notiz: nachträge
nachtrag eins: zum thema "justizvollzug" im jugendknast empfehle ich diese bildergalerie der zeit - besonders die betrachtung der bilder 13 und 14. ebenfalls diese reportage.
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und zweitens (nicht nur) zum thema amok: mit dem untertitel Über Emsdetten, Dschungel-Soldaten und das Wesen der Pädagogik beginnt ein artikel im freitag, der in einige interessante richtungen schweift:
(...)"In Deutschland sollte es grundsätzlich misstrauisch stimmen, wenn gegen das ruchlose, blutrünstige, monströse Bild zu Felde gezogen wird. Der Nationalsozialismus hat bekanntermaßen ein regelrechtes Bilderverbot gegen Darstellungen des Abgründigen und Ekelhaften verhängt. Der Bereitschaft seiner Bürger, zu foltern und zu töten, tat das keinen Abbruch. Es war im Gegenteil sogar so, dass die Fähigkeit zur Gewaltausübung mit einer Ästhetik des Reinen, "Schönen" und Eindeutigen verschränkt war.
Insofern sind Bilderkonsum und Gewalt, Videospiele und bewaffnete Amokläufe eben nicht in der Form miteinander verbunden, wie Jugendsoziologen, Journalisten und Küchenpsychologie dieser Tage behaupten. Interessanter wäre es, sich das anzuschauen, worüber nicht gesprochen wird, weil es als völlig normal erscheint. Ein Dokumentarfilm über einen sich bei einem Consulting-Unternehmen bewerbenden BWL-Diplomanden, der in der vergangenen Woche parallel zu mehreren "Die-Jugend-muss-gerettet-werden"-Talkshows gezeigt wurde, könnte als Beispiel dafür dienen.
Der Film war unaufgeregt erzählt, die Äußerungen der Protagonisten blieben unkommentiert. Ein Studiumsabsolvent saß mit den Eltern in einem Familienwohnzimmer und sprach von den Anforderungen des Arbeitsmarkts. Der Vater stellte - durchaus ein gewisses Bedauern erkennen lassend - fest, dass sich die Situation in den Unternehmen verändert habe. Die Konkurrenz sei größer geworden, auch zwischen den Mitarbeitern, und sein Sohn, Mitte 20, fügte hinzu, dass man nun härter angreifen müsse. In einem weiteren Interview äußerte ein anderer Vater, die Ehefrau signalisierte nickend Zustimmung, dass das ganze Leben ein Kampf sei - was er für nichts Schlechtes halte. Genau das wolle doch die menschliche Natur, das stete Ringen mit sich und den anderen. Der BWL-Diplomand ergänzte, offensichtlich unmittelbar nach dem Bewerbungsgespräch, dass er sich - falls ihn die Arbeit überfordern sollte - fragen müsse, ob er an dieser Stelle richtig sei. Eine andere Bewerberin - potenzielle Teamkollegin und Konkurrentin - zeigte sich zunächst im Wellness-Bereich eines Hotels. Mit ein paar Bahnen im Schwimmbecken bereitete sie ihren Körper auf die Belastungen des bevorstehenden Arbeitstages vor. Im Hotelzimmer wenig später erklärte die junge Frau, sie habe es immer schon geliebt, wenn etwas los sei. Genau das schätze sie an ihrem - potenziellen - Arbeitgeber. Hier werde man nie in Ruhe gelassen, täglich vor neue Aufgaben gestellt, habe ständig etwas zu erledigen. Es klang, als werde - nach erfolgreich vollzogener Gehirnwäsche - ein Körper-Seele-Paket zum Verkauf feilgeboten.
Diese Bemerkungen sind deswegen so bemerkenswert, weil sie deutlich machen, was sich in den letzten Jahren im Alltagsverstand durchgesetzt hat: Die Gesellschaft gilt als Kampfzusammenhang und das Individuum als konkurrenzbereites Subjekt, das sich in einem lebenslangen Wettbewerb zu behaupten hat, sich geistig und körperlich permanent fit machen muss, ja mehr noch: sich fit machen will."(...)
der angeblich "ständige kampf" ist zwar eine mögliche wahrnehmungsposition - aber eine, die erst aufgrund ständiger gewaltpräsenz in so ziemlich allen sozialen bezügen mitsamt ihren potenziell traumatischen folgen zur dominanten position werden kann (um in der folge, sozusagen in weiterführung ihrer gewalttätigen entstehungsgeschichte, sich dann auch prompt als anthropologische konstante - "menschliche natur"- auszugeben und versucht, sich mittels dieser behauptung durchzusetzen. an diese defekte, weil traumainduzierte, wahrnehmung und die daraus entstehende realität als einzig mögliche zu glauben, ist letztlich jedoch (selbst-)mörderisch.)
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ps: zur zeit sind hier und auch woanders ein paar diskussionen offen - archenoe, wildwuchs und netbitch, ich werde versuchen, das so nach und nach abzuarbeiten.
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und zweitens (nicht nur) zum thema amok: mit dem untertitel Über Emsdetten, Dschungel-Soldaten und das Wesen der Pädagogik beginnt ein artikel im freitag, der in einige interessante richtungen schweift:
(...)"In Deutschland sollte es grundsätzlich misstrauisch stimmen, wenn gegen das ruchlose, blutrünstige, monströse Bild zu Felde gezogen wird. Der Nationalsozialismus hat bekanntermaßen ein regelrechtes Bilderverbot gegen Darstellungen des Abgründigen und Ekelhaften verhängt. Der Bereitschaft seiner Bürger, zu foltern und zu töten, tat das keinen Abbruch. Es war im Gegenteil sogar so, dass die Fähigkeit zur Gewaltausübung mit einer Ästhetik des Reinen, "Schönen" und Eindeutigen verschränkt war.
Insofern sind Bilderkonsum und Gewalt, Videospiele und bewaffnete Amokläufe eben nicht in der Form miteinander verbunden, wie Jugendsoziologen, Journalisten und Küchenpsychologie dieser Tage behaupten. Interessanter wäre es, sich das anzuschauen, worüber nicht gesprochen wird, weil es als völlig normal erscheint. Ein Dokumentarfilm über einen sich bei einem Consulting-Unternehmen bewerbenden BWL-Diplomanden, der in der vergangenen Woche parallel zu mehreren "Die-Jugend-muss-gerettet-werden"-Talkshows gezeigt wurde, könnte als Beispiel dafür dienen.
Der Film war unaufgeregt erzählt, die Äußerungen der Protagonisten blieben unkommentiert. Ein Studiumsabsolvent saß mit den Eltern in einem Familienwohnzimmer und sprach von den Anforderungen des Arbeitsmarkts. Der Vater stellte - durchaus ein gewisses Bedauern erkennen lassend - fest, dass sich die Situation in den Unternehmen verändert habe. Die Konkurrenz sei größer geworden, auch zwischen den Mitarbeitern, und sein Sohn, Mitte 20, fügte hinzu, dass man nun härter angreifen müsse. In einem weiteren Interview äußerte ein anderer Vater, die Ehefrau signalisierte nickend Zustimmung, dass das ganze Leben ein Kampf sei - was er für nichts Schlechtes halte. Genau das wolle doch die menschliche Natur, das stete Ringen mit sich und den anderen. Der BWL-Diplomand ergänzte, offensichtlich unmittelbar nach dem Bewerbungsgespräch, dass er sich - falls ihn die Arbeit überfordern sollte - fragen müsse, ob er an dieser Stelle richtig sei. Eine andere Bewerberin - potenzielle Teamkollegin und Konkurrentin - zeigte sich zunächst im Wellness-Bereich eines Hotels. Mit ein paar Bahnen im Schwimmbecken bereitete sie ihren Körper auf die Belastungen des bevorstehenden Arbeitstages vor. Im Hotelzimmer wenig später erklärte die junge Frau, sie habe es immer schon geliebt, wenn etwas los sei. Genau das schätze sie an ihrem - potenziellen - Arbeitgeber. Hier werde man nie in Ruhe gelassen, täglich vor neue Aufgaben gestellt, habe ständig etwas zu erledigen. Es klang, als werde - nach erfolgreich vollzogener Gehirnwäsche - ein Körper-Seele-Paket zum Verkauf feilgeboten.
Diese Bemerkungen sind deswegen so bemerkenswert, weil sie deutlich machen, was sich in den letzten Jahren im Alltagsverstand durchgesetzt hat: Die Gesellschaft gilt als Kampfzusammenhang und das Individuum als konkurrenzbereites Subjekt, das sich in einem lebenslangen Wettbewerb zu behaupten hat, sich geistig und körperlich permanent fit machen muss, ja mehr noch: sich fit machen will."(...)
der angeblich "ständige kampf" ist zwar eine mögliche wahrnehmungsposition - aber eine, die erst aufgrund ständiger gewaltpräsenz in so ziemlich allen sozialen bezügen mitsamt ihren potenziell traumatischen folgen zur dominanten position werden kann (um in der folge, sozusagen in weiterführung ihrer gewalttätigen entstehungsgeschichte, sich dann auch prompt als anthropologische konstante - "menschliche natur"- auszugeben und versucht, sich mittels dieser behauptung durchzusetzen. an diese defekte, weil traumainduzierte, wahrnehmung und die daraus entstehende realität als einzig mögliche zu glauben, ist letztlich jedoch (selbst-)mörderisch.)
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ps: zur zeit sind hier und auch woanders ein paar diskussionen offen - archenoe, wildwuchs und netbitch, ich werde versuchen, das so nach und nach abzuarbeiten.
monoma - 4. Dez, 17:26
orange alert......
ich erlebe jeden tag jugendliche, wohlgemerkt solche, die wenn sie eine kaufmännische lehre mit erfolg absolvieren, sich schon zu den glücklicheren zählen. viele haben keinen hauptschulabschluss oder extreme schwierigkeiten in der schule, versuchen über eqj-massnahmen den einstieg in ein von papa und mama unabhängiges eigenes und gesellschaftlich angeseheneres leben zu schaffen. manche haben glück und finden einen ausbildungsplatz, andere zermürbt ein praktikum nach dem anderen. gar mancher bleibt auf der strecke - und hartzIV mit 20 ist wirklich keine perspektive, ist ja schon für 'ausgereifte erwachsene' ein kaum zu bewältigender alptraum. klar, für jemanden in afrika, wäre selbst hartzIV ein traumhaftes leben - aber wir orientieren uns als menschen an bedingungen, die uns direkt umgeben.
aber hier ist arbeit nun mal der einzig wirklich stabilisierende faktor: erst, wer arbeit hat, gehört wirklich dazu. alles andere greift nicht (mit verlaub gesagt, ich finde das, bei einer arbeitslosenrate von 4.mio. verantwortungslos!) als freizeitbeschäftigungen sind computerspielen, saufen, kiffen, in discos abhängen, vereinzelt sport (in irgendeinem verein ist allerdings kein einziger), das basteln an autos, motorrädern, mofas und fahrrädern und das abhängen an der tanke und auf der strasse aktuell. das rauchen mit elf und zwölf jahren ist keine seltenheit.
sind diese jugendlichen, wenn man sich dem einzelnen zuwendet, falls er mal alleine auftaucht, eher scheu, schüchtern und verschlossen, manchmal geradezu abweisend, kann man sich mit anderen manchmal ganz 'gut' auch über persönlicheres unterhalten. wenn sie alleine sind, öffnen sie sich nach 'ner weile jedenfalls eher als wenn sie in der gruppe sind. dann erzählt der einzelne schon auch mal, wie 'die welt' aus seinem blickwinkel heraus aussieht, was er wahrnimmt, was ihn wirklich beschäftigt und wiederholen sich solche gespräche, auch schon mal, was nicht so gut läuft. kaum gesellt sich ein anderer männlicher jugendlicher dazu, verändert sich die situation extrem (zu weiblichen jugendlichen gibt es ein 'anderes' verhältnis. da aber weibliche jugendliche in dieser jungmännerdominierten clique unterrepräsentiert sind, gehe ich darauf jetzt nicht besonders ein. übrigens stelle ich immer wieder im vergleich zu meinem kollegen fest, dass ich einen anderen blickwinkel auf dieses verhältnis habe und mach das daran fest, dass er halt 'mann' und männlich geprägt und ich als frau weiblich geprägt bin).
es ist, als würde man eine eintrittskarte aus einem 'coolness-automaten' ziehen: permanent blöde anmachen untereinander, übergrifflichkeiten, foppereien, sexistische sprüche, auf den boden spucken .... ein gehabe von sich messen und konkurrenz 'wer ist der lauteste, der grösste und schönste', der schwächere wird traktiert, es wird sich gegenseitig ausgetrickst und sich reingeritten. statt sich gegenseitig positiv zu stützen, stabilisieren sie in der gruppe gegenseitig ihre abgründe. übergriffe auf 'nicht konforme', aussenseiter, mädchen, die nicht 'verwertbar', zur gruppe oder einzelnen auf distanz gehen oder schon ein- oder mehrmals 'verwertet' worden sind, bekommen kein bein auf den boden. wer sich der 'herrschaft der gruppe' nicht fügt, wird von ihr getriezt und geächtet und bleibt damit weg. das gilt für mädchen, ebenso jüngere und schwächere.
was zählt ist die macht des körperlich stärkeren. der stärkere geniesst ansehen. z.b. hat mein kollege eindeutig mehr autorität als ich. was weiterhin zählt ist ein motorisiertes gefährt: autos mit viel ps stehen in der rangordnung ganz oben - mofas sind das mindeste, aber nur bis zu einem bestimmten alter zulässig, fahrräder sind das letzte und zu fuss gehen nur idioten. klamotten sind wichtig! das ist zwar nichts neues, aber immer noch bitter für denjenigen, der sich nicht mal locker ne in-jacke für 160 euro kaufen kann.... . hab ich mich vor jahren noch darüber erschreckt, in welchem 'zustand' kinder heutzutage sind, versuche ich jetzt, diesen jugendlichen jungmännern standzuhalten. .....
mein fazit:
es WÄRE aller- allerhöchste zeit. unsere gesellschaft, unsere kinder und jugendlichen bräuchten orientierungsmuster, die nicht nur auf dem faktor erwerbsarbeit aufbauen. DER MENSCH WIRD NICHT NUR ODER ERST DURCH ERWERBSARBEIT ZUM MENSCHEN (für die 'ZURICHTUNG' zur und durch arbeit in unserer globalisierten welt gibt es nur ein wort: LEBENSZERSTÖREND, MENSCHEN- und ÖKOLOGIEFEINDLICH!!!!!).
FREIZEITPÄDAGOGIK oder wie man die vermittlung, stärkung und schaffung 'lebenserhaltender und lebensliebender verhaltensmuster' auch immer nennen will (dazu zähle ich soziales lernen, verbraucheraufklärung und konsumerziehung, ökologisches lernen, gesundheitsbewusstsein, hand-arbeit/ werken, ernährung und kochen, kunst, musik, sport und medienerziehung....) müsste viel stärker schon in der schule und natürlich auch im freizeitbereich verankert werden. kinder- und jugendliche brauchen für ihre entwicklung auch im freizeitbereich, über die familie hinaus, eine kontinuierliche auseinandersetzung mit erwachsenen bezugspersonen und gleichaltrige, mit denen sie sich treffen, austauschen und gemeinsamen aktivitäten nachgehen können. dazu bedürfte es allerdings der strukturveränderung. mit frontalunterricht und mit klassenstärken von 30 schülern und schülerinnen lassen sich solche inhalte nicht vermitteln. auch dürfte nicht nur vorrangig das leistungsprinzip und die vermittlung von für die vorbereitung für arbeit vermittelten schlüsselqualifikationen an oberster stelle stehen sondern vielleicht sollten auch mal solche faktoren 'ne rolle spielen, was der einzelne will, wozu er lust hat, was ihm liegt und was ihm oder ihr spass macht. die förderung einer positiven gruppenfähigkeit müsste bereits im kindergarten geschehen.
statt zu jammern, dass es immer weniger kinder gibt, könnten wir ja mal anfangen, die kinder, die bereits auf der welt sind bestmöglichst fördern und die chance nutzen kindergartengruppen auch mit 12 kindern sinnvoll zu finden: 25 kinder in einer gruppe sind eh der horror! wo bleibt da raum und zeit für das einzelwesen mit seiner ganzen individualität.
usw. usw. usw. mir würde noch vieles einfallen.
fakt ist, kinder sind lernfähiger als jugendliche und bei erwachsenen, die oft einfach nur noch funktionierende 'maschinen' mit betonköpfen und 'betonherzen' sind, ist eh alles zu spät.
leider sehe ich, bei aller dringlichkeit und auch wenn ich mich weiterhin leidenschaftlich dafür einsetzen werde, wenig chancen für eine 'gesamtgesellschaftliche' veränderung in eine oben beschriebene richtung. was ich für machbar und dringend notwendig halte, sind kleine veränderungen dort, wo erwachsene mit verstand, gefühl und einsicht in ihren unmittelbaren lebens- und arbeitszusammenhängen zusammenwirken, sich gegenseitig ermuntern, stärken und verantwortungstragende in politik und anderen öffentlichen bereichen fordern. realistischerweise dürfte sich die zahl derjenigen auf ca. 5 - maximalst 15 prozent erstrecken........
und auch, wenn mir beim genauen hingucken, wie vorhin beim lesen des artikels - trotz wissen harte kost auf leeren magen, der appetit erstmal vergeht, möchte ich mich trotzdem für deinen beitrag bedanken.
mit solidarischen grüssen
wildwuchs
Das Fremde, das Ding, die Ware
Selbstverständlich wird "der Mensch" nicht erst durch (Lohn-)Erwerbsarbeit zum Menschen. Im Gegenteil, in ihr wird er sich selbst fremd, zum Ding, ist Ware. Schule bereitet ihn auf diesen psychischen Tod vor. Wir wissen gar nicht, was ein Mensch ist bzw. sein kann, wir kennen ihn mit wenigen Ausnahmen nur als Ding, als Ware. Die Volkswirtschaftslehre benennt uns so: Wirtschaftssubjekt, Humankapital, Nichtbank. Wir sind nur Subjekt in der Wirtschaft, also Objekt, nur Mensch als verwertbares Kapital, also Nichtmensch. Wir werden von Banken erkannt als nicht ihresgleichen.
Der Widerspruch, in dem Jugendliche heute leben, ist der: Sie sollen sich zum verwertbaren Objekt mit Hilfe der Institution Schule selbst modellieren, ohne zu wissen, ob diese Selbstmodellierung auch tatsächlich zur Verwertbarkeit führt, weil die erfolgreiche Verwertung als Ding/Ware nur zu einem Teil vom erreichten "persönlichen" Gebrauchswert abhängt. Sind keine Tauschwerte mit diesen Gebrauchswerten zu erzielen, werden sie nicht verwertet. Dieser Verwertungsmangel heißt Arbeitslosigkeit. Die Alternative ist also höllenhaft. Entweder gelingt es, zum verwertbaren Ding, zur anwendbaren Ware zu werden oder es gelingt nicht einmal das. Entweder ist man Ding und Ware oder man ist nichts. Das Nichts ist schlimmer als die Verdinglichung.
Dagegen die Freizeitpädagogik?
Sag' selbst!?
Grüße, herzliche
archenoe
zur wahrnehmung des 'eigenseins' gehört es, m.e. weder gebildet zu sein, noch arbeit zu haben. denn, solange ein mensch lebt, ist er niemals 'nichts'. der mensch ist 'an sich'. wird dieses 'an sich-sein' irgendjemandem immer und immer wieder abgesprochen, findet er keinen 'zuspruch' von aussen mehr, tötet man ihn - und dieser tod hat viele facetten.
allerdings braucht es, um sich selbst dauerhaft als mensch innerhalb des gesellschaftlichen seins wahrzunehmen, wissen, bildung und anerkennung.
mein plädoyer und persönliches engagement geht dahin, kindern und jugendlichen brücken für andere orientierungsmuster zu bauen, denn warum sollten sie sich einem 'gesellschaftlich bestehenden zwang' unterwerfen, wenn sie sich den zuspruch auch über andere fähigkeiten holen können. zwischen dem ding und der ware und dem nichts lebt ein mensch, dem du mit deiner analyse, so richtig sie theoretisch sein mag, per se praktisch schon den totenschein ausstellst. und ich hab nicht geschrieben, dass freizeitpädagogik das einzig allein seligmachende wäre.
ich schrieb:was ich für machbar und dringend notwendig halte, sind kleine veränderungen dort, wo erwachsene mit verstand, gefühl und einsicht in ihren unmittelbaren lebens- und arbeitszusammenhängen zusammenwirken, sich gegenseitig ermuntern, stärken und verantwortungstragende in politik und anderen öffentlichen bereichen fordern.
das impliziert für mich die 'möglichkeit' und damit die hoffnung, dass sich einzelne personen in ganz unterschiedlichen bereichen, dafür einsetzen, dass menschen nicht 'absterben', bzw. in der entfaltung ihrer 'lebendigkeit' unterstützt werden. und da ich persönlich meine brötchen in der ausserschulischen jugendarbeit verdiene, habe ich aus dieser perspektive heraus die freizeitpädagogik als einen möglichen bereich benannt. dort kann zumindest auch die hohe wertigkeit, die dem 'faktor arbeit' als 'fremdbestimmte tätigkeit' als gesellschaftsbestimmendes moment verliehen wird, durch aufwertung 'eigenbestimmter tätigkeiten' in frage gestellt, kontrastiert oder ergänzt werden.
wir leben in einer arbeitsgesellschaft und das wird sich auch nicht so schnell ändern, auch wenn dieser gesellschaft zunehmend 'die arbeit ausgeht, v.a.d. die arbeit, mit der profit' gemacht werden kann - im dienstleistungsbereich gäbe es genug zu tun (hab letztens erst wieder eine reportage zum pflegenotstand in alten- und pflegeheimen gesehen. und dieser pflegenotstand existiert nicht deshalb, weil die arbeit niemand machen will, sondern weil die träger entweder profitgeil sind oder sich strukturveränderungen verweigern).
PAULO FREIRE definiert unterdrückerische verhältnisse als antidialogisch, domestizierend und gewalttätig. die angewandte gewalt der unterdrücker muss nicht nur physischer natur sein. die formen der gewalt durch manipulation und mythologisierung sind weitaus diffiziler, da sie den menschen domestizieren. so internalisieren die unterdrückten nach gewisser zeit die meinung, die die unterdrücker von ihnen haben. Freire: “Sie hören so oft, daß sie zu nichts nutze sind, nichts wissen und unfähig sind, etwas zu lernen - daß sie krank sind, faul und unproduktiv -, so daß sie schließlich von ihrer eigenen Unfähigkeit überzeugt werden.” man redet ihnen ein, dass die wirklichkeit statisch und voraussagbar wäre, um sie passiv und in dem glauben zu halten, dass sie die welt nicht verändern können. Freire: “Unter dem Einfluß von Magie und Mythos sehen die Unterdrückten (...) ihr Leiden - Folge der Ausbeutung - als Willen Gottes - als ob Gott der Schöpfer dieser 'organisierten Unordnung' wäre.” aber gott ist tot und von menschen organisierte unordnung ist veränderbar!
wodurch hältst du veränderungen für möglich?
wie und wo wirkst du mit deinem verstand, deinem gefühl und deiner einsicht in deinen unmittelbaren lebens- und arbeitszusammenhängen an veränderungen mit?
liebe grüsse zurück