Ballards Äußerungen nicht dahingehend, daß der Mensch eine Bestie sei oder ein inneres Tier enthalte, das gezähmt werden müsse, sondern nur als Reaktion auf die Naivität jener vermeintlich aufgeklärten Denker, die in Opposition zur Kirche (der Mensch sei nur böse) das andere Extrem (der Mensch sei nur gut) gepredigt haben und heute noch predigen. Richtig ist, daß jeder Mensch beides zugleich ist und auch unter den allerbesten gesellschaftlichen Verhältnissen ständig seine Mitmenschen frustriert. Paart sich ein Menschenmann mit einer Menschenfrau, frustriert er damit andere Menschenmänner und -frauen. Erlegt er ein Wild, frustriert er denjenigen, der keines erlegt hat. Will sich eine Menschenfrau nicht mit einem Menschenmann paaren, fühlt er sich zurückgesetzt. Paart er sich dennoch mit ihr, fühlt sie sich vergewaltigt. Gebiert sie ihre Kinder, so setzt sie diese dem Geburtstrauma aus. Füttert sie das eine zuerst, ist das andere ungeduldig. Und so weiter. Wie ambivalent der Mensch (und nicht nur er!) ist, zeigt bereits das Wort Aggression. Das Verb, aus dem es entstanden ist, bedeutet nämlich im Lateinischen zweierlei: 1. freundlich auf jemanden zugehen, 2. feindlich auf jemanden zugehen. Dies ist auch die Ambivalenz der Sexualität. Auch der allerfriedlichste Mensch kann unter den allerbesten Verhältnissen nie nur gut sein.: was bedeutet, daß jede Gesellschaft tatsächlich Mittel und Wege finden muß, die notwendigerweise überall schwelenden Aggressionen in Schach zu halten.
Daß diese simplen Tatsachen so lange vernachlässigt wurden, hat viele Gründe, hängt aber nicht zuletzt mit der Verkitschung der Sexualität zur Liebe zusammen. Daß auch der allerliebste Mensch, wenn er sich mit einem anderen allerliebsten Menschen paart, nicht nur love & peace zelebriert, hat den Obernarzißten Wilhelm Reich (von dem jeder gebildete Pädo weiß, weshalb er sich so wunderbar auf ihn berufen kann) und seine Jünger nie gestört. Sie haben die Sexualität zum Guten schlechthin hochstilisiert: und damit etwas zur Religion erhoben, wovon die Menschen früherer Zeiten sehr viel mehr wußten: nämlich daß es immer auch frustrierend, also 'böse' ist und gar nicht anders sein kann, sogar für ein 'glückliches' Paar. Post coitum omne animal triste.
Und noch etwas anderes haben die Menschen früherer Zeiten sehr genau gewußt. Das Wort Teufel kommt bekanntlich von diabolos; und der diabolos ist der Entzweier. Als 'böse' gilt alles, was die Menschen entzweit. Und wie sehr wir auch das Leben preisen mögen: Fakt ist, daß es mit einem äußerst schmerzhaften Akt der Entzweiung beginnt; mit einem Trauma also, das die Grundlage der Borderline-Struktur jedes Menschen und damit auch jeder menschlichen Gesellschaft ist. Zumal die monotheistischen Religionen sind ein Versuch gewesen, sich diese Struktur zu erklären. Wohin sie uns geführt haben, wissen wir. Doch im Kern sind diese Religionen realistischer als die Religion der Aufklärung: eben weil sie die Ambivalenz des Menschen anerkannt haben. Darin steckt ihre Weisheit, mit der die meisten Religiösen aber genausowenig leben können wie mit den Weisheiten der Aufklärung.
Fazit: De facto steckt in jedem Menschen und in jeder menschlichen Gesellschaft etwas ungeheuer Destruktives. Und wie man es auch nennen mag: es muß von jeder Gesellschaft in Schach gehalten werden, weil es den Frieden auf Erden nicht geben kann, sondern im kleinen wie im großen bestenfalls ein Gleichgewicht des Schreckens. Damit müssen wir leben. Und wer diese von Schopenhauer am besten dargestellte Realität anerkennt, kann auch damit leben. Wer jedoch meint, das Böse leugnen oder eliminieren zu können, hat uns noch immer Krieg & Terror gebracht.
Kenn ich nicht, das Gefühl. Im Gegenteil, danach geht's mir bestens, und ebenso wenig kennt dieses Traurigkeit mein Partner. Und eine Traurigkeit bei Tieren erkenne ich auch nicht, eher - wenn wir denn schon vermenschlichen - Gleichgültigkeit, ein Abwenden wie zB bei Fischen und Schafen, oder weitere Körperkontakte, sonstige Sympathiekundgebungen, zB bei vielen Vögeln zu beobachten.
Quirinus, Ihr Beitrag zeigt den Dualismus, der (mittlerweile vielleicht die gesamte) menschliche Gesellschaft prägt, und kommt auch sonst recht kulturpessimistisch 'rüber.
Es muß möglich sein, abseits von "Gut" und "Böse" vom Menschen zu sprechen, und nicht diese beiden extremen Seiten immer im Streit in jedem einzelnen Menschen zu sehen, eben nur Schwarz-Weiß, als den ewigen und aussichtslosen Kampf. Wie grauenvoll.
Und wie kommen Sie darauf zu behaupten, daß sich eine "paarende Frau" vergewaltigt fühlt? Sehr merkwürdig. Warum ist Sexualität "immer frustierend"? Wohl für die Geschädigten, Verletzen, Traumatisierten, und auch da nicht immer. Besonders stört mich die erwähnte "Verkitschung" der Sexualität zur Liebe. Sie meinen, es gäbe keine Liebe? Oder was wollen Sie uns damit sagen?
"Aggression" ist auch nicht per se negativ; Aggression muss eben nicht Kampf, Gewalt bedeuten.
Quellenarbeit ist manchmal sehr mühsam, in der Tat. Daher noch eine Frage: Handelt es sich bei dem von Ihnen zitierten Antipsychiatrieverlag um den in dieser Quelle mit folgenden Worten zitierten Verlag? http://www.ingo-heinemann.de/Psychiatrie-Kritik.htm
"Peter Lehmann (>>) liefert mit seinem "Antipsychiatrieverlag" seit 1986 die theoretischen Grundlagen, so 1987 das "Patiententestament" des Scientology-Unterstützers Thomas Szasz."
Daß der Dualismus oder besser: die Dualität die gesamte Menschheit prägt, hat damit zu tun, was ich oben geschrieben habe, und auch mit der Differenzierung des menschlichen Denkens und der Sprache. Ja, mein Beitrag thematisiert die Dualität; doch das heißt nicht, daß ich deshalb dualistisch denke. Als Beleg dafür kann bereits mein obiger Beitrag gelten, worin ich nicht das dualistische Denken gutheiße, sondern im Gegenteil dafür werbe, die Ambivalenz der Dinge anzuerkennen. Deshalb auch habe ich ja bereits geschrieben, daß Aggression von agredo, agredi, agressus sum kommt, also einst nicht negativ besetzt war.
Zu der Geschichte mit der Menschen-, hier genauer: Urhordenfrau möchte ich nur anmerken, daß es in der Zoologie weithin bekannt ist, wie sehr sich viele Weibchen gegen die Paarung sträuben; und dies nicht nur im Rahmen dessen, was die meisten (männlichen ...) Biologen so dümmlich-anthropomorph als Liebesspiel bezeichnen. Daß die Penetration auch heute noch von vielen Menschenweibchen nicht immer als beglückend erlebt wird, sollte nach 35 Jahren Sexualaufklärung kein Geheimnis mehr sein. Irgendwo im Internet gibt es gewiß Foren, in denen sich Frauen darüber austauschen, was mir einige schon erzählt haben: daß sie, wenn's mit ihrem Freund oder Ehemann zur Sache geht und sie keine Lust haben, ihm zu erklären, weshalb sie gerade keine Lust haben, - daß sie in solchen Situationen also abschalten und daran denken, was sie am nächsten Tag einkaufen oder kochen wollen. Vielleicht stammt der lateinische Spruch ja von einer Frau; wer weiß. Meine Erfahrung gibt er jedenfalls auch nicht wieder. Aus dem Beitrag sollte aber hervorgegangen sein, weshalb ich ihn zitiert habe: nämlich um, noch einmal! zu zeigen, daß die meisten Dinge als äußerst ambivalent erlebt werden.
Im übrigen bin ich dagegen, Kategorien wie Gut und Böse fallenzulassen, weil sie durchaus etwas mit der Realität zu tun haben. Man muß nur damit umgehen können: was heutzutage allerdings immer weniger Menschen gelingt, da es nur noch wenige Eltern und Lehrer gibt, die fähig wären, Kinder und Jugendlichen beizubringen, wie man konstruktiv über solche existentiellen Dinge nachdenkt.
Ich verstehe
Daß diese simplen Tatsachen so lange vernachlässigt wurden, hat viele Gründe, hängt aber nicht zuletzt mit der Verkitschung der Sexualität zur Liebe zusammen. Daß auch der allerliebste Mensch, wenn er sich mit einem anderen allerliebsten Menschen paart, nicht nur love & peace zelebriert, hat den Obernarzißten Wilhelm Reich (von dem jeder gebildete Pädo weiß, weshalb er sich so wunderbar auf ihn berufen kann) und seine Jünger nie gestört. Sie haben die Sexualität zum Guten schlechthin hochstilisiert: und damit etwas zur Religion erhoben, wovon die Menschen früherer Zeiten sehr viel mehr wußten: nämlich daß es immer auch frustrierend, also 'böse' ist und gar nicht anders sein kann, sogar für ein 'glückliches' Paar. Post coitum omne animal triste.
Und noch etwas anderes haben die Menschen früherer Zeiten sehr genau gewußt. Das Wort Teufel kommt bekanntlich von diabolos; und der diabolos ist der Entzweier. Als 'böse' gilt alles, was die Menschen entzweit. Und wie sehr wir auch das Leben preisen mögen: Fakt ist, daß es mit einem äußerst schmerzhaften Akt der Entzweiung beginnt; mit einem Trauma also, das die Grundlage der Borderline-Struktur jedes Menschen und damit auch jeder menschlichen Gesellschaft ist. Zumal die monotheistischen Religionen sind ein Versuch gewesen, sich diese Struktur zu erklären. Wohin sie uns geführt haben, wissen wir. Doch im Kern sind diese Religionen realistischer als die Religion der Aufklärung: eben weil sie die Ambivalenz des Menschen anerkannt haben. Darin steckt ihre Weisheit, mit der die meisten Religiösen aber genausowenig leben können wie mit den Weisheiten der Aufklärung.
Fazit: De facto steckt in jedem Menschen und in jeder menschlichen Gesellschaft etwas ungeheuer Destruktives. Und wie man es auch nennen mag: es muß von jeder Gesellschaft in Schach gehalten werden, weil es den Frieden auf Erden nicht geben kann, sondern im kleinen wie im großen bestenfalls ein Gleichgewicht des Schreckens. Damit müssen wir leben. Und wer diese von Schopenhauer am besten dargestellte Realität anerkennt, kann auch damit leben. Wer jedoch meint, das Böse leugnen oder eliminieren zu können, hat uns noch immer Krieg & Terror gebracht.
Post coitum omne animal triste?
Quirinus, Ihr Beitrag zeigt den Dualismus, der (mittlerweile vielleicht die gesamte) menschliche Gesellschaft prägt, und kommt auch sonst recht kulturpessimistisch 'rüber.
Es muß möglich sein, abseits von "Gut" und "Böse" vom Menschen zu sprechen, und nicht diese beiden extremen Seiten immer im Streit in jedem einzelnen Menschen zu sehen, eben nur Schwarz-Weiß, als den ewigen und aussichtslosen Kampf. Wie grauenvoll.
Und wie kommen Sie darauf zu behaupten, daß sich eine "paarende Frau" vergewaltigt fühlt? Sehr merkwürdig. Warum ist Sexualität "immer frustierend"? Wohl für die Geschädigten, Verletzen, Traumatisierten, und auch da nicht immer. Besonders stört mich die erwähnte "Verkitschung" der Sexualität zur Liebe. Sie meinen, es gäbe keine Liebe? Oder was wollen Sie uns damit sagen?
"Aggression" ist auch nicht per se negativ; Aggression muss eben nicht Kampf, Gewalt bedeuten.
W-Day
http://www.ingo-heinemann.de/Psychiatrie-Kritik.htm
"Peter Lehmann (>>) liefert mit seinem "Antipsychiatrieverlag" seit 1986 die theoretischen Grundlagen, so 1987 das "Patiententestament" des Scientology-Unterstützers Thomas Szasz."
@ Wednesday:
Zu der Geschichte mit der Menschen-, hier genauer: Urhordenfrau möchte ich nur anmerken, daß es in der Zoologie weithin bekannt ist, wie sehr sich viele Weibchen gegen die Paarung sträuben; und dies nicht nur im Rahmen dessen, was die meisten (männlichen ...) Biologen so dümmlich-anthropomorph als Liebesspiel bezeichnen. Daß die Penetration auch heute noch von vielen Menschenweibchen nicht immer als beglückend erlebt wird, sollte nach 35 Jahren Sexualaufklärung kein Geheimnis mehr sein. Irgendwo im Internet gibt es gewiß Foren, in denen sich Frauen darüber austauschen, was mir einige schon erzählt haben: daß sie, wenn's mit ihrem Freund oder Ehemann zur Sache geht und sie keine Lust haben, ihm zu erklären, weshalb sie gerade keine Lust haben, - daß sie in solchen Situationen also abschalten und daran denken, was sie am nächsten Tag einkaufen oder kochen wollen. Vielleicht stammt der lateinische Spruch ja von einer Frau; wer weiß. Meine Erfahrung gibt er jedenfalls auch nicht wieder. Aus dem Beitrag sollte aber hervorgegangen sein, weshalb ich ihn zitiert habe: nämlich um, noch einmal! zu zeigen, daß die meisten Dinge als äußerst ambivalent erlebt werden.
Im übrigen bin ich dagegen, Kategorien wie Gut und Böse fallenzulassen, weil sie durchaus etwas mit der Realität zu tun haben. Man muß nur damit umgehen können: was heutzutage allerdings immer weniger Menschen gelingt, da es nur noch wenige Eltern und Lehrer gibt, die fähig wären, Kinder und Jugendlichen beizubringen, wie man konstruktiv über solche existentiellen Dinge nachdenkt.