1. Der jW-Artikel umfasst etwa 6000 Zeichen, die "Assoziationen" dieses Bloggers haben die dreifache Länge, und selbst philosophisch gebildete Leser wie ich haben einige Mühe, zu verstehen, worum es geht. Der Blogger täte gut daran, einmal einen knappen Zeitungsartikel für ein breiteres Publikum zu schreiben. Dann wüsste er, dass für blanke "Assoziationen", etwa Spekulationen über einen Zusammenhang zwischen Newtons Autismus und seinem Weltbild, darin kein Platz bleibt.
2. Der Blogger dagegen ordnet die jW in der Schublade "Traditionsmarxismus" ein und führt das Fehlen einer Betrachtung über den von ihm gemutmaßten Zusammenhang bei Newton auf diese Zugehörigkeit zurück. Das ist wirklich in jeder Hinsicht Unsinn. Erstens ist das Feuilleton der jW, dessen Redakteur diese Wissenschafts-Seite gestaltet hat, nicht in "traditionsmarxistischer" Hand. Auch der Autor des zitierten Artikels dürfte kaum der Kategorie "Traditionsmarxismus" zuzuordnen sein. (Er nimmt sich auch nicht in "sympathisierender neulinker Tradition" der Forderungen von AutistInnen an, sondern er ist selbst Asperger-Autist.) Zweitens sind unter Menschen mit Autismus Weltbilder aller Art anzutreffen. Deshalb entbehrt die Behauptung eines Zusammenhangs von Newtons wissenschaftlichem Denken mit seiner autistischen Persönlichkeit jeder Grundlage. Die autistische Persönlichkeit kann Menschen die Kraft geben, sich "ihres Verstandes ohne die Leitung eines anderen zu bedienen" (Kant). Mit Physik oder mit einem mechanistischen Weltbild hat sie dagegen an sich nichts zu tun.
3. So sind auch die Mutmaßungen des Bloggers über einen Zusammenhang zwischen "Kapitalismus als verdinglichender Megamaschine" und Autismus als "objektivistischer", "objektfixierter" und "verdinglichender" Wahrnehmung nichts weiter als eine Luftnummer eines second-hand-adornitischen Ideologiekritikers. Wir wissen doch gar nicht, ob Autismus heute wirklich häufiger ist als früher. Er wird bloß häufiger erkannt. Außerdem, was die ideologiekritischen Kategorien des Bloggers angeht: "Verdinglichung und verdinglichtes Denken haben auch die Bedingungen einer Welt ohne Mangel geschaffen" (Adorno).
4. Natürlich ist die im postfordistischen Kapitalismus dauernd verlangte "Teamfähigkeit" und "Flexibilität" von Grund auf fremdbestimmt, das bringt der Blogger völlig richtig auf den Punkt. Aber das steht doch gar nicht im Gegensatz zu dem, was in dem Artikel gesagt wird. Die Frage ist allerdings, ob es nicht auch in einer nicht mehr kapitalistischen, auf der Selbstorganisation der ProduzentInnen beruhenden Gesellschaft ein Recht auf Partizipation in einem Einzelgänger-Modus geben sollte. (Netzwerkförmige Technologien können dazu in der Tat dienlich sein.)
5. Die in dem Blog evozierte Vorstellung vom autistischen Programmierer, der an der Technik an sich seine helle Freude findet und sich nicht darum schert, was mit dem Resultat seiner gründlichen Arbeit angerichtet wird, ist ein Klischee, das mit der Realität von AutistInnen sehr wenig zu tun hat. "Aspies" sind sehr häufig zugleich hochsensible Persönlichkeiten, denen man wirklich nicht unterstellen sollte, sie wären scharf auf technische Selbstbefriedigung ohne Rücksicht auf die Folgen.
6. Natürlich ist simulierendes Verhalten in gewissem Maße eine notwendige Bedingung von Humanität. Natürlich bin ich freundlich zu anderen, auch wenn ich eigentlich gerade depressiv oder schlecht gelaunt bin - denn dafür können die anderen nichts. Natürlich ist keine entwickelte Subjektivität möglich ohne Vermittlung und Entäußerung. Ein Asperger-Syndrom ist nun eben nicht einfach die permanente und totale Abwesenheit von Simulations- und Vermittlungsfähigkeit. Aspies sind genauso lern- und entwicklungsfähig wie andere Menschen (manchmal sogar mehr als andere), bloß läuft die Entwicklung bei ihnen anders ab. Wenn Aspie-Kinder sich besonders für Gegenstände wie Waschmaschinen interessieren, heißt das noch lange nicht, dass sie das lebenslang tun. Es ist doch überhaupt nicht wahr, dass Aspies keine soziale Kompetenz besäßen. Sie erwerben sie anders, in der Regel später als NTs und dadurch auch bewusster. Das kann enorme Stärken mit sich führen, z.B. sogar ein starkes soziales Engagement. - Den Gerechtigkeitssinn von Aspies mit dem Formalismus der Justiz in Verbindung zu bringen, ist wieder einmal eine der oben bereits kritisierten, völlig willkürlichen und unbegründeten "Assoziationen".
7. Für den Autistic Pride engagierte Aspies verlangen nicht, dass alle Menschen autistisch werden sollen. Sie erkennen die Fähigkeiten von NTs an und verlangen nur, dass diese reziprok ebenso verfahren. Insofern ist jede Überlegung darüber, wie eine nur aus AutistInnen bestehende Menschheit aussähe, völlig unsinnig.
8. Wirkliche Gleichheit wäre die Freiheit, ohne Angst verschieden sein zu können (Adorno).
9. Die autistische Seinsweise ist nicht antisozial. Sie ist auf andere Weise sozial als die neurologisch typische.
10. Was der Blogger gegen Ende als Konzept von Geschichte skizziert, ist nicht schlecht. Ärgerlich ist nur, dass er sein "Wissen" über Autismus, das er munter zu allen möglichen und unmöglichen "Assoziationen" verrührt, anscheinend aus auf veralteten Theorien beruhenden populärwissenschaftlichen Magazinen hat. In diesem Text ist jedenfalls nicht erkennbar, dass der Blogger irgendwelche reale Erfahrung mit autistischen Menschen hätte.
sorry mein lieber/meine liebe scardanelli, aber deine ständige anrede in form von 'der blogger' in deinen anmerkungen liest sich für mich, als würde ein roboter schreiben, eine maschine sprechen. ich frage mich, warum du hinter dem text, den du kritisierst die person, die ihn geschrieben hat, angreifen - zumindest als 'der blogger' permanent abwerten musst????
für mich ist hinter deinem text schwer erkennbar, dass du dich mit deiner inhaltlichen kritik an einen realen menschen wendest oder eine inhaltliche auseinandersetzung mit gegenseitigem respekt suchst. aber vielleicht wolltest du ja nur demonstrieren, wie es wirkt, und jetzt schlage ich mal in die von dir geschlagene kerbe, wenn 'ein aspie' kein simuliertes verhalten anwendet sondern im 'objektivistischen modus' bleibt???????
für mich hat monoma mit seinen überlegungen, die du als 'auf veralteten theorien beruhenden assoziationen' bezeichnest, eine ganze menge nachdenklichkeit provoziert, die zur weiteren beschäftigung mit dem thema anregen. im gegensatz zu dir, hatte ich beim lesen des beitrags nicht das gefühl, dass damit auf WELTBILD-EBENE argumentiert wird, wo je nach theoretischem hintergrund (und es gibt viele theorien, die die wahrheit für sich beanspruchen) die abwertung oder anerkennung von personen und andere werturteile begründet werden.
ich habe die überlegungen im zusammenhang mit der ‚vergesellschaftung’ des ‚asperger-phänomens’ im gegenteil eher als darüber hinaus gehenden versuch verstanden, auf 'ANTISOZIALES' verhalten als neurologisch-psychophysische ‚seinsweise’ hinzuweisen und darauf, dass diese seinsweise, ‚autistic-pride-day’ hin oder her, nichts ist, worauf irgendjemand - ‚aspie’ oder ‚nicht aspie’ - zu irgendeinem zeitpunkt stolz sein könnte.
"ich habe die überlegungen im zusammenhang mit der ‚vergesellschaftung’ des ‚asperger-phänomens’ im gegenteil eher als darüber hinaus gehenden versuch verstanden, auf 'ANTISOZIALES' verhalten als neurologisch-psychophysische ‚seinsweise’ hinzuweisen und darauf, dass diese seinsweise, ‚autistic-pride-day’ hin oder her, nichts ist, worauf irgendjemand - ‚aspie’ oder ‚nicht aspie’ - zu irgendeinem zeitpunkt stolz sein könnte."
Der Antisoziale wird als "Autist" bezeichnet, weil sich noch nicht herumgesprochen hat, das es tatsächlich Autisten gibt. Das sind Menschen, die Schwierigkeiten haben, sich in einer unlogischen Welt voller irrational agierender Menschen zurechtzufinden.
Eine Welt, die einen Autisten vielleicht antisozial machen kann. Dann würde beides zutreffen, aber noch lange nicht rechtfertigen, den Begriff des Autismus zur Beschreibung gesellschaftlicher Phänomene zu missbrauchen.
Man kann nicht alles einfach irgendwie abwertend benennen, ohne Rücksicht auf die entsprechende Minderheit zu nehmen. Die Verwendung des Begriffs in diesem Kontext schürt Vorurteile wie auch die Gleichsetzung mit antisozialem Verhalten.
Worauf ich stolz bin, ist meine Sache. Und ich bin stolz darauf, dass ich es als Autist geschafft habe, ein selbstständiges Leben zu führen und für mich selbst sorgen zu können. Das ist nicht leicht und es ist auch nur wenigen vergönnt.
Ich bin auch stolz darauf, dass ich mir ein soziales Umfeld geschaffen habe und auch darauf, dass ich mich gesellschaftlich und politisch engagiere.
Ich lasse mich nicht pathologisieren und diskriminieren und ich bestehe darauf, dass auch mir die im Grundgesetz verankerten Rechte zustehen. Das Recht auf Menschenwürde zum Beispiel.
Was hat Asperger überhaupt mit antisozialem Verhalten zu tun? Wir Autisten stellen uns jeden Tag hin, versuchen, Euch zu verstehen. Eure Regeln zu lernen. Uns Euch anzupassen. Uns in Eurer Welt zurechtzufinden.
Ihr lacht über uns. Grenzt uns aus. Bezeichnet uns als antisozial. Greift uns sogar tätlich an. Wann stempelt Ihr uns ein "A" in den Ausweis?
Was ist ANTISOZIAL?
"Assoziationen" - nomen est omen!
1. Der jW-Artikel umfasst etwa 6000 Zeichen, die "Assoziationen" dieses Bloggers haben die dreifache Länge, und selbst philosophisch gebildete Leser wie ich haben einige Mühe, zu verstehen, worum es geht. Der Blogger täte gut daran, einmal einen knappen Zeitungsartikel für ein breiteres Publikum zu schreiben. Dann wüsste er, dass für blanke "Assoziationen", etwa Spekulationen über einen Zusammenhang zwischen Newtons Autismus und seinem Weltbild, darin kein Platz bleibt.
2. Der Blogger dagegen ordnet die jW in der Schublade "Traditionsmarxismus" ein und führt das Fehlen einer Betrachtung über den von ihm gemutmaßten Zusammenhang bei Newton auf diese Zugehörigkeit zurück. Das ist wirklich in jeder Hinsicht Unsinn. Erstens ist das Feuilleton der jW, dessen Redakteur diese Wissenschafts-Seite gestaltet hat, nicht in "traditionsmarxistischer" Hand. Auch der Autor des zitierten Artikels dürfte kaum der Kategorie "Traditionsmarxismus" zuzuordnen sein. (Er nimmt sich auch nicht in "sympathisierender neulinker Tradition" der Forderungen von AutistInnen an, sondern er ist selbst Asperger-Autist.) Zweitens sind unter Menschen mit Autismus Weltbilder aller Art anzutreffen. Deshalb entbehrt die Behauptung eines Zusammenhangs von Newtons wissenschaftlichem Denken mit seiner autistischen Persönlichkeit jeder Grundlage. Die autistische Persönlichkeit kann Menschen die Kraft geben, sich "ihres Verstandes ohne die Leitung eines anderen zu bedienen" (Kant). Mit Physik oder mit einem mechanistischen Weltbild hat sie dagegen an sich nichts zu tun.
3. So sind auch die Mutmaßungen des Bloggers über einen Zusammenhang zwischen "Kapitalismus als verdinglichender Megamaschine" und Autismus als "objektivistischer", "objektfixierter" und "verdinglichender" Wahrnehmung nichts weiter als eine Luftnummer eines second-hand-adornitischen Ideologiekritikers. Wir wissen doch gar nicht, ob Autismus heute wirklich häufiger ist als früher. Er wird bloß häufiger erkannt. Außerdem, was die ideologiekritischen Kategorien des Bloggers angeht: "Verdinglichung und verdinglichtes Denken haben auch die Bedingungen einer Welt ohne Mangel geschaffen" (Adorno).
4. Natürlich ist die im postfordistischen Kapitalismus dauernd verlangte "Teamfähigkeit" und "Flexibilität" von Grund auf fremdbestimmt, das bringt der Blogger völlig richtig auf den Punkt. Aber das steht doch gar nicht im Gegensatz zu dem, was in dem Artikel gesagt wird. Die Frage ist allerdings, ob es nicht auch in einer nicht mehr kapitalistischen, auf der Selbstorganisation der ProduzentInnen beruhenden Gesellschaft ein Recht auf Partizipation in einem Einzelgänger-Modus geben sollte. (Netzwerkförmige Technologien können dazu in der Tat dienlich sein.)
5. Die in dem Blog evozierte Vorstellung vom autistischen Programmierer, der an der Technik an sich seine helle Freude findet und sich nicht darum schert, was mit dem Resultat seiner gründlichen Arbeit angerichtet wird, ist ein Klischee, das mit der Realität von AutistInnen sehr wenig zu tun hat. "Aspies" sind sehr häufig zugleich hochsensible Persönlichkeiten, denen man wirklich nicht unterstellen sollte, sie wären scharf auf technische Selbstbefriedigung ohne Rücksicht auf die Folgen.
6. Natürlich ist simulierendes Verhalten in gewissem Maße eine notwendige Bedingung von Humanität. Natürlich bin ich freundlich zu anderen, auch wenn ich eigentlich gerade depressiv oder schlecht gelaunt bin - denn dafür können die anderen nichts. Natürlich ist keine entwickelte Subjektivität möglich ohne Vermittlung und Entäußerung. Ein Asperger-Syndrom ist nun eben nicht einfach die permanente und totale Abwesenheit von Simulations- und Vermittlungsfähigkeit. Aspies sind genauso lern- und entwicklungsfähig wie andere Menschen (manchmal sogar mehr als andere), bloß läuft die Entwicklung bei ihnen anders ab. Wenn Aspie-Kinder sich besonders für Gegenstände wie Waschmaschinen interessieren, heißt das noch lange nicht, dass sie das lebenslang tun. Es ist doch überhaupt nicht wahr, dass Aspies keine soziale Kompetenz besäßen. Sie erwerben sie anders, in der Regel später als NTs und dadurch auch bewusster. Das kann enorme Stärken mit sich führen, z.B. sogar ein starkes soziales Engagement. - Den Gerechtigkeitssinn von Aspies mit dem Formalismus der Justiz in Verbindung zu bringen, ist wieder einmal eine der oben bereits kritisierten, völlig willkürlichen und unbegründeten "Assoziationen".
7. Für den Autistic Pride engagierte Aspies verlangen nicht, dass alle Menschen autistisch werden sollen. Sie erkennen die Fähigkeiten von NTs an und verlangen nur, dass diese reziprok ebenso verfahren. Insofern ist jede Überlegung darüber, wie eine nur aus AutistInnen bestehende Menschheit aussähe, völlig unsinnig.
8. Wirkliche Gleichheit wäre die Freiheit, ohne Angst verschieden sein zu können (Adorno).
9. Die autistische Seinsweise ist nicht antisozial. Sie ist auf andere Weise sozial als die neurologisch typische.
10. Was der Blogger gegen Ende als Konzept von Geschichte skizziert, ist nicht schlecht. Ärgerlich ist nur, dass er sein "Wissen" über Autismus, das er munter zu allen möglichen und unmöglichen "Assoziationen" verrührt, anscheinend aus auf veralteten Theorien beruhenden populärwissenschaftlichen Magazinen hat. In diesem Text ist jedenfalls nicht erkennbar, dass der Blogger irgendwelche reale Erfahrung mit autistischen Menschen hätte.
für mich ist hinter deinem text schwer erkennbar, dass du dich mit deiner inhaltlichen kritik an einen realen menschen wendest oder eine inhaltliche auseinandersetzung mit gegenseitigem respekt suchst. aber vielleicht wolltest du ja nur demonstrieren, wie es wirkt, und jetzt schlage ich mal in die von dir geschlagene kerbe, wenn 'ein aspie' kein simuliertes verhalten anwendet sondern im 'objektivistischen modus' bleibt???????
für mich hat monoma mit seinen überlegungen, die du als 'auf veralteten theorien beruhenden assoziationen' bezeichnest, eine ganze menge nachdenklichkeit provoziert, die zur weiteren beschäftigung mit dem thema anregen. im gegensatz zu dir, hatte ich beim lesen des beitrags nicht das gefühl, dass damit auf WELTBILD-EBENE argumentiert wird, wo je nach theoretischem hintergrund (und es gibt viele theorien, die die wahrheit für sich beanspruchen) die abwertung oder anerkennung von personen und andere werturteile begründet werden.
ich habe die überlegungen im zusammenhang mit der ‚vergesellschaftung’ des ‚asperger-phänomens’ im gegenteil eher als darüber hinaus gehenden versuch verstanden, auf 'ANTISOZIALES' verhalten als neurologisch-psychophysische ‚seinsweise’ hinzuweisen und darauf, dass diese seinsweise, ‚autistic-pride-day’ hin oder her, nichts ist, worauf irgendjemand - ‚aspie’ oder ‚nicht aspie’ - zu irgendeinem zeitpunkt stolz sein könnte.
mfg
eine antwort...
Antisozial- Begriffsklärung
"ich habe die überlegungen im zusammenhang mit der ‚vergesellschaftung’ des ‚asperger-phänomens’ im gegenteil eher als darüber hinaus gehenden versuch verstanden, auf 'ANTISOZIALES' verhalten als neurologisch-psychophysische ‚seinsweise’ hinzuweisen und darauf, dass diese seinsweise, ‚autistic-pride-day’ hin oder her, nichts ist, worauf irgendjemand - ‚aspie’ oder ‚nicht aspie’ - zu irgendeinem zeitpunkt stolz sein könnte."
Der Antisoziale wird als "Autist" bezeichnet, weil sich noch nicht herumgesprochen hat, das es tatsächlich Autisten gibt. Das sind Menschen, die Schwierigkeiten haben, sich in einer unlogischen Welt voller irrational agierender Menschen zurechtzufinden.
Eine Welt, die einen Autisten vielleicht antisozial machen kann. Dann würde beides zutreffen, aber noch lange nicht rechtfertigen, den Begriff des Autismus zur Beschreibung gesellschaftlicher Phänomene zu missbrauchen.
Man kann nicht alles einfach irgendwie abwertend benennen, ohne Rücksicht auf die entsprechende Minderheit zu nehmen. Die Verwendung des Begriffs in diesem Kontext schürt Vorurteile wie auch die Gleichsetzung mit antisozialem Verhalten.
Worauf ich stolz bin, ist meine Sache. Und ich bin stolz darauf, dass ich es als Autist geschafft habe, ein selbstständiges Leben zu führen und für mich selbst sorgen zu können. Das ist nicht leicht und es ist auch nur wenigen vergönnt.
Ich bin auch stolz darauf, dass ich mir ein soziales Umfeld geschaffen habe und auch darauf, dass ich mich gesellschaftlich und politisch engagiere.
Ich lasse mich nicht pathologisieren und diskriminieren und ich bestehe darauf, dass auch mir die im Grundgesetz verankerten Rechte zustehen. Das Recht auf Menschenwürde zum Beispiel.
Was hat Asperger überhaupt mit antisozialem Verhalten zu tun? Wir Autisten stellen uns jeden Tag hin, versuchen, Euch zu verstehen. Eure Regeln zu lernen. Uns Euch anzupassen. Uns in Eurer Welt zurechtzufinden.
Ihr lacht über uns. Grenzt uns aus. Bezeichnet uns als antisozial. Greift uns sogar tätlich an. Wann stempelt Ihr uns ein "A" in den Ausweis?
Was ist ANTISOZIAL?
Gruß, Guru