notiz: krisennews und -gedanken (3)
zunächst noch eine antwort @bibi:
wenn ich deine grundthese richtig verstanden habe, siehst du im großen und ganzen die derzeitige krise als strategisches manöver an, um die blöden schafe weiter unbeschwert, aber verschärft, ausnehmen zu können? ich kann dem nur teilweise zustimmen: sicher wird derzeit viel versucht, um erstens am bestehenden system nicht zu rütteln (dazu gehört auch die altbewährte sozialisierung von verlusten), und zweitens die handelnden (und immer noch mächtigen) protagonisten soweit aus der schußlinie zu nehmen wie gerade noch möglich (bevor die schafe am ende noch tatsächlich wach werden sollten). ebenfalls gibt es immer wieder ein paar profiteure der jeweiligen tagesaktuellen entwicklungen. jetzt kommt ein großes ABER:
wenn die eigentliche intention der hypothetischen krisenstrategen nicht von vorneherein darin bestanden haben sollte, eine global sehr instabile situation zu erzeugen - und eine solche these ließe sich derzeitig weder belegen noch widerlegen -, dann muss man attestieren, dass momentan sehr viel eher danach aussieht, dass große teile der "eliten" selbst keinen wirklichen plan (mehr) haben und lediglich versuchen, soviel zeit/aufschub wie möglich vor einem möglichen großen crash zu gewinnen - die "rettungspakete" allüberall sind dafür der deutlichste ausdruck. aussichten wie bank runs oder der in den letzten beiträgen auch erwähnte mögliche zusammenbruch der logistikketten im welthandel würden zu situationen führen, die für uns alle (zumindest im westen) völliges neuland darstellen würden, und für deren verlauf ich keinerlei prognosen aufstellen würde (allenfalls ein paar wahrscheinlichkeiten, die sich aus meiner einschätzung der kollektiv dominanten "psychischen dispositionen" der betroffenen bevölkerungen ergeben).
ein globaler (ökonomischer) crash würde im worst-case-fall derartige einschlagskrater produzieren, dass selbst die innere und äußere aufrüstung der "eliten" da nicht mehr viel helfen würde - sprich: sie müssten sich selbst massiv um ihre ä.... sorgen machen, und all das mediale trommelfeuer der letzten wochen gerade hinsichtlich möglicher bank runs ist mit einer ganz massiven beruhigungspille zu vergleichen, bei der die verordnenden kurpfuscher selbst (noch) mehr panik haben als die patienten. nein, ich glaube eher, dass eine "nach-uns-die-sintflut"-mentalität zusammen mit den üblichen zwängen der kapitalinternen profitakkumulation plus strategischer dummheit plus die "eliten"-spezifischen psychopyhsischen defekte alle hübsch zusammen in einem topf auf dem herd solange fröhlich geköchelt haben, dass es jetzt nicht nur angebrannt stinkt, sondern schon dicke rauchschwaden durch die wohnung ziehen - und möglicherweise bereits ein paar zentrale kabel vor sich her schmoren.
ich schätze naomi klein durchaus sehr, aber die von ihr gemeinten schocks sind bisher immer in einem in relation viel kontrollierteren (und kontrollierbareren) rahmen verabreicht worden. und genau das ist derzeitig nicht mehr der fall. klar, könnte auch sein, dass ich falsch liege, und tatsächlich ein monströser soziopathischer plot abläuft, der darauf zielt, die globalen machtverhältnisse völlig durcheinanderzuwürfeln, um dann am ende mit der "sechs" als "gewinner" über der asche der kollabierenden staaten und ihrer ökonomien dazustehen.
zum schluß noch: sicher hast du damit recht, dass krise & betrug in einem gewissen sinne dauerzustände darstellen. ich würde aber dennoch aufgrund des spezifischen milieus, in dem sich diese krise zumindest bisher hauptsächlich abspielt, sagen, dass ein derartiger finanzieller betrug in vielen staaten gleichzeitig, wie er sich in form der sog. bail-outs ausdrückt, so noch nicht dagewesen ist.
*
aller schlechten dinge sind drei - jeremy rifkin goes apokalypse:
(...)"Die traurige Wahrheit ist, dass wir vor einem Zusammenbruch wie in den dreißiger Jahren stehen und dass alle Manöver der Regierungen ein bisschen zu spät gekommen sind - und zwar, weil die globale Kreditkrise sich über 18 Jahre hinweg aufgebaut hat und einer schnellen Fixierung nicht zugänglich ist. Die Sache wird noch dadurch komplizierter, dass diese Krise mit der globalen Energiekrise und dem globalen Klimawandel einhergeht, was sich zu Verheerungen auswachsen kann, wie wir sie noch nie erlebt haben. Die drei globalen Krisen sind miteinander verwoben und nähren sich gegenseitig."(...)
wie war das noch? "mögest du in interessanten zeiten leben".
*
das es jetzt wirklich interessante zeiten werden könnten, dämmert auch der gewerkschaft der polizei:
"Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) rechnet wegen der internationalen Finanzkrise mit einem Anstieg der gewaltsamen Ausschreitungen und der Zahl der Großdemonstrationen. Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg warnte in der «Leipziger Volkszeitung» davor, dass die Behörden die Sicherheit wegen Überforderung nicht mehr gewährleisten könnten. Die Finanzmarktkrise werde nach seiner Einschätzung die bereits vorhandenen gesellschaftlichen Konflikte weiter verschärfen."(...)
na, mit dieser einschätzung riskiert man heute auch nicht mehr viel - interessant ist aber v.a. der schlußsatz:
(...)«Mit der Finanzmarktkrise kommt unübersehbar der scharfe Grundkonflikt um Gerechtigkeit hinzu. Zudem erwarte ich mit dem Thema Zukunft der Kernenergie zusätzliche Proteste. Das alles ergibt ein Einsatzszenario für die Polizei, das wir ganz sicher nicht mehr ordnungsgemäß bewältigen können», sagte der Gewerkschafter den Angaben zufolge weiter. «Außerdem sollte die Politik endlich aufhören, die gesellschaftspolitischen Probleme einfach der Polizei vor die Füße zu kippen. Wir brauchen politische, keine polizeilichen Lösungen der Konflikte.»
sein wort in der kollegen ohren (zumindest hoffen darf man ja noch).
*
in diesen tagen können wir auch lernen, was eigentlich ein cityboy ist:
(...)"Als "Cityboy" bezeichnet er "jeden dreisten Idiot im Anzug, der sich an dir in der Bahn vorbeidrängelt; den egoistischen Witzbold, der laut angibt, wie viel Cash er auf dem Markt gemacht hat; den gierigen Wichser, der dazu beiträgt, dass diese Welt zu dem Misthaufen wird, zu dem sie sich immer rapider entwickelt. Eine Zeitlang war ich es ..."(...)
nämlich auch nur ein synonym für ganz gewöhnliche antisoziale.
*
immerhin schon aus dem februar dieses bemerkenswerten jahres stammt der folgende "Report über ein Tabuthema":
"In vielen Filialen deutscher Banken herrschen Zustände wie in einer Drückerkolonne. Jetzt packen Bankberater aus: Wie sie Kunden belügen, weil sie dem Vertriebsdruck, den Drohungen und Demütigungen ihrer Vorgesetzten nicht mehr gewachsen sind. Sie sind Opfer und Täter zugleich."(...)
ich finde ja, dass "innenansichten aus der mafia" ebenso gut gepasst hätte. aber vielleicht ist es auch besser, einfach bei "der stinknormale kapitalistische betrieb" zu bleiben.
*
let´s make money, die neue dokumentation von erwin wagenhofer über das bisherige globale finanzsystem des grauens, hatte ich neulich schon per trailer vorgestellt - jetzt kommt die tagesschau mit einem interview:
(...)"tagesschau.de: Wie haben Sie die Menschen erlebt, die da im großen Stil mit unserem Geld hantieren?
Wagenhofer: Im Film sagt einer der ganz großen Investmentbanker in Asien: "The best time to buy is when there is blood on the street." Also: Jetzt klebt das Blut auf der Straße, jetzt können sie kaufen, jetzt können sie richtig Geschäfte machen.
tagesschau.de: Also skrupellose Geier?
Wagenhofer: Die Banker sind Getriebene von einem System, das unmenschlich ist. Und diese Leute sind nicht wirklich glücklich geworden. Unter den Bankern gibt es einen hohen Drogenkonsum, harte Drogen, viele leiden mit 30 Jahren schon unter einem Burn-Out-Syndrom. Wir haben während des Drehs für den Film viel mit Armut zu tun gehabt: Die beste Stimmung ist immer bei den Ärmsten. Da, wo wirklich das Geld sitzt, dort ist die schlechteste Stimmung."(...)
das letztere klingt mir etwas nach verklärung - aber mag sein, dass die armut hier im westen auch tatsächlich eine hässlichere stimmung mit sich bringt als in anderen kulturkreisen. sehr interessant allerdings und ansonsten seltsam unterbelichtet, der hinweis auf den einsatz aller möglichen drogen innerhalb der finanzmafia - das ist zwar "irgendwie" grundsätzlich schon bekannt, aber vermutlich in seinen folgen noch unterschätzt.
*
sehr ruhig ist es in den letzten tagen um die schon neulich angesprochenen "letter of credit" geworden, die für den weltweiten schiffshandel eine große bedeutung haben - ich konnte aber bisher keine entwarnung finden, und daher noch mal eine zusammenfassung des problems von letzter woche:
(...)"Seit dem Wochenende sind Kenner der Szene in Panikstimmung. Wenn Lieferfirmen ihre Waren nicht mehr verschiffen können, sind sie häufig in kurzer Zeit selbst von der Pleite bedroht. Ohne Eingriffe könnte sich schnell ein logistisches Desaster anbahnen. Spiegelbild eines solchen Szenarios wären Warenengpässe in den betreffenden Importländern. Im schlimmsten Fall würde es dann in den Industrieländern an Nahrungsmitteln und Energie mangeln.
Es ist durchaus denkbar, dass die nächste Eskalation der Kreditkrise auf den Wasserweg über Anleger und Bürger herein bricht."(...)
weitere infos dazu würden vermutlich nicht nur mich sehr interessieren.
*
und zum schluß möchte ich dem vorsitzenden des "bundes für umwelt und naturschutz deutschland" noch das große "ÄCHZ" am montag verleihen, und zwar für den merkbefreiten einsatz der wie eine verheerende seuche wütenden kapitallogik (letztlich eine ausgeburt des entgleisten objektivistischen modus), die in diesem fall dem begriff des "humankapitals" auch noch das "naturkapital" an die seite stellt - wann wird sich endlich die erkenntnis breit machen, dass die derzeitige(n) krise(n) eben nicht unwesentlich von einem dem alten system entsprungenen und angepassten wahrnehmungs-, denk- und sprachmodus mit hervorgebracht und verschärft werden?
wenn ich deine grundthese richtig verstanden habe, siehst du im großen und ganzen die derzeitige krise als strategisches manöver an, um die blöden schafe weiter unbeschwert, aber verschärft, ausnehmen zu können? ich kann dem nur teilweise zustimmen: sicher wird derzeit viel versucht, um erstens am bestehenden system nicht zu rütteln (dazu gehört auch die altbewährte sozialisierung von verlusten), und zweitens die handelnden (und immer noch mächtigen) protagonisten soweit aus der schußlinie zu nehmen wie gerade noch möglich (bevor die schafe am ende noch tatsächlich wach werden sollten). ebenfalls gibt es immer wieder ein paar profiteure der jeweiligen tagesaktuellen entwicklungen. jetzt kommt ein großes ABER:
wenn die eigentliche intention der hypothetischen krisenstrategen nicht von vorneherein darin bestanden haben sollte, eine global sehr instabile situation zu erzeugen - und eine solche these ließe sich derzeitig weder belegen noch widerlegen -, dann muss man attestieren, dass momentan sehr viel eher danach aussieht, dass große teile der "eliten" selbst keinen wirklichen plan (mehr) haben und lediglich versuchen, soviel zeit/aufschub wie möglich vor einem möglichen großen crash zu gewinnen - die "rettungspakete" allüberall sind dafür der deutlichste ausdruck. aussichten wie bank runs oder der in den letzten beiträgen auch erwähnte mögliche zusammenbruch der logistikketten im welthandel würden zu situationen führen, die für uns alle (zumindest im westen) völliges neuland darstellen würden, und für deren verlauf ich keinerlei prognosen aufstellen würde (allenfalls ein paar wahrscheinlichkeiten, die sich aus meiner einschätzung der kollektiv dominanten "psychischen dispositionen" der betroffenen bevölkerungen ergeben).
ein globaler (ökonomischer) crash würde im worst-case-fall derartige einschlagskrater produzieren, dass selbst die innere und äußere aufrüstung der "eliten" da nicht mehr viel helfen würde - sprich: sie müssten sich selbst massiv um ihre ä.... sorgen machen, und all das mediale trommelfeuer der letzten wochen gerade hinsichtlich möglicher bank runs ist mit einer ganz massiven beruhigungspille zu vergleichen, bei der die verordnenden kurpfuscher selbst (noch) mehr panik haben als die patienten. nein, ich glaube eher, dass eine "nach-uns-die-sintflut"-mentalität zusammen mit den üblichen zwängen der kapitalinternen profitakkumulation plus strategischer dummheit plus die "eliten"-spezifischen psychopyhsischen defekte alle hübsch zusammen in einem topf auf dem herd solange fröhlich geköchelt haben, dass es jetzt nicht nur angebrannt stinkt, sondern schon dicke rauchschwaden durch die wohnung ziehen - und möglicherweise bereits ein paar zentrale kabel vor sich her schmoren.
ich schätze naomi klein durchaus sehr, aber die von ihr gemeinten schocks sind bisher immer in einem in relation viel kontrollierteren (und kontrollierbareren) rahmen verabreicht worden. und genau das ist derzeitig nicht mehr der fall. klar, könnte auch sein, dass ich falsch liege, und tatsächlich ein monströser soziopathischer plot abläuft, der darauf zielt, die globalen machtverhältnisse völlig durcheinanderzuwürfeln, um dann am ende mit der "sechs" als "gewinner" über der asche der kollabierenden staaten und ihrer ökonomien dazustehen.
zum schluß noch: sicher hast du damit recht, dass krise & betrug in einem gewissen sinne dauerzustände darstellen. ich würde aber dennoch aufgrund des spezifischen milieus, in dem sich diese krise zumindest bisher hauptsächlich abspielt, sagen, dass ein derartiger finanzieller betrug in vielen staaten gleichzeitig, wie er sich in form der sog. bail-outs ausdrückt, so noch nicht dagewesen ist.
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aller schlechten dinge sind drei - jeremy rifkin goes apokalypse:
(...)"Die traurige Wahrheit ist, dass wir vor einem Zusammenbruch wie in den dreißiger Jahren stehen und dass alle Manöver der Regierungen ein bisschen zu spät gekommen sind - und zwar, weil die globale Kreditkrise sich über 18 Jahre hinweg aufgebaut hat und einer schnellen Fixierung nicht zugänglich ist. Die Sache wird noch dadurch komplizierter, dass diese Krise mit der globalen Energiekrise und dem globalen Klimawandel einhergeht, was sich zu Verheerungen auswachsen kann, wie wir sie noch nie erlebt haben. Die drei globalen Krisen sind miteinander verwoben und nähren sich gegenseitig."(...)
wie war das noch? "mögest du in interessanten zeiten leben".
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das es jetzt wirklich interessante zeiten werden könnten, dämmert auch der gewerkschaft der polizei:
"Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) rechnet wegen der internationalen Finanzkrise mit einem Anstieg der gewaltsamen Ausschreitungen und der Zahl der Großdemonstrationen. Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg warnte in der «Leipziger Volkszeitung» davor, dass die Behörden die Sicherheit wegen Überforderung nicht mehr gewährleisten könnten. Die Finanzmarktkrise werde nach seiner Einschätzung die bereits vorhandenen gesellschaftlichen Konflikte weiter verschärfen."(...)
na, mit dieser einschätzung riskiert man heute auch nicht mehr viel - interessant ist aber v.a. der schlußsatz:
(...)«Mit der Finanzmarktkrise kommt unübersehbar der scharfe Grundkonflikt um Gerechtigkeit hinzu. Zudem erwarte ich mit dem Thema Zukunft der Kernenergie zusätzliche Proteste. Das alles ergibt ein Einsatzszenario für die Polizei, das wir ganz sicher nicht mehr ordnungsgemäß bewältigen können», sagte der Gewerkschafter den Angaben zufolge weiter. «Außerdem sollte die Politik endlich aufhören, die gesellschaftspolitischen Probleme einfach der Polizei vor die Füße zu kippen. Wir brauchen politische, keine polizeilichen Lösungen der Konflikte.»
sein wort in der kollegen ohren (zumindest hoffen darf man ja noch).
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in diesen tagen können wir auch lernen, was eigentlich ein cityboy ist:
(...)"Als "Cityboy" bezeichnet er "jeden dreisten Idiot im Anzug, der sich an dir in der Bahn vorbeidrängelt; den egoistischen Witzbold, der laut angibt, wie viel Cash er auf dem Markt gemacht hat; den gierigen Wichser, der dazu beiträgt, dass diese Welt zu dem Misthaufen wird, zu dem sie sich immer rapider entwickelt. Eine Zeitlang war ich es ..."(...)
nämlich auch nur ein synonym für ganz gewöhnliche antisoziale.
*
immerhin schon aus dem februar dieses bemerkenswerten jahres stammt der folgende "Report über ein Tabuthema":
"In vielen Filialen deutscher Banken herrschen Zustände wie in einer Drückerkolonne. Jetzt packen Bankberater aus: Wie sie Kunden belügen, weil sie dem Vertriebsdruck, den Drohungen und Demütigungen ihrer Vorgesetzten nicht mehr gewachsen sind. Sie sind Opfer und Täter zugleich."(...)
ich finde ja, dass "innenansichten aus der mafia" ebenso gut gepasst hätte. aber vielleicht ist es auch besser, einfach bei "der stinknormale kapitalistische betrieb" zu bleiben.
*
let´s make money, die neue dokumentation von erwin wagenhofer über das bisherige globale finanzsystem des grauens, hatte ich neulich schon per trailer vorgestellt - jetzt kommt die tagesschau mit einem interview:
(...)"tagesschau.de: Wie haben Sie die Menschen erlebt, die da im großen Stil mit unserem Geld hantieren?
Wagenhofer: Im Film sagt einer der ganz großen Investmentbanker in Asien: "The best time to buy is when there is blood on the street." Also: Jetzt klebt das Blut auf der Straße, jetzt können sie kaufen, jetzt können sie richtig Geschäfte machen.
tagesschau.de: Also skrupellose Geier?
Wagenhofer: Die Banker sind Getriebene von einem System, das unmenschlich ist. Und diese Leute sind nicht wirklich glücklich geworden. Unter den Bankern gibt es einen hohen Drogenkonsum, harte Drogen, viele leiden mit 30 Jahren schon unter einem Burn-Out-Syndrom. Wir haben während des Drehs für den Film viel mit Armut zu tun gehabt: Die beste Stimmung ist immer bei den Ärmsten. Da, wo wirklich das Geld sitzt, dort ist die schlechteste Stimmung."(...)
das letztere klingt mir etwas nach verklärung - aber mag sein, dass die armut hier im westen auch tatsächlich eine hässlichere stimmung mit sich bringt als in anderen kulturkreisen. sehr interessant allerdings und ansonsten seltsam unterbelichtet, der hinweis auf den einsatz aller möglichen drogen innerhalb der finanzmafia - das ist zwar "irgendwie" grundsätzlich schon bekannt, aber vermutlich in seinen folgen noch unterschätzt.
*
sehr ruhig ist es in den letzten tagen um die schon neulich angesprochenen "letter of credit" geworden, die für den weltweiten schiffshandel eine große bedeutung haben - ich konnte aber bisher keine entwarnung finden, und daher noch mal eine zusammenfassung des problems von letzter woche:
(...)"Seit dem Wochenende sind Kenner der Szene in Panikstimmung. Wenn Lieferfirmen ihre Waren nicht mehr verschiffen können, sind sie häufig in kurzer Zeit selbst von der Pleite bedroht. Ohne Eingriffe könnte sich schnell ein logistisches Desaster anbahnen. Spiegelbild eines solchen Szenarios wären Warenengpässe in den betreffenden Importländern. Im schlimmsten Fall würde es dann in den Industrieländern an Nahrungsmitteln und Energie mangeln.
Es ist durchaus denkbar, dass die nächste Eskalation der Kreditkrise auf den Wasserweg über Anleger und Bürger herein bricht."(...)
weitere infos dazu würden vermutlich nicht nur mich sehr interessieren.
*
und zum schluß möchte ich dem vorsitzenden des "bundes für umwelt und naturschutz deutschland" noch das große "ÄCHZ" am montag verleihen, und zwar für den merkbefreiten einsatz der wie eine verheerende seuche wütenden kapitallogik (letztlich eine ausgeburt des entgleisten objektivistischen modus), die in diesem fall dem begriff des "humankapitals" auch noch das "naturkapital" an die seite stellt - wann wird sich endlich die erkenntnis breit machen, dass die derzeitige(n) krise(n) eben nicht unwesentlich von einem dem alten system entsprungenen und angepassten wahrnehmungs-, denk- und sprachmodus mit hervorgebracht und verschärft werden?
monoma - 20. Okt, 15:17