notiz: schwarz-geld im kampf gegen "extremismus"

stück für stück wird in diesen tagen immer mehr von dem sichtbar, was demnächst in "gesetze" gegossen hierzulande als richtlinien für das gesellschaftliche leben seitens der von einer minderheit gewählten neuen regierung in ihrem sinne (und also im sinne der realen machthaber) gelten soll. auf dem gebiet der "inneren sicherheit" werden nun erstmals konkrete maßnahmen mit perspektive bekannt:

(...) "Union und FDP wollen künftig die Programme gegen rechts auch zur Bekämpfung von Linksextremismus und Islamismus nutzen. Das geht aus dem Entwurf des Koalitionsvertrags hervor, der der taz vorliegt.

Darin heißt es, dass "die Aufgabenfelder des Fonds für Opfer rechtsextremistischer Gewalt sowie des Bündnisses für Demokratie und Toleranz auf jede Form extremistischer Gewalt ausgeweitet werden". Die vom Bund geförderten Programme gegen Rechtsextremismus sollen zudem in Zukunft als "Extremismusbekämpfungsprogramme unter Berücksichtigung der Bekämpfung linksextremistischer und islamistischer Bestrebungen" fortgeführt werden. Aus dem Entwurfstext für den Bereich Justiz und Inneres geht hervor, dass Rechtsextremismus nicht mehr explizit genannt wird, sondern mit Extremismen jeder Art gleichgestellt wird." (...)


in einem
kommentar dazu, der aufgrund seiner deutlichen benennung der lage ausführliche zitierung verdient, wird dazu bemerkt:

"Erst kürzlich erhöhte die alte Bundesregierung die Zahl der Todesopfer rechter Gewalt seit 1990 offiziell um 5 auf 46. Nichtstaatliche Beobachter gehen von mehr als 130 Menschen aus, die in diesem Zeitraum von selbst ernannten Herrenmenschen verbrannt, erstochen oder zu Tode getreten wurden.

Jährlich verletzen rechte Schläger rund 1.000 Personen. Der Terror richtet sich zumeist gegen Schwächere ohne Lobby: Obdachlose, Punks, Schwarze oder andere Minderheiten. Werden Politiker oder Polizisten angegriffen, gibt es bisweilen größeres Aufsehen. Ansonsten gehören Hassverbrechen zur Normalität der Berliner Republik.

Seltsam: Denn in den vergangenen Monaten haben Ermittler ganze Waffendepots bei Neonazis ausgehoben, bei einem Funktionär der NPD-Jugendorganisation fanden sie Chemikalien, die denen der Sauerlandgruppe ähnlich sein sollen. Und in Berlin marschierten fast 1.000 Neonazis unter der Parole "Vom Widerstand zum nationalen Angriff" durch die Stadt, verlasen Namen und Adressen von Linken, skandierten dazu: "Wir kriegen euch alle!" Die Polizei schaute zu. Die NPD setzt derweil ihren systematischen Aufbau fort: Über mehr als 300 Kommunalmandate verfügt sie mittlerweile, in Teilen Ostdeutschlands wird sie als normale Partei wahrgenommen.

Dies ist auch ein Ergebnis der Gleichsetzung von links und rechts. In Sachsen werden die Konsequenzen daraus besonders deutlich: Erstmals gelang es einer offen neonazistischen Partei, in einen Landtag einzuziehen und fünf Jahre später diesen Erfolg zu wiederholen. Die Öffentlichkeit debattiert unterdessen, wie viel Substanz in den rassistischen Aussagen von Bundesbanker Sarrazin steckt; Unionspolitiker bedienen sich dumpfesten Populismus, indem sie das Thema "integrationsunwillige Ausländer" verantwortungslos überzeichnen.

Und nun soll das Treiben der Neonazis, geht es nach den Plänen der schwarz-gelben Koalition, offiziell erleichtert werden. Die Ausweitung der Aufgaben des Fonds für Opfer rechtsextremer Gewalt bedeutet, die Toten und Verletzten zu ignorieren." (...)


als "maßnahmen mit perspektive" bezeichne ich das deshalb, weil sich die sicht- und unsichtbaren "eliten" in diesem fall gleich mehrfach weitblickend instrumentell intelligent zeigen:
  • erstens lassen sich die organisierten faschisten auch als stille reservearmee für unruhigere zeiten begreifen, die alle möglichen oppositionellen kräfte binden und mittels (strassen-)terror wirkungsvoll einschüchtern kann. die verquickungen seitens des staatsapparates (über v-leute) mit dieser szene sind hinreichend belegt; ebenso der fehlende "verfolgungsdruck" - der einem repressionsapparat des bundesdeutschen kalibers bei einem echten willen ohne weiteres möglich wäre. und der bewegungsraum für diese gruppen wird durch die skizzierten veränderungen definitiv erweitert werden.
  • zweitens werden damit, ganz im sinne der "bürgerlichen" totalitarismustheorie, die mörderischen besonderheiten gerade des deutschen historischen und aktuellen faschismus relativiert, was ebenfalls vor dem hintergrund der krise manöver des teile-und-herrsche einfacher werden lässt, weil sich die elitären schichten eben nur aus jenem fundus bedienen können, der dafür real geeignet ist (rassismus etc.), in diesem land jedoch - mit abnehmender tendenz - aufgrund der historie nicht als opportun angesehen wird.
  • drittens werden, anschließend an die benannte relativierung, dadurch auch die reaktionären und/oder faschismusaffinen teile der bevölkerung ermuntert, sich entsprechend zu äussern und zu verhalten, was zu weiteren inneren spannungen führen kann, auf die sich dann der "unparteiliche staat" als wächter von ruhe und ordnung" bei weiteren verschärfungen der repressionsspirale berufen kann.
  • und viertens bestimmt bekanntlich im zweifelsfall der staatsapparat selbst, was als "linksextremistisch" zu gelten hat - und das könnten dann zukünftig bspw. eben auch gewerkschafterInnen sein, die zu politischen streiks aufrufen, demonstrierende schülerInnen oder auch eine sozialdemokratische partei wie "die linke", die sich mittels solcher bennenungen noch mehr unter druck setzen lässt, um sie auf den "rechten weg" zu bringen.
all das ist weder neu noch überraschend, aber die stumpfsinnigkeit, mit der das projekt "systemerhalt um jeden preis" durchgezogen wird (und die eben auch an solchen punkten sichtbar wird), ist dann doch erschütternd.

ganz passend dazu die (wahrscheinliche)
neue charaktermaske an der spitze des innenministeriums:

"Der bisherige Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) wird neuer Bundesinnenminister,..."

was hatte ich noch
im juli geschrieben?

"ich würde sagen, er bringt wirklich alle qualifikationen für einen schäublenachfolger mit..."

yo. und von so jemandem darf auch ein strammer kampf gegen den "extremismus" erwartet werden, müssen solche leute doch immer auch ihre eigenen extremistisch-antisozialen tendenzen im aussen projizieren und ausagieren.
che2001 - 23. Okt, 15:34

Danke für diesen wertvollen und interessante3n Beitrag, alles sehr gut auf den Punkt!

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