankheit oder Unwohlsein ihren Ursprung in einem seelischen Ungleichgewicht haben muss - etwa auch der Unfall? Die Fehl- oder Totgeburt?
ich unterscheide deswegen hier nicht, weil die letzteren schlicht nicht mein thema sind - in der einleitung zur trauma-reihe bin ich kurz darauf eingegangen, aber das war´s dann auch.
und wie du auf deinen obigen schluß kommst, ist mir gerade echt ein rätsel - eigentlich wird - wie ich selbst finde - bei den meisten beiträgen hier schon sehr deutlich, dass es bei den thematisierten zuständen jeweils konkrete verantwortliche gibt, manchmal meinetwegen auch indirekt verantwortliche. und hinter allem steht und wirkt ein uns allzu bekanntes system. so what?
zu deinen anderen fragen müssten wir uns wohl zunächst drüber verständigen, was wir jeweils unter "überflüssig" verstehen - für mich heißt das erstmal alles, was aus herrschaftsverhältnissen entspringt.
Noch eine Kleinigkeit: wenn ich überleben will, muss ich gelegentlich resignieren. Nicht jeder ist mit Super-Kräften ausgestattet, und Vorwürfe wie Deine sorgfältig formulierten machen mich ganz schattig.
?
was denn bitte für vorwürfe? ich kapier´s grad echt nicht :-(
> sicht unsinn geschrieben hast, heißt das nicht gleich "du bist doof".
Grrr, das hab ich Dir nicht unterstellen wollen - das mit dem "doof" diente mir zur drastischen Verdeutlichung. Ein Sorry klingt in meinen Ohren in solchem Zusammenhang herablassend.
> zu deinen anderen fragen müssten wir uns wohl zunächst drüber
> verständigen, was wir jeweils unter "überflüssig" verstehen - für mich
> heißt das erstmal alles, was aus herrschaftsverhältnissen entspringt.
Ja, erst mal einverstanden.
Ein Kontakt hat mir heute diese Seite empfohlen: www.ads-praxis.de Vielleicht interessiert es hier.
Ciao,
W-Day