"in jeder Art von Katastrophe größeren Ausmaßes zusammenbrechen"
"Das internationale System ist inzwischen in einem so jämmerlichen Zustand, dass es in jeder Art von Katastrophe größeren Ausmaßes zusammenbrechen kann" – zweifellos (ob das finale Ende tatsächlich schon 2011 hereinbricht oder doch erst später, das sei hier mal dahingestellt).
Auch an den Analysen und Herleitungen bei leap2020 gibt es wohl wenig auszusetzen – sie sagen nur, wie so vieles Richtige, was in dieser Richtung gesagt wird, auch nichts grundlegend Neues.
Ein Punkt allerdings stößt auf, nämlich der, wo sie sagen: "Nur die Länder, Gebietskörperschaften, Organisationen und Privatpersonen, die in den letzten drei Jahren die Schlussfolgerungen aus der Krise gezogen haben und die Konzeptionen, Ziele, Werte und Gewohnheiten der Welt von Gestern abgelegt haben, werden dieses Jahr unbeschadet überstehen."
Was soll das sein? Wie soll das gehen? Welche Schlussfolgerungen hätte man denn ziehen sollen, die einem als Privatperson, als Organisation, als Stadt oder Landkreis, aber auch als Land vor der weiteren Krisenverschärfung hätte bewahren können? Sagt denn leap2020 dazu etwas, außer dem, was die "Newropeans", die Partei des Thinktank-Gründers will, nämlich "mehr Demokratie" und Dezentralisierung in einem gesamteuropäischem Zusammenhang? Was schützt denn vor dem weiteren weltweiten Rückgang des Wertverwertungspotenzials? Irgendwas, das man tun könnte, ohne den Kapitalismus weltweit abzuschaffen? Selbst der lokale Totalausstieg ist ja keine Lösung, wenn nicht ein Großteil der Welt mitaussteigt, denn ohne den weltumspannenden Austausch von Gütern und Rohstoffen, der nach einem Ausstieg aus dem Verwertungszusammenhang sofort versperrt sein wird, bleibt einem Industriestaat nur noch Hunger.
Und welche andere Perspektive soll es da geben? Ich sehe nur die, ob man vorher aussteigt oder den Zusammenbruch abwartet und weiter mitmacht – ein Großteil der Bevölkerung wird verhungern, ja verrecken (je durchindustrialisierter ein Land, desto größer der Bevölkerungsanteil, der verrecken wird), und der Rest wird sich gegenseitig niedermetzeln in einem blutigen Bürgerkrieg um die verbliebenen Ressourcen und Güter.
Und die Gewinner in diesem Krieg, die am Ende die künftige "Ordnung" bestimmen werden, werden ganz sicher keine Leute sein, denen man eine solche Aufgabe freiwillig auftragen würde, und es wird eine "Ordnung" sein, die den heute noch herrschenden Kapitalismus im Rückblick als Paradies auf Erden erscheinen lassen wird.
Weswegen mir, so verhasst mir das herrschende System ist, jede Verwendung des Wörtchens "hoffen" im Kontext seines möglicherweise jetzt irgendwie doch langsam mal imminenten Zusammenbruchs, höflich gesagt, gänzlich unbegreiflich ist.
Und deswegen sind auch die Vorschläge im "kommenden Aufstand" naiv und gefährlich, und ich halte sie für den Aufruf zu einem naiven und gefährlichen Aktionismus.
Zumal es doch weiterhin ganz einfach so ist: Es gibt bei all denen, die nach dem Aufstand rufen, nicht den Hauch einer auch nur etwas konkreteren Vorstellung, wie eine neue Ordnung nach dem Zusammenbruch der alten aussehen soll. Wer, der auch nur noch halb bei Sinnen und Bewusstsein wäre, könnte da ernsthaft mitmachen wollen?
Kurz noch zur taz: "Weder in Algerien noch in Palästina hat der Westen demokratische Wahlergebnisse anerkannt, weil der Sieg an die Falschen ging" – na, herzlichen Glückwunsch, ein Demokratieverständnis (allein diese kritiklose Bezugnahme auf "Demokratie" ist doch schon geradezu prototypische Heuchelei, bei der taz) ist also heuchlerisch, wenn man, egal wie es im eigenen Land vielleicht aussieht oder auch nicht, eine fremde Regierung nicht offiziell als Regierung anerkennen möchte, die aus der mordbrennenden Nachfolgeorganisation der (hier zufällig gerade thematisierten) Muslimbruderschaft besteht?
Entschuldige meine Deutlichkeit, aber solche Formen und Ansätze für den Umgang mit der Krise halte ich doch für sehr zweifelhaft.
meine antwort auf Deinen ganzen ersten teil würde sich mit größtenteils mit dem überschneiden, was ich begl. Eurer repliken zum "kommenden aufstand" noch schreiben werde, deshalb nur zu dem punkt des "taz"-kommentars. ich habe den deshalb zitiert, weil selbst ein sozialdemokratisch-liberales blatt wie das nicht um eine deutliche benennung der - allerdings obligatorischen - doppelzüngigkeit der "westlichen demokraten" herumkommt. jeder, aber absolut jeder noch so brutale hergelaufene diktator - übrigens reicht ein blick nach saudi-arabien, um das auch für islamische gelten lassen zu können - , der sich nahtlos in den kapitalistischen normalbetrieb einfügt und/oder sich aufgrund besonderer bedingungen (geopolitisch, ressourcen o.ä.) als instrumentelle marionette eignet, kann soviel menschen schlachten wie er will. resultat sind i.d.r. höchstens ein paar formelle "proteste" oder aber schlicht schweigen. und darum geht´s hinsichtlich der situation in ländern wie tunesien und anderen staaten.
"in jeder Art von Katastrophe größeren Ausmaßes zusammenbrechen"
Auch an den Analysen und Herleitungen bei leap2020 gibt es wohl wenig auszusetzen – sie sagen nur, wie so vieles Richtige, was in dieser Richtung gesagt wird, auch nichts grundlegend Neues.
Ein Punkt allerdings stößt auf, nämlich der, wo sie sagen: "Nur die Länder, Gebietskörperschaften, Organisationen und Privatpersonen, die in den letzten drei Jahren die Schlussfolgerungen aus der Krise gezogen haben und die Konzeptionen, Ziele, Werte und Gewohnheiten der Welt von Gestern abgelegt haben, werden dieses Jahr unbeschadet überstehen."
Was soll das sein? Wie soll das gehen? Welche Schlussfolgerungen hätte man denn ziehen sollen, die einem als Privatperson, als Organisation, als Stadt oder Landkreis, aber auch als Land vor der weiteren Krisenverschärfung hätte bewahren können? Sagt denn leap2020 dazu etwas, außer dem, was die "Newropeans", die Partei des Thinktank-Gründers will, nämlich "mehr Demokratie" und Dezentralisierung in einem gesamteuropäischem Zusammenhang? Was schützt denn vor dem weiteren weltweiten Rückgang des Wertverwertungspotenzials? Irgendwas, das man tun könnte, ohne den Kapitalismus weltweit abzuschaffen? Selbst der lokale Totalausstieg ist ja keine Lösung, wenn nicht ein Großteil der Welt mitaussteigt, denn ohne den weltumspannenden Austausch von Gütern und Rohstoffen, der nach einem Ausstieg aus dem Verwertungszusammenhang sofort versperrt sein wird, bleibt einem Industriestaat nur noch Hunger.
Und welche andere Perspektive soll es da geben? Ich sehe nur die, ob man vorher aussteigt oder den Zusammenbruch abwartet und weiter mitmacht – ein Großteil der Bevölkerung wird verhungern, ja verrecken (je durchindustrialisierter ein Land, desto größer der Bevölkerungsanteil, der verrecken wird), und der Rest wird sich gegenseitig niedermetzeln in einem blutigen Bürgerkrieg um die verbliebenen Ressourcen und Güter.
Und die Gewinner in diesem Krieg, die am Ende die künftige "Ordnung" bestimmen werden, werden ganz sicher keine Leute sein, denen man eine solche Aufgabe freiwillig auftragen würde, und es wird eine "Ordnung" sein, die den heute noch herrschenden Kapitalismus im Rückblick als Paradies auf Erden erscheinen lassen wird.
Weswegen mir, so verhasst mir das herrschende System ist, jede Verwendung des Wörtchens "hoffen" im Kontext seines möglicherweise jetzt irgendwie doch langsam mal imminenten Zusammenbruchs, höflich gesagt, gänzlich unbegreiflich ist.
Und deswegen sind auch die Vorschläge im "kommenden Aufstand" naiv und gefährlich, und ich halte sie für den Aufruf zu einem naiven und gefährlichen Aktionismus.
Zumal es doch weiterhin ganz einfach so ist: Es gibt bei all denen, die nach dem Aufstand rufen, nicht den Hauch einer auch nur etwas konkreteren Vorstellung, wie eine neue Ordnung nach dem Zusammenbruch der alten aussehen soll. Wer, der auch nur noch halb bei Sinnen und Bewusstsein wäre, könnte da ernsthaft mitmachen wollen?
Kurz noch zur taz: "Weder in Algerien noch in Palästina hat der Westen demokratische Wahlergebnisse anerkannt, weil der Sieg an die Falschen ging" – na, herzlichen Glückwunsch, ein Demokratieverständnis (allein diese kritiklose Bezugnahme auf "Demokratie" ist doch schon geradezu prototypische Heuchelei, bei der taz) ist also heuchlerisch, wenn man, egal wie es im eigenen Land vielleicht aussieht oder auch nicht, eine fremde Regierung nicht offiziell als Regierung anerkennen möchte, die aus der mordbrennenden Nachfolgeorganisation der (hier zufällig gerade thematisierten) Muslimbruderschaft besteht?
Entschuldige meine Deutlichkeit, aber solche Formen und Ansätze für den Umgang mit der Krise halte ich doch für sehr zweifelhaft.
@d.d.