notiz: krisennews und -gedanken (4)
es lässt sich in diesen tagen noch weniger als sonst vermeiden, dass ich thematisch wild springe und von einem tag auf den anderen beiträge vorziehe bzw. vorläufig liegenlasse. das nur zur erklärung vorneweg für diejenigen unter den leserInnen, die auf bestimmte fortsetzungen warten.
*
aber ich hoffe, dass auch die gerade angesprochenen von einem text angeregt werden können, der unter dem pseudo "res publica" als kommentar unter einem beitrag auf indymedia mit dem großen schweigen der linken hinsichtlich der aktuellen ereignisse befasst. da in dem kommentar einiges steht, was ich und vermutlich auch andere ebenfalls so formulieren könnten, werde ich ausführlich zitieren.
"Anspruch und Wirklichkeit der sogenannten "radikalen" Linken stehen (nicht nur) in Deutschland in einem geradezu grotesken Missverhältnis. Das zu sehen braucht man keine Brille.
Die sich zusammenbrauende heftige Weltwirtschaftskrise hat zu einer Krise der neoliberalen Ideologie geführt. Hektischen Reparaturversuchen des zusammenbrechenden Kasinokapitalismus steht die Beschwörung der guten alten "Sozialen Marktwirtschaft" gegenüber, bzw. der sozialdemokratischen Variante des Keynesianismus. Ein Heiner Geißler und ein Oskar Lafontaine erscheinen heute als Speerspitzen dieser beiden Fraktionen des "vorwärts - zurück in die Gute Alte Zeit". Nur blöd, dass es diese nicht mehr geben wird."
insgesamt zustimmung.
"Sicher ist nur, dass man uns bald Blut, Schweiß und Tränen ankündigen wird, wenn die Krise erst mal durchschlägt. Für einen großen Teil der Menschheit ist das ja sowieso Alltag, wie hier von "Ananda" richtig festgestellt wurde. Der Ruf nach dem "starken Staat" wird dann wieder Zulauf haben, Konjunktur für Demagogen und autoritäre Figuren."
auch hier deckt sich das mit meinen einschätzungen. warten wir nur einmal ab, was passieren wird, wenn uns demnächst jeden morgen nachrichten wie diese in die augen springen:
"Der Wolfsburger Autobauer Volkswagen will angeblich die Beschäftigung von Leiharbeitern drastisch einschränken. Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Freitag plant Europas größter Autohersteller, sich von einem Großteil der insgesamt 25.000 Leiharbeiter zu trennen."(...)
- so werden auf die dauer auch dementis von vorständen (die allgemeine legitimationskrise wird zunehmend sämtliche systemrepräsentanten als dauerlügner dastehen lassen) oder auch betriebsräten (was gerade bei vw nicht einer gewissen ironie entbehrt - wenn Sie verstehen, was ich meine) als ungefähr so werthaltig erachtet werden wie sagen wir mal ein lehmann-zertifikat. bitte nicht falsch verstehen: ich habe einiges gegen leiharbeit und halte ebenso das produkt "auto" für etwas, was insgesamt aus diversen gründen als auslaufmodell betrachtet werden muss. bloß: da der aktuelle gesellschaftliche konsens in diesen fragen frontal entgegengesetzt aussieht, werden alle betroffenen den eigentlich wünschenswerten und notwendigen verlust mangels praktitabler alternativen als katastrophe ansehen - und genau das ist dann der boden, auf dem dann auch faschistoide bis offen faschistische alpträume wuchern, die den leuten zumindest eine gewisse materielle grundsicherheit versprechen - egal zu welchem preis (das sie dazu wesentlich auch an die kollektiv verbreiteten psychophysischen deformierungen anknüpfen müssen, ist eine binsenweisheit).
"Linke Gegenmodelle? Wenn der "Prophet" schreibt: "Dezentralismus und Regionalwirtschaft mit transnationalen Freundschafts- und Handelsbeziehungen ohne Grenzen" so geht das in die richtige Richtung, zumindest was die territoriale Organisation angeht. Vielleicht wird dies aus nackter Not geboren werden müssen, wenn Welthandelsströme zusammenbrechen oder zumindest stark gestört werden."(...)
da sind sie schon wieder, die welthandelsströme, die ich in den letzten teilen meiner kleinen krisen-reihe hier regelmäßig erwähnt hatte. und ich muss heute sagen, dass ich mich in meinem vorsichtigen optimismus neulich getäuscht hatte - über das (übrigens sehr lesenswerte) blog wirtschaftsquerschuss bin ich gestern über den chart des tages gestolpert:
(...)"Der Baltic Dry Index ist ein Index für Frachtpreise auf internationalen Standardrouten für das Verschiffen von Massenfrachtgut. Er setzt sich aus vier Sub-Indizes zusammen, die verschiedene Schiffsklassen für das weltweite Verschiffen der Hauptfrachtgüter, wie Kohle, Eisenerze und Getreide abbilden. Der BDI ist auch als weltweiter vorlaufender Konjunkturindikator geeignet."(...)
dieser chart bildet also denjenigen teil der welthandelsströme ab, der sich auf den meeren bewegt - und befand sich bis gestern unaufhaltsam auf crashfahrt. das problem der "letter of credit" scheint sich also bisher in keiner weise auch nur ansatzweise entspannt zu haben. und das heisst nichts anderes, als das es jetzt nur um die frage geht, wann mit ersten lieferschwierigkeitenauch in Ihrem discounter um die ecke zu rechnen ist. und spätestens dann ist der zeitpunkt gekommen, um die gedanken von "res publica" weiterzuspinnen.
(...)"Eine weltoffene, also transnational vernetzte Regionalwirtschaft ist sicher ressourcenschonender und krisensicherer als die Form der globalen "Arbeitsteilung" die wir jetzt haben. Wir werden dies wahrscheinlich erst lernen, wenn die Karre im Dreck steckt. Angesichts der heraufziehenden Krise sollte man jetzt beginnen, sich ernsthaft Gedanken zu machen, wie eine solidarische Form des Überlebens organisiert werden kann, die mit der Not auch die Lohnarbeit als Perversion menschlicher Produktivität und die Staatsform als Perversion des Gesellschaftlichen überwindet."
ja, wir sollten nicht unbescheiden sein und die floskel von der "krise als chance" tatsächlich ernstnehmen - es ist entgegen aller offiziellen und öffentlichen beruhigungspillen weit und breit kein anzeichen dafür zu erkennen, dass sich die kapitalismusinterne demontage irgendwie abschwächt - im gegenteil.
und ich kann für mich nur wiederholen, dass ich das eigentlich auch kein stückchen schade finde - unsere ökonomischen und gesellschaftlichen strukturen sind in weiten teilen destruktiv, pathologisch und letztlich suizidal. und je früher sie ihr zwangsläufiges ende finden, ohne zu große teile der existierenden menschlichen und natürlichen basis mitzureissen, umso besser. den riesigen haufen arbeit mit dem angesammelten giftmüll bekommen wir kollektiv, aber auch ganz individuell jeder und jede von uns, sowieso - da sehe ich keinen ausweg.
das große problem dabei ist allerdings wie neulich ebenfalls schon mal skizziert die große zahl derjenigen, die nicht mehr in der lage sind, sich ein qualitativ ganz anderes leben auch nur vorzustellen, geschweige denn zu wünschen. und diese werden beim fortschreitenden übergreifen der krisensymptome in ihren alltag eher mit massiven ängsten und damit einhergehenden negativen aggressionen reagieren - das ist meiner meinung nach das hauptproblem, für das gangbare lösungswege weiterhin ausstehen. es wird alles auf viel improvisation herauslaufen müssn.
"Die Weltrevolution auf einen Schlag und den Sprung ins vollkommunistische Paradies gibt es sowieso nicht. Irgendwo muss man anfangen. Im Zeichen dieser unvermeidlich heraufziehenden Krise gehen vielen Menschen die Augen auf; sicher nicht allen, und die meisten werden wohl erst aufwachen, wenn sie mit dem Kinn auf dem harten Pflaster der Realität aufschlagen. Aber die Vielen, die sich jetzt fragend umschauen und wissen wollen, in welchem Film sie sind, oder es vielleicht auch ahnen, brauchen jetzt eine Orientierung. Die bietet ihnen vordergründig - wenn es gut geht - "Die Linke". Aber die wachsenden Stimmanteile für diese Partei sind nicht mehr als ein Gradmesser für ein Unbehagen, das in der Gesellschaft vorhanden ist, und das z.Zt. zum Glück noch eher nach links drängt als nach rechts."
wenn ich mir die äußerst staats- und systemtragende rolle anschaue, die "die linke" (als partei) bisher in dieser krise spielt, so weiß ich nicht, wie ich das wirklich finden soll. das kleinste übel ist eigentlich in meinen augen nicht wirklich eine option. es fällt allerdings tatsächlich auf, dass die bisher wahrnehmbaren proteste "auf den strassen" wenn überhaupt aus der ecke kommen, die man als "sozialdemokratische linke" bezeichnen könnte - das ist nicht nur hier so, wo bspw. attac für den 30. oktober ("weltspartag") zu bundesweiten protesten aufruft, sondern bspw. auch in der schweiz:
(...)"Mit einem Pfeifkonzert auf dem Zürcher Paradeplatz haben Demonstranten gegen den staatlichen Rettungsanker für die Grossbank UBS und die Millionen-Boni für die Banker protestiert. Für etwa eine Stunde blockierten sie mit einem Sitzstreik auch den Haupteingang der UBS-Filiale. Zu der Kundgebung im Herzen des Schweizer Bankensektors hatten die Gewerkschaft Unia und Linksparteien aufgerufen."(...)
bestenfalls sind das die ersten anzeichen dafür, dass sich die paralyse von oppositionellen kräften aller coleur sehr langsam zu lösen beginnt. auch wenn die forderungen keinesfalls weit genug gehen. aber genau das ist auch der faden, an dem der/die kommentatorIn bei indy spinnt, auch wenn zunächst das worst-case-szenario umrissen wird:
"Der Staat wird im Fall einer ernsthaften Krise zum Notstandsstaat werden, da muss man sich keine Illusionen machen. Die jetzt durchgepeitschten Maßnahmen zur Bankenrettung haben schon den Charakter von Notverordnungen mit parlamentarischer Absegnung. In den USA wurden sogar Kongressabgeordnete vor der zweiten Abstimmung über das Rettungspaket mit der Möglichkeit der Einführung des Kriegsrechts im Fall einer erneuten Ablehnung zur Zustimmung erpresst. Man muss das Ernst nehmen. Der Kapitalismus wird, wenn er in Gefahr gerät abzukacken, zu harten Mitteln greifen."(...)
keinerlei einwände, im gegenteil: ich finde, dass sich wirklich soviele menschen wie möglich über diese option des systems klar werden müssen - hier ist jede illusion hochgefährlich!
"Langer Rede kurzer Sinn: auch ich weiß nicht, wie wir hier raus kommen, und ob überhaupt. Eines aber noch: man muss mit den Leuten reden; in der Familie, im Freundes- und Bekanntenkreis, in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz, an Schule und Uni, egal wo. Reden: nicht belehren, nicht irgendwelche Flugblatttexte abspulen, fragen, fragen, antworten und wieder fragen. Man kann überraschende Erlebnisse haben, auch bei Menschen, die man erstmal gar nicht sympathisch findet. Es ist nicht der Mangel an Zorn, es ist der Mangel an Vertrauen in die eigene Kraft und noch mehr Mangel an Vertrauen in "die Anderen". Wie oft hört man: in diesem Land steht doch keiner auf... oder: uns geht es einfach noch viel zu gut. Eigentlich sollte man all diese Leute mal beim Genick nehmen und sagen: so jetzt gehen wir mal all die Leute treffen, die das Gleiche sagen wie du..."
ja, damit muss es losgehen - treffen im freundeskreis, mit nachbarn, bei denen ein gespräch möglich ist, auf der arbeit...dabei werden einem natürlich auch immer mehr oder weniger große stücke der jeweils vorhandenen eigenen und fremden psychophysischen systemspezifischen defekte auf die füße fallen, welche gerade häufig zu kommunikationsstörungen führen - aber auch die gilt es dann im falle des falles zu bearbeiten, soweit wie möglich. jedenfalls soweit, um überhaupt erstmal gespräche in gang zu bekommen, die diesen namen auch verdienen.
den abschließenden hauptgedanken von "res publica" finde ich persönlich sehr spannend:
"Und dann bilden wir RÄTE. Ja, Räte. Ratschläge. Wir wissen jeder für sich nicht viel. Aber alle zusammen halten wir das Ganze am Laufen. Was passiert, wenn das Blut in den Adern des Kapitalismus, das Geld, stockt? Dann haben wir es mit einem Leichnam zu tun, scheinbar. Aber die Fabriken sind noch da, die Verkehrsmittel sind noch da, die Lagerhallen, die Büros... und die Beschäftigten, ihr, wir alle - nur stehen wir vor den Toren, weil das Geld nicht mehr fließt. Wir können das Zeug in Betrieb setzen und das Lebensnotwendige erzeugen (natürlich wird es Engpässe geben), wir werden einen bescheidenen Wohlstand für alle hinkriegen... aber wir müssen uns einen Kopf machen, es ist Arbeit, Bestandsaufnahmen sind nötig, wer weiß was, wer hat welche Fähigkeiten... Dies, ich nenne es mal Vorbereitungen auf den Fall X, muss natürlich auch über das Internet geschehen (solang es noch möglich ist). Man müsste, nein man muss, jetzt damit anfangen."
falls dieser punkt erreicht wird, könnten wir tatsächlich sagen: geschichte wird gemacht. aber ebenfalls würde dieser punkt auch eine finale herausforderung des systems (stichwort: fetisch und halluzination "privateigentum") bedeuten - ende offen. aber ich muss sagen, dass es schon was sehr reizvolles hat, das obige szenario konkreter durchzuspielen. praktische erfahrungen gibt´s da übrigens u.a. aus argentinien.
"Also: bilden wir Räte. Fangen wir ganz klein an. Aber fangen wir an."
vielleicht überdenken Sie nochmal Ihre wochenendplanung?
*
aber ich hoffe, dass auch die gerade angesprochenen von einem text angeregt werden können, der unter dem pseudo "res publica" als kommentar unter einem beitrag auf indymedia mit dem großen schweigen der linken hinsichtlich der aktuellen ereignisse befasst. da in dem kommentar einiges steht, was ich und vermutlich auch andere ebenfalls so formulieren könnten, werde ich ausführlich zitieren.
"Anspruch und Wirklichkeit der sogenannten "radikalen" Linken stehen (nicht nur) in Deutschland in einem geradezu grotesken Missverhältnis. Das zu sehen braucht man keine Brille.
Die sich zusammenbrauende heftige Weltwirtschaftskrise hat zu einer Krise der neoliberalen Ideologie geführt. Hektischen Reparaturversuchen des zusammenbrechenden Kasinokapitalismus steht die Beschwörung der guten alten "Sozialen Marktwirtschaft" gegenüber, bzw. der sozialdemokratischen Variante des Keynesianismus. Ein Heiner Geißler und ein Oskar Lafontaine erscheinen heute als Speerspitzen dieser beiden Fraktionen des "vorwärts - zurück in die Gute Alte Zeit". Nur blöd, dass es diese nicht mehr geben wird."
insgesamt zustimmung.
"Sicher ist nur, dass man uns bald Blut, Schweiß und Tränen ankündigen wird, wenn die Krise erst mal durchschlägt. Für einen großen Teil der Menschheit ist das ja sowieso Alltag, wie hier von "Ananda" richtig festgestellt wurde. Der Ruf nach dem "starken Staat" wird dann wieder Zulauf haben, Konjunktur für Demagogen und autoritäre Figuren."
auch hier deckt sich das mit meinen einschätzungen. warten wir nur einmal ab, was passieren wird, wenn uns demnächst jeden morgen nachrichten wie diese in die augen springen:
"Der Wolfsburger Autobauer Volkswagen will angeblich die Beschäftigung von Leiharbeitern drastisch einschränken. Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Freitag plant Europas größter Autohersteller, sich von einem Großteil der insgesamt 25.000 Leiharbeiter zu trennen."(...)
- so werden auf die dauer auch dementis von vorständen (die allgemeine legitimationskrise wird zunehmend sämtliche systemrepräsentanten als dauerlügner dastehen lassen) oder auch betriebsräten (was gerade bei vw nicht einer gewissen ironie entbehrt - wenn Sie verstehen, was ich meine) als ungefähr so werthaltig erachtet werden wie sagen wir mal ein lehmann-zertifikat. bitte nicht falsch verstehen: ich habe einiges gegen leiharbeit und halte ebenso das produkt "auto" für etwas, was insgesamt aus diversen gründen als auslaufmodell betrachtet werden muss. bloß: da der aktuelle gesellschaftliche konsens in diesen fragen frontal entgegengesetzt aussieht, werden alle betroffenen den eigentlich wünschenswerten und notwendigen verlust mangels praktitabler alternativen als katastrophe ansehen - und genau das ist dann der boden, auf dem dann auch faschistoide bis offen faschistische alpträume wuchern, die den leuten zumindest eine gewisse materielle grundsicherheit versprechen - egal zu welchem preis (das sie dazu wesentlich auch an die kollektiv verbreiteten psychophysischen deformierungen anknüpfen müssen, ist eine binsenweisheit).
"Linke Gegenmodelle? Wenn der "Prophet" schreibt: "Dezentralismus und Regionalwirtschaft mit transnationalen Freundschafts- und Handelsbeziehungen ohne Grenzen" so geht das in die richtige Richtung, zumindest was die territoriale Organisation angeht. Vielleicht wird dies aus nackter Not geboren werden müssen, wenn Welthandelsströme zusammenbrechen oder zumindest stark gestört werden."(...)
da sind sie schon wieder, die welthandelsströme, die ich in den letzten teilen meiner kleinen krisen-reihe hier regelmäßig erwähnt hatte. und ich muss heute sagen, dass ich mich in meinem vorsichtigen optimismus neulich getäuscht hatte - über das (übrigens sehr lesenswerte) blog wirtschaftsquerschuss bin ich gestern über den chart des tages gestolpert:
(...)"Der Baltic Dry Index ist ein Index für Frachtpreise auf internationalen Standardrouten für das Verschiffen von Massenfrachtgut. Er setzt sich aus vier Sub-Indizes zusammen, die verschiedene Schiffsklassen für das weltweite Verschiffen der Hauptfrachtgüter, wie Kohle, Eisenerze und Getreide abbilden. Der BDI ist auch als weltweiter vorlaufender Konjunkturindikator geeignet."(...)
dieser chart bildet also denjenigen teil der welthandelsströme ab, der sich auf den meeren bewegt - und befand sich bis gestern unaufhaltsam auf crashfahrt. das problem der "letter of credit" scheint sich also bisher in keiner weise auch nur ansatzweise entspannt zu haben. und das heisst nichts anderes, als das es jetzt nur um die frage geht, wann mit ersten lieferschwierigkeitenauch in Ihrem discounter um die ecke zu rechnen ist. und spätestens dann ist der zeitpunkt gekommen, um die gedanken von "res publica" weiterzuspinnen.
(...)"Eine weltoffene, also transnational vernetzte Regionalwirtschaft ist sicher ressourcenschonender und krisensicherer als die Form der globalen "Arbeitsteilung" die wir jetzt haben. Wir werden dies wahrscheinlich erst lernen, wenn die Karre im Dreck steckt. Angesichts der heraufziehenden Krise sollte man jetzt beginnen, sich ernsthaft Gedanken zu machen, wie eine solidarische Form des Überlebens organisiert werden kann, die mit der Not auch die Lohnarbeit als Perversion menschlicher Produktivität und die Staatsform als Perversion des Gesellschaftlichen überwindet."
ja, wir sollten nicht unbescheiden sein und die floskel von der "krise als chance" tatsächlich ernstnehmen - es ist entgegen aller offiziellen und öffentlichen beruhigungspillen weit und breit kein anzeichen dafür zu erkennen, dass sich die kapitalismusinterne demontage irgendwie abschwächt - im gegenteil.
und ich kann für mich nur wiederholen, dass ich das eigentlich auch kein stückchen schade finde - unsere ökonomischen und gesellschaftlichen strukturen sind in weiten teilen destruktiv, pathologisch und letztlich suizidal. und je früher sie ihr zwangsläufiges ende finden, ohne zu große teile der existierenden menschlichen und natürlichen basis mitzureissen, umso besser. den riesigen haufen arbeit mit dem angesammelten giftmüll bekommen wir kollektiv, aber auch ganz individuell jeder und jede von uns, sowieso - da sehe ich keinen ausweg.
das große problem dabei ist allerdings wie neulich ebenfalls schon mal skizziert die große zahl derjenigen, die nicht mehr in der lage sind, sich ein qualitativ ganz anderes leben auch nur vorzustellen, geschweige denn zu wünschen. und diese werden beim fortschreitenden übergreifen der krisensymptome in ihren alltag eher mit massiven ängsten und damit einhergehenden negativen aggressionen reagieren - das ist meiner meinung nach das hauptproblem, für das gangbare lösungswege weiterhin ausstehen. es wird alles auf viel improvisation herauslaufen müssn.
"Die Weltrevolution auf einen Schlag und den Sprung ins vollkommunistische Paradies gibt es sowieso nicht. Irgendwo muss man anfangen. Im Zeichen dieser unvermeidlich heraufziehenden Krise gehen vielen Menschen die Augen auf; sicher nicht allen, und die meisten werden wohl erst aufwachen, wenn sie mit dem Kinn auf dem harten Pflaster der Realität aufschlagen. Aber die Vielen, die sich jetzt fragend umschauen und wissen wollen, in welchem Film sie sind, oder es vielleicht auch ahnen, brauchen jetzt eine Orientierung. Die bietet ihnen vordergründig - wenn es gut geht - "Die Linke". Aber die wachsenden Stimmanteile für diese Partei sind nicht mehr als ein Gradmesser für ein Unbehagen, das in der Gesellschaft vorhanden ist, und das z.Zt. zum Glück noch eher nach links drängt als nach rechts."
wenn ich mir die äußerst staats- und systemtragende rolle anschaue, die "die linke" (als partei) bisher in dieser krise spielt, so weiß ich nicht, wie ich das wirklich finden soll. das kleinste übel ist eigentlich in meinen augen nicht wirklich eine option. es fällt allerdings tatsächlich auf, dass die bisher wahrnehmbaren proteste "auf den strassen" wenn überhaupt aus der ecke kommen, die man als "sozialdemokratische linke" bezeichnen könnte - das ist nicht nur hier so, wo bspw. attac für den 30. oktober ("weltspartag") zu bundesweiten protesten aufruft, sondern bspw. auch in der schweiz:
(...)"Mit einem Pfeifkonzert auf dem Zürcher Paradeplatz haben Demonstranten gegen den staatlichen Rettungsanker für die Grossbank UBS und die Millionen-Boni für die Banker protestiert. Für etwa eine Stunde blockierten sie mit einem Sitzstreik auch den Haupteingang der UBS-Filiale. Zu der Kundgebung im Herzen des Schweizer Bankensektors hatten die Gewerkschaft Unia und Linksparteien aufgerufen."(...)
bestenfalls sind das die ersten anzeichen dafür, dass sich die paralyse von oppositionellen kräften aller coleur sehr langsam zu lösen beginnt. auch wenn die forderungen keinesfalls weit genug gehen. aber genau das ist auch der faden, an dem der/die kommentatorIn bei indy spinnt, auch wenn zunächst das worst-case-szenario umrissen wird:
"Der Staat wird im Fall einer ernsthaften Krise zum Notstandsstaat werden, da muss man sich keine Illusionen machen. Die jetzt durchgepeitschten Maßnahmen zur Bankenrettung haben schon den Charakter von Notverordnungen mit parlamentarischer Absegnung. In den USA wurden sogar Kongressabgeordnete vor der zweiten Abstimmung über das Rettungspaket mit der Möglichkeit der Einführung des Kriegsrechts im Fall einer erneuten Ablehnung zur Zustimmung erpresst. Man muss das Ernst nehmen. Der Kapitalismus wird, wenn er in Gefahr gerät abzukacken, zu harten Mitteln greifen."(...)
keinerlei einwände, im gegenteil: ich finde, dass sich wirklich soviele menschen wie möglich über diese option des systems klar werden müssen - hier ist jede illusion hochgefährlich!
"Langer Rede kurzer Sinn: auch ich weiß nicht, wie wir hier raus kommen, und ob überhaupt. Eines aber noch: man muss mit den Leuten reden; in der Familie, im Freundes- und Bekanntenkreis, in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz, an Schule und Uni, egal wo. Reden: nicht belehren, nicht irgendwelche Flugblatttexte abspulen, fragen, fragen, antworten und wieder fragen. Man kann überraschende Erlebnisse haben, auch bei Menschen, die man erstmal gar nicht sympathisch findet. Es ist nicht der Mangel an Zorn, es ist der Mangel an Vertrauen in die eigene Kraft und noch mehr Mangel an Vertrauen in "die Anderen". Wie oft hört man: in diesem Land steht doch keiner auf... oder: uns geht es einfach noch viel zu gut. Eigentlich sollte man all diese Leute mal beim Genick nehmen und sagen: so jetzt gehen wir mal all die Leute treffen, die das Gleiche sagen wie du..."
ja, damit muss es losgehen - treffen im freundeskreis, mit nachbarn, bei denen ein gespräch möglich ist, auf der arbeit...dabei werden einem natürlich auch immer mehr oder weniger große stücke der jeweils vorhandenen eigenen und fremden psychophysischen systemspezifischen defekte auf die füße fallen, welche gerade häufig zu kommunikationsstörungen führen - aber auch die gilt es dann im falle des falles zu bearbeiten, soweit wie möglich. jedenfalls soweit, um überhaupt erstmal gespräche in gang zu bekommen, die diesen namen auch verdienen.
den abschließenden hauptgedanken von "res publica" finde ich persönlich sehr spannend:
"Und dann bilden wir RÄTE. Ja, Räte. Ratschläge. Wir wissen jeder für sich nicht viel. Aber alle zusammen halten wir das Ganze am Laufen. Was passiert, wenn das Blut in den Adern des Kapitalismus, das Geld, stockt? Dann haben wir es mit einem Leichnam zu tun, scheinbar. Aber die Fabriken sind noch da, die Verkehrsmittel sind noch da, die Lagerhallen, die Büros... und die Beschäftigten, ihr, wir alle - nur stehen wir vor den Toren, weil das Geld nicht mehr fließt. Wir können das Zeug in Betrieb setzen und das Lebensnotwendige erzeugen (natürlich wird es Engpässe geben), wir werden einen bescheidenen Wohlstand für alle hinkriegen... aber wir müssen uns einen Kopf machen, es ist Arbeit, Bestandsaufnahmen sind nötig, wer weiß was, wer hat welche Fähigkeiten... Dies, ich nenne es mal Vorbereitungen auf den Fall X, muss natürlich auch über das Internet geschehen (solang es noch möglich ist). Man müsste, nein man muss, jetzt damit anfangen."
falls dieser punkt erreicht wird, könnten wir tatsächlich sagen: geschichte wird gemacht. aber ebenfalls würde dieser punkt auch eine finale herausforderung des systems (stichwort: fetisch und halluzination "privateigentum") bedeuten - ende offen. aber ich muss sagen, dass es schon was sehr reizvolles hat, das obige szenario konkreter durchzuspielen. praktische erfahrungen gibt´s da übrigens u.a. aus argentinien.
"Also: bilden wir Räte. Fangen wir ganz klein an. Aber fangen wir an."
vielleicht überdenken Sie nochmal Ihre wochenendplanung?
monoma - 24. Okt, 12:40
Als kleinen Tipp zur derzeitigen Lage kann ich noch die Radiosendung "Der Tag" von HR2 empfehlen: "Die Notstandsrepublik - auf dem Weg zum autoritären Kapitalismus"
http://www.hr-online.de/website/radio/hr2/index.jsp?rubrik=14224 (Muss man ein bisschen runterscrollen, Sendedatum war der 20.10.)
Kleiner Teaser: "Das schöne am Finanzschlamassel ist ja, dass alle, wirklich alle vor der Weltwirtschaftskrise Angst haben, und nicht nur ein paar Öko-Weicheier wie beim Klima. Logischerweise schlägt dann die Stunde der Exekutive, denn merke: Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand verfügt. Also wird durchgepeitscht: Milliardenhilfen für notleidende Banken, Regeln, neue Richtlinien, Notstands- und andere Ermächtigungsgesetze. Das sieht aus, als wolle der Staat gewaltig aufrüsten - tut er auch, aber nicht gegen das Kapital, sondern ihm zu Diensten. DER TAG über den Durchmarsch zum neuen Turbokapitalimus, diesmal von oben her durchorganisiert - und nicht ganz so chaotisch wie bisher."