Ich werde aus Zeitgründen erst um die Jahreswende dazu kommen, umfassender zu antworten. Ganz kurz möchte ich nur auf zwei Verkürzungen in der im obigen Beitrag vorliegenden Argumentationskette hinweisen:
1. Du gehst davon aus, dass der westliche Lebensstil für alle systemrelevant ist. Das ist er nicht. Für die, die von dem System profitorientierter Produktion im Kapitalismus am meisten Nutzen ziehen, ist es unerheblich, wie der Lebensstil der Massen im Westen aussieht. Oder formulieren wir es anders: es ist unerheblich geworden.
Dafür sind zwei Faktoren verantwortlich: die Globalisierung einerseits, die die Mehrwertabschöpfung aus den westlichen Ländern abgezogen und in sogenannte Billigproduktionsländer verlagert hat. Der Effekt der Globalisierung besteht genau darin, dass die Sättigung der Märkte der hochindustrialisierten Länder, die schon lange ihren Peak erreicht hat, umgangen werden und die Industrialisierung dieser Regionen zurückgefahren werden kann, ja für einen "Reboot" in diesen Ländern sogar zurückgefahren werden muss. Dafür kommen ökologische Argumente gerade recht.
Zum anderen hat sich der Finanzkapitalismus schon weitgehend von der Güter- und Warenproduktion entkoppelt. Genauer genommen dürfen wir, wenn wir vom Kapitalismus sprechen, auch nicht mehr von Produktion in Zusammenhang mit der Profitorientierung sprechen. Denn die Produktion spielt für die Erzeugung des Surplus keine Rolle mehr. Der Profit ergibt sich nicht mehr aus einer Mehrwertabschöpfung sondern aus einer Mehrgeldschöpfung, weil der Warencharakter des Geldes prädominant geworden ist. Es macht für die kapitalistische Elite keinen Sinn mehr, mehr zu produzieren und absetzen zu wollen. Für die Mehrung des Vermögens reicht es aus, wenn Schuldner für die Finanztitel gefunden werden, die man hält. Hier spielt eine Wirtschaftstheorie eine zentrale Rolle, die Geld unter dem Aspekt der Geldschöpfung aus Schuldtitel betrachtet - der Debitismus. Nach dieser Theorie kann der Wert des Geldes genauso gut durch eine Schuldverschreibung, also einen Anspruch auf Mehrwertproduktion in der Zukunft gesichert werden, wie durch Erzeugen von realem Mehrwert. Und genau das passiert im modernen Kapitalismus. Schuldtitel werden einfach weitergereicht, Hauptsache man findet einen Nachschuldner, und auch hier kommen die Finanzinstrumente und Möglichkeiten der Umschuldung, die sich aus dem "notwendigen grünen Umbau" der Industrie und Wirtschaft ergeben, gerade recht.
Aus dieser Motivlage wird verständlich, dass die kapitalistischen Eliten die Möglichkeiten, die ein wie auch immer gearteter Klimawandel bietet, nachgerade herbeiwünschen müssten. Das Phänomen Klimawandel erlaubt es, die ressourcenverbrauchende Gesellschaft der hochindustrialisierten Länder herunterzufahren, bei gleichzeitiger Abschöpfung der noch verbliebenen Produktionsvolumen. Und es stellt Möglichkeiten bereit, Nachschuldner für Investitionen zu rekrutieren. Diese Motivlage hat die weltweit führenden Konzerne denn wohl auch bewogen, mit wehenden Fahnen in das Lager der Klimawarner überzugehen, wenn sie ohnehin nicht schon immer dort geschlafen haben:
2. Die zweite gedankliche Verkürzung lässt sich etwas leichter darstellen, denn sie besteht in der Unterstellung eines Zusammenhangs zwischen mehreren Einzelerscheinungen, die genaugenommen streng voneinander getrennt werden müssen:
I. Es gibt einen Klimawandel.
II. Der Klimawandel kann weiters durch die Eigenschaften des Spurengases CO2 hinreichend erklärt werden.
III. Der unterstellte Klimawandel ist durch anthropgenes CO2 verursacht.
IV. Der somit unterstellte anthropogene, CO2-induzierte Klimawandel ist Ursache für all die von dir beschriebenen Ereignisse.
V. Die katastrophische Entwicklung lässt sich durch Maßnahmen bei den anthropogenen CO2-Emissionen aufhalten oder rückgängig machen.
Jede einzelne der oben genannten Annahmen, die du ohne weiteres als gegeben voraussetzt, ist wissenschaftlich heftig umstritten. Der nahtlose Kausalzusammenhang zwischen den oben genannten Ereignissen ist nicht belegt und vielleicht sogar nicht belegbar, weil er möglicherweise in realiter gar nicht existiert. Jedes der von dir geschilderten Ereignisse ist für sich genommen tragisch, hat aber möglicherweise gar nichts mit einem anthropogenen CO2-induzierten Klimawandel zu tun. Wetterextreme, tektonische Verschiebungen, Untergang von Korallenatollen, Krankheitsmigration - das alles lässt sich auch ohne den oben erwähnten höchst fraglichen Zusammenhang erklären. Und dass es in Zusammenhang mit dem sogenánnten AGW gebracht wird, könnte genauso gut eine Folge selektiver Wahrnehmung sein.
Das "weltweite Klima" gibt es so gar nicht. Es ist ein hochkomplexes System unzähliger lokaler Vorgänge, regionalklimatischer Gegebenheiten und birgt Rückkoppelungsschleifen, die wir uns heute noch nicht träumen lassen. Möglicherweise kann es durch CO2 sogar kälter werden, weil die IR-Sättigung erreicht ist und ein "Dimming-Effekt" eintritt. Nix Genaues weiß man nicht. Aber - wie gesagt - dazu ein andermal mehr.
...dann werde ich abwarten, bis du deine ausführliche erwiderung geschrieben hast.
bis dahin jedoch schon mal ein recht interessanter text als nachschlag, der die erwähnten rückkoppelungseffekte des klimas auf andere probleme - in diesem fall wassermangel und -verschmutzung, diverse politische und soziale instabilitäten etc. - anhand des nahen ostens nochmals schön deutlich macht:
Zum anderen hat sich der Finanzkapitalismus schon weitgehend von der Güter- und Warenproduktion entkoppelt. Genauer genommen dürfen wir, wenn wir vom Kapitalismus sprechen, auch nicht mehr von Produktion in Zusammenhang mit der Profitorientierung sprechen. Denn die Produktion spielt für die Erzeugung des Surplus keine Rolle mehr. Der Profit ergibt sich nicht mehr aus einer Mehrwertabschöpfung sondern aus einer Mehrgeldschöpfung, weil der Warencharakter des Geldes prädominant geworden ist. Es macht für die kapitalistische Elite keinen Sinn mehr, mehr zu produzieren und absetzen zu wollen. Für die Mehrung des Vermögens reicht es aus, wenn Schuldner für die Finanztitel gefunden werden, die man hält. Hier spielt eine Wirtschaftstheorie eine zentrale Rolle, die Geld unter dem Aspekt der Geldschöpfung aus Schuldtitel betrachtet - der Debitismus. Nach dieser Theorie kann der Wert des Geldes genauso gut durch eine Schuldverschreibung, also einen Anspruch auf Mehrwertproduktion in der Zukunft gesichert werden, wie durch Erzeugen von realem Mehrwert. Und genau das passiert im modernen Kapitalismus. Schuldtitel werden einfach weitergereicht, Hauptsache man findet einen Nachschuldner, und auch hier kommen die Finanzinstrumente und Möglichkeiten der Umschuldung, die sich aus dem "notwendigen grünen Umbau" der Industrie und Wirtschaft ergeben, gerade recht.
Eine erste knappe Antwort
1. Du gehst davon aus, dass der westliche Lebensstil für alle systemrelevant ist. Das ist er nicht. Für die, die von dem System profitorientierter Produktion im Kapitalismus am meisten Nutzen ziehen, ist es unerheblich, wie der Lebensstil der Massen im Westen aussieht. Oder formulieren wir es anders: es ist unerheblich geworden.
Dafür sind zwei Faktoren verantwortlich: die Globalisierung einerseits, die die Mehrwertabschöpfung aus den westlichen Ländern abgezogen und in sogenannte Billigproduktionsländer verlagert hat. Der Effekt der Globalisierung besteht genau darin, dass die Sättigung der Märkte der hochindustrialisierten Länder, die schon lange ihren Peak erreicht hat, umgangen werden und die Industrialisierung dieser Regionen zurückgefahren werden kann, ja für einen "Reboot" in diesen Ländern sogar zurückgefahren werden muss. Dafür kommen ökologische Argumente gerade recht.
Zum anderen hat sich der Finanzkapitalismus schon weitgehend von der Güter- und Warenproduktion entkoppelt. Genauer genommen dürfen wir, wenn wir vom Kapitalismus sprechen, auch nicht mehr von Produktion in Zusammenhang mit der Profitorientierung sprechen. Denn die Produktion spielt für die Erzeugung des Surplus keine Rolle mehr. Der Profit ergibt sich nicht mehr aus einer Mehrwertabschöpfung sondern aus einer Mehrgeldschöpfung, weil der Warencharakter des Geldes prädominant geworden ist. Es macht für die kapitalistische Elite keinen Sinn mehr, mehr zu produzieren und absetzen zu wollen. Für die Mehrung des Vermögens reicht es aus, wenn Schuldner für die Finanztitel gefunden werden, die man hält. Hier spielt eine Wirtschaftstheorie eine zentrale Rolle, die Geld unter dem Aspekt der Geldschöpfung aus Schuldtitel betrachtet - der Debitismus. Nach dieser Theorie kann der Wert des Geldes genauso gut durch eine Schuldverschreibung, also einen Anspruch auf Mehrwertproduktion in der Zukunft gesichert werden, wie durch Erzeugen von realem Mehrwert. Und genau das passiert im modernen Kapitalismus. Schuldtitel werden einfach weitergereicht, Hauptsache man findet einen Nachschuldner, und auch hier kommen die Finanzinstrumente und Möglichkeiten der Umschuldung, die sich aus dem "notwendigen grünen Umbau" der Industrie und Wirtschaft ergeben, gerade recht.
Aus dieser Motivlage wird verständlich, dass die kapitalistischen Eliten die Möglichkeiten, die ein wie auch immer gearteter Klimawandel bietet, nachgerade herbeiwünschen müssten. Das Phänomen Klimawandel erlaubt es, die ressourcenverbrauchende Gesellschaft der hochindustrialisierten Länder herunterzufahren, bei gleichzeitiger Abschöpfung der noch verbliebenen Produktionsvolumen. Und es stellt Möglichkeiten bereit, Nachschuldner für Investitionen zu rekrutieren. Diese Motivlage hat die weltweit führenden Konzerne denn wohl auch bewogen, mit wehenden Fahnen in das Lager der Klimawarner überzugehen, wenn sie ohnehin nicht schon immer dort geschlafen haben:
http://www.zeit.de/wirtschaft/2009-09/klimawandel-konzerne-kommunique
2. Die zweite gedankliche Verkürzung lässt sich etwas leichter darstellen, denn sie besteht in der Unterstellung eines Zusammenhangs zwischen mehreren Einzelerscheinungen, die genaugenommen streng voneinander getrennt werden müssen:
I. Es gibt einen Klimawandel.
II. Der Klimawandel kann weiters durch die Eigenschaften des Spurengases CO2 hinreichend erklärt werden.
III. Der unterstellte Klimawandel ist durch anthropgenes CO2 verursacht.
IV. Der somit unterstellte anthropogene, CO2-induzierte Klimawandel ist Ursache für all die von dir beschriebenen Ereignisse.
V. Die katastrophische Entwicklung lässt sich durch Maßnahmen bei den anthropogenen CO2-Emissionen aufhalten oder rückgängig machen.
Jede einzelne der oben genannten Annahmen, die du ohne weiteres als gegeben voraussetzt, ist wissenschaftlich heftig umstritten. Der nahtlose Kausalzusammenhang zwischen den oben genannten Ereignissen ist nicht belegt und vielleicht sogar nicht belegbar, weil er möglicherweise in realiter gar nicht existiert. Jedes der von dir geschilderten Ereignisse ist für sich genommen tragisch, hat aber möglicherweise gar nichts mit einem anthropogenen CO2-induzierten Klimawandel zu tun. Wetterextreme, tektonische Verschiebungen, Untergang von Korallenatollen, Krankheitsmigration - das alles lässt sich auch ohne den oben erwähnten höchst fraglichen Zusammenhang erklären. Und dass es in Zusammenhang mit dem sogenánnten AGW gebracht wird, könnte genauso gut eine Folge selektiver Wahrnehmung sein.
Das "weltweite Klima" gibt es so gar nicht. Es ist ein hochkomplexes System unzähliger lokaler Vorgänge, regionalklimatischer Gegebenheiten und birgt Rückkoppelungsschleifen, die wir uns heute noch nicht träumen lassen. Möglicherweise kann es durch CO2 sogar kälter werden, weil die IR-Sättigung erreicht ist und ein "Dimming-Effekt" eintritt. Nix Genaues weiß man nicht. Aber - wie gesagt - dazu ein andermal mehr.
Gruß, sansculotte
okay...
bis dahin jedoch schon mal ein recht interessanter text als nachschlag, der die erwähnten rückkoppelungseffekte des klimas auf andere probleme - in diesem fall wassermangel und -verschmutzung, diverse politische und soziale instabilitäten etc. - anhand des nahen ostens nochmals schön deutlich macht:
"Der Klimawandel wird voraussichtlich die Spannungen in der Region erhöhen, schätzen die Autoren der Studie »Rising Temperatures, Rising Tensions« und weisen auf neue »Sicherheitsprobleme« hin: Die enorme Konkurrenz um das Wasser in der Region wird Friedensvereinbarungen erschweren, die Versorgung der Bevölkerung ist unsicher, wirtschaftliches Wachstum wird erschwert, die Armut steigt. Der Wassermangel wird zu Migration und einer zunehmenden Militarisierung führen, um die Wasserquellen zu sichern. Das ohnehin große Mißtrauen zwischen den arabischen Staaten einerseits und dem Westen und Israel andererseits wird zunehmen."
Artikelverweis
Zum anderen hat sich der Finanzkapitalismus schon weitgehend von der Güter- und Warenproduktion entkoppelt. Genauer genommen dürfen wir, wenn wir vom Kapitalismus sprechen, auch nicht mehr von Produktion in Zusammenhang mit der Profitorientierung sprechen. Denn die Produktion spielt für die Erzeugung des Surplus keine Rolle mehr. Der Profit ergibt sich nicht mehr aus einer Mehrwertabschöpfung sondern aus einer Mehrgeldschöpfung, weil der Warencharakter des Geldes prädominant geworden ist. Es macht für die kapitalistische Elite keinen Sinn mehr, mehr zu produzieren und absetzen zu wollen. Für die Mehrung des Vermögens reicht es aus, wenn Schuldner für die Finanztitel gefunden werden, die man hält. Hier spielt eine Wirtschaftstheorie eine zentrale Rolle, die Geld unter dem Aspekt der Geldschöpfung aus Schuldtitel betrachtet - der Debitismus. Nach dieser Theorie kann der Wert des Geldes genauso gut durch eine Schuldverschreibung, also einen Anspruch auf Mehrwertproduktion in der Zukunft gesichert werden, wie durch Erzeugen von realem Mehrwert. Und genau das passiert im modernen Kapitalismus. Schuldtitel werden einfach weitergereicht, Hauptsache man findet einen Nachschuldner, und auch hier kommen die Finanzinstrumente und Möglichkeiten der Umschuldung, die sich aus dem "notwendigen grünen Umbau" der Industrie und Wirtschaft ergeben, gerade recht.
... gibt's gerade bei tp einen aktuellen Beitrag:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31728/1.html
Grüße, s