notiz: tödliche monotonie oder von der wiederkehr des immergleichen
wiedermal ein prozeßbericht , der allzuoft gelesenes enthält:
(...)"Der vierte Prozesstag um den zu Weihnachten in Kirchberg verhungerten Robin brachte erschütternde Details ans Licht. Der Rechtsmediziner Karl-Heinz Thiele, der Robins Leiche am 27. Dezember obduzierte, berichtete am Freitag, dass der einst bis zu 14 Kilo schwere Junge zuletzt noch 8711 Gramm wog. Er hätte Anzeichen eines extremen Nahrungs- und Flüssigkeitsmangels aufgewiesen, "der letztlich zum Tod führte". Seine Beschreibung des Zweijährigen war so erschütternd, dass eine Zuhörerin unter Tränen aus dem Verhandlungssaal stürzte. Auch bei der angeklagten Mutter liefen Tränen.(...)
Der psychiatrische Sachverständige Günter Petermann bescheinigte der 24-Jährigen, dass bei ihr "eine bedeutsam ausgeprägte Borderline-Persönlichkeitsstörung" vorliege. Er hält sie deshalb für vermindert schuldfähig. 1,8 Prozent der Bevölkerung litten unter dieser Krankheit. Sie beeinträchtige die Gefühle, das Denken und Handeln, was sich durch negatives und teilweise paradox wirkendes Verhalten in zwischenmenschlichen Beziehungen sowie im gestörten Verhältnis zu sich selbst äußere.
Der Borderline-Gestörte hätte ein chronisches Gefühl der Leere, er leide unter Ängsten und Hilflosigkeit. "Robins Zustand wurde von ihr nicht so dramatisch erlebt. Für einen Außenstehenden ist das nicht nachvollziehbar", sagte der Mediziner. "Sie hielt die Reise zum neuen Freund für vertretbar. Denn sie konnte die Situation nicht korrekt einschätzen. Die Wahrnehmung der Realität war bei ihr gestört. Hätte sie Robins Zustand als lebensbedrohlich gesehen, wäre sie wahrscheinlich nicht gefahren."(...)
der satz "Die Wahrnehmung der Realität war bei ihr gestört" stellt dabei - im gegensatz zu manch anderen hier im blog zitierten psychiatrischen stellungnahmen - durchaus eine realistische realitätsbeschreibung dar und gibt dazu eigentlich allen anlaß dafür, fragen zu stellen wie zb. die, wie genau diese gestörte wahrnehmung funktioniert und was sie hervorbringt. diesen fragestellungen und den möglichen antworten aber verweigern sich psychiatrie und justiz - stellvertzretend für die gesamtgesellschaft - bis heute größtenteils konsequent, und derartige entsetzliche geschehnisse sind dann u.a. das resultat.
die beschreibung des wahrnehmungsmodus´ der mutter ähnelt übrigens frappierend den hier thematisierten zuständen, die sich zusammenfassend so begreifen lassen:
(...)"Kurzum, es gibt einen Unterschied zwischen lebendigen und mechanistisch toten Ereignissen. Wer diesen Unterschied nicht kennt, ist de facto sehr krank, und zwar in einem sehr strengen, objektiv-wissenschaftlichen Sinne: Die entsprechende Symptomatik findet sich beispielsweise im autistischen und psychotischen Kontext und wird im Bereich extremer Antisozialität zu einem gesellschaftlichen Problem. In all diesen Fällen ist unter anderem auch diese Unterscheidung für die Betroffenen sehr unsicher oder unmöglich geworden. Diese mangelhafte Unterscheidungsfähigkeit entwickelt spätestens dann tragische Dimensionen, wenn eine lebendiger Mensch von einem anderen Menschen wie eine Sache, wie ein totes Ding behandelt wird, ohne daß sich der Akteur selbst an dieser kategorialen Todsünde, die in der Praxis nicht selten einen tödlichen Ausgang nimmt, irgendwie stören müßte."(...)
(mertz, "borderline..." [siehe literaturliste]; s. 160)
und welches diagnostische etikett dann in solchen fällen vergeben wird, ist letztlich zwar nicht sekundär, verweist aber i.d.r. bis heute eher auf wahrnehmungsdefizite von psychiatrie & psychologie als auf die tatsächlich existierende realität.
(...)"Der vierte Prozesstag um den zu Weihnachten in Kirchberg verhungerten Robin brachte erschütternde Details ans Licht. Der Rechtsmediziner Karl-Heinz Thiele, der Robins Leiche am 27. Dezember obduzierte, berichtete am Freitag, dass der einst bis zu 14 Kilo schwere Junge zuletzt noch 8711 Gramm wog. Er hätte Anzeichen eines extremen Nahrungs- und Flüssigkeitsmangels aufgewiesen, "der letztlich zum Tod führte". Seine Beschreibung des Zweijährigen war so erschütternd, dass eine Zuhörerin unter Tränen aus dem Verhandlungssaal stürzte. Auch bei der angeklagten Mutter liefen Tränen.(...)
Der psychiatrische Sachverständige Günter Petermann bescheinigte der 24-Jährigen, dass bei ihr "eine bedeutsam ausgeprägte Borderline-Persönlichkeitsstörung" vorliege. Er hält sie deshalb für vermindert schuldfähig. 1,8 Prozent der Bevölkerung litten unter dieser Krankheit. Sie beeinträchtige die Gefühle, das Denken und Handeln, was sich durch negatives und teilweise paradox wirkendes Verhalten in zwischenmenschlichen Beziehungen sowie im gestörten Verhältnis zu sich selbst äußere.
Der Borderline-Gestörte hätte ein chronisches Gefühl der Leere, er leide unter Ängsten und Hilflosigkeit. "Robins Zustand wurde von ihr nicht so dramatisch erlebt. Für einen Außenstehenden ist das nicht nachvollziehbar", sagte der Mediziner. "Sie hielt die Reise zum neuen Freund für vertretbar. Denn sie konnte die Situation nicht korrekt einschätzen. Die Wahrnehmung der Realität war bei ihr gestört. Hätte sie Robins Zustand als lebensbedrohlich gesehen, wäre sie wahrscheinlich nicht gefahren."(...)
der satz "Die Wahrnehmung der Realität war bei ihr gestört" stellt dabei - im gegensatz zu manch anderen hier im blog zitierten psychiatrischen stellungnahmen - durchaus eine realistische realitätsbeschreibung dar und gibt dazu eigentlich allen anlaß dafür, fragen zu stellen wie zb. die, wie genau diese gestörte wahrnehmung funktioniert und was sie hervorbringt. diesen fragestellungen und den möglichen antworten aber verweigern sich psychiatrie und justiz - stellvertzretend für die gesamtgesellschaft - bis heute größtenteils konsequent, und derartige entsetzliche geschehnisse sind dann u.a. das resultat.
die beschreibung des wahrnehmungsmodus´ der mutter ähnelt übrigens frappierend den hier thematisierten zuständen, die sich zusammenfassend so begreifen lassen:
(...)"Kurzum, es gibt einen Unterschied zwischen lebendigen und mechanistisch toten Ereignissen. Wer diesen Unterschied nicht kennt, ist de facto sehr krank, und zwar in einem sehr strengen, objektiv-wissenschaftlichen Sinne: Die entsprechende Symptomatik findet sich beispielsweise im autistischen und psychotischen Kontext und wird im Bereich extremer Antisozialität zu einem gesellschaftlichen Problem. In all diesen Fällen ist unter anderem auch diese Unterscheidung für die Betroffenen sehr unsicher oder unmöglich geworden. Diese mangelhafte Unterscheidungsfähigkeit entwickelt spätestens dann tragische Dimensionen, wenn eine lebendiger Mensch von einem anderen Menschen wie eine Sache, wie ein totes Ding behandelt wird, ohne daß sich der Akteur selbst an dieser kategorialen Todsünde, die in der Praxis nicht selten einen tödlichen Ausgang nimmt, irgendwie stören müßte."(...)
(mertz, "borderline..." [siehe literaturliste]; s. 160)
und welches diagnostische etikett dann in solchen fällen vergeben wird, ist letztlich zwar nicht sekundär, verweist aber i.d.r. bis heute eher auf wahrnehmungsdefizite von psychiatrie & psychologie als auf die tatsächlich existierende realität.
monoma - 29. Jun, 11:12
Tja,
Mir fällt keine andere Antwort ein als: Erfahrungen, die einen Menschen prägen. Oder knallhart: Traumatisierungen.
Liebe Grüße
Tamara