einstieg, querbeet am roten faden
Dr. Smith schenkte Mr. Patson ein dünnes Lächeln. "Sie meinen die Idee eines Prinzips des Bösen, das es darauf abgesehen hat, die Menschheit zu ruinieren?"
"Ja", erwiderte Mr. Patson. "Firbright sagte, das die Vorstellung eines scharlachroten oder schwarzen Schwefelteufels, der damit beschäftigt ist, die Leute in Versuchung zu führen, natürlich völlig falsch sei, obwohl sie früher einmal, vielleicht im Mittelalter, richtig gewesen sein mag. Damals waren die Teufel ganz und gar Feuer und Energie. Firbright zitierte den Dichter Blake - ich habe ihn inzwischen gelesen -, um zu zeigen, daß dies keine wirklichen Teufel und ihre Hölle nicht die wirkliche Hölle war. Blake wies, nach Firbrights Meinung, tatsächlich als erster darauf hin, daß wir das Prinzip des Bösen nicht verstünden, aber zu seiner Zeit war es noch kaum in Erscheinung getreten. Erst in den letzten Jahren, sagte Firbright, habe diese schreckliche Macht richtig auf uns einzuwirken begonnen."
"Auf uns einzuwirken?" Dr. Smith hob seine Augenbrauen. "Indem sie was tut?"
"Das Hauptziel, wie ich Firbrights Worten entnommen habe", antwortete Mr. Patson ernst, "besteht darin, die Menschheit den Weg der sozialen Insekten gehen zu lassen, uns in Automatenwesen, Massenkreaturen ohne Individualität, seelenlose Maschinen aus Fleisch und Blut zu verwandeln."
Der Doktor schien amüsiert. "Und warum sollte das Prinzip des Bösen das tun wollen?"
"Um die Seele der Menschheit zu zerstören", sagte Mr. Patson, ohne das Lächeln zu erwidern. "Um bestimmte Geisteszustände auszumerzen, die ein wesentlicher Bestandteil des Guten sind. Um vom Angesicht dieser Erde alles Wunderbare zu tilgen: Freude, tiefes Gefühl, das Bedürfnis, schöpferisch zu sein und das Leben zu preisen. Wohlgemerkt, so hat es Firbright erklärt."
"Aber Sie glaubten ihm?"
"Ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, selbst damals nicht, daß etwas daran war. Ich habe früher nie in dieser Richtung gedacht - ich bin nur ein einfacher Geschäftsmann und neige nicht zu phantastischen Spekulationen -, aber ich hatte seit einiger Zeit das Gefühl, daß die Dinge falsch liefen und daß sie irgendwie unserer Kontrolle entglitten zu sein schienen. In der Theorie, nehme ich an, sind wir für die Art von Leben, das wir führen, verantwortlich, aber in der tatsächlichen Praxis stellen wir fest, daß wir mehr und mehr ein Leben führen, das uns nicht gefällt."
(J.B. Priestley, Die Grauen; Dtsche. Erstveröffentlichung 1992 in: Mehr Horror, Diogenes, ISBN 3 257 22489 3)
***
"Wenn es ein Phänomen wie das absolut Böse überhaupt gibt, dann besteht es darin, einen Menschen wie ein Ding zu behandeln."
(John Brunner, Der Schockwellenreiter)
***
"Wir blicken auf die Megamaschine der Moderne mit ihren explodierenden, implodierenden und zunehmend konvergierenden Mechanismen (`Globalisierung´), also auf dieses ganz und gar Gemachte, Artefaktische, wie auf ein `Natur´-Ereignis, das mit der unberechenbaren Eigendynamik einer Urgewalt über uns hereinbricht und nur noch durch bedingungslose Unterwerfung einigermaßen `beherrscht´ werden kann. Gleichzeitig verwandelt sich die ganze Welt der authentischen Person und ihrer Beziehungen in ein bewußt Gestaltbares, Machbares, Herstellbares: Wir kompensieren unsere sklavische Unterwerfung unter das Diktat der mechanistisch-toten Anonymität durch heroische Selbstgestaltungen, die in dieser Form gar nicht realisierbar sind. Auch wenn uns unsere Welt zunehmend entgleitet, und zwar in entwürdigender Weise, so versuchen wir doch alles, um wenigstens noch eine `gute Figur zu machen´.
Der spätmoderne Mensch präsentiert sich, auf allen Ebenen der Intellektualität, Weltmächtigkeit und auch im Privaten, als ziemlich lächerliche und realitätsflüchtige Figur. Die mentale Selbnstversklavung des spätmodernen Typs in Gestalt der erniedrigenden und hoffnungsfrohen Unterwerfung unter den Terror der anonymen Mechanismen und des autistischen Objektivs kann durch nichts in der Welt kompensiert werden."
(J. Erik Mertz, Borderline - Weder tot noch lebendig; S. 311; Enke, 2000, ISBN 313-125951-5)
"Ja", erwiderte Mr. Patson. "Firbright sagte, das die Vorstellung eines scharlachroten oder schwarzen Schwefelteufels, der damit beschäftigt ist, die Leute in Versuchung zu führen, natürlich völlig falsch sei, obwohl sie früher einmal, vielleicht im Mittelalter, richtig gewesen sein mag. Damals waren die Teufel ganz und gar Feuer und Energie. Firbright zitierte den Dichter Blake - ich habe ihn inzwischen gelesen -, um zu zeigen, daß dies keine wirklichen Teufel und ihre Hölle nicht die wirkliche Hölle war. Blake wies, nach Firbrights Meinung, tatsächlich als erster darauf hin, daß wir das Prinzip des Bösen nicht verstünden, aber zu seiner Zeit war es noch kaum in Erscheinung getreten. Erst in den letzten Jahren, sagte Firbright, habe diese schreckliche Macht richtig auf uns einzuwirken begonnen."
"Auf uns einzuwirken?" Dr. Smith hob seine Augenbrauen. "Indem sie was tut?"
"Das Hauptziel, wie ich Firbrights Worten entnommen habe", antwortete Mr. Patson ernst, "besteht darin, die Menschheit den Weg der sozialen Insekten gehen zu lassen, uns in Automatenwesen, Massenkreaturen ohne Individualität, seelenlose Maschinen aus Fleisch und Blut zu verwandeln."
Der Doktor schien amüsiert. "Und warum sollte das Prinzip des Bösen das tun wollen?"
"Um die Seele der Menschheit zu zerstören", sagte Mr. Patson, ohne das Lächeln zu erwidern. "Um bestimmte Geisteszustände auszumerzen, die ein wesentlicher Bestandteil des Guten sind. Um vom Angesicht dieser Erde alles Wunderbare zu tilgen: Freude, tiefes Gefühl, das Bedürfnis, schöpferisch zu sein und das Leben zu preisen. Wohlgemerkt, so hat es Firbright erklärt."
"Aber Sie glaubten ihm?"
"Ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, selbst damals nicht, daß etwas daran war. Ich habe früher nie in dieser Richtung gedacht - ich bin nur ein einfacher Geschäftsmann und neige nicht zu phantastischen Spekulationen -, aber ich hatte seit einiger Zeit das Gefühl, daß die Dinge falsch liefen und daß sie irgendwie unserer Kontrolle entglitten zu sein schienen. In der Theorie, nehme ich an, sind wir für die Art von Leben, das wir führen, verantwortlich, aber in der tatsächlichen Praxis stellen wir fest, daß wir mehr und mehr ein Leben führen, das uns nicht gefällt."
(J.B. Priestley, Die Grauen; Dtsche. Erstveröffentlichung 1992 in: Mehr Horror, Diogenes, ISBN 3 257 22489 3)
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"Wenn es ein Phänomen wie das absolut Böse überhaupt gibt, dann besteht es darin, einen Menschen wie ein Ding zu behandeln."
(John Brunner, Der Schockwellenreiter)
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"Wir blicken auf die Megamaschine der Moderne mit ihren explodierenden, implodierenden und zunehmend konvergierenden Mechanismen (`Globalisierung´), also auf dieses ganz und gar Gemachte, Artefaktische, wie auf ein `Natur´-Ereignis, das mit der unberechenbaren Eigendynamik einer Urgewalt über uns hereinbricht und nur noch durch bedingungslose Unterwerfung einigermaßen `beherrscht´ werden kann. Gleichzeitig verwandelt sich die ganze Welt der authentischen Person und ihrer Beziehungen in ein bewußt Gestaltbares, Machbares, Herstellbares: Wir kompensieren unsere sklavische Unterwerfung unter das Diktat der mechanistisch-toten Anonymität durch heroische Selbstgestaltungen, die in dieser Form gar nicht realisierbar sind. Auch wenn uns unsere Welt zunehmend entgleitet, und zwar in entwürdigender Weise, so versuchen wir doch alles, um wenigstens noch eine `gute Figur zu machen´.
Der spätmoderne Mensch präsentiert sich, auf allen Ebenen der Intellektualität, Weltmächtigkeit und auch im Privaten, als ziemlich lächerliche und realitätsflüchtige Figur. Die mentale Selbnstversklavung des spätmodernen Typs in Gestalt der erniedrigenden und hoffnungsfrohen Unterwerfung unter den Terror der anonymen Mechanismen und des autistischen Objektivs kann durch nichts in der Welt kompensiert werden."
(J. Erik Mertz, Borderline - Weder tot noch lebendig; S. 311; Enke, 2000, ISBN 313-125951-5)
monoma - 4. Aug, 15:27
Und nochwas. Ursprünglich hatt' ich mal ne Extra-Website (www.borderlinewelt.de) zu dem Thema dieses Blogs machen wollen: Borderline & Politik. Mein Buch ist u.a. auch eine Borderline-Fallstudie.
nein, ich war´s nicht...
mehr zum mertz in den kommenden tagen. und ich hoffe, ich darf deine borderline-page verlinken ?
gruß
mo
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