notiz: (und wieder mal) alleine mit der mafia

da hatte ich u.a. mit der ehrenwerten gesellschaft sizilianischen ursprungs den letzten beitrag eröffnet, und schon gibt es neue informationen zum wirken einer engen verwandten:

(...)"Laut dem BND-Papier nutzt die 'Ndrangheta Deutschland nicht nur als Durchgangsland für ihren Waffen- und Drogenschmuggel. Die Organisation habe zudem kriminelle Gewinne in zweistelliger Millionenhöhe in den Erwerb von Hotels, Gaststätten und weiteren Immobilien hauptsächlich in Thüringen, Sachsen und an der Ostsee investiert. Nach Erkenntnissen des BND und des Bundeskriminalamtes zieht die 'Ndrangheta den Großteil ihrer Gewinne aus dem internationalen Rauschgift- und Waffenhandel. In beiden Fällen führen die wichtigsten Transitrouten durch Europa über die Bundesrepublik. In Ostdeutschland haben sich zu diesem Zweck laut BND mehrere Clans der Organisation angesiedelt, um von dort aus insbesondere den Waffen- und Sprengstoffschmuggel nach Osteuropa zu organisieren."(...)

geheimdienste sind ja so eine - durchaus zweifelhafte - sache: selbst konspirativ organisiert und tätig, ist manchmal nicht so genau zu beurteilen, ab wann die grenzen zu eigentlich ureigenem mafiösen treiben verwischen. dazu versuchen sie seit dem ende des "realsozialistischem blocks" auch ständig, ihre existenzberechtigung nachzuweisen. und trotzdem tendiere ich dazu, die dargestellten informationen durchaus ernst zu nehmen - ich halte mafiöse strukturen bekanntlich für ein belegbares und aus unseren skandalösen sozialen bedingungen ableitbares phänomen. zu dem staatliche institutionen wie geheimdienste allerdings grundsätzlich nicht nur punktuelle affinitäten aufweisen.

(...)"Darüber hinaus gilt Deutschland neben Belgien, den Niederlanden, Spanien und Frankreich auch als wichtigstes Zentrum der Geldwäscheaktivitäten der 'Ndrangheta. So seien an der Frankfurter Börse große Aktienpakete erworben worden, vor allem von Energiekonzernen.

Davon betroffen ist nach Erkenntnissen des BND auch der russische Energiemulti Gazprom. Aktienpakete des international operierenden Unternehmens wurden demnach von einigen Großclans der 'Ndrangheta gekauft. An Gazprom ist auch der deutsche Energiekonzern Eon Ruhrgas beteiligt. Altkanzler Gerhard Schröder ist zudem Verwaltungsratspräsident des Gazprom-Ablegers Nordeuropäische Gas-Pipeline AG. Außer in Aktienbeteiligungen investiert die Mafia ihre Gewinne in den Erwerb von Immobilien, insbesondere in Ostdeutschland. Die BND-Analyse beruft sich dabei auf Erkenntnisse des BKA und der Landeskriminalämter von Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, wonach die 'Ndrangheta-Clans "kriminelle Gewinne in erheblichem Umfang in das Gebiet der ehemaligen DDR" leiten. Einer der Schwerpunkte der Investitionen sei dabei die Ostseeküste."(...)


das obige belegt nur noch mal eine wichtige aussage: niemand sollte dem irrtum verfallen, bei solchen mafiösen zuständen handele es sich lediglich um "gesetzwidrige auswüchse" eines ansonsten ganz okayen kapitalismus. eher werden hier die spitzen nicht nur eines eisbergs, sondern eines ganzen eisgebirges sichtbar - es ist mittlerweile kaum noch zu unterscheiden, wo sich die antisozialen praktiken bspw. eines bekannten softdrinkherstellers im umgang mit bspw. als "mißliebig" deklarierten gewerkschaftern oder bei praktizierter ökologischer ignoranz groß vom treiben der cosa nostra, `ndrangheta, dem japanischen yakuza oder den chinesischen triaden unterscheiden lassen. faktisch nur noch dadurch, das die einen juristisch-objektivistisch gesehen überwiegend "legale", und die anderen eben "illegale" geschäfte machen - mit einer sich ständig ausweitenden antisozialen grauzone dazwischen (um der ausgewogenheit wegen: Sie können statt des bekannten getränkekonzerns auch einen ebenso bekannten ölkonzern oder auch einen gleichfalls gut bekannten lebensmittelmulti einsetzen - oder, oder oder...). jedenfalls fühlt sich die illegale mafia in der trauten zweisamkeit mit der legalen ausnehmend wohl - warum auch nicht?

es ist gleichfalls völlig naiv anzunehmen, dass sich ein "zivilisierter" kapitalismus irgendwie anders verhalten würde - er kann es aufgrund seiner strukturellen, primär objektivistischen und damit latent antisozialen, herkunft einfach nicht. das sei vor allem jenen gesagt, die sich die relative ruhe des mit der alten brd assoziierten "rheinischen kapitalismus" zurückwünschen und das für ein praktikables modell halten. sorry, aber Ihr kaffee, mein softdrink, unsere kleidung und unsere energie waren damals bereits genauso blutbespritzt und mit leichengeruch getränkt wie heute. da gibt es keine ausnahmen. lediglich der schein musste aufgrund der historischen umstände besser gewahrt werden als heute.

zurück zur illegalen mafia: die als "ndrangheta" bekannte bandenstruktur wird in einem älteren artikel etwas genauer beleuchtet:

(...)"Die Wurzeln der Organisation reichen weit zurück. Im 19.Jahrhundert entstand sie aus Briganten und Rebellen. Das Wort „’Ndrangheta“ soll sich vom griechischen „andragathos“ – „tapferer Mann“ – ableiten. Früher machten diese „Tapferen“ ihr Geld mit Erpressung und Kidnapping. In Höhlen um Plati und San Luca wurden entführte Norditaliener versteckt.

Mächtig wurde die Mafia aber ausgerechnet durch die Hilfe des Staates für den Mezzogiorno, den Süden Italiens. Sie mästete sich am Eisenbahn- und Autobahnbau sowie an gigantischen Industrieprojekten.

Heute liegt der Jahresumsatz der ’Ndrangheta nach offiziellen Schätzungen bei 35 Milliarden Euro – das ist mehr als die legale Wirtschaftsleistung Kalabriens. Das Hauptgeschäft machen die hundert Clans mit ihren 7000 Mitgliedern nach Erkenntnissen italienischer Ermittler mit dem Drogenhandel.

Nachdem die sizilianischen Mafiosi massiv unter Ermittlungsdruck gerieten, zogen die Vettern vom Festland das Geschäft an sich. So kontrolliert die ’Ndrangheta nunmehr den weltweiten Kokainhandel. Dabei sticht sie sogar die mächtigen kolumbianischen Kartelle aus und kauft die Ernten direkt bei den Koka-Bauern."(...)


eine verzerrte oder deformierte definition von individualismus wird präsentiert - aber denken Sie einmal über die inhalte nach, die uns von den propagandisten des neoliberalen kapitalismus ständig in hirn gewaschen werden:

(...)„Die Politiker wollen uns wie zu Zeiten der Bourbonen-Herrschaft unten halten. Denn wenn wir wachsen, können die nicht mehr mit uns umspringen, wie sie wollen.“ Dann bricht es aus ihm heraus: „Wir Italiener sind Individualisten: Wenn ich eine Milliarde für Infrastruktur bekomme, gebe ich 100 Millionen dafür aus und stecke den Rest in die Tasche. Ein Gemeinschaftssinn existiert nicht. Uns interessiert nur das eigene Haus.“(...)

eine sichtbare antisoziale - und strukturell autistische - einstellung also, bei der ich keine qualitativen unterschiede zu den entsprechenden positionen bspw. der "alle-müssen-den-gürtel-enger-schnallen-und-nur-die-unternehmerische-initiative-wird-uns-retten" -propagandistInnen zu erkennen vermag. selbst das ressentiment gegenüber einem gestaltendem staat (den ich persönlich keineswegs für der weisheit letzten schluß halte) ist wie bei den am rad drehenden kapitalfetischisten vorhanden.

eine ganz gute darstellung der historischen entwicklung der mafia gibt es hier. zu den psychophysischen hintergründen - zb. besonders den familienstrukturen und erziehungspraktiken in sizilien, aber auch kalabrien - gibt es hingegen bisher nur recht wenig material. dieses wenige (mir bekannte) werde ich u.a. im kommenden traumaschwerpunkt genauer vorstellen. und ansonsten verweise ich auf die zu beginn des letzten beitrags hier verlinkten früheren blogbeiträge zum thema.

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