Quirinus (Gast) - 29. Jul, 06:13

Anmerkungen zu "Julias Loveparade Blog"

Ich habe das Blog entdeckt, kurz nach dem der erste Beitrag online gestellt worden und der erste Kommentar geschrieben worden war; und ich muß gestehen, daß ich es sofort für einen Fake gehalten habe, und zwar schon nach den ersten Sätzen aus sprachlichen, dann auch aus diversen anderen Gründen.


1. Julias Sprache

Schon der erste Satz klingt so altbacksch, als wäre er eher von einer 40jährigen, ja sogar 50jährigen geschrieben worden, gemäß den Ratschlägen für erste Sätze, die in jedem Ratgeber für Hobbyautoren gegeben werden.
Es sollte eigentlich eine feucht-fröhliche Party geben. Ich und vier meiner Freundinnen hübschten uns auf und zogen dann los auf die vollen Strassen."

In diesem Stil geht es zwar nicht weiter, doch der immer emotionaler werdende Text enthält seitsamerweise kein einziges typisches Wort oder Bild aus der Jugendsprache, auch keinen sonstigen Hinweis auf irgendetwas Jugendspezifisches, stattdessen aber weitere Passagen, die von einer esoterisch angehauchten 30- oder 40jährigen stammen können: sei's die mit dem Engel Frederik, sei es diese:
Ich möchte noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen wofür ich diesen Blog gemacht habe, wieso er mir so wichtig ist und wieso ich damit unglaublich viele Menschen erreichen möchte, ich denke mir jemand mit einem gesunden Menschenverstand hat bereits begriffen, das ich die Geschichte anschaulich machen und erzählen möchte, das es mir unheimlich leicht fällt einfach meine Hände gleiten zu lassen, den Verstand auszuschalten und das erlebte wiederzugeben.
Abgesehen von den auch hier wieder auffallenden Redewendungen (später spricht sie verräterischerweise mehrfach von einem "jungen Mann" und "jungen Leuten") ist es für 22jährige von heute sehr untypisch, einerseits so viele Rechtschreibfehler zu machen wie diese Julia, andererseits jedoch so lange Sätze zu schreiben. Besonders deutlich wird das alles - auch der Eso- und Psycho-Touch - in den folgenden Sätzen:
Dies ist meine Art damit umzugehen, ich weiß ich befinde mich noch im Schockzustand, aber es befreit mich, es reinigt mich, meine Gedanken und meine Seele diese Geschichte, dieses Erlebte zu verarbeiten, hinter mich zu bringen, als ein Kapitel meines Lebens abzulegen was mir einiges an Erfahrungen gebracht hat, mich aber auch Ängste hat spüren lassen die andere vielleicht gar nicht kennen. Es liegt mir nahe die Geschichte so darzustellen wie es in den Medien gar nicht möglich ist, es gibt Augenzeugenberichte, aber nie so ausführlich und nie in so einem Zeitmuster das Betroffene sie voll und ganz erzählen können!
Die Person, die das geschrieben hat, ist zweifellos eine traumatisierte - nur daß es sich um kein junges Mädchen handelt. Hierfür gibt es noch diverse andere sprachliche Indizien, so etwas ihr Gebrauch des Konjunktivs an anderer Stelle. spricht auch ihr Gebrauch des Konjunktivs an anderer Stelle. Aber dies soll ja keine linguistische Abhandlung werden.

2. Julias Welt

Angeblich stammt Julia aus Duisburg, nennt jedoch - obwohl die mit Personennamen nicht geizt - bis auf den Namen des Krankenhauses (der x-mal in den Medien erwähnt wurde) und später den des Böninger Parks keine ortstypischen Namen (Uhrzeiten schon gar nicht) und läßt keinerlei sonstige Zeichen von Vertrautheit mit der Stadt erkennen. Das gleiche gilt für ihre späteren Einträge, wo "Hannah" (die sie auch mal "Hanna" schreibt) nur schemenhaft erwähnt wird, so wie ihre Eltern, aber kein Mensch und auch sonst nichts greifbar wird. Auch das ist höchst seltsam: sollte man doch annehmen, daß eine 22jährige, der so etwas passiert ist und die offenbar viele Freundinnen hat, auch von ihnen besucht oder via-Blog-Kommentar kontaktiert wird. Aber nichts dergleichen. Sie hat noch immer null Freunde.

Julia versucht den Eindruck zu erwecken, sie sei total empathisch, kreist aber - anders als die anderen, deren Berichte ich gelesen habe - nur um sich, obwohl sie behauptet, auch für andere "Betroffene" zu schreiben und von vielen Mails zu bekommen, sogar von vielen Müttern. Aber wie das denn? Ihre Mailadresse war und ist nirgendwo zu finden, und nirgendwo in ihrem Blog findet sich auch nur der allergeringste Dialog mit einem der Menschen, die ihre Artikel kommentieren. Dennoch schreibt sie:
Ich für meinen Teil taue auf, merke das mir das Schreiben unendlich gut tut und mir Mut macht, und ich weiß ich bin nicht allein-und Leute zu treffen, Erfahrungen auszutauschen und versuchen zu beschreiben-das ist was mir gut tut!
Und wieder diese Sprache, die so wenig nach einer 22jährigen des Jahres 2010 klingt. Vor allem aber eine Behauptung, für die sich in ihrem gesamten Blog kein Beleg findet. Sie trifft sich mit Leuten und tauscht "Erfahrungen" aus? Davon ist wirklich nichts, aber auch gar nichts zu spüren; ebensowenig davon:
Ich persönlich würde mich freuen Blogs oder Erfahrungen von anderen Menschen zu lesen die selber dort waren, die gleichen Ängste ausgestanden haben wie wir, die gleichen schlimmen Erfahrungen teilen mussten.
Und das schrieb sie gestern - wieder seltsam altbacksch ("Ich persönlich würde mich freuen") und so dermaßen netzweltfremd, als hätte sie noch nie von YouTube gehört, von Foren und von Chatrooms. Das hat sie zwar mit Sicherheit als Bloggerin, doch alles deutet ja darauf hin, daß sie den Kontakt zu anderen scheut, weil sie gar nicht auf der Loveparade war. Ein Indiz dafür ist auch diese Passage, die sämtlichen anderen Schilderungen und Videos widerspricht:
Wie auch der Weg den wir dorthin liefen, zunächst durch den Böninger Park von Hannah aus, dort hatten wir noch total viel Spaß, es war kaum voll, genau wie auf der Straße zu der wir daraus kamen.
Ich kann nicht sagen das es so voll war das man annehmen könnte jeden Moment würde Panik ausbrechen.
ich war auf der Loveparade in Essen, mir kam es genauso voll vor, ich hab nicht mal Ansatzweise gedacht es seien zuviele Menschen, bis wir den großen Tunnel passierten.
Klar war es nicht grade leer, aber das hat auch niemand an so einem Großevent erwartet.
Es waren Sekundenbruchteile in denen die Enge kam.
Vor allen Dingen seltsam ist, daß sie nicht genau beschreibt, wo sie denn nun die Enge erlebt hat. In dem Tunnel? Vor dem Tunnel? Nicht einmal das wird deutlich. Einerseits scheint ihr Drama sich im Tunnel abgespielt zu haben, wo es ja falschen Berichten zufolge (die sie am Enstehungstag ihres Textes gelesen haben wird) eine Panik und sogar Tote gegeben haben soll; andererseits muß es sich vor dem Tunnel abgespielt haben, weil sie die Treppe sehen konnte. Ja wie denn nun? Und weshalb findet sich in ihrem Blog kein einziges der Fotos, die sie und ihre Freundinnen angeblich "geschossen" haben? Fragen über Fragen. Aber nun genug damit.

Mein Fazit: Julias Geschichte ist erfunden - wahrscheinlich von einer Frau um die 30, die mindestens an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, sich offenbar im medizinischen Bereich ein wenig auskennt (anders ist nicht zu erklären, daß das Wort Schockdecke dieser vermeintlich jungen Frau geläufig ist), diverse Berichte gelesen und gesehen hat und Stunden später genau das tat, was andere um Aufmerksamkeit ringende Frauen taten, nachdem Michael Jackson gestorben war: sie behaupteten im Internet, mit ihm befreundet gewesen zu sein, und erzählten allerlei Geschichten, die genauso klangen wie diese: total betroffen und emotional, auch dramatisch, aber ohne handfeste Fakten, voller inhaltlicher und sprachlicher Klischees, völlig konturlos und blaß. Die Enttarnung einer dieser Frauen habe ich (aus psychologischem Interesse damals in einigen MJ-Foren unterwegs) selbst miterlebt. Erst war es ihr gelungen, fast alle für sich einzunehmen, dann verstrickte sie sich in Widersprüche, wurde zickig und zog sich zurück. In diesem Fall könnte es ähnlich sein.

Und damit sei's genug. Ich hoffe, daß mich niemand hier als hartherzig empfinden wird, nur weil ich arge Zweifel an der Echtheit von Julias Loveparade-Geschichte hege. Selbstverständlich kann ich mich irren; doch wo ich falsche Töne zu hören glaube, da werden sie in den meisten Fällen tatsächlich auch gespielt.
JEDER ANDERE DER ES MITERLEBT HAT WÜRDE DIE GLEICHEN BESCHREIBUNGEN MACHEN, UND VIELE DIE EBENFALLS DA WAREN MACHEN DIE GLEICHEN, ES IST MEIN GEISTIGES EIGENTUM!
Eine seltsame Logik - und ein Bekenntnis zugleich.

monoma - 29. Jul, 09:10

kurz auf die schnelle:

klar, ausschliessen lässt sich im netz gar nix, aber in diesem fall habe ich erstmal ein anderes gefühl. ich glaube, Du machst auch einen fehler, wenn Du "fehlende jugendsprache" bemängelt - es gibt nicht die eine "jugendsprache"; meiner beobachtung ist das eher etwas, was von der sozialen klassenlage geprägt wird. ich halte julia eher für eine bürgerliche tochter, und dafür finde ich die sprache - gerade die von Dir zitierten begriffe - völlig "normal".

später mehr, bin unter zeitdruck.
monoma - 31. Jul, 23:08

zum "wo" nochmal

ich muss sagen, dass ich ihren text bisher zu ungenau gelesen hatte - aber inzwischen finde ich es sehr deutlich, wo der gemeinte bereich sein muss: direkt vor oder links nach dem tunnelausgang (aus diesem heraus gesehen); da, wo sich auch die rote werbetafel an der wand befand.

das ist zwar noch ein stück von der treppe entfernt, aber auch in diesem bereich gab es nach den ersten öffentlichen fotos zu urteilen sowohl tote, als auch die gefährliche bedrängnis, die meiner meinung (nach dem, was ich bisher an berichten gelesen habe) nach bis in den tunnel hinein gereicht haben muss.
Ich (Gast) - 1. Mär, 02:51

Hallo,
ich finde es schade das hier so geschrieben wird.
Kenne die Person selbst und hab sie an diesem Tag selbst noch gesehen, und saß daneben als sie ihren Blog schrieb. Nur mal dazu
gast (Gast) - 8. Jul, 11:23

hallo

ich hatte bei julias blog einen kommentar hinterlasssen und ja wir kamen dadurch per e mail in kontakt und nicht nur über den blog auch über eine andere seite wo ich ihre privatbilder sah, sie ist so alt wie sie im blog angab. sie hatte mir ein presse bild gesendet wo sie von sanitäter versorgt wurde worauf ich den erwähnten frederik suchte und ein bild mit einem jungen mann neben ihr kniend fand. tut mir leid auch wenn ich julia 2 jahre nur durch das internet kenne glaube ich ihr und nicht was hier geschrieben wurde.......
!!! (Gast) - 18. Jul, 13:32

!!

"Mein Fazit: Julias Geschichte ist erfunden - wahrscheinlich von einer Frau um die 30, die mindestens an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, sich offenbar im medizinischen Bereich ein wenig auskennt (anders ist nicht zu erklären, daß das Wort Schockdecke dieser vermeintlich jungen Frau geläufig ist), diverse Berichte gelesen und gesehen hat und Stunden später genau das tat, was andere um Aufmerksamkeit ringende Frauen taten, nachdem Michael Jackson gestorben war: sie behaupteten im Internet, mit ihm befreundet gewesen zu sein, und erzählten allerlei Geschichten, die genauso klangen wie diese: total betroffen und emotional, auch dramatisch, aber ohne handfeste Fakten, voller inhaltlicher und sprachlicher Klischees, völlig konturlos und blaß. Die Enttarnung einer dieser Frauen habe ich (aus psychologischem Interesse damals in einigen MJ-Foren unterwegs) selbst miterlebt. Erst war es ihr gelungen, fast alle für sich einzunehmen, dann verstrickte sie sich in Widersprüche, wurde zickig und zog sich zurück. In diesem Fall könnte es ähnlich sein."

hört sich an als hätte wer was gegen Frauen ???? !!!!

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