assoziation: "peak oil" - oder wenn die party zu ende geht und ein monströser kater droht (1)
okay, von "party" kann überhaupt nur bezgl. gesellschaften wie unserer gesprochen werden, die es in ihrer unglaublichen einfältigkeit geschafft haben, die potenzielle vielfältigkeit menschlichen lebens auf konsum bzw. das anhäufen von dingen zu reduzieren. in den offenen elendszonen des planeten hat diese art von miesen, öden, betäubenden und selbstzerstörerischen exzessen des als-ob-lebens nie so wie hier stattgefunden (was wahrlich kein echter verlust ist, auch wenn das - in gewisser weise berechtigt - von dort lebenden anders wahrgenommen werden sollte).
*
aber zum thema: in späteren historischen rückblicken könnten die derzeitigen tage des mai 2008 vielleicht als wendepunkt erscheinen, an dem zum ersten mal für größere teile der bevölkerungen der westlichen gesellschaften das wetterleuchten am horizont sichtbar geworden ist, welches den finalen akt ihrer - bzw. unserer - bisherigen "lebens"weise ankündigt. aus der perspektive dieses blogs sind nun - ähnlich, wie ich es vor langer zeit schon beim thema des bedingungslosen grundeinkommens versucht habe - fragen in der richtung interessant, was eigentlich passiert, wenn die konsequenzen von peak oil auf eine gesellschaft treffen, die erstens in ihren strukturen weitverbreitete psychophysische zustände ihrer mitglieder abbildet, und von der zweitens viele dieser strukturen und zustände mit einiger plausibilität als pathologisch auch in einem klinischen sinn betrachtet werden müssen. wie werden menschen reagieren, die aufgrund ihrer pathologien bspw. den eigenen konsum - oder auch maß- und wahllosen verbrauch von dingen - zum lebenssinn erhoben haben? was werden diejenigen tun, denen bspw. autos als eine art krücke für das beschädigte ego dienen? wie werden alle jene reagieren, die ein problem mit eigenen und fremden grenzen haben, wenn ihnen durch die endlichkeit einer ressource deutlich und unabwendbar eine existenzielle grenze aufgezeigt wird? nicht umsonst wird der umgang besonders mit erdöl auch als suchtartig begriffen, und nicht umsonst häufen sich gerade in vielen öffentlichen stellungnahmen zu peak oil die metaphern aus der drogentherapie .
und ganz zentral: wie kann eine situation, die eigentlich eine solidarische und kollektive zusammenarbeit in breitestem rahmen verlangt, bewältigt werden, wenn eine mehr oder weniger große zahl von menschen in gesellschaften wie dieser aufgrund vielfältigster (post-)traumatischer und maligner antisozialer einflüsse nicht (mehr) über die psychophysischen voraussetzungen verfügt, um solidarität und kollektivität in einer gesunden form leben zu können?
solche fragen möchte ich im zweiten teil etwas mehr beleuchten, zunächst aber in komprimierter form (quellen zu peak oil finden sich mittlerweile mehr als genug) grob die fakten skizzieren, die sichtbar sind.
*
zeichen der zeit:
(...)"Cantarell, das größte mexikanische und weltweit zweitgrößte Ölfeld fördert Jahr für Jahr um 6 % weniger Öl. Im ersten Quartal 2008 gingen Mexikos Ölexporte auf Jahressicht um 12 % zurück.
In Norwegen und Großbritannien rechnen Experten, dass im Jahr 2007 die Fördermengen um insgesamt 800.000 bis 1 Million Barrel pro Tag abgenommen haben.
Die russische Ölproduktion ist im April 2008 bereits den vierten Monat in Folge gesunken und lag bei 9,72 Millionen Barrel pro Tag und somit ca. 2 % unter dem Post-Sowjet-Hoch von 9,93 Millionen Barrel pro Tag im Oktober 2007.
Indonesien erwägt seine Mitgliedschaft in der OPEC zu kündigen, da dessen Ölquellen langsam versiegen und sich das Land zu einem Nettoimporteuer von Erdöl entwickelt. Seit Mitte der 90er-Jahre ist die Ölförderung von 1,5 bis 1,6 Millionen Barrel pro Tag auf 860.000 Barrel gesunken.
Russland hat eine Steuer auf Ölexporte um 17 % angehoben.
China greift nach dem Öl in Venezuela. Im Rahmen des Baus einer Spezialraffinerie für venezolanisches Öl in China sollten die Ölverkaufsmengen auf 0,4 Millionen Barrel pro Tag verfünffacht werden. Dieses Öl wird dem Westen fehlen.
Gleichzeitig droht ein Krieg zwischen Russland und dem Öltransitland Georgien."(...)
jede einzelne dieser infos lässt sich verifizieren. um auf dem laufenden zu bleiben, empfehle ich den news-bereich dieses deutschsprachigen forums rund um peak oil. dort lassen sich schon jetzt viele der meldungen finden, die uns in naher zukunft massiv begleiten werden:
(...)"Die französischen Fischer haben ihren Streik gegen steigende Dieselpreise am Dienstag ausgeweitet und einen weiteren wichtigen Ölhafen bei Marseille blockiert. 50 Demonstranten besetzten das Öl-Terminal Fos-sur-Mer und setzten Autoreifen und Kisten in Brand, teilte die Hafenverwaltung mit. Die Protestaktionen lähmen die Wirtschaft immer stärker."(...)
(...)"Schlechte Nachrichten für Fluggesellschaften. Steigende Preise für Flugzeugtreibstoff - einer der größten Kostenfaktoren der Branche - haben im bisherigen Jahresverlauf sieben Fluglinien in den Konkurs getrieben, und das Jahr ist noch lang."(...)
(quelle)
und nicht nur die gerade vorgestellte studie der energy watch group , sondern inzwischen auch die "offiziell" zuständigen experten der international energy agency kommen offensichtlich auf letztlich nur unwesentlich abweichende schlüsse: der peak ist entweder schon da oder aber steht unmittelbar bevor (was als ausdruck in bezug auf die zeitlichen dimensionen selbst dann erlaubt ist, wenn es sich noch um ein jahrzehnt handeln sollte).
peak = die spitze. und zwar die spitze der förderung von billigem erdöl. diese betonung ist deshalb wichtig, weil es zwar tatsächlich noch ölreserven gibt, die aber schwerer zugänglich und auch nur mit erhöhtem energie- und finanzaufwand zu erschließen sind, was den preis natürlich nicht wieder drücken wird. natürlich spielt zur zeit auch die spekulation mit dem ölpreis eine rolle, aber es ist naiv und auch wunschdenken, darin die hauptursache zu sehen. und natürlich kann sich die preisentwicklung auch aufgrund kurzzeitiger bzw. tagesaktueller entwicklungen und ereignisse "beruhigen", aber das wird nichts am grundsätzlichen ändern - die party, bei der das öl tatsächlich ein unverzichtbares mittel für den knapp hundertjährigen und destruktiven rausch der industriegesellschaften gewesen ist, geht zu ende (was ich persönlich keinesfalls irgendwie bedauerlich, sondern notwendig finde).
*
ein punkt ist noch zu erwähnen, der beim ganzen thema öl meist etwas aus dem blickfeld gerät: zwar ist der bereich verkehr vielleicht am sicht- und fühlbarsten vom öl abhängig, wesentlich bedenklicher und schwerer zu handlen ist jedoch die abhängigkeit vom öl in einigen der folgenden felder:
(...)"Öl liefert derzeit fast 40% der Energie für die heutige industrielle Produktion. Desweiteren ist Öl einer der wichtigsten Rohstoffe der Welt, viele essentielle Dinge des täglichen Lebens werden daraus hergestellt:
* Chemikalien und Lösungsmittel
* Plastik (Spielzeug, Haushaltsgeräte und andere Alltagsgegenstände)
* Farben und Lacke
* Verpackungen, Folien und Plastiktüten
* Kunstfasern (Teppichböden, Kleidung, Gardinen)
* Körperpflege und Kosmetik (Seifen, Parfüms, Lippenstifte und Haarsprays)
* Ausbau der Infrastruktur (Straßenbau)
* Medikamente
* Düngemittel und Pestizide(...)
oder anders: wenn Sie in Ihrer alltäglichen lebenswelt alle produkte entfernen würden, die direkt oder indirekt vom erdöl abhängen, wären Sie in einem weitgehend leeren zimmer ziemlich nackt...
*
zur fortsetzung
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aber zum thema: in späteren historischen rückblicken könnten die derzeitigen tage des mai 2008 vielleicht als wendepunkt erscheinen, an dem zum ersten mal für größere teile der bevölkerungen der westlichen gesellschaften das wetterleuchten am horizont sichtbar geworden ist, welches den finalen akt ihrer - bzw. unserer - bisherigen "lebens"weise ankündigt. aus der perspektive dieses blogs sind nun - ähnlich, wie ich es vor langer zeit schon beim thema des bedingungslosen grundeinkommens versucht habe - fragen in der richtung interessant, was eigentlich passiert, wenn die konsequenzen von peak oil auf eine gesellschaft treffen, die erstens in ihren strukturen weitverbreitete psychophysische zustände ihrer mitglieder abbildet, und von der zweitens viele dieser strukturen und zustände mit einiger plausibilität als pathologisch auch in einem klinischen sinn betrachtet werden müssen. wie werden menschen reagieren, die aufgrund ihrer pathologien bspw. den eigenen konsum - oder auch maß- und wahllosen verbrauch von dingen - zum lebenssinn erhoben haben? was werden diejenigen tun, denen bspw. autos als eine art krücke für das beschädigte ego dienen? wie werden alle jene reagieren, die ein problem mit eigenen und fremden grenzen haben, wenn ihnen durch die endlichkeit einer ressource deutlich und unabwendbar eine existenzielle grenze aufgezeigt wird? nicht umsonst wird der umgang besonders mit erdöl auch als suchtartig begriffen, und nicht umsonst häufen sich gerade in vielen öffentlichen stellungnahmen zu peak oil die metaphern aus der drogentherapie .
und ganz zentral: wie kann eine situation, die eigentlich eine solidarische und kollektive zusammenarbeit in breitestem rahmen verlangt, bewältigt werden, wenn eine mehr oder weniger große zahl von menschen in gesellschaften wie dieser aufgrund vielfältigster (post-)traumatischer und maligner antisozialer einflüsse nicht (mehr) über die psychophysischen voraussetzungen verfügt, um solidarität und kollektivität in einer gesunden form leben zu können?
solche fragen möchte ich im zweiten teil etwas mehr beleuchten, zunächst aber in komprimierter form (quellen zu peak oil finden sich mittlerweile mehr als genug) grob die fakten skizzieren, die sichtbar sind.
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zeichen der zeit:
(...)"Cantarell, das größte mexikanische und weltweit zweitgrößte Ölfeld fördert Jahr für Jahr um 6 % weniger Öl. Im ersten Quartal 2008 gingen Mexikos Ölexporte auf Jahressicht um 12 % zurück.
In Norwegen und Großbritannien rechnen Experten, dass im Jahr 2007 die Fördermengen um insgesamt 800.000 bis 1 Million Barrel pro Tag abgenommen haben.
Die russische Ölproduktion ist im April 2008 bereits den vierten Monat in Folge gesunken und lag bei 9,72 Millionen Barrel pro Tag und somit ca. 2 % unter dem Post-Sowjet-Hoch von 9,93 Millionen Barrel pro Tag im Oktober 2007.
Indonesien erwägt seine Mitgliedschaft in der OPEC zu kündigen, da dessen Ölquellen langsam versiegen und sich das Land zu einem Nettoimporteuer von Erdöl entwickelt. Seit Mitte der 90er-Jahre ist die Ölförderung von 1,5 bis 1,6 Millionen Barrel pro Tag auf 860.000 Barrel gesunken.
Russland hat eine Steuer auf Ölexporte um 17 % angehoben.
China greift nach dem Öl in Venezuela. Im Rahmen des Baus einer Spezialraffinerie für venezolanisches Öl in China sollten die Ölverkaufsmengen auf 0,4 Millionen Barrel pro Tag verfünffacht werden. Dieses Öl wird dem Westen fehlen.
Gleichzeitig droht ein Krieg zwischen Russland und dem Öltransitland Georgien."(...)
jede einzelne dieser infos lässt sich verifizieren. um auf dem laufenden zu bleiben, empfehle ich den news-bereich dieses deutschsprachigen forums rund um peak oil. dort lassen sich schon jetzt viele der meldungen finden, die uns in naher zukunft massiv begleiten werden:
(...)"Die französischen Fischer haben ihren Streik gegen steigende Dieselpreise am Dienstag ausgeweitet und einen weiteren wichtigen Ölhafen bei Marseille blockiert. 50 Demonstranten besetzten das Öl-Terminal Fos-sur-Mer und setzten Autoreifen und Kisten in Brand, teilte die Hafenverwaltung mit. Die Protestaktionen lähmen die Wirtschaft immer stärker."(...)
(...)"Schlechte Nachrichten für Fluggesellschaften. Steigende Preise für Flugzeugtreibstoff - einer der größten Kostenfaktoren der Branche - haben im bisherigen Jahresverlauf sieben Fluglinien in den Konkurs getrieben, und das Jahr ist noch lang."(...)
(quelle)
und nicht nur die gerade vorgestellte studie der energy watch group , sondern inzwischen auch die "offiziell" zuständigen experten der international energy agency kommen offensichtlich auf letztlich nur unwesentlich abweichende schlüsse: der peak ist entweder schon da oder aber steht unmittelbar bevor (was als ausdruck in bezug auf die zeitlichen dimensionen selbst dann erlaubt ist, wenn es sich noch um ein jahrzehnt handeln sollte).
peak = die spitze. und zwar die spitze der förderung von billigem erdöl. diese betonung ist deshalb wichtig, weil es zwar tatsächlich noch ölreserven gibt, die aber schwerer zugänglich und auch nur mit erhöhtem energie- und finanzaufwand zu erschließen sind, was den preis natürlich nicht wieder drücken wird. natürlich spielt zur zeit auch die spekulation mit dem ölpreis eine rolle, aber es ist naiv und auch wunschdenken, darin die hauptursache zu sehen. und natürlich kann sich die preisentwicklung auch aufgrund kurzzeitiger bzw. tagesaktueller entwicklungen und ereignisse "beruhigen", aber das wird nichts am grundsätzlichen ändern - die party, bei der das öl tatsächlich ein unverzichtbares mittel für den knapp hundertjährigen und destruktiven rausch der industriegesellschaften gewesen ist, geht zu ende (was ich persönlich keinesfalls irgendwie bedauerlich, sondern notwendig finde).
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ein punkt ist noch zu erwähnen, der beim ganzen thema öl meist etwas aus dem blickfeld gerät: zwar ist der bereich verkehr vielleicht am sicht- und fühlbarsten vom öl abhängig, wesentlich bedenklicher und schwerer zu handlen ist jedoch die abhängigkeit vom öl in einigen der folgenden felder:
(...)"Öl liefert derzeit fast 40% der Energie für die heutige industrielle Produktion. Desweiteren ist Öl einer der wichtigsten Rohstoffe der Welt, viele essentielle Dinge des täglichen Lebens werden daraus hergestellt:
* Chemikalien und Lösungsmittel
* Plastik (Spielzeug, Haushaltsgeräte und andere Alltagsgegenstände)
* Farben und Lacke
* Verpackungen, Folien und Plastiktüten
* Kunstfasern (Teppichböden, Kleidung, Gardinen)
* Körperpflege und Kosmetik (Seifen, Parfüms, Lippenstifte und Haarsprays)
* Ausbau der Infrastruktur (Straßenbau)
* Medikamente
* Düngemittel und Pestizide(...)
oder anders: wenn Sie in Ihrer alltäglichen lebenswelt alle produkte entfernen würden, die direkt oder indirekt vom erdöl abhängen, wären Sie in einem weitgehend leeren zimmer ziemlich nackt...
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zur fortsetzung
monoma - 24. Mai, 11:23