notiz: und zwischendurch - die kleine medienumschau (update)

sehr komprimiert ein paar hinweise auf artikel, die meine aufmerksamkeit aktiviert haben.

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die these vom zerfall der sozialen fähigkeiten (mit der option bandenbildung zum überleben) als ein hauptsymptom in gesellschaften, deren mitglieder durch massive gewaltverhältnisse in die diversen beziehungskrankheiten getrieben werden, habe ich hier schon öfter versucht zu illustrieren - beispiele brasilien, die italienische mafia und überhaupt allgemein mafiartige zustände in den sog. politischen und ökonomischen eliten. ergänzend lässt sich dazu dieser neue artikel lesen:

(...)"Eine Wirtschaft, die als rücksichtslos wahrgenommen wird, hat eine kriminogene Wirkung", macht also Menschen zu Verbrechern, sagt Bussmann."(...)

(...)"Der einzelne müsse sich heute wie ein Unternehmer gebärden, viel mehr Entscheidungen und Verantwortung selbst übernehmen. Selbst gegenüber Regierungsbehörden würden Bürger zu "Konsumenten", die sich nach Marktgesetzen richten müssten. Es herrsche eine "zynische Einstellung gegenüber dem Gesetz". Ökonomische Metaphern würden auch auf den zwischenmenschlichen Bereich ausgedehnt. Eine Kombination aus Misstrauen gegenüber dem Markt, Angst vor Verbrechen und "rechtlichem Zynismus" bilde schließlich das "Syndrom der Marktanomie".(...)


wobei die heutigen gesetze sich diese zynische einstellung durchaus verdienen. ansonsten macht es mal wieder absolut keinen spaß zu sehen, dass einen die eigenen wahrnehmungen nicht betrügen.

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vermutlich sind hier viele leserInnen auch öfter bei telepolis und werden die folgenden empfehlungen schon kennen - ich mache es deshalb kurz.

die staatlichen maßnahmen zur "prävention" gegen offiziell so definierte antisoziale persönlichkeiten besonders unter kindern und jugendlichen sind hier wieder einmal thema. was ich davon halte, habe ich im blog früher schon geschrieben. ansonsten fällt mir zum artikel nur noch ein zitat ein, dessen urheber ich leider vergessen habe - "eine gesellschaft, die angst vor ihren eigenen kindern bekommt, ist erledigt." aber hallo.

desweiteren: eine neue studie zum möglichen zusammenhang zwischen fernsehkonsum und autismus wird besprochen; der zweite teil der reihe zur aufmerksamkeitsdefizit(hyperaktivitäts)störung und ihrer behandlung mit ritalin ist zu lesen, und ebenfalls geht die diskussion über die "pädagogischen" thesen von b. bueb weiter - ich finde ja, man sollte dem nicht noch mehr platz einräumen.

viele explizit "politische" artikel - wie z.b. zu den derzeitigen auseinandersetzungen in mexico - sind ebenfalls empfehlenswert. stöbern Sie einfach selbst herum.

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und zum schluß dieses wie immer unvollständigen überblicks einen artikel, der sich als ergänzung/fortführung vieler beiträge hier im blog liest - besonders an die kleine reihe zum nahostkonflikt sei hier erinnert. Ein Irrenhaus namens Gaza:

(...)"Psychiater Sarraj fürchtet, das Umfeld der Angst, Gewalt, Armut und Hoffnungslosigkeit werde die Generation der Bettnässer in eine von «Gorillas» verwandeln. Er spricht vom Konflikt als einer Psychopathologie, von Israel und Palästina als psychisch kranken Patienten. Der israelische Patient sehe sich immer noch als Opfer, das keine Versöhnung durchlebt habe und deshalb in all seinen Handlungen von Angst getrieben werde. Der palästinensische Patient bleibe gefangen in Gedanken von Widerstand und Vergeltung. Doch das Schicksal der Menschen liegt nicht in den Händen von Psychiatern, sondern von Politikern. Diese waren bisher unfähig, Heilung und Versöhnung zu bringen. Wer hat je das Leid des anderen anerkannt?"(...)

"Wie viele psychisch krank sind und wie ihre Krankheiten heissen, weiss niemand so genau. Statistiken verzeichnen eine Anhäufung von Borderline-Persönlichkeiten, emotional instabilen Personen, die ein zerrüttetes Selbstbild aufweisen und sich nicht mehr in die Gesellschaft integrieren können. Eine Studie des Gaza Community Mental Health Programme stellt fest, dass über 70 Prozent der Kinder an PTBS leiden und knapp 100 Prozent Symptome davon aufweisen: Albträume, Flashbacks, emotionale Stumpfheit, Gleichgültigkeit, Konzentrationsstörung, Schreckhaftigkeit, Angstzustände, Schlaflosigkeit, Depression, manchmal Panik- oder Aggressionsattacken und Bettnässen. Wer Geld hat, kauft Tabletten: Schlaftabletten, Beruhigungstabletten. Man klagt, aber man spricht nicht über psychische Krankheiten. Wenige suchen Hilfe bei einem Psychiater. Wäre das nicht ein Geständnis, dass einen der Besatzer in die Knie gezwungen hat? Ein Eingeständnis von Schwäche in einer Zeit, in der man stark sein muss, in einer Gesellschaft, in der man stigmatisiert würde? Und welche Behandlung ist gut genug, um Wunden zu heilen, die mit jeder Bombe, jedem Angriff erneut zu eitern beginnen?"(...)


keine weiteren worte notwendig.

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edit am 10.11.: zum obigen artikel der nzz bleibt noch nachzutragen, dass ich das wort "volksseele" erstens ärgerlich, zweitens mystifizierend und drittens auch als mißglücktes synonym völlig überflüssig finde.

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einen interessanten juristischen spruch gibt es hier zu bestaunen:

(...)"Die Art der Misshandlungen sind zwar schrecklich. Aber auf der Messlatte dessen, was wir hier sonst so haben, liegen sie im unteren Bereich"..."(...)

so die richterin in diesem verfahren. einen zweijährigen mit fäusten, hausschuh und einer fernbedienung zu schlagen - und ihn zu beißen? ja - der untere bereich - und zwar ganz, ganz weit unten. aber in einem anderen sinne als von der richterin gemeint.

um es deutlich zu machen: selbst, wenn "zorn und überforderung" vielleicht als motive nachzuvollziehen sind - eine rechtfertigung für das dargestellte handeln vermag ich daraus keinesfalls abzuleiten. es ist wieder mal eine geschichte zum haareraufen, bei der als einzige konseqeunz zu konstatieren bleibt, dass es zu solchen situationen überhaupt erst gar nicht kommen darf - was ein grundlegend geändertes verhältnis zu kindern und elternschaft überhaupt impliziert. und zu der heutigen justiz, die in solchen fällen meist entweder pest oder cholera verordnet (und nichts anderes verordnen kann), habe ich an anderen stellen bereits etliches gesagt.

ein weiterer aspekt dieser geschichte ist ebenfalls interessant - und auch nicht unbekannt:

(...)"Von dem Vorwurf, außerdem ein Sexualdelikt begangen zu haben, wurde der 24-Jährige freigesprochen. Das hatte neben seiner Verteidigerin auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragt, nachdem ein Psychologe die Glaubwürdigkeit der Hauptzeugin stark in Zweifel gezogen hatte. Die heute 32-jährige Mutter des Opfers leide unter der Borderline-Persönlichkeitsstörung, begründete der Gutachter. "Patienten mit dieser Krankheit neigen dazu, das zu erzählen, was gerade nahe liegt."(...)

zu diesen zweifeln an der glaubwürdigkeit hatte ich früher mal geschrieben:

(...)erstens: es gibt dokumentierte fälle von nachweislich falschen beschuldigungen bezgl. sexualisierter gewalt, oft genug von frauen mit bl-diagnose. die motive dafür können vielfältig sein und sind imo keineswegs generell als indiz für eine durch und durch bösartige persönlichkeit zu werten. wobei: auch letzteres existiert.

zweitens: es gibt noch mehr dokumentierte fälle von zutreffenden anklagen in der selben sache, in denen traumatisierten frauen/kindern oft genug durch unglauben und ignoranz neues unrecht geschieht. auch hier sind häufig frauen mit bl-diagnosen vertreten.

drittens: was für eine aussage steckt im satz von den vorwürfen, die zwar "nicht widerlegbar, aber auch nicht beweisbar" seien? ein eingestelltes ermittlungsverfahren sagt zunächst mal überhaupt nichts aus - "beweise" im juristischen sinne sind nicht unbedingt mit dem gleichzusetzen, was den meisten von uns unter "beweisen" vorschwebt. und gerade sexualisierte gewalt innerhalb der sog. privatsphäre, innerhalb von familien, ist durch die eigenart der situation oft genug nicht juristisch verfolgbar - keine oder eingeschüchterte oder aus "loyalität" schweigende zeugInnen, dazu die traumaspezifischen prozesse von abspaltung und verdrängung. diese logik ist von der justiz bis heute immer noch nicht in ihren konsequenzen begriffen (ausnahmen bestätigen die regel)."(...)


dem - und dem daraus folgenden vielfältigen dilemma - habe ich bis auf weiteres nichts hinzuzufügen, und möchte nur nochmals die these vertreten, dass ich die heutige justiz im angesicht derartiger verhältnisse strukturell weder für geeignet noch kompetent halte.

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ebenfalls früher hatte ich in einem kommentar geschrieben:

(...)"wobei ich persönlich nicht ausschließe, dass verschiedene umweltgifte durchaus eine rolle spielen könnten in dem sinne, dass sie pathologische prozesse verschlimmern/beschleunigen oder vielleicht sogar als eine art auslöser beteiligt sein können, wenn andere wesentliche voraussetzungen für eine autistische entwicklung bereits gegeben sind. das toxische chemikalien natürlich auch psychische bzw. neurologische effekte auslösen können, ist zwar seit langem bekannt, wird aber kaum jemals berücksichtigt."(...)

zu diesem thema gibt es jetzt neue untersuchungen:

(...)"Im Schnitt zeige heute eines von sechs Kindern eine Entwicklungsstörung, sagen die Autoren der neuen Studie. Und fast immer sei das Nervensystem betroffen. Es gehe hier um Konzentrationsschwäche und Koordinationsstörungen, aber auch um so folgenschwere Erkrankungen wie Autismus. Die Mediziner fürchten, dass solche Fälle zunehmen, weil Kinder in den letzten Jahren und Jahrzehnten permanent geringen Konzentrationen der nervenschädigenden Industrie- und Umweltchemikalien ausgesetzt sind. Sie sprechen sogar von einer stillen Pandemie. Millionen Heranwachsende - vom Baby- bis zum Jugendalter - könnten weltweit betroffen sein."(...)

multidimensionales wahrnehmen und denken vorausgesetzt, wäre das als ein weiterer fataler möglicher trigger im zusammenhang mit den beziehungskrankheiten zu begreifen - anscheinend haben wir nicht nur großflächige soziale experimente am laufen - auch das unbedarft-fröhliche herumhantieren mit tausenden von synthetischen chemikalien, von denen i.d.r. die langzeitwirkungen völlig unbekannt sind, darf als potenziell suizidales projekt betrachtet werden.
Wednesday - 10. Nov, 16:44

Umweltgifte stehen bei einigen Forschern schon lange im Verdacht, bisher unbekannte Wirkungen oder Verstärkungen hervorzurufen, bzw. hat sich eine Wissenschaftlerin, ich weiß nicht mehr wie sie heisst, vor einigen Jahren dahingehend geäussert, daß wir zur Zeit noch gar nicht absehen können, was chemische Verbindungen (ob nun kontrolliert oder unkontrolliert spielt keine Rolle, weil u.a. unbekannt ist, wie sie z.B. über den Wasserkreislauf aufeinander stossend reagieren und sich neu formieren), die sich im Organismus _aller_ Lebenwesen über die Jahre und Jahrzehnte anreichern, in Gang setzen, verändern, mutieren lassen. Überall Zeitbomben, ha! ;-)

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