notiz: mehr deutsche zustände...
...bei denen man zustände bekommt - via erwerbslosenforum kommt dieser offene brief oder besser: hilfeschrei:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Wir, die Asylbewerber, die in dem Flüchtlingsheim von Katzhütte leben, möchten ihnen mitteilen, dass wir unter den äußerst miserablen Zuständen in unserem Flüchtlingsheim sehr leiden und deshalb entschieden haben, auf verschiedene Art und Weise zu protestieren, um das Camp zu schließen aus den folgenden Gründen:
1. Wir, das sind um die 35-40 Einzelpersonen (jung und alt) und mehrere Familien aus aller Welt, die völlig isoliert, ohne jeglichen Kontakt zur deutschen Gesellschaft in einer Gemeinschaftsunterkunft in Katzhütte leben. Katzhütte ist ein kleines Dorf im Thüringer Wald, 1h30 Minuten mit dem Zug entfernt von Saalfeld.
2. Wir und unsere Kinder werden hier wie Kriminelle behandelt, obwohl wir keine sind. Wir leben wie in einem Gefängnis weggesperrt, nur weil wir Asylbewerber sind.
3. Von 17.00 bis 8.00 stellt die Heimleitung uns das warme Wasser für die Dusche ab und nach 16.00 Uhr dürfen wir die Gemeinschaftsküche nicht mehr benutzen. Wir bekommen von der Heimleitung weder Seife noch Toilettenpapier, obwohl sie verpflichtet wären uns selbiges auszuhändigen.
4. Unsere Schlafräume befinden sich in einem sehr schlechten Zustand. Es sind alte heruntergekommene Hütten, gebaut aus Karton und Faserplatten. In den Hütten riecht es muffig, weil die Wände angeschimmelt sind. Wir haben Angst, dass sich das auch auf unsere Gesundheit auswirkt.
5. In Katzhütte gibt es für uns keine Möglichkeit einen Deutschkurs zu besuchen bzw. anderweitig die deutsche Sprache zu erlernen. Deshalb sprechen die meisten von uns kein Wort deutsch. So brauchen wir immer irgendjemanden, der uns die Briefe von der Ausländerbehörde oder dem Doktor übersetzt.
6. Seit Januar 2008 bekommen wir unsere Sozialhilfe nur noch in Form von Gutscheinen ausgehändigt. Wir bekommen gar kein Bargeld mehr und die monatliche Summe wird nicht auf einmal ausgezahlt. Mit den Gutscheinen können wir nur in einem bestimmten Supermarkt Lebensmittel einkaufen. Dieser Supermarkt gehört der Tegut Kette an und ist einer der teuersten Supermärkte von Deutschland, so dass unsere Sozialhilfe meist nur für eine Woche reicht.
7. Um uns aus Katzhütte weg zu bewegen, müssen wir einen Urlaubsschein bei der Ausländerbehörde in Saalfeld beantragen. Das Zugticket, um nach Saalfeld zu fahren müssen wir selber bezahlen. Da wir aber für die Gutscheine ausschließlich Lebensmittel bekommen, haben wir kein Geld für ein Zugticket. Das ist vor allem für die Familien mit Kindern ein Problem, die mit den Kindern öfter zu einem Arzt nach Saalfeld fahren müssen.
8. Um uns zu duschen, müssen wir ca. 300 Meter durch die Kälte laufen, so dass viele Kinder und alte Menschen kontinuierlich krank sind. (Katzhütte befindet sich in den Bergen, der Winter ist lang, die Temperaturen sind oft unter null Grad mit Schnee)
9. Wir leiden außerdem unter der Art und Weise, wie wir von der Heimleiterin behandelt werden. Sie schreit uns oft an und bestraft uns kollektiv, indem sie das Wasser in der Küche abstellt, den Kühlschrank oder den Elektroheizer konfisziert oder die Gemeinschaftsküche abschließt.
Wir wollen ein Ende von diesem Leben voller Schikanen und psychischer Folter!
Wir wollen in normalen Häusern leben und nicht in Baracken!
Wir wollen dieses miserable Heim schließen! Wir rufen Euch auf, uns zu unterstützen in unserem Kampf um unsere Würde!
kleine anmerkung: für diejenigen, die sich vielleicht noch nie oder nur sehr begrenzt mit der sog. "flüchtlingspolitik" in diesem land beschäftigt haben, könnten die geschilderten zustände wie übertreibung, demagogie, oder schlicht bizarr und unglaubwürdig klingen. das ist einerseits verständlich, weil - bis auf diejenigen zeitgenossen, die derlei verhältnisse eh angemessen und wünschenswert finden - niemand mit einem fünkchen empathie so etwas ohne große emotionale regungen und anschließende bedrückende fragen zur kenntnis nehmen kann - und weil die fehlwahrnehmung, wir lebten doch in einem "rechtsstaat" und in einer "demokratie" (und nicht in simulationen davon - bequem, beruhigend und deshalb auch immer noch sehr wirksam ist.
ich hege - leider, wie ich sagen muss - keine zweifel an der authentizität des geschilderten, weil ich selbst - wenn auch vor längerer zeit schon - in antirassistischer arbeit involviert war, und die tendenzen zu solchen verhältnissen wie oben geschildert schon anfang der 1990er mehr als sichtbar waren. ebenfalls sind antirassistische gruppen inzwischen eigentlich zur einzigen verläßlichen informationsquelle bezgl. der situation von flüchtlingen geworden; und wer jetzt fragt, warum denn das so ist und kein thema für die "vierte gewalt", sollte langsam mal ganz wach werden. verdinglichung ist an allen ecken und enden zum beherrschenden modus geworden, mit dem sich menschen untereinander wahrnehmen.
*
und sowohl als ergänzung wie auch als kontrast ein langes interview mit dem gerade verurteilten ex-vw-betriebsratschef volkert über die welt, in der er sich bewegt hat.
beide seiten der medaille von antisozialität gehören zusammen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Wir, die Asylbewerber, die in dem Flüchtlingsheim von Katzhütte leben, möchten ihnen mitteilen, dass wir unter den äußerst miserablen Zuständen in unserem Flüchtlingsheim sehr leiden und deshalb entschieden haben, auf verschiedene Art und Weise zu protestieren, um das Camp zu schließen aus den folgenden Gründen:
1. Wir, das sind um die 35-40 Einzelpersonen (jung und alt) und mehrere Familien aus aller Welt, die völlig isoliert, ohne jeglichen Kontakt zur deutschen Gesellschaft in einer Gemeinschaftsunterkunft in Katzhütte leben. Katzhütte ist ein kleines Dorf im Thüringer Wald, 1h30 Minuten mit dem Zug entfernt von Saalfeld.
2. Wir und unsere Kinder werden hier wie Kriminelle behandelt, obwohl wir keine sind. Wir leben wie in einem Gefängnis weggesperrt, nur weil wir Asylbewerber sind.
3. Von 17.00 bis 8.00 stellt die Heimleitung uns das warme Wasser für die Dusche ab und nach 16.00 Uhr dürfen wir die Gemeinschaftsküche nicht mehr benutzen. Wir bekommen von der Heimleitung weder Seife noch Toilettenpapier, obwohl sie verpflichtet wären uns selbiges auszuhändigen.
4. Unsere Schlafräume befinden sich in einem sehr schlechten Zustand. Es sind alte heruntergekommene Hütten, gebaut aus Karton und Faserplatten. In den Hütten riecht es muffig, weil die Wände angeschimmelt sind. Wir haben Angst, dass sich das auch auf unsere Gesundheit auswirkt.
5. In Katzhütte gibt es für uns keine Möglichkeit einen Deutschkurs zu besuchen bzw. anderweitig die deutsche Sprache zu erlernen. Deshalb sprechen die meisten von uns kein Wort deutsch. So brauchen wir immer irgendjemanden, der uns die Briefe von der Ausländerbehörde oder dem Doktor übersetzt.
6. Seit Januar 2008 bekommen wir unsere Sozialhilfe nur noch in Form von Gutscheinen ausgehändigt. Wir bekommen gar kein Bargeld mehr und die monatliche Summe wird nicht auf einmal ausgezahlt. Mit den Gutscheinen können wir nur in einem bestimmten Supermarkt Lebensmittel einkaufen. Dieser Supermarkt gehört der Tegut Kette an und ist einer der teuersten Supermärkte von Deutschland, so dass unsere Sozialhilfe meist nur für eine Woche reicht.
7. Um uns aus Katzhütte weg zu bewegen, müssen wir einen Urlaubsschein bei der Ausländerbehörde in Saalfeld beantragen. Das Zugticket, um nach Saalfeld zu fahren müssen wir selber bezahlen. Da wir aber für die Gutscheine ausschließlich Lebensmittel bekommen, haben wir kein Geld für ein Zugticket. Das ist vor allem für die Familien mit Kindern ein Problem, die mit den Kindern öfter zu einem Arzt nach Saalfeld fahren müssen.
8. Um uns zu duschen, müssen wir ca. 300 Meter durch die Kälte laufen, so dass viele Kinder und alte Menschen kontinuierlich krank sind. (Katzhütte befindet sich in den Bergen, der Winter ist lang, die Temperaturen sind oft unter null Grad mit Schnee)
9. Wir leiden außerdem unter der Art und Weise, wie wir von der Heimleiterin behandelt werden. Sie schreit uns oft an und bestraft uns kollektiv, indem sie das Wasser in der Küche abstellt, den Kühlschrank oder den Elektroheizer konfisziert oder die Gemeinschaftsküche abschließt.
Wir wollen ein Ende von diesem Leben voller Schikanen und psychischer Folter!
Wir wollen in normalen Häusern leben und nicht in Baracken!
Wir wollen dieses miserable Heim schließen! Wir rufen Euch auf, uns zu unterstützen in unserem Kampf um unsere Würde!
kleine anmerkung: für diejenigen, die sich vielleicht noch nie oder nur sehr begrenzt mit der sog. "flüchtlingspolitik" in diesem land beschäftigt haben, könnten die geschilderten zustände wie übertreibung, demagogie, oder schlicht bizarr und unglaubwürdig klingen. das ist einerseits verständlich, weil - bis auf diejenigen zeitgenossen, die derlei verhältnisse eh angemessen und wünschenswert finden - niemand mit einem fünkchen empathie so etwas ohne große emotionale regungen und anschließende bedrückende fragen zur kenntnis nehmen kann - und weil die fehlwahrnehmung, wir lebten doch in einem "rechtsstaat" und in einer "demokratie" (und nicht in simulationen davon - bequem, beruhigend und deshalb auch immer noch sehr wirksam ist.
ich hege - leider, wie ich sagen muss - keine zweifel an der authentizität des geschilderten, weil ich selbst - wenn auch vor längerer zeit schon - in antirassistischer arbeit involviert war, und die tendenzen zu solchen verhältnissen wie oben geschildert schon anfang der 1990er mehr als sichtbar waren. ebenfalls sind antirassistische gruppen inzwischen eigentlich zur einzigen verläßlichen informationsquelle bezgl. der situation von flüchtlingen geworden; und wer jetzt fragt, warum denn das so ist und kein thema für die "vierte gewalt", sollte langsam mal ganz wach werden. verdinglichung ist an allen ecken und enden zum beherrschenden modus geworden, mit dem sich menschen untereinander wahrnehmen.
*
und sowohl als ergänzung wie auch als kontrast ein langes interview mit dem gerade verurteilten ex-vw-betriebsratschef volkert über die welt, in der er sich bewegt hat.
beide seiten der medaille von antisozialität gehören zusammen.
monoma - 26. Feb, 01:17