guru - 27. Jun, 04:03

Der Apfelkuchen

Es geht nicht um Dekonstruktivismus oder philosophische Debatten.
Es stößt mir doch sehr bitter auf, mit welcher Selbstherrlichkeit hier mit Begriffen wie "betroffen" und "gestört" und "behindert" um sich geworfen wird. Man wird mit Schizophrenen verglichen und immer wieder mal in die Schublade psychopathologischer Abweichungen gesteckt .

Autismus ist keine psychophysische Abweichung. Einen Text von einem Aspie nicht als einen Text von einem Aspie zu erkennen zeigt, dass keine signifikante Abweichung vorliegen kann. Oder keine Sozialkompetenz beim Leser.
Dieser Autor ist auch kein Betroffener - werden diese von autistic pride abgelehnten Begriffe eigentlich absichtlich verwendet, um Autisten zu beleidigen?
Wenn die Schwarzen nicht "Neger" genannt werden wollen ist das zu respektieren und fertig!

Man kann nicht alles immer nur aus seinem eigenen Tunnelblick heraus betrachten. Da wird von "verstecktem" Autismus gesprochen. Wer soll das sein?
Irgendwo auf dem Spektrum gibt es Leute, die schlau genug sind und gleichzeitig sozialkompetent genug sind und gleichzeitig gewissenlos genug sind, um echte Fieslinge werden zu können? Wieviele sind das? 0,2% der Bevölkerung?
Was hat das mit Autismus zu tun? Warum werden hier nicht endlich zwei Sachen voneinander getrennt, der "Autismus" als die Persönlichkeitsveränderung des Individuums im Kapitalismus und das Asperger Syndrom, anstatt Zusammenhänge zu stiften, wo keine sind?

Meine Sozialkontakte, meine Gefühle und meine Kommunikation sind übrigens keine Simulationen "menschlicher" Eigenschaften, die von einem Roboter nachgeahmt werden. Ich bin ein Mensch und ich lerne solche Dinge eben langsamer als andere. Dafür habe ich andere Dinge eher gelernt.
Eine "Beschädigung" ganz elementarer menschlicher sozialer Fähigkeiten liegt definitiv vor, wenn jemand sein Gegenüber nicht als gleichwertigen Menschen anerkennt und stattdessen Pathologisierungen über seinen Text wie Streusel auf dem Apfelkuchen verteilt.

Gruß, Guru

monoma - 27. Jun, 17:44

@guru - antwort 1

Es geht nicht um Dekonstruktivismus oder philosophische Debatten.

nicht primär, richtig. um den konstruktivismus als idee und seine folgen aber schon.

Es stößt mir doch sehr bitter auf, mit welcher Selbstherrlichkeit hier mit Begriffen wie "betroffen" und "gestört" und "behindert" um sich geworfen wird. Man wird mit Schizophrenen verglichen und immer wieder mal in die Schublade psychopathologischer Abweichungen gesteckt .

vielleicht ist Ihnen entgangen, dass ich selbst durchaus sehr eigene biographische erfahrungen mit psychiatrischen diagnosen und den impliziten vorurteilsstrukturen habe, die damit so einhergehen? und ja, trotz dieses potenzials bleibe ich dabei, was ich anderswo im blog schon mal ähnlich geschrieben habe: ich weigere mich, die tendenz mitzumachen, ganz offensichtliche einschränkungen der (sozialen) menschlichen fähigkeiten wegzukonstruieren und -definieren. als analogie: wenn jemand ohne beine oder arme geboren worden ist, ist es schlicht albern und eine perfide art der nichtauseinandersetzung, so zu tun, als ob der betreffende trotzdem alle gliedmaßen besitzen würde. alle möglichen hilfen, auch technischer und finanzieller art im alltag: überhaupt kein widerspruch dagegen, im gegenteil.

aber so zu tun, als ob "nur" die umwelt für die einschränkungen verantwortlich wäre, ist eine zu bequeme art und weise, die eigene auseinandersetzung mit dem eigenen leben zu vermeiden. will sagen: es gibt im skizzierten zustand erfahrungen und aktivitäten, die nicht oder nur sehr verfremdet nachzuvollziehen sind. und das ist ein erfahrungsmäßiger verlust, der vielleicht durch andere erfahrungen ansatzweise aufgewogen werden kann, aber trotzdem den benannten charakter nicht verlieren wird. und da wäre dann eher ein ehrliches betrauern angesagt, betrauern von lebensoptionen, die aufgrund des eigenen körperlichen zustands niemals umsetzbar sein werden. das wort "anderssein" ist dabei irreführend und suggeriert eine real nichtvorhandene gleichheit mit all jenen, deren körper vollständig vorhanden ist.

ich kann das durchaus auf die ebene "psychischer" störungen übertragen, und das wort brauche ich hier ganz bewußt - bspw. nicht kommunizieren zu können (aus dem eigenen psychophysischen zustand heraus) , und sei´s nur situativ, nehme ich durchaus als eine elementare und teils sehr schmerzhafte störung wahr. das beschönigende "anderssein" kommt mir nicht nur an solchen stellen wie ein hohn vor, der die realen schmerzen und verluste an lebensqualität mit eine konstrukt füllt, welches von vorne bis hinten alle kennzeichen einer lüge aufweist, die vielleicht "gut gemeint" sein mag, aber dennoch nichts anderes ist.

warum Sie ("man") sich mit schizophrenen vergleichen, bleibt Ihr geheimnis - der kontext, aus dem Sie sich das konstruieren, gibt so einen vergleich schlicht nicht her. vielleicht lesen Sie nochmal genauer nach.

Autismus ist keine psychophysische Abweichung. Einen Text von einem Aspie nicht als einen Text von einem Aspie zu erkennen zeigt, dass keine signifikante Abweichung vorliegen kann.

nein? sollte ich neuronale abweichung schreiben? das ist mir zu begrenzt. und die logik des zweiten satzes ist schlicht abenteuerlich - alle möglichen menschen mit allen möglichen eigenschaften schreiben texte, und es ist schlicht nicht möglich, von einem text auf diese eigenschaften zu schließen, wenn diese selbst nicht inhaltlich behandelt werden und der autor selbst einen deutlichen bezug auf seine person setzt. daraus dann solche schlüsse zu ziehen wie Sie oben, halte ich für völlig unbegründet.

Dieser Autor ist auch kein Betroffener - werden diese von autistic pride abgelehnten Begriffe eigentlich absichtlich verwendet, um Autisten zu beleidigen?

was "autistic pride" ablehnt oder nicht, ist mir an dieser stelle ziemlich egal. das wort ist - gleichgültig, in welchem zusammenhang - erstmal eine zustandsbeschreibung und dient dazu, eine bestimmte situation zu verdeutlichen. von armut betroffene, von kriegen betroffene, borderline-betroffene - in Ihrer logik also alles "diskriminierend". ahja. die "beleidigung" ist in diesem fall Ihr eigener film.

Man kann nicht alles immer nur aus seinem eigenen Tunnelblick heraus betrachten.

wenden Sie diesen trefflichen vorsatz eigentlich auch bei Ihnen selbst an?

Da wird von "verstecktem" Autismus gesprochen. Wer soll das sein?
Irgendwo auf dem Spektrum gibt es Leute, die schlau genug sind und gleichzeitig sozialkompetent genug sind und gleichzeitig gewissenlos genug sind, um echte Fieslinge werden zu können? Wieviele sind das? 0,2% der Bevölkerung?


so, jetzt kommen wir den interessanten fragen schon näher. wenn Sie sich einmal diesen beitrag durchlesen, könnte es Ihnen deutlicher werden, dass ich von einem modell ausgehe, in welchem das "offizielle" autistische spektrum als deutlichstes paradigma für bestimmte optionen des menschlichen lebens angesehen wird, die prinzipiell jedem menschen zugänglich und bekannt sind, und die ebenfalls unter bestimmten sozialen umständen gefördert oder gehemmt werden. ich kenne aus meiner eigenen geschichte ebenfalls zustände, die ich aus dieser sicht heute als autistisch begreife. und vielleicht begreifen Sie an dieser stelle endlich mal, dass es hier genau um derartige strukturelle oder funktionelle zustände geht, die ich als weitverbreitete phänomene wahrnehme - und ebenfalls als bedrohliche.

und davon betroffen sind sicherlich mehr als "0,2%", und gleichfalls sind die "echten fieslinge" eben nicht sozialkompetent, sondern kompetent im simulieren desselben - und um diese varianten von etwas, was ich als "simulationsfähigen autismus" begreife, geht es hier primär.

Was hat das mit Autismus zu tun? Warum werden hier nicht endlich zwei Sachen voneinander getrennt, der "Autismus" als die Persönlichkeitsveränderung des Individuums im Kapitalismus und das Asperger Syndrom, anstatt Zusammenhänge zu stiften, wo keine sind?

zur ersten frage zitiere ich einfach mal aus dem verlinkten beitrag:

"mit dem thema autismus hat das alles aus folgenden gründen etwas zu tun, weil...

"...nur hier, im Kontext des Autismus, der bei weitem wichtigste Faktor der gesamten Psychopathologie, und zwar als isoliertes Ereignis, etwas deutlicher als sonst in unser Blickfeld kommt: Bei diesem wichtigsten Faktor handelt es sich um jenen zentralen Erfahrungskomplex, der unter den Schlüsselbegriffen Bindung, (authentische) Beziehung, (lebendiger) Dialog, Verstehen, Empathie oder (mit Einschränkungen) Rapport abgehandelt wird. Dieser Beziehungsfaktor tritt beim Autismus insofern als isoliertes Ereignis hervor, weil er im Sinne eines Totaldefizits oder eines Totaldefekts vollständig entfällt."

(mertz, "borderline...", s. 98)


ich sehe bis heute keine sachlichen gründe, dieser beschreibung zu widersprechen. und damit sollte auch deutlicher werden, warum ich die antwort auf die zweite frage sehr anders sehe als Sie - da die menschlichen möglichkeiten des seins aufgrund unserer psychophysischen ausstattung begrenzt sind bzw. von letzterer in auseinandersetzung mit der umwelt geprägt/geformt werden, ist es nicht nur plausibel, sondern erscheint mir sogar sehr geboten, die deutlich erkennbaren individuellen prägungen vieler menschen im kapitalismus mit allen bekannten psychophysischen zuständen abzugleichen, um derart das wesen dieser prägungen besser verstehen zu können. und wie im oben genannten zitat deutlich, stellt sich die frage bei weit verbreiteten sozialen unfähigkeiten bzw. wahrnehmungsstörungen dann quasi von selbst, ob hier nicht prozesse ablaufen, die die - im weitesten sinne - autistischen optionen des menschlichen seins in sehr unguter art und weise triggern. und diese frage ist nötig und erlaubt, wie ich finde.

Meine Sozialkontakte, meine Gefühle und meine Kommunikation sind übrigens keine Simulationen "menschlicher" Eigenschaften, die von einem Roboter nachgeahmt werden. Ich bin ein Mensch und ich lerne solche Dinge eben langsamer als andere. Dafür habe ich andere Dinge eher gelernt.

"solche dinge" werden im regelfall eben nicht gelernt, höchstens ihre jeweiligen kulturellen formen und ausprägungen. die elementaren voraussetzungen dafür bestehen allerdings primär in funktionierenden wahrnehmungsfähigkeiten, und an dem punkt beisst sich die katze dann wieder in den schwanz.

*

ich habe momentan keine weitere zeit, um auf Ihre anderen kommentare so wie oben einzugehen, werde das jedoch aufgrund des bisherigen querlesens noch nachholen - neben Ihrer eigenartigen einschätzung, dass "die überbevölkerung" das größte aller probleme heute sei bis hin zur offensichtlichen verwechselung von soziopathie mit sozialer phobie gibt es noch etliche punkte, die ich kommentieren möchte.

mo
guru - 28. Jun, 06:44

Wahrnehmung

Dass Sie Erfahrungen mit psychiatrischen Diagnosen haben, tut mir sehr leid. Es scheint Ihrem Verstand ja nicht geschadet zu haben, nur dieser Blog ist recht unübersichtlich gestaltet und für Autisten nicht gerade nutzerfreundlich, daher habe ich noch nicht alles gelesen, was verfügbar ist.

Konstruktivismus ist eine interessante Theorie, radikaler auch, besonders aus wahrnehmungstheoretischer Sicht. Die Realität wird konstruiert und es werden Zusammenhänge hergestellt, wo manchmal gar keine sind. Und ich finde, das passiert hier.
Verdinglichung ist auch ein spannendes Thema. Einem Menschen Gefühle abzusprechen heißt, ihm Menschsein abzusprechen, Tiersein, Teil der Natur sein. Es heißt, ihn zu einem Objekt zu machen. Das ist Verdinglichung oder habe ich was falsch verstanden?

Grundlegende soziale Fähigkeiten – was versteht man darunter? Ich möchte wohl behaupten, dass ich über grundlegende soziale Fähigkeiten verfüge. Mitunter bin ich etwas zu direkt und man sollte mich nicht nach meiner Meinung fragen, wenn man sie nicht hören will, aber grundsätzlich bin ich ein sozial sehr engagierter und feinfühliger Mensch und selbst wenn ich dies nicht wäre, bliebe ich ein Mensch wie jeder andere. Oder anders, wenn ich das nicht wäre, wäre ich wie die meisten anderen.

Die Menschen, die über diese grundlegenden sozialen Fähigkeiten in nur geringem Ausmaß verfügen, können auf die Gesellschaft nicht einwirken, weil sie nur in sehr wenigen Fällen Zugang zu Bildung oder einem selbstbestimmten Leben haben. Diese Menschen haben trotzdem Gefühle und eigene Gedanken, es gibt nur ein Kommunikationsproblem.
Das bedeutet Autismus. Umso autistischer man ist, desto weniger hat man Anteil an der Gesellschaft. Gesellschaftliche Prozesse werden von Autisten nicht gelenkt oder verursacht und gesellschaftliche Prozesse verursachen auch keine Autisten, keine Menschen mit Albinismus, kein Down- Syndrom und keine Homosexualität.
Unter den historischen Fieslingen und gewissenlosen Wissenschaftlern findet sich kein erhöhter Anteil von Autisten. Mir ist jedenfalls keine Studie bekannt, die das nahe legt.

Dass Autismus mit gewissen Problemen einhergeht, will ich gar nicht bezweifeln. Aber wenn man von Asperger Autismus spricht, hat man es selten mit hilflosen Personen zu tun und oft mit welchen, deren Probleme nicht vom Autismus sondern von den Anforderungen einer Umwelt verursacht werden, die für eine nichtautistische Mehrheit konzipiert ist.
Wir können nicht verlangen, dass sie perfekt auf unsere Minderheiten- Bedürfnisse zugeschnitten wird, aber wir möchten Barrieren entfernen, besonders die in den Köpfen.
Innerhalb der autistischen Community gibt es all diese Barrieren, die es sonst gibt, nicht.
Man trifft mitunter wildfremde Menschen und redet wie mit alten Freunden. Man kann sich öffnen, ohne Angst, dass einen jemand für komisch hält oder dass man ausgegrenzt oder verspottet wird und es noch nicht mal mitkriegt. Keine Fallen, keine Missverständnisse. Ein soziales Umfeld ohne Probleme.
Es ist ein anderes Kommunikationssystem, ein schnörkelloses und sehr präzises, das wunderbar funktioniert und mit dem alles ausgedrückt werden kann, was ausdrückbar ist.
Auch hochkomplexe Gefühlszustände, falls man darüber reden möchte.
Im Moment wird viel darüber gesprochen, da die Tendenz, Autisten Emotionen abzusprechen und sie als von uns simuliert darzustellen, immer stärker zu erkennen ist. Sei es in der erwähnten Fernsehserie oder hier. Auch der unterschwellige Vergleich von Autisten mit Faschisten oder gewissenlosen Mördern erfolgte an beiden Stellen.

„aber so zu tun, als ob "nur" die umwelt für die einschränkungen verantwortlich wäre, ist eine zu bequeme art und weise, die eigene auseinandersetzung mit dem eigenen leben zu vermeiden."

Finde ich auch, jeder soll bei sich selbst anfangen und auch seine Grenzen erkennen und akzeptieren.

" .. will sagen: es gibt im skizzierten zustand erfahrungen und aktivitäten, die nicht oder nur sehr verfremdet nachzuvollziehen sind. und das ist ein erfahrungsmäßiger verlust, der vielleicht durch andere erfahrungen ansatzweise aufgewogen werden kann, aber trotzdem den benannten charakter nicht verlieren wird. und da wäre dann eher ein ehrliches betrauern angesagt, betrauern von lebensoptionen, die aufgrund des eigenen körperlichen zustands niemals umsetzbar sein werden. das wort "anderssein" ist dabei irreführend und suggeriert eine real nichtvorhandene gleichheit mit all jenen, deren körper vollständig vorhanden ist.“

Ein Verlust von Erfahrungen ist es auch, mit Filtern durch die Welt zu laufen und viele wundervolle Details nicht wahrzunehmen. Sich Hochzeitstage nicht merken zu können und nicht zu wissen, was die eigene Frau anhatte, als man sie kennen lernte. Es wäre auch ein ehrliches Bedauern von Lebensoptionen angesagt, wenn man seine Freizeit in der Kneipe statt im Naturkundemuseum verbracht hat oder mit Kitesurfen statt mit historischen U- Bahn- Fahrplänen. Das muss doch jedem selbst überlassen bleiben.
Die Bemerkung mit dem vollständigen Körper macht keinen Sinn. Mir fehlt nichts.

Der Vergleich mit einer psychischen Störung hinkt. Menschen, die plötzlich der Sprache beraubt werden, leiden darunter, weil ihnen etwas fehlt, das sie sonst hatten.
Autistische Menschen, die anders kommunizieren, leiden natürlich auch. Besonders Smalltalk sorgt regelmäßig für Magenverstimmungen.
Kommunikationen mit Menschen, die sich nicht für mich interessieren, sondern für das Bild, das sie von mir haben wollen, fehlen mir aber wirklich nicht. Sie sind manchmal notwendig und da habe ich meine Probleme wie jeder, der halbwegs bei Trost ist. Und bestimmt ist es auch in Beziehungen ärgerlich, seine Gefühle nicht spontan ausdrücken zu können, aber da kann man ja irgendwo ein Gedicht abschreiben oder selbst eins erfinden oder Blumen kaufen. Man kann sich immer irgendwie ausdrücken, man kann es nur nicht besonders spontan.

„Neuronale Abweichung“ wäre akzeptabel. Wenn das Resultat des abweichenden Verarbeitungsprozesses nicht signifikant von den Resultaten der Masse der Verarbeitungsprozesse abweicht, kann man den Verarbeitungsprozess vernachlässigen, ihm scheint nichts auffallend Pathologisches anzuhaften.

„Betroffen“ ist negativ konnotiert und wird von vielen AP Aktivisten (aller möglichen Geschlechter) abgelehnt.

Den Grundsatz mit dem Tunnelblick wende ich bei mir selbst an, ich habe auch allen Grund dazu. Bedauerlicherweise scheint ein gedanklicher Standortwechsel nicht jedermanns Sache zu sein. Man kann natürlich eine Selbsthilfebewegung mittels philosophischer Argumente in die Nähe von Kapitalisten, historischen Schurken oder Psychopathen rücken.
Aber das diskriminiert eine Minderheit, die gegen genau die Vorurteile ankämpft, die so geschürt werden.
Darum handelt diese Debatte nicht von Dekonstruktivismus oder Konstruktivismus oder Marx. Es geht um das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben und und um das Recht, sich selbst zu bezeichnen. Weiter geht es darum, dass diese Bezeichnung nicht abwertend gebraucht wird. Autisten möchten gern als Menschen mit Würde und auch mit Gefühlen betrachtet werden. Die Gehörlosen wollen nicht „taub“ genannt werden. Ob das jetzt Poststrukturalismus oder sonst was ist, ist da völlig egal, denn es geht um political corectness und Respekt gegenüber wem auch immer.

Mit dem versteckten Autismus werde ich mich morgen eingehender befassen, mir wäre es wirklich Recht, wenn es eine Übersicht aller Beiträge gäbe, thematisch geordnet.

„mit dem thema autismus hat das alles aus folgenden gründen etwas zu tun, weil...
"...nur hier, im Kontext des Autismus, der bei weitem wichtigste Faktor der gesamten Psychopathologie, und zwar als isoliertes Ereignis, etwas deutlicher als sonst in unser Blickfeld kommt: Bei diesem wichtigsten Faktor handelt es sich um jenen zentralen Erfahrungskomplex, der unter den Schlüsselbegriffen Bindung, (authentische) Beziehung, (lebendiger) Dialog, Verstehen, Empathie oder (mit Einschränkungen) Rapport abgehandelt wird. Dieser Beziehungsfaktor tritt beim Autismus insofern als isoliertes Ereignis hervor, weil er im Sinne eines Totaldefizits oder eines Totaldefekts vollständig entfällt. (mertz, "borderline...", s. 98)"

Herrje! Entschuldigung, aber das kann man nicht vertreten. Autismus wird nicht mehr zur Psychopathologie gerechnet und einen Totaldefekt haben nicht einmal Autisten, die gar nicht sprechen. Empathie, Bindung und authentische Beziehungen sind jedenfalls nach meiner Beobachtung sogar dort vorhanden. Es kommt wohl doch darauf an, wer einen Menschen von außen beurteilt.

„ich sehe bis heute keine sachlichen gründe, dieser beschreibung zu widersprechen.“

Ich sehe mehrere. Die Autismusforschung hat sich weiterentwickelt. Mertz ist kein Autismusspezialist. Er ist Psychologe. Das Zitat stammt aus einem Buch über Borderline.
Ich kann Ihnen Attwood empfehlen.

" "Meine Sozialkontakte, meine Gefühle und meine Kommunikation sind übrigens keine Simulationen "menschlicher" Eigenschaften, die von einem Roboter nachgeahmt werden. Ich bin ein Mensch und ich lerne solche Dinge eben langsamer als andere. Dafür habe ich andere Dinge eher gelernt." "

"solche dinge" werden im regelfall eben nicht gelernt, höchstens ihre jeweiligen kulturellen formen und ausprägungen. die elementaren voraussetzungen dafür bestehen allerdings primär in funktionierenden wahrnehmungsfähigkeiten, und an dem punkt beisst sich die katze dann wieder in den schwanz.“

Kommunikation wird erlernt. Verbale wie auch nonverbale. Gefühle hat jeder Mensch, sie zu kommunizieren wird erlernt (falls man nicht lacht oder schreit, das tun Autisten auch) und soziale Kontakte zu schließen kann ein Kind auch nicht einfach so. „höchstens ihre jeweiligen kulturellen formen und ausprägungen.“ Ist dabei ein sehr wichtiger Punkt. Genau darum geht es nämlich, um das autistische Unverständnis sozialen Erwartungen gegenüber beim Kontakte schließen. Man ist nämlich nicht der Mensch, der erwartet wurde. Auch von den Eltern nicht. Man ist falsch und erfährt nicht, warum.

Funktionierende Wahrnehmungsfähigkeiten hat auch jeder Mensch. Ohne irgendwelche Wahrnehmungsfähigkeiten hätte man vermutlich kein Bewusstsein. Es kommt darauf an, was man mit seiner Wahrnehmung fokussiert. Sogar Defizite der Sinnesorgane werden durch andere Sinnesorgane ausgeglichen, aber die Sinnesorgane sind ja bei den meisten Autisten intakt.
Es gibt in Deutschland übrigens genauso viele Blinde wie Autisten, die sind auch schlecht im Deuten von Gesichtsausdrücken, aber niemand stellt sie deshalb als gefühllos oder psychopathisch hin.
Ich für meinen Teil bin froh, dass meine Wahrnehmung sehr genau ist. Ich belästige andere Menschen nicht mit meiner schlechten Laune oder meinen Andeutungen. Ich muss mich nicht irrational verhalten, weil ich ständig Dinge in Gesagtes hineininterpretiere, die nicht gesagt wurden oder weil ich falsch zitiere.
Ich kann mir stundenlang die Fliege an der Wand angucken und finde es schade, wenn niemand die Freuden meiner Wahrnehmung mit mir teilen mag.

Die Überbevölkerung ist tatsächlich das größte Problem, Ackerbau und Viehzucht haben sie ermöglicht. Kriege, Hungersnöte, Aussterben von Tierarten, Epidemien, Müllberge und CO2 Ausstoß sind die Folge. Das ist ein Problem, das man dringend in den Griff bekommen muss. Nicht nur, weil es mich als Autisten stören würde, wenn in meiner Wohnung noch 17 Gurus wohnen würden.

Mit der Soziopathie haben Sie natürlich Recht. Das habe ich verwechselt. Tut mir leid, ich kann solche Diskussionen wegen meiner Berufstätigkeit als Guru nur übernächtigt führen und dann mangelt es mir an der Genauigkeit.
Klinisch ist es klar von AS abzugrenzen wie auch von Alexithymie. Was ich meinte ist sozialer Rückzug aufgrund einer Psychose.

Gruß, Guru

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