Maya (Gast) - 8. Feb, 00:52

Gesamtzusammenhang

Ich verfolgen den Blog schon länger und ich finde die Ansätze sehr gut.

Aber mir fehlt etwas der Gesamt-
zusammenhang, deswegen empfehle ich die Arbeiten von Dr. Calleman (Maya-Kalender und die Transformation des Bewusstseins).

http://www.calleman.com/

(Artikel auch auf Deutsch)

Yurun (Gast) - 9. Feb, 18:53

Brote aller Länder vereinigt euch ...

In den Medien war jetzt manchmal zu lesen steigende Lebensmittelpreise seien für die u.a. ägyptische Revolution "mitverantwortlich", was in dieser Formulierung ziemlicher Humug ist, jedoch ganz unabhängig politischer Haltungen für eine bestimmte Art des systemischen Denkens verlockende Erklärungsmuster bietet. Steigende Lebensmittelpreise machen aber in der Tat den status quo für eine breite Masse von Menschen mit einem Mal unhaltbar. Sie können ein Anlass oder zumindest Mit-Anlass zum Dammbruch sein, also durch die zusätzliche Erniedrigung nichtmal mehr sich und seine Kinder ernähren zu können, den gemeinsamen Moment der Revolte liefern. Da wird der Geist der Revolte auf einem Schlag entindividualisiert und zu einem Massenphänomen, welches dann in der Lage ist den Mut der Menschen gegenseitig hochzuschaukeln.

Vor einigen Tagen wurde es nun offiziell, dass es in China zu einer massiven Weizen-Missernte kommen wird, ohne besonderen Regenfall im Februar in einigen Gegenden sogar ein ziemlicher Totalausfall. Derweil gabs in Russland eine Missernte und Exportverbote für Weizen, auch in Australien sieht es eher schlecht aus.

Die USDA, das amerikanische Landwirtschaftsministerium, hat neulich mal Daten zur Preiselastizität bei verschiedenen Lebensmittel veröffentlicht (http://www.ers.usda.gov/Data/InternationalFoodDemand/). Für "Breads, cereals", worunter Weizen fällt, ergibt sich da für die USA ein Wert von o,04, für Deutschland 0,124. Im Vergleich ein Land wie Yemen mit 0,48 oder oder Ägypten mit 0,33. Diesen Werten bringen zum Ausdruck wie stark sich eine Preisänderung auf eine Verbrauchsänderung auswirkt, um wieviel also der Preis einer Sache ansteigen muss, um Menschen dazu zu bringen weniger davon zu verbrauchen (oder um wieviel er fallen muss um mehr zu verbrauchen). Bei reichen Ländern ist dieser Faktor in Bezug auf Weizen also etwas zwischen 5 und 25, bei armen Ländern eher zwischen 2 und 3. Mit anderen Worten: mit sinkendem Weizenangebot kaufen die reichen Länder im Weltmarkt weiter wie gewohnt ein, selbst bei sehr stark steigendem Preisen. Der Preis muss im Fall der USA um ein Viertel steigen, um ein Prozent weniger Weizen zu verbrauchen. Schon eine relative geringe Schwankung des Angebots kann hier zu großen Preissteigerungen führen, denn irgendwer muss ja am Ende durch das reduzierte Angebot schlichtweg weniger verbrauchen.

Den ärmeren Ländern, Regierungen mit ihren Subventionen wie auch ihren einkaufenden Bürgern, geht da schnell die Luft aus. Nun ist es aber so, dass selbst Länder wie China 2011 dazu genötigt sein könnten anders als bisher Weizen zu importieren. Das Lustige: sämtliche Despoten der Welt werden gerade in der aktuellen Atmosphäre Angst vor Hungerrevolten haben und versuchen einzukaufen, nur kann halt niemand so schnell mit der Finanzkraft der Oberangsthasen aus China konkurrieren.

Das könnte die Preise in absurde Höhen treiben und überall da wirklich ein Problem werden, wo man auf Importe angewiesen ist und nicht einfach auf andere Nahrungsmittel umsteigen kann. Für den Fall Ägypten trifft das wohl zu, insbesondere wenn das Regime dort bis September durchhalten will oder sich in Anbetracht der Wirtschaftssituation (global wie lokal) Finanzierungsschwierigkeiten für Lebensmittelsubventionen ergeben. Das perfide dabei: von der Propagandaseite hat man eine Reihe reiche Länder die ihren Weizen sozusagen "an die Schweine" verfüttern, um genug Fleisch im Supermarkt zu haben, während in den armen Ländern die Leute anfangen zu hungern oder zumindest schlechter zu essen. Bei uns wird das dann wohl auf Spekulaten geschoben, nicht auf Leute die weiter gleich viel Brot essen, obwohl dessen Preis um 10% steigt, wenn er das denn bei uns überhaupt tut. So oder so können Medien in dieser Gemengelage die irrsinnigsten Geschichten und nationalen Buhmänner erfinden, jedenfalls in Ermangelung der Fähigkeit den Menschen mit Papier die Mägen zu füllen.

Sollte dies so passieren und sich 2011 aufgrund des Wetters zu einem Hungerjahr entwickeln, könnte sich da auch sonst auf verschiedenen Wege eine Dynamik beschleunigen, die ich schon länger beobachte. Insbesondere die Renationalisierung der Landwirtschaft und ein langsames dahinsiechen des Weltmarkts. Dabei gilt manchmal durchaus (nicht für USaid allerdings): wes Brot ich es des Lied ich sing. Wenn mich also Vater Staat füttert ...

Dabei ist uns das Jahr aber durchaus gnädig, denn zur Zeit sind solche Probleme noch relativ isoliert, es gehört auch eine Menge Pech zu einer globalen Missernte. Wenn uns aber erstmal billige Energie, billige Dünger und Pesitizide und ein billiger sozialer Frieden flöten gegangen sind, dann hat das viel weniger mit Pech zu tun und lässt sich auch nicht so einfach aus der Welt schaffen. Auch wenn wir schon heute kaum Anstalten machen es aus der Welt zu schaffen.

Naja, das sind jedenfalls mal meine 5 cent zu einem Aspekt des langweiligen "Gesamtzusammenhang(s)". Interessannter ist da schon was Menschen daraus machen und wie sie sich dabei fühlen, wirklich schön wäre es wenn dies auch einen machtvollen Ausdruck findet, wozu dann eine unter den örtlichen Bedingungen realistische Alternative des miteinander lebens nötig ist. Während ein Herr El-Baradei dabei von einer Obsession seiner Landsleute mit dem Fortgang Mubaraks spricht und dies deswegen für unabdingbar hält, ist er trotz aller Schreiberei westlicher Zeitungen so wie ich das verstehe für die Ägypter halt ein Fremder, wenn auch ein gut gemochter Fremder. Bei diesem Grad der Personifizierung, zu der hier geneigt wird, fällt dann das Fehlen eines Tahrir-Gesichts auf. Für den Beobachter eine Revolution ohne Führer, lediglich mit ein paar im Hintergrund arbeitenden Organisatoren des Notwendigen. Es wirkt eher wie ein politisches Konzert mitsamt Ordnungskräften. Für mich ein erfrischend schönes Chaos, das all den "aber die Welt muss doch plan- und steuerbar sein"-Typen(innen), die gerade hier en mass durch die Gegend laufen, offen ins Gesicht lacht. Letzteren, natürlich allesamt Musterdemokraten mit Revolutionserfahrung, macht das da in Ägypten dann auch Angst, diese Revolution war irgendwie nicht genehmigt. Die Scheiße will eben Gesetz sein und hat Angst sich in Nichts aufzulösen, gerade weil sie sich den ganzen Tag darum dreht. Irgendwer wer muss da dann bei uns irgendwann auch dem Staatsbürger verdeutlichen, dass er wirklich ein Mensch ist.
monoma - 12. Feb, 00:06

@yurun

danke für die hinweise auf den - auch für mich zweifellos vorhandenen - hintergrund der aufstände als hungerrevolten. dazu wollte ich eh noch was schreiben.

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