notiz: aufgelesenes
der angekündigte beitrag rund um den bereich objektivität und soziopathie hängt immer noch in der warteschleife, verändert sich dauernd und macht mir reichlich zu schaffen - zumal die immer widerwärtiger werdenden zustände ständig neues material liefern. aber er wird kommen.
*
und aufgreifen werde ich da auf jeden fall auch ein zitat von einem jener schreibtischtäter, die sich in der quasikriminellen vereinigung namens "initiative neue soziale marktwirtschaft" organisieren, von der die folgen ihres treibens bspw. im gerade erschienenen armutsbericht zwar nur unvollständig abgebildet, aber immerhin doch zu erahnen sind. sein name lautet bernd raffelhüschen , und in einem interview lassen sich folgende sätze bestaunen:
(...)"ZG: Als Experte für sozialstaatliche Themen stehen Sie sicherlich in einem besonderen Verhältnis zu den Gesellschaftsgruppen, welche Sie unter die akademische Lupe nehmen. Inwieweit versuchen Sie sich in die Lage der jeweils Betroffenen hineinzuversetzen?
Raffelhüschen: Das dürfen sie gar nicht oder zumindest erst dann, wenn sie fertig sind. Politikberatung müssen sie nach dem Gesetz der großen Zahl machen! Es geht gar nicht anders, denn rationale Politik darf nicht an individuellen Spezialsituationen festgemacht werden. D.h. man braucht da eine grobe Linie, die auch erstmal abstrahiert, die erst einmal gar nicht sieht, dass ein Rentner eben ein Mensch ist, dass ein Junkie ein Mensch ist, usw. Das dürfen sie nicht machen. "(...)
"rationale Politik" = empathiebefreit. (und auf menschen dürfen Sie dabei nicht achten, bzw: Sie dürfen menschen nicht achten. genau so sieht das, was hier so unter "politik" verkauft wird, dann auch aus). das ist echte objektivistische logik , die sich da frech artikuliert. aus dem gerade verlinkten beitrag auch noch das folgende zitat von j. erik mertz, weil´s so schön passt:
"Die Psychose beginnt in der Regel nicht erst mit dem offensichtlichen Wahnsinn, der auffällig störenden Verrücktheit, sondern lange, lange vorher, die Psychose beginnt haargenau als beliebig rationales, im objektiven Sinne beliebig realitätstüchtiges Kontrollbewußtsein, das allerdings in einer funktionalen Monopolposition operiert.(...)
"Weicht die stets objektive Realitätsbewältigung des Psychotikers von den jeweils geltenden objektiven Realitätsnormen seiner Bezugskultur ab, so gilt er als `verrückt´, gelingt ihm eine flächendeckende Anpassung an die geltenden objektiven Realitätsnormen, so könnte er z.B. die unauffällige Existenz eines theoretischen Physikers führen oder vielleicht sogar durch die Konstruktion einer wissenschaftlichen Theorie, etwa einer Relativitätstheorie, auffallen."
oder aber die existenz eines professors für finanzwirtschaft führen.
*
passend zum oben erwähnten armutsbericht (und ebenfalls als übelriechender ausfluß objektivistischer logik zu begreifen) ein weiteres interview :
(...)WELT ONLINE: Es geht also darum, welche Behandlungen notwendig oder sinnvoll sind und welche den Patienten nicht mehr bezahlt werden.
Hoppe: Ja. Es ist inzwischen so, dass wegen der strikten Ausgabenbegrenzung nicht mehr alles für alle bezahlbar ist. Das heißt, eine Form von Rationierung medizinischer Leistung ist unumgänglich. Aber diese Rationierung soll transparent sein, und sie soll nicht vom behandelnden Arzt getroffen werden müssen.
WELT ONLINE: Bisher haben Sie sich immer gegen Rationierung gewehrt. Woher der Sinneswandel?
Hoppe: Es gibt seit Jahren eine heimliche Rationierung. Wir Ärzte haben sie bisher nicht akzeptiert und versucht, sie zu kompensieren. Inzwischen ist klar, dass es Rationierung in jedem Land der Welt gibt, eben auch bei uns in Deutschland. Die Rationierung muss aber offen diskutiert werden, und dabei wollen auch wir Ärzte mitreden. Die Politik und die Kassen dürfen nicht länger behaupten, die Patienten bekämen die notwendige Versorgung, und in Wirklichkeit wird dieses Notwendige dem Finanzierbaren angepasst."(...)
da hatte der herr hipp damals ja einen offensichtlich wahrhaft prophetischen moment.
*
zu den potenziellen opfern dieser "rationierung" dürften auch viele angehörige der im folgenden artikel genannten gruppe gehören:
(...)"Der Zweite Weltkrieg liegt mehr als 60 Jahre zurück, doch noch immer leiden alte Menschen in Deutschland wegen der schrecklichen Erinnerungen an psychischen Störungen. Nach einer aktuellen Studie leiden Ältere dreimal so häufig an einer sogenannten Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) wie die jüngere Bevölkerung. Das haben Wissenschaftler der Universität Leipzig in Zusammenarbeit mit Kollegen von der Universität Zürich herausgefunden. Sie hatten 2400 Menschen aus allen Altersgruppen befragt.(...)
Die Wissenschaftler riefen Haus- und Fachärzte auf, sensibler für solche Belastungen zu sein. Maercker sagte, die Betroffenen litten häufig an Schlafstörungen, Panikattacken und Schuldgefühlen. Die Probleme würden aber häufig falsch als Depressionen diagnostiziert."(...)
das lässt sich auch als ergänzung zum thema vegetative dystonie lesen, während ich die im artikel genannten zahlen zur verbreitung der "offiziellen" ptbs mit vorsicht betrachte - bekanntlich halte ich deren definitionen für zu eng gefasst. andererseits ist das auch eine weitere erklärung für die teils extrem reaktionären haltungen, die sich in diesem land bei älteren menschen zu oft finden lassen. grundsätzliche und tiefsitzende angstgefühle sowie die daraus resultierenden sicherheitsbedürfnisse (die dann von leuten wie schäuble & co. geschickt instrumentalisiert werden, wobei schäuble vielleicht aus eigener betroffenheit darin besonders penetrant ist ) sind bei traumatisierten menschen nicht eben selten.
*
das thema traumatisierung (aufgrund zum himmel schreiender antisozialer verhältnisse) spielt auch bei den derzeitigen pogromen in südafrika
(...)"Seit letzte Woche im Township Alexandra in Johannesburgs Norden zwei Menschen bei Angriffen ums Leben kamen, breitet sich der Terror wie ein Flächenbrand aus. Die Todesmeldungen erhöhen sich fast stündlich: Montag früh hieß es, dass allein am Wochenende 13 Menschen gestorben seien und etwa 2.000 ihr Dach über dem Kopf verloren hätten, mittags wurde die Zahl der Toten mit 22 angegeben. Niemand weiß vorherzusagen, in welcher Ecke einer Ansammlung von Bretterhütten jemand zur Zielscheibe wird."(...)
eine hauptrolle, die in diesem fall zumindest indirekt auch vom kommentator in der taz erkannt wird:
(...)"Fakt ist, dass jetzt in Johannesburg Menschen aufgrund ihrer Herkunft gejagt und getötet werden. Man mag das für einen Ausdruck sozialer Unzufriedenheit halten. Aber niemand kann ernsthaft vertreten, man müsse Migrantinnen aus Hochhausfenstern werfen und Flüchtlinge verbrennen, weil es in den Townships zu wenig Arbeit gibt.
Die Verrohung der südafrikanischen Gesellschaft in der Zeit der Apartheid hat sich tief in die Köpfe der Bevölkerung eingegraben. Sie geht einher mit einer Abschottung vom als minderwertig empfundenen Rest Afrikas. Das gilt für Schwarz wie für Weiß. Diese geistigen Mauern in den Köpfen sind in 14 Jahren Demokratie kaum abgebaut worden - genauso wenig wie die realen Mauern zwischen Arm und Reich."
es ist wichtig, sich dabei immer wieder klarzumachen, das die genannte verrohung ein ausdruck für das ist, was sich in vergangenen und aktuellen antisozialen zuständen in den hirnen & nervensystemen der handelnden verändert hat. täter-opfer-dialektik.
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und aufgreifen werde ich da auf jeden fall auch ein zitat von einem jener schreibtischtäter, die sich in der quasikriminellen vereinigung namens "initiative neue soziale marktwirtschaft" organisieren, von der die folgen ihres treibens bspw. im gerade erschienenen armutsbericht zwar nur unvollständig abgebildet, aber immerhin doch zu erahnen sind. sein name lautet bernd raffelhüschen , und in einem interview lassen sich folgende sätze bestaunen:
(...)"ZG: Als Experte für sozialstaatliche Themen stehen Sie sicherlich in einem besonderen Verhältnis zu den Gesellschaftsgruppen, welche Sie unter die akademische Lupe nehmen. Inwieweit versuchen Sie sich in die Lage der jeweils Betroffenen hineinzuversetzen?
Raffelhüschen: Das dürfen sie gar nicht oder zumindest erst dann, wenn sie fertig sind. Politikberatung müssen sie nach dem Gesetz der großen Zahl machen! Es geht gar nicht anders, denn rationale Politik darf nicht an individuellen Spezialsituationen festgemacht werden. D.h. man braucht da eine grobe Linie, die auch erstmal abstrahiert, die erst einmal gar nicht sieht, dass ein Rentner eben ein Mensch ist, dass ein Junkie ein Mensch ist, usw. Das dürfen sie nicht machen. "(...)
"rationale Politik" = empathiebefreit. (und auf menschen dürfen Sie dabei nicht achten, bzw: Sie dürfen menschen nicht achten. genau so sieht das, was hier so unter "politik" verkauft wird, dann auch aus). das ist echte objektivistische logik , die sich da frech artikuliert. aus dem gerade verlinkten beitrag auch noch das folgende zitat von j. erik mertz, weil´s so schön passt:
"Die Psychose beginnt in der Regel nicht erst mit dem offensichtlichen Wahnsinn, der auffällig störenden Verrücktheit, sondern lange, lange vorher, die Psychose beginnt haargenau als beliebig rationales, im objektiven Sinne beliebig realitätstüchtiges Kontrollbewußtsein, das allerdings in einer funktionalen Monopolposition operiert.(...)
"Weicht die stets objektive Realitätsbewältigung des Psychotikers von den jeweils geltenden objektiven Realitätsnormen seiner Bezugskultur ab, so gilt er als `verrückt´, gelingt ihm eine flächendeckende Anpassung an die geltenden objektiven Realitätsnormen, so könnte er z.B. die unauffällige Existenz eines theoretischen Physikers führen oder vielleicht sogar durch die Konstruktion einer wissenschaftlichen Theorie, etwa einer Relativitätstheorie, auffallen."
oder aber die existenz eines professors für finanzwirtschaft führen.
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passend zum oben erwähnten armutsbericht (und ebenfalls als übelriechender ausfluß objektivistischer logik zu begreifen) ein weiteres interview :
(...)WELT ONLINE: Es geht also darum, welche Behandlungen notwendig oder sinnvoll sind und welche den Patienten nicht mehr bezahlt werden.
Hoppe: Ja. Es ist inzwischen so, dass wegen der strikten Ausgabenbegrenzung nicht mehr alles für alle bezahlbar ist. Das heißt, eine Form von Rationierung medizinischer Leistung ist unumgänglich. Aber diese Rationierung soll transparent sein, und sie soll nicht vom behandelnden Arzt getroffen werden müssen.
WELT ONLINE: Bisher haben Sie sich immer gegen Rationierung gewehrt. Woher der Sinneswandel?
Hoppe: Es gibt seit Jahren eine heimliche Rationierung. Wir Ärzte haben sie bisher nicht akzeptiert und versucht, sie zu kompensieren. Inzwischen ist klar, dass es Rationierung in jedem Land der Welt gibt, eben auch bei uns in Deutschland. Die Rationierung muss aber offen diskutiert werden, und dabei wollen auch wir Ärzte mitreden. Die Politik und die Kassen dürfen nicht länger behaupten, die Patienten bekämen die notwendige Versorgung, und in Wirklichkeit wird dieses Notwendige dem Finanzierbaren angepasst."(...)
da hatte der herr hipp damals ja einen offensichtlich wahrhaft prophetischen moment.
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zu den potenziellen opfern dieser "rationierung" dürften auch viele angehörige der im folgenden artikel genannten gruppe gehören:
(...)"Der Zweite Weltkrieg liegt mehr als 60 Jahre zurück, doch noch immer leiden alte Menschen in Deutschland wegen der schrecklichen Erinnerungen an psychischen Störungen. Nach einer aktuellen Studie leiden Ältere dreimal so häufig an einer sogenannten Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) wie die jüngere Bevölkerung. Das haben Wissenschaftler der Universität Leipzig in Zusammenarbeit mit Kollegen von der Universität Zürich herausgefunden. Sie hatten 2400 Menschen aus allen Altersgruppen befragt.(...)
Die Wissenschaftler riefen Haus- und Fachärzte auf, sensibler für solche Belastungen zu sein. Maercker sagte, die Betroffenen litten häufig an Schlafstörungen, Panikattacken und Schuldgefühlen. Die Probleme würden aber häufig falsch als Depressionen diagnostiziert."(...)
das lässt sich auch als ergänzung zum thema vegetative dystonie lesen, während ich die im artikel genannten zahlen zur verbreitung der "offiziellen" ptbs mit vorsicht betrachte - bekanntlich halte ich deren definitionen für zu eng gefasst. andererseits ist das auch eine weitere erklärung für die teils extrem reaktionären haltungen, die sich in diesem land bei älteren menschen zu oft finden lassen. grundsätzliche und tiefsitzende angstgefühle sowie die daraus resultierenden sicherheitsbedürfnisse (die dann von leuten wie schäuble & co. geschickt instrumentalisiert werden, wobei schäuble vielleicht aus eigener betroffenheit darin besonders penetrant ist ) sind bei traumatisierten menschen nicht eben selten.
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das thema traumatisierung (aufgrund zum himmel schreiender antisozialer verhältnisse) spielt auch bei den derzeitigen pogromen in südafrika
(...)"Seit letzte Woche im Township Alexandra in Johannesburgs Norden zwei Menschen bei Angriffen ums Leben kamen, breitet sich der Terror wie ein Flächenbrand aus. Die Todesmeldungen erhöhen sich fast stündlich: Montag früh hieß es, dass allein am Wochenende 13 Menschen gestorben seien und etwa 2.000 ihr Dach über dem Kopf verloren hätten, mittags wurde die Zahl der Toten mit 22 angegeben. Niemand weiß vorherzusagen, in welcher Ecke einer Ansammlung von Bretterhütten jemand zur Zielscheibe wird."(...)
eine hauptrolle, die in diesem fall zumindest indirekt auch vom kommentator in der taz erkannt wird:
(...)"Fakt ist, dass jetzt in Johannesburg Menschen aufgrund ihrer Herkunft gejagt und getötet werden. Man mag das für einen Ausdruck sozialer Unzufriedenheit halten. Aber niemand kann ernsthaft vertreten, man müsse Migrantinnen aus Hochhausfenstern werfen und Flüchtlinge verbrennen, weil es in den Townships zu wenig Arbeit gibt.
Die Verrohung der südafrikanischen Gesellschaft in der Zeit der Apartheid hat sich tief in die Köpfe der Bevölkerung eingegraben. Sie geht einher mit einer Abschottung vom als minderwertig empfundenen Rest Afrikas. Das gilt für Schwarz wie für Weiß. Diese geistigen Mauern in den Köpfen sind in 14 Jahren Demokratie kaum abgebaut worden - genauso wenig wie die realen Mauern zwischen Arm und Reich."
es ist wichtig, sich dabei immer wieder klarzumachen, das die genannte verrohung ein ausdruck für das ist, was sich in vergangenen und aktuellen antisozialen zuständen in den hirnen & nervensystemen der handelnden verändert hat. täter-opfer-dialektik.
monoma - 19. Mai, 20:20
Übungstrigger
Als ich mal ein paar Monate in einem Altenheim gearbeitet habe, begann ich mich zu fragen, wie sich die Alten bei den Alarmübungen fühlen müssen, da gibt es ja diese zwei Mal im Jahr durchgeführten Sireneneinsätze. Ich traute mich damals nicht, sie zu fragen, weil mir selbst auch eng in der Brust wird, wenn diese Sirenen aufdrehen, das ist auch ohne echte Kriegserfahrungen markerschütternd...