@ Pete: auf wen oder was beziehst Du Dich mit den "Nebelschwaden und pseudo-intellektuelles Borderline"?
Auf den Ansatz bei Mertz? (könnte einleuchten, weil er so wenig zu konkreter Therapie sagt und sehr soziologisch rangeht)
Auf den Ansatz bei Lonehan? (würde mir persönlich nicht einleuchten, weil sie so genaue Bedingungsanalysen macht und konkret über eine Fülle von Therapie-Bausteinen berichtet)
Oder auf die Diskussion hier? (fände ich verständlich, vor allem dann, wenn man mit den ganzen Ausgangstexten nicht so vertraut ist).
@ Monoma: man könnte sicher die Linehan-Theorien auch mal kritisch lesen. Ich werde das vielleicht auch mal versuchen, ähnlich wie bei Mertz, wo ich erst alles in seinem Sinne zu verstehen versucht habe.
Linehan's Theoriebuch ist ein so großer "Steinbruch" an konkreten Vorschlägen und Wirkungsanalysen, daß man lange damit zu tun hat.
- Noch eine andere Frage mir ein: ist Linehan's Weg nun ein Ausweg aus dem "Als-ob"? Oder nur eine Meta-Ebene von noch forciertem Als-Ob?
Ich denke, sie selber würde sagen, es ist einfach ein Versuch der Problemlösung.
- Und: was wäre, wenn man Als-Ob-Welten wirklich über ihre Methode nach und nach auflösen könnte? Schließlich scheint "Validierung" bei ihr sinngemäß genau das Gegenteil von "als-ob" zu bedeuten.
Ubue (Gast) - 27. Mär, 02:15
Als-Ob-Welt so sein lassen?
@ Monoma: zugegeben stellen sich auch mir die Fragen, die Du aufwirfst (wie schwer und irreversibel ist dievorgeburtliche Schädigung bei Borderlinern?, wird die Destruktivität erwachsener Borderliner genügend berücksichtigt?).
Doch was folgerst Du nun generell daraus? Sollte man alle Borderliner in eine Extrastadt bringen und dann eine Mauer drum bauen? Ich will kein Zyniker sein, und das Projekt der Vernichtungslager beschreibt Mertz ja selber schon in seinem Buch als objektivistisch gesteuerte Hölle. Das kann es doch nicht sein.
Soll man auf Therapie verzichten? Oder sich damit zufriedengeben, Borderlinern ihren irreversiblen ich-losen, nicht-authentischen Charakter zur Akzeptanz zu bringen? Das kann es angesichts so vieler junger betroffener Menschen doch auch nicht sein. Zumindest, wenn man - wie Pete andeutet - auch konkret sieht, wie hier Menschen an sich selber leiden können, ganz untheoretisch und unnebelhaft.
Ein Gedanke, den ich noch hatte, war: was wäre denn, wenn sich das ganze Als-Ob tatsächlich auch bei schweren Borderlinern prinzipiell weitgehend auflösen läßt? Fallen Dir dann die Referenzpunkte Deiner Weltwahrnehmung zu sehr weg? In gewisser Weise scheinst Du ja auch an den Als-Ob-Realitäten sehr zu hängen, oder ist dieser Eindruck bei mir ganz unzutreffend? Du widmest Dich ihnen ja ausdauernd und leidenschaftlich.
Hast Du irgendwo noch ein besseres Therapieprogramm für Borderliner gesehen als das von der DBT? Ich kenne keines, die psychoanalytischen Programme überzeugen mich bei Borderline nicht, weil die Selbststabilität bei Borderlinern dafür fehlt und stattdessen die Krisen nur noch höher schlagen.
Oder willst Du Dich mit der Beschreibung von Als-Ob-Welten sozusagen zufrieden geben? Ich merke nur bei mir, daß mir das nicht gelingt, obwohl wir zweifellos teils sehr ähnliche Interessenlagen haben.
Selbst die allerschwersten erwachsenen Borderliner haben - als Menschen - und wenn sie noch so verkümmert und kaputt sind - viele lebendige Systeme: sie können zweifellos sehr leiden, sie nehmen psychischen Schmerz extrem stark wahr, das trifft gerade auf die schlimmsten Fälle noch zu. In dieser Hinsicht ist Mertz teils einfach denunzierend und wieder zu sehr am "blanden" Borderliner orientiert.
Borderliner wirken, so weit ich sehe, in der Regel eventuell äußerlich etwas abgestumpft (durch viele scheinbar gleichmütig betriebene destruktive Handlungen verstärkt sich dann noch dieser Eindruck), jedoch innerlich eher sensibler als der Durchschnitt, innerlich im Alarm, hochempfindlich und mit ihrem schweren Verfolgungsintrojekt quasi ununterbrochen beschäftigt ("ich werde vernichtet, ich kämpfe so um meine Existenz" sind ganz typisch).
Auch viele Lernmechanismen sind unzweifelhaft bei erwachsenen Borderlinern weiterhin da, wenn auch immer die ungünstige Verstärkungsform dominiert. So z.B. das Abblocken aufkommender Gefühle mit der Folge noch höherer innerer Spannungen - und ab und zu nachfolgender großer Ausbrüche - oder das Hängenbleiben in für das Individuum unangnenehmen Zuständen auf sehr lange Zeit.
Es gibt auch Borderliner, die einmal anfangen zu weinen und dann tagelang nicht mehr aufhören können, also auch das Trauersystem ist nicht gänzlich kaputt.
Inwieweit echte Kommunikation durch den Borderliner mit einem anderen Menschen entstehen kann, weiß ich ehrlich gesagt auch nicht. Was ich da bisher von Borderliner-Seite kenne, macht mich auch ziemlich skeptisch. Allein das überwertige Verfolgungsgefühl schließt oft jedes wirkliche Hinsehen von Borderliner auf andere aus (lerntheoretisch dominiert dann stattdessen ununterbrochene Verteidigung, Rechtfertigen, Abschuldigen des anderen, Unterstellen böswilliger Motive beim anderen, Kampfstellung, außerordentliche Wut usw.). Das ist sozusagen die schlimmste psychotische oder präpsychotische Seite bei Borderlinern - "alle sind immerfort gegen mich, auch xy".
Hier könnte man jedoch sicher noch wenigstens versuchsweise weiter an anderen Erfahrungen arbeiten. Und zwar grundsätzlich mit mehr Erfolg, wenn jemand es selber versucht, als wenn er immer nur hofft, ANDERE richten es für ihn. Es ist dann sicher auch eine Altersfrage. Ich glaube, bei Menschen über 40 oder 50 wird man das Verfolgungsintrojekt gar nicht mehr richtig wegkriegen. Man muß auch bedenken, daß viele dieser älteren Menschen noch aus der KZ-Zeit, dem Weltkrieg, den Flüchtlings-Trecks, der schwarzen Pädagogik usw. entscheidend negativen Prägungen ausgesetzt waren.
Ein Hauptziel wäre ja, daß ein Borderliner überhaupt fähig wird, andere Bedürfnisse und Gedanken eines anderen Menschen wahrzunehmen und mit Respekt zu achten. Ich bin hier auch skeptisch, diese Fortschritte sind mühsam, und vielleicht auch körperlich nicht mehr voll möglich (verkümmerte Spiegelneuronen oder ähnliche Vorgänge wie streßinduzierte Verkümmerung - oder pathologische Vergrößerung - von Hirnregionen).
Mich werden die konkreten Ansätze wie in der DBT immer weiter sehr interessieren, es kann aber auch sein, daß ich nun mal langsam zu einer kritischen Lektüre übergehe, wie ich mich auch von Mertz wieder etwas weg bzw. weiter zu entwickeln versuche. Wenn Du noch neue Gedanken zu diesen Themen hast, schreibe sie ruhig, auch wenn es später mal ist, ich werde öfter mal wieder hier reinschauen.
Bei Mitlesern, die hier nicht mehr in den Texten mitgekommen sind, kann ich nur sagen: Mertz selber ist sehr schwer zu lesen, Linehans Theoriebuch ist auch eine Schwarte, die wohl die wenigsten Menschen komplett durchgeackert haben, also: kann schon sein, liegt auch in der schwierigen Natur der Sache.
Viele Grüße! Ubu(e)
pete (Gast) - 27. Mär, 12:01
Ein Parasit, der ohne Wirt nicht leben kann oder auch Borderline.
"Was ist ein Mensch ohne Gewissen?
Was ist ein Mensch der nur über andere lebt?
Was ist ein Mensch der andere nur benutzt und manipuliert?
Was ist ein Mensch ohne Ich und ohne Bezug zur Realität?
Was ist ein Mensch der nur parasitäre Beziehungen leben kann?"
therapie? dbt? linehan? mertz? philosophie? heinz k.? buddhismus?
am ende doch alles nur augenwischerei?
"...Es ist ungerecht, dass ich für mein eigenes Leben Verantwortung tragen muß, das macht mir keinen Spaß, also sollst auch du keinen Spaß haben.Für den Borderliner ist ein Mensch nur dann interessant, wenn dieser ihm die Möglichkeit bietet, vom Borderliner als Sündenbock oder Unterdrücker (oder beides abwechselnd) in Anspruch genommen zu werden.Erst dann gibt der andere ihm etwas, nämlich einen Anhaltspunkt für seinen Masochismus oder Sadismus. Wo dies fehlt, ist für ihn auch keine Beziehung. Wird ihm dieser Beziehungspunkt entzogen, fühlt sich der Borderliner erst recht in seinem Haß bestätigt.Der Borderliner fühlt sich einer grausamen inneren Leere ausgeliefert, aus der er sich wiederum nur durch abgrundtiefen Haß befreien kann. Jemand der etwas von dem Borderliner will, ist zugleich jemand, der dem Borderliner etwas gibt. Will derjenige nichts mehr von ihm, wird er von ihm attakiert. Dies bedeutet für den Borderliner grausame Versagung, er baucht das Gefühl der Macht, sei dies Allmacht oder Ohnmacht. Ersteres erlaubt ihm, letzteres rechtfertigt ihm das ungezügelte Aussagieren seines Hasses. [...]Ungezügelter Haß und schwerer Sadismus in Abgrenzung von bloßer Abgebrühtheit und Schadenfreude sind wesentliche Kennzeichen seiner Charakterstruktur. [...]Es ist dem Borderliner wichtiger, dem anderen zu schaden, als sich selbst zu nutzen. Der Borderliner schafft sich seine Identität, indem er andere schädigt."
lösung: borderliner weiterlaufen lassen, ohne in die psychopathologie/-dynamik hineingezogen zu werden.
@ubue: einfach weitermachen im kreis und ver-ding-lichen.
Doch was folgerst Du nun generell daraus? Sollte man alle Borderliner in eine Extrastadt bringen und dann eine Mauer drum bauen? Ich will kein Zyniker sein, und das Projekt der Vernichtungslager beschreibt Mertz ja selber schon in seinem Buch als objektivistisch gesteuerte Hölle. Das kann es doch nicht sein.
letzteres natürlich nicht, und meine position bspw. zur nazi-vernichtungs-"euthanasie" lässt sich im blog zur genüge nachlesen. wobei ich bei deutlich soziopathischen personen zur position neige, dass neue methoden der sozialen isolierung (als ersatz für die fehlenden grenzen) - unter menschenwürdigen bedingungen - entwickelt werden müssen.
was ich folgere? zunächst sehe ich eine dringende notwendigkeit, endlich klarheit in diese bereiche zu bringen - es ist u.a. eine frage des wissen-wollens sowie der gewollten ressourcenverteilung, die meiner meinung nach für die wissenschaftliche konfusion mitverantwortlich ist, zusätzlich zu den theoretischen fallstricken in den modellen der mainstreamwissenschaften selbst.
ich bin der meinung, dass das heute bestehende wissen sowie die entsprechenden technischen möglichkeiten bei weitem ausreichen würden, in einer konzentrierten arbeit und mit ausreichender materieller unterstützung die bisherigen streitpunkte in solchen bereichen wie bordrline oder auch trauma schnell aus der welt zu schaffen. vermutlich ist es aber so, dass die dabei entstehenden antworten sehr vielen leuten nicht in ihren kram passen würden.
Soll man auf Therapie verzichten? Oder sich damit zufriedengeben, Borderlinern ihren irreversiblen ich-losen, nicht-authentischen Charakter zur Akzeptanz zu bringen? Das kann es angesichts so vieler junger betroffener Menschen doch auch nicht sein.
schwierige fragen, zumal du auch immer die bisher üblichen therapieziele der anpassung und funktionsfähigkeit berücksichtigen musst. dazu bemerke ich einige gedankenstränge bei mir, die noch zeit brauchen - es ist ein sehr spannendes thema, was du damit eröffnet hast.
Ein Gedanke, den ich noch hatte, war: was wäre denn, wenn sich das ganze Als-Ob tatsächlich auch bei schweren Borderlinern prinzipiell weitgehend auflösen läßt? Fallen Dir dann die Referenzpunkte Deiner Weltwahrnehmung zu sehr weg? In gewisser Weise scheinst Du ja auch an den Als-Ob-Realitäten sehr zu hängen, oder ist dieser Eindruck bei mir ganz unzutreffend? Du widmest Dich ihnen ja ausdauernd und leidenschaftlich.
zum ersteren: na prima, würde ich sagen - ganz ernst gemeint. ich sehe aber auch die gefahr, aufgrund der bedrückenden perspektiven von konsequent zuendegedachten modellen wie dem von mertz in eine art wunschdenken zu verfallen - was nicht sein darf und soll, kann auch nicht sein.
und zur letzten frage: dabei musste ich leicht schmunzeln - eine der ersten kommentare im gästebuch hat das mal als fixierung bezeichnet, und vielleicht liest du dir meine damalige antwort dazu noch mal durch.
werde deine heutigen beiträge nochmals aufgreifen, aber wird wieder ein paar tage dauern.
wäre nett, wenn du zu fremdzitaten auch die entsprechenden quellen liefern würdest -im obigen fall ist es wohl bielicki, über dessen ansätze und schlußfolgerungen doch sehr gestritten werden kann.
Auf den Ansatz bei Mertz? (könnte einleuchten, weil er so wenig zu konkreter Therapie sagt und sehr soziologisch rangeht)
Auf den Ansatz bei Lonehan? (würde mir persönlich nicht einleuchten, weil sie so genaue Bedingungsanalysen macht und konkret über eine Fülle von Therapie-Bausteinen berichtet)
Oder auf die Diskussion hier? (fände ich verständlich, vor allem dann, wenn man mit den ganzen Ausgangstexten nicht so vertraut ist).
@ Monoma: man könnte sicher die Linehan-Theorien auch mal kritisch lesen. Ich werde das vielleicht auch mal versuchen, ähnlich wie bei Mertz, wo ich erst alles in seinem Sinne zu verstehen versucht habe.
Linehan's Theoriebuch ist ein so großer "Steinbruch" an konkreten Vorschlägen und Wirkungsanalysen, daß man lange damit zu tun hat.
- Noch eine andere Frage mir ein: ist Linehan's Weg nun ein Ausweg aus dem "Als-ob"? Oder nur eine Meta-Ebene von noch forciertem Als-Ob?
Ich denke, sie selber würde sagen, es ist einfach ein Versuch der Problemlösung.
- Und: was wäre, wenn man Als-Ob-Welten wirklich über ihre Methode nach und nach auflösen könnte? Schließlich scheint "Validierung" bei ihr sinngemäß genau das Gegenteil von "als-ob" zu bedeuten.
Als-Ob-Welt so sein lassen?
Doch was folgerst Du nun generell daraus? Sollte man alle Borderliner in eine Extrastadt bringen und dann eine Mauer drum bauen? Ich will kein Zyniker sein, und das Projekt der Vernichtungslager beschreibt Mertz ja selber schon in seinem Buch als objektivistisch gesteuerte Hölle. Das kann es doch nicht sein.
Soll man auf Therapie verzichten? Oder sich damit zufriedengeben, Borderlinern ihren irreversiblen ich-losen, nicht-authentischen Charakter zur Akzeptanz zu bringen? Das kann es angesichts so vieler junger betroffener Menschen doch auch nicht sein. Zumindest, wenn man - wie Pete andeutet - auch konkret sieht, wie hier Menschen an sich selber leiden können, ganz untheoretisch und unnebelhaft.
Ein Gedanke, den ich noch hatte, war: was wäre denn, wenn sich das ganze Als-Ob tatsächlich auch bei schweren Borderlinern prinzipiell weitgehend auflösen läßt? Fallen Dir dann die Referenzpunkte Deiner Weltwahrnehmung zu sehr weg? In gewisser Weise scheinst Du ja auch an den Als-Ob-Realitäten sehr zu hängen, oder ist dieser Eindruck bei mir ganz unzutreffend? Du widmest Dich ihnen ja ausdauernd und leidenschaftlich.
Hast Du irgendwo noch ein besseres Therapieprogramm für Borderliner gesehen als das von der DBT? Ich kenne keines, die psychoanalytischen Programme überzeugen mich bei Borderline nicht, weil die Selbststabilität bei Borderlinern dafür fehlt und stattdessen die Krisen nur noch höher schlagen.
Oder willst Du Dich mit der Beschreibung von Als-Ob-Welten sozusagen zufrieden geben? Ich merke nur bei mir, daß mir das nicht gelingt, obwohl wir zweifellos teils sehr ähnliche Interessenlagen haben.
Selbst die allerschwersten erwachsenen Borderliner haben - als Menschen - und wenn sie noch so verkümmert und kaputt sind - viele lebendige Systeme: sie können zweifellos sehr leiden, sie nehmen psychischen Schmerz extrem stark wahr, das trifft gerade auf die schlimmsten Fälle noch zu. In dieser Hinsicht ist Mertz teils einfach denunzierend und wieder zu sehr am "blanden" Borderliner orientiert.
Borderliner wirken, so weit ich sehe, in der Regel eventuell äußerlich etwas abgestumpft (durch viele scheinbar gleichmütig betriebene destruktive Handlungen verstärkt sich dann noch dieser Eindruck), jedoch innerlich eher sensibler als der Durchschnitt, innerlich im Alarm, hochempfindlich und mit ihrem schweren Verfolgungsintrojekt quasi ununterbrochen beschäftigt ("ich werde vernichtet, ich kämpfe so um meine Existenz" sind ganz typisch).
Auch viele Lernmechanismen sind unzweifelhaft bei erwachsenen Borderlinern weiterhin da, wenn auch immer die ungünstige Verstärkungsform dominiert. So z.B. das Abblocken aufkommender Gefühle mit der Folge noch höherer innerer Spannungen - und ab und zu nachfolgender großer Ausbrüche - oder das Hängenbleiben in für das Individuum unangnenehmen Zuständen auf sehr lange Zeit.
Es gibt auch Borderliner, die einmal anfangen zu weinen und dann tagelang nicht mehr aufhören können, also auch das Trauersystem ist nicht gänzlich kaputt.
Inwieweit echte Kommunikation durch den Borderliner mit einem anderen Menschen entstehen kann, weiß ich ehrlich gesagt auch nicht. Was ich da bisher von Borderliner-Seite kenne, macht mich auch ziemlich skeptisch. Allein das überwertige Verfolgungsgefühl schließt oft jedes wirkliche Hinsehen von Borderliner auf andere aus (lerntheoretisch dominiert dann stattdessen ununterbrochene Verteidigung, Rechtfertigen, Abschuldigen des anderen, Unterstellen böswilliger Motive beim anderen, Kampfstellung, außerordentliche Wut usw.). Das ist sozusagen die schlimmste psychotische oder präpsychotische Seite bei Borderlinern - "alle sind immerfort gegen mich, auch xy".
Hier könnte man jedoch sicher noch wenigstens versuchsweise weiter an anderen Erfahrungen arbeiten. Und zwar grundsätzlich mit mehr Erfolg, wenn jemand es selber versucht, als wenn er immer nur hofft, ANDERE richten es für ihn. Es ist dann sicher auch eine Altersfrage. Ich glaube, bei Menschen über 40 oder 50 wird man das Verfolgungsintrojekt gar nicht mehr richtig wegkriegen. Man muß auch bedenken, daß viele dieser älteren Menschen noch aus der KZ-Zeit, dem Weltkrieg, den Flüchtlings-Trecks, der schwarzen Pädagogik usw. entscheidend negativen Prägungen ausgesetzt waren.
Ein Hauptziel wäre ja, daß ein Borderliner überhaupt fähig wird, andere Bedürfnisse und Gedanken eines anderen Menschen wahrzunehmen und mit Respekt zu achten. Ich bin hier auch skeptisch, diese Fortschritte sind mühsam, und vielleicht auch körperlich nicht mehr voll möglich (verkümmerte Spiegelneuronen oder ähnliche Vorgänge wie streßinduzierte Verkümmerung - oder pathologische Vergrößerung - von Hirnregionen).
Mich werden die konkreten Ansätze wie in der DBT immer weiter sehr interessieren, es kann aber auch sein, daß ich nun mal langsam zu einer kritischen Lektüre übergehe, wie ich mich auch von Mertz wieder etwas weg bzw. weiter zu entwickeln versuche. Wenn Du noch neue Gedanken zu diesen Themen hast, schreibe sie ruhig, auch wenn es später mal ist, ich werde öfter mal wieder hier reinschauen.
Bei Mitlesern, die hier nicht mehr in den Texten mitgekommen sind, kann ich nur sagen: Mertz selber ist sehr schwer zu lesen, Linehans Theoriebuch ist auch eine Schwarte, die wohl die wenigsten Menschen komplett durchgeackert haben, also: kann schon sein, liegt auch in der schwierigen Natur der Sache.
Viele Grüße! Ubu(e)
Ein Parasit, der ohne Wirt nicht leben kann oder auch Borderline.
Was ist ein Mensch der nur über andere lebt?
Was ist ein Mensch der andere nur benutzt und manipuliert?
Was ist ein Mensch ohne Ich und ohne Bezug zur Realität?
Was ist ein Mensch der nur parasitäre Beziehungen leben kann?"
therapie? dbt? linehan? mertz? philosophie? heinz k.? buddhismus?
am ende doch alles nur augenwischerei?
"...Es ist ungerecht, dass ich für mein eigenes Leben Verantwortung tragen muß, das macht mir keinen Spaß, also sollst auch du keinen Spaß haben.Für den Borderliner ist ein Mensch nur dann interessant, wenn dieser ihm die Möglichkeit bietet, vom Borderliner als Sündenbock oder Unterdrücker (oder beides abwechselnd) in Anspruch genommen zu werden.Erst dann gibt der andere ihm etwas, nämlich einen Anhaltspunkt für seinen Masochismus oder Sadismus. Wo dies fehlt, ist für ihn auch keine Beziehung. Wird ihm dieser Beziehungspunkt entzogen, fühlt sich der Borderliner erst recht in seinem Haß bestätigt.Der Borderliner fühlt sich einer grausamen inneren Leere ausgeliefert, aus der er sich wiederum nur durch abgrundtiefen Haß befreien kann. Jemand der etwas von dem Borderliner will, ist zugleich jemand, der dem Borderliner etwas gibt. Will derjenige nichts mehr von ihm, wird er von ihm attakiert. Dies bedeutet für den Borderliner grausame Versagung, er baucht das Gefühl der Macht, sei dies Allmacht oder Ohnmacht. Ersteres erlaubt ihm, letzteres rechtfertigt ihm das ungezügelte Aussagieren seines Hasses. [...]Ungezügelter Haß und schwerer Sadismus in Abgrenzung von bloßer Abgebrühtheit und Schadenfreude sind wesentliche Kennzeichen seiner Charakterstruktur. [...]Es ist dem Borderliner wichtiger, dem anderen zu schaden, als sich selbst zu nutzen. Der Borderliner schafft sich seine Identität, indem er andere schädigt."
lösung: borderliner weiterlaufen lassen, ohne in die psychopathologie/-dynamik hineingezogen zu werden.
@ubue: einfach weitermachen im kreis und ver-ding-lichen.
vielen dank für den interessanten austausch.
@ubu
letzteres natürlich nicht, und meine position bspw. zur nazi-vernichtungs-"euthanasie" lässt sich im blog zur genüge nachlesen. wobei ich bei deutlich soziopathischen personen zur position neige, dass neue methoden der sozialen isolierung (als ersatz für die fehlenden grenzen) - unter menschenwürdigen bedingungen - entwickelt werden müssen.
was ich folgere? zunächst sehe ich eine dringende notwendigkeit, endlich klarheit in diese bereiche zu bringen - es ist u.a. eine frage des wissen-wollens sowie der gewollten ressourcenverteilung, die meiner meinung nach für die wissenschaftliche konfusion mitverantwortlich ist, zusätzlich zu den theoretischen fallstricken in den modellen der mainstreamwissenschaften selbst.
ich bin der meinung, dass das heute bestehende wissen sowie die entsprechenden technischen möglichkeiten bei weitem ausreichen würden, in einer konzentrierten arbeit und mit ausreichender materieller unterstützung die bisherigen streitpunkte in solchen bereichen wie bordrline oder auch trauma schnell aus der welt zu schaffen. vermutlich ist es aber so, dass die dabei entstehenden antworten sehr vielen leuten nicht in ihren kram passen würden.
Soll man auf Therapie verzichten? Oder sich damit zufriedengeben, Borderlinern ihren irreversiblen ich-losen, nicht-authentischen Charakter zur Akzeptanz zu bringen? Das kann es angesichts so vieler junger betroffener Menschen doch auch nicht sein.
schwierige fragen, zumal du auch immer die bisher üblichen therapieziele der anpassung und funktionsfähigkeit berücksichtigen musst. dazu bemerke ich einige gedankenstränge bei mir, die noch zeit brauchen - es ist ein sehr spannendes thema, was du damit eröffnet hast.
Ein Gedanke, den ich noch hatte, war: was wäre denn, wenn sich das ganze Als-Ob tatsächlich auch bei schweren Borderlinern prinzipiell weitgehend auflösen läßt? Fallen Dir dann die Referenzpunkte Deiner Weltwahrnehmung zu sehr weg? In gewisser Weise scheinst Du ja auch an den Als-Ob-Realitäten sehr zu hängen, oder ist dieser Eindruck bei mir ganz unzutreffend? Du widmest Dich ihnen ja ausdauernd und leidenschaftlich.
zum ersteren: na prima, würde ich sagen - ganz ernst gemeint. ich sehe aber auch die gefahr, aufgrund der bedrückenden perspektiven von konsequent zuendegedachten modellen wie dem von mertz in eine art wunschdenken zu verfallen - was nicht sein darf und soll, kann auch nicht sein.
und zur letzten frage: dabei musste ich leicht schmunzeln - eine der ersten kommentare im gästebuch hat das mal als fixierung bezeichnet, und vielleicht liest du dir meine damalige antwort dazu noch mal durch.
werde deine heutigen beiträge nochmals aufgreifen, aber wird wieder ein paar tage dauern.
gruß
mo
@pete