Dienstag, 3. Februar 2009

notiz: krisennews und -gedanken (21)

kognitive dissonanz - ja, der begriff trifft es wohl am besten, wenn ich meine derzeitige innere verfassung auf den punkt bringen sollte. das stündlich absurder werdende mißverhältnis zwischen dem scheinbar normalen alltagsleben einerseits und den bereits persönlich wahrnehmbaren krisenfolgen sowie vor allem den immer weiter eskalierenden medial vermittelten entwicklungen andererseits führt zu einem eigenartigen gemisch aus lähmung und aktionsdrang, die sich beide bisher weitgehend neutralisieren. so bleibt mir für den moment nur zu sagen: here are the crazy news.
  • usa: kalifornien in dieser woche vor dem bankrott?
  • usa: kongreßabgeordnete fordert zwangsgeräumte faktisch zur hausbesetzung auf
  • großbritannien: wilde streiks unter dem motto "britische arbeitsplätze für britische arbeiter"
  • deutschland: sächsische "tafel" sieht "wachsenden hass gegen erwerbslose"
  • rußland: neue straßenproteste
  • china: weitere verschärfung der wirtschaftskrise - regierung verpflichtet militär öffentlich zur loyalität
*

die katastrophale finanzielle lage von kalifornien und ahlreichen weiteren us-bundesstaaten ist schon länger bekannt, und so ist es denn doch zumindest für mich etwas überraschend zu erfahren, dass die dortige bundesregierung offenbar zuschauen will oder muss (?), bis einzelne staaten unmittelbar vor dem
sturz in den bankrott stehen, bevor auch hier eine art rettungsschirm aus washington kommt:

(...)"Gut fünf Jahre später droht nun die ganz große Kiste in die Luft zu gehen: der Staat Kalifornien selbst. Die achtgrößte Volkswirtschaft steht vor der Pleite. Seit dem Wochenende hat sie aufgehört, ihre Rechnungen zu bezahlen, die Behörden halten für 30 Tage Steuererstattungen an Unternehmen und Bürger zurück. Zuvor wurden schon 2000 Bauvorhaben an Straßen, Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen gestoppt."(...)

und ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass dieser bankrott nicht mit allen möglichen mitteln vorläufig verhindert werden soll, weil ich die öffentliche und massenpsychologische wirkung nicht nur in den usa auf ein solches ereignis ähnlich einschätze wie der zitierte ökonom am ende des nächsten zitates - es wäre tatsächlich eine art fanal:

(...)""Dies ist die Woche, in der entweder etwas passiert - oder Kalifornien über die Klippe fällt", warnt Dan Walters, Kolumnist der Hauptstadtzeitung "Sacramento Bee". Mit markigen Worten hat auch Schwarzenegger seit Wochen Abgeordnete und Landsleute beschworen: "Kalifornien befindet sich im Notstand", ein "finanzielles Armageddon" drohe.

Der Gouverneur übertreibt nicht. "Das wäre der größte Kollaps eines Staates seit dem Zweiten Weltkrieg", sagt Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff. "Es wäre ein episches Ereignis, das die Märkte schockieren und die Rezession auf ein neues Level heben würde."(...)


selbst wenn man us-spezifisches parteipolitisches gezänk und die üblichen elitären machtkämpfe hinter den kulissen berücksichtigt und deshalb dazu neigen sollte zu sagen, dass hier womöglich aus verschiedenen interessen heraus die lage dramatisiert wird - ich fürchte, dass es für die dortige bevölkerung und speziell diejenigen, die eh schon die arschkarte haben, bereits dramatisch genug ist:

(...)Der "Golden State" hat über 40 Mrd. $ weniger in der Kasse, als bis Juni 2010 nötig sind. Seit Wochen gibt es Marathondebatten und Sondersitzungen, doch bislang konnte man sich nur auf Kürzungen in Höhe von 6 Mrd. $ einigen. Die Regierung muss handeln, überall, gnadenlos: Sie setzt Zahlungen an Lieferanten und Dienstleister aus, kürzt bei Universitäten und Schulen, kappt Zuschüsse an Alte, Blinde und Invaliden. Staatsangestellte bekommen Gehaltskürzungen und zwei Tage pro Monat Zwangsurlaub."(...)

und so wie geschildert sieht ein staatsbankrott nicht nur in kalifornien aus. in der realität produziert das weiteres elend und am ende auch irgendwann tote.

(...)"Längst hat sich die Krise durch das Land gefressen. Ein prominentes Beispiel: die Stadt Vallejo, 40 Meilen von San Francisco entfernt, 120.000 Einwohner. Sie hat bereits im Mai 2008 Insolvenz angemeldet.

Osby Davis, das Stadtoberhaupt, ist ein Mann mit zynischen Visionen geworden. "2015", sagt er, "soll alles wieder gut sein." Dann werde es wieder eine lebendige und sichere Innenstadt geben, dann werden erfolgreiche Unternehmen hier sein und Menschen seine Stadt besuchten, statt nur schnell durchzufahren. Davis hält inne, dann fügt er leise hinzu: "Die Leute sagen, dass ich so reden muss, weil ich hier der Bürgermeister bin." Der 63-Jährige sieht aus wie ein gealterter Barack Obama. Aber Überzeugungskraft und Entschlossenheit sind ihm völlig abhandengekommen. "Wir hatten in einem Jahr 4000 Zwangsversteigerungen."(...)


*

das letzte stichwort leitet auch gleich über zum nächsten thema: als antwort auf die steigende obdachlosigkeit in folge der zwangsversteigerungen und -räumungen ist jetzt einer us-kongreßabgeordneten, marcy kaptur aus ohio, der kragen geplatzt - und sie fordert die betroffenen zu einer
lösung auf, die tatsächlich die vernünftigste darstellt - wenn auch keinesfalls im kapitalismus und seinen heiliggesprochenen eigentumsverhältnissen gern gesehen:

(...)"If you're poor and the bank is coming for your home, Congresswoman Marcy Kaptur has a plan for you.

Just squat, she says.

Yes, this Ohio Democrat is actually encouraging her financially distressed constituents whose homes have been foreclosed upon, to simply stay put.(...)

"So I say to the American people, you be squatters in your own homes," said Congresswoman Kaptur before the House of Representatives. "Don't you leave."

She's called on all of her foreclosed-upon constituents to stay in their homes and refuse to leave without "an attorney and a fight," said CNN."(...)


der erwähnte bericht ist im folgenden video zu sehen:



es wird sehr spannend sein zu verfolgen, wie und ob sich eine solche aufforderung einer staatlichen repräsentantin, sich bewußt gegen den willen der banken und auch gegen die gesetze zur durchsetzung dieses willens zu stellen, weiter in den usa auswirken wird. ich könnte mir durchaus vorstellen, dass bei der inzwischen breit gekippten stimmung gegen die bankster und speziell unter obama solche aktionen zumindest zeitweise geduldet werden, alleine schon deshalb, um den aus regierungssicht vielfältigen gefahrenherd der massenhaften obdachlosigkeit - siehe auch die
krisennews spezial zu den usa - nicht weiter wachsen zu lassen.

*

die usa stehen ja nun, und damit zu einer wesentlich unerfreulicheren variante von möglichen reaktionen auf die krise, seit ein paar tagen in der öffentlichen diskussion unter dem verdacht der reanimierung des protektionismus - und "buy american" ist dabei eine aufforderung, die sich inhaltlich noch vielfältig steigern lässt, wie gerade in großbritannien zu beobachten ist - erstmals in dieser krise kommt es zu
wilden streiks, aber mit forderungen, die mehr als problematisch sind:

(...)"Mehr als 3.000 Arbeiter streiken seit dem Wochenende in elf britischen Ölraffinerien und Kraftwerken in ganz Großbritannien. Sie protestieren dagegen, dass für den Bau einer Entschwefelungsanlage in North Killingholme in der englischen Grafschaft Lincolnshire keine britischen Arbeiter eingestellt werden. Um das 200 Millionen Pfund teure Bauprojekt des französischen Total-Konzerns hatten sich fünf britische und zwei ausländische Firmen beworben. Den Zuschlag erhielt die italienische Firma Irem, und diese will die 400 Jobs an Arbeiter aus Italien und Portugal vergeben, weil sie billiger sind.

Die Proteste in North Killingham begannen bereits am Mittwoch. Der Betriebsratsvorsitzende Kenny Ward sagte den streikenden Arbeitern, sie müssen "gegen raffgierige Arbeitgeber" zusammenstehen. "Ich bin ein Opfer, ihr seid Opfer, Tausende in unserem Land sind Opfer dieser Diskriminierung, diesem Betrug am britischen Arbeiter."

Am Freitag kam es zu spontanen Solidaritätsstreiks in Nordirland, Wales und Schottland. Am Montag entscheiden die Arbeiter der Atomanlage Sellafield, ob sie sich ebenfalls beteiligen.

Die Streikenden haben sich ihren Kampfslogan vom britischen Premierminister Gordon Brown ausgeliehen. Der hatte auf seiner ersten Parteitagsrede nach seinem Amtsantritt 2007 die Parole ausgegeben: "Britische Jobs für britische Arbeiter."(...)


oder anders: er hat den nationalistischen tiger geritten, und sein "bedauern" darüber nehme ich ihm und generell leuten seines kalibers keineswegs ab - die wissen, was sie mit solchen parolen anrichten! und auch die gewerkschaften betreten sehr dünnes eis, wenn sie sich auf solche forderungen beziehen:

(...)" Gewerkschaftssprecher Bobby Buirds sagte: "Wir argumentieren nicht gegen ausländische Arbeiter, sondern gegen ausländische Firmen, die britische Arbeiter diskriminieren. Das ist ein Kampf um Arbeit. Es ist ein Kampf für das Recht auf Arbeit in unserem eigenen Land. Das ist nicht rassistisch."

Doch die Auseinandersetzungen nehmen immer mehr ausländerfeindliche Züge an. Die rechtsextreme British National Party (BNP) hat eine Delegation nach North Killingholme entsandt, um unter den Streikenden für Unterstützung zu werben. Die BNP hofft angesichts der Rezession, von der Großbritannien stärker als andere Industrienationen betroffen ist, auf einen Durchbruch bei der Europawahl im Sommer. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 2 Millionen, die Wirtschaft wird in diesem Jahr um 2,8 Prozent schrumpfen, fast jeder zweite britische Arbeiter bangt um seinen Job."(...)


auch in sellafield wird mittlerweile gestreikt, und von den erwähnten vertragsarbeitern ist
folgendes zu vernehmen:

(...)"Laut einem Vertreter der Baufirma IREM herrscht unter den portugiesischen und italienischen Bauarbeitern "ein Klima der Angst". Einige seien bereits wieder abgereist. Eine Zeitung zitiert einen der Vertragsarbeiter mit dem Satz: "Immer wenn wir in die Stadt müssen, ist es ein richtiges Spießrutenlaufen."(...)

solche "krisenlösungen" wären dabei ganz im sinne des elitären "teile-und-herrsche"-spiels, und die mobilisierung nationalistischer und rassistischer affekte wäre gleichfalls eine nötige grundlage für die ganz große "lösung", die den "eliten" immer als letzte option bleibt - krieg.

(...)"Bisher kam es an 15 verschiedenen Orten zu Protestaktionen, an denen sich mehrere tausend Menschen beteiligten. Auf kopierten Blättern fordern einige von ihnen, dass einheimische Arbeiter bevorzugt behandelt werden sollten. Manche schwenken die englische Nationalfahne. "Nehmt zuerst Briten!" ist eine verbreitete Parole, noch häufigster aber ein Zitat von Gordon Brown: "Britische Arbeitsplätze für britische Arbeiter!"(...)

das die reste der organisierten britischen linken durch diese entwicklung in arge verwirrung gestürzt werden, ist zwar nachvollziehbar, aber keinesfalls hilfreich:

(...)"Dieser diffuse Charakter der Bewegung sorgt in der britischen Linken für völlige Verwirrung. Während einige ankündigen, die Streiks zu unterstützen, verurteilen sie andere als rassistisch. Die Initiative Campaign against Immigration Controls (CAIC) fordert von der Gewerkschaft Unite sogar, die Streiks zu beenden."(...)

welch ein unterschied zu frankreich, wo während des generalstreiks letzte woche nicht nur die gewerkschaften sich auch der forderungen der erwerbslosen annahmen, sondern auch die "legalen" und "illegalen" migranten mit ihren forderungen teil der massenproteste waren - trotz aller auch in frankreich vorhandenen rassistischen ressentiments. aber für großbritannien hatte ich eine solche entwicklung ja befürchtet - wieder ein fall, wo ich es hasse, recht zu bekommen.

*

und
das hatte ich im vergangenen jahr, irgendwann zu herbstbeginn und mit bezug auf die verhältnisse hierzulande, geschrieben:

"es muss also etwas mit der eigenen motivation, den verbreiteten inneren strukturen und auch mit der eigenen wahrnehmung zu tun haben, wenn hier bisher weiter "alltag" gespielt wird. ein wichtiger punkt ist dabei sicherlich die schon neulich aufgegriffene soziale trance, zu der die propagierung von "privatheit" (in der form als synonym von vereinzelung) sicher viel beiträgt. will sagen: uns fällt jetzt die allgemeine schädigung der beziehungsfähigkeiten (und damit auch schädigung der fähigkeiten zum kollektiven handeln) voll auf die füße. und als eine folge davon werden wir im zuge der weiteren eskalation der krise mit zunehmend destruktiver werdenden ängsten und aggressionen rechnen müssen"

und die werden jetzt nicht nur auf der insel, sondern auch hier immer
deutlicher:

"Arme Familien geraten nach Ansicht von Hilfsorganisationen wegen der Wirtschaftskrise zunehmend unter Druck. Mit der Krise entwickelten sich in Teilen der Gesellschaft «nicht zu übersehende Hassgefühle» gegen Hartz IV-Empfänger, sagte die Landesvorsitzende des Vereins sächsischer Tafeln, Edith Franke, am Freitag in Dresden. Dies sei eine gefährliche Entwicklung. Grund sei auch eine verzerrte Darstellung in der Öffentlichkeit.

Franke sagte, Leidtragende seien vor allem Kinder. Für sie sei es verheerend, wenn ihre Eltern pauschal als arbeitsunwillig und unfähig abgestempelt würden. Dabei wolle die weit überwiegende Zahl von Hilfeempfängern arbeiten, finde aber keinen Job."(...)


nun sind gerade die "tafeln" keinesfalls als speerspitze emanzipatorischer veränderungen anzusehen; und ebenfalls ist die aussage zu allgemein gehalten. trotzdem würde ich das sehr ernstnehmen, denn ich denke schon, dass hier erstens aus eigenen erfahrungen heraus berichtet wird, und zweitens sind die benannten hassgefühle - die bekanntlich unter tätiger und aktiver mitwirkung dieser und der letzten regierung mitproduziert wurden und werden - keinesfalls etwas neues, können aber in der krise massenhaft trigger zur aktivierung und verbreitung finden. und das ist brandgefährlich und macht es nötig, den bereits existierenden nazistrukturen so entschieden entgegenzutreten, dass sie weder zeit noch raum dazu finden, um diesen hass in ihrem sinne zu kanalisieren.

*

auch in russland haben faschisten diverser coleur seit längerem zulauf, aber nicht nur deshalb betrachte ich das land als einen weiteren problemfall in dem sinne, dass es im zuge der kriseneskalation auch dort zu diversen blutigen varianten von "lösungsversuchen" kommen könnte - noch sind die
proteste zwar relativ klein, aber in der vielfalt der bereits teilnehmenden gesellschaftlichen spektren ein vorgeschmack auf kommendes:

(...)"In Dutzenden russischer Städten sind am Wochenende mehrere tausend Menschen gegen die Wirtschaftspolitik des Kreml auf die Straße gegangen. Alleine im fernöstlichen Wladiwostok forderten 2.000 Menschen die Rücknahme der erhöhten Importzölle für ausländische Wagen - und gleichzeitig den Rücktritt von Präsident Medwedjew und Ministerpräsident Putin. In der Hafenstadt stammen 90 Prozent der Pkws aus Japan oder Korea. Organisiert worden war die Kundgebung von dem Club der Autoliebhaber und der Kommunistischen Partei. Gleichzeitig demonstrierten bei einer anderen Kundgebung 3.000 Wladiwostoker für die Regierung Putin.(...)

In Moskau hatten Menschenrechtler, Liberale, die "Union der sowjetischen Offiziere", Autoliebhaber, Kommunisten, die liberaldemokratische Partei von Wladimir Schirinowski, Autonome, Anarchisten, die "National-Bolschewisten" und die "Bürgerfront" des ehemaligen Schachweltmeisters Garri Kasparow in über zwanzig getrennten Veranstaltungen gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung protestiert. Gleichzeitig hatten sich auf Moskaus größter Demonstration 8.000 Teilnehmer für die Politik von Medwedjew und Putin ausgesprochen. 41 Personen wurden, so ein Pressesprecher der Miliz, festgenommen, unter ihnen auch der Chef der verbotenen "National-Bolschewistischen Partei", Eduard Limonow."(...)


spezifisch russisch - oder besser: spezifisch für das system unter putin - sind dabei die regierungsfreundlichen gegendemonstrationen, bei denen ich gerne wissen würde, welche motivationen die teilnehmerInnen dort treibt. es ist allerdings für mich auch ein völlig offene frage, was in russland bei einer verschärfung der lage passieren könnte - von einem offen autoritären staat mit militärdiktatorischen zügen bis hin zu einem auseinanderbrechen/kollabieren der gesellschaftlichen strukturen kann ich mir vieles an unerfreulichen entwicklungen vorstellen. ich wäre auch sehr an berichten von menschen interessiert, die mit der situation dort besser vertraut sind.

(...)"Für Mitte Februar sind die nächsten Aktionen der Opposition geplant. Nimmt die Unzufriedenheit mit den Folgen der Wirtschaftskrise weiter zu, könnte die Protestbewegung der Regierungskritiker bereits im Frühjahr weiter anwachsen."(...)

wie werden es erleben - dürfen oder müssen.

*

zum schluß der heutigen news noch ein blick nach
china, wo der ökonomische crash inzwischen ebenfalls in enormer rasanz dimensionen angenommen hat, dass den dortigen - fälschlicherweise als "kommunisten" bezeichneten - herrschenden offenbar nichts anderes übrigbleibt, als mit für chinesische verhältnisse erstaunlich offenen karten zu spielen:

(...)"Die Finanzkrise und der Einbruch der Exportwirtschaft in China trifft vor allem eine Schicht besonders hart: die Wanderarbeiter. Rund 20 Millionen haben bereits ihre Arbeitsplätze verloren - das seien gut 15 Prozent der insgesamt rund 130 Millionen Wanderarbeiter, erklärte Chen Xiwen, ein ranghoher Beamter für ländliche Entwicklung, in Peking.(...)

Bis Ende des Jahres sei damit zu rechnen, dass 25 Millionen Menschen auf dem Land keine Arbeit hätten, sagte Chen. Das übersteigt die Bevölkerungszahl Australiens.

Manche Analysten gehen sogar von bis zu 40 Millionen Arbeitslosen aus."(...)


und regelrecht bemerkenswert finde ich den sehr demonstrativen einsatz von "zuckerbrot" -parallel mit vielfältigen versuchen, die soziale situation der wanderarbeiter zu verbessern...

(...)"Zugleich kündigte er ein gelasseneres Vorgehen der Behörden bei Unruhen und Demonstrationen an. Zuletzt waren vor allem Fabrikarbeiter im Süden aus Wut über ihre Entlassung auf die Straßen gegangen, dabei kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei."(...)

...
und drohender peitsche:

(...)"Wie tief die Angst geht, zeigt auch, dass die Regierung bereits die Armee zum unbedingten Gehorsam gegenüber der Partei verpflichtet hat und dies auch in den staatlichen Medien berichtet wurde. Zwar wird erklärt, dass die Polizei nicht gleich eingeschaltet werden soll, wenn soziale Unruhen entstehen, aber offenbar rechnet man doch bereits mit gewalttätigen Ausschreitungen, zu deren Niederschlagung auch das Militär nötig sein könnte."

no comment.

notiz: das sind zustände, da kriegste zustände! berichte aus deutschen arbeitswelten

da scheine ich ja mal in meiner tv-abstinenz vorgestern wieder einen jener raren momente verpasst zu haben, bei denen sich das geflimmere lohnt - sowohl der tatort als auch die nachfolgende und meistens unsägliche "anne will" beschäftigten sich mit dem thema der arbeitsbedingungen bei hiesigen discountern. aus dem blog zur talkshow nun ein paar beiträge aus bis zur stunde über fünf sechshundert kommentaren, die absolut für sich selbst sprechen:

117. # murmel
31. Januar 2009 23:18 Uhr

"Hier mal einen kleinen Einblick in den Arbeitstag von mir und meinen Kollegen im Discounter.”2 Frauen haben freiwillig gekündigt,weil sie den Druck nicht mehr aushalten konnten,ein Kollege hat sich runterstufen lassen vom Filialleiter zum stellv.Filialleiter (weniger Stunden)und ein Kollege ist so nervlich kaputt das er jetzt beim Arzt war und am Montag zum Nervenarzt überwiesen wurde,ganz zu schweigen von den Kolleginnen die sich einen neuen Job gesucht haben und das alles in eineinhalb Jahre.Also…
Es gibt halbe Tage und ganze Tage.Die Pläne/es werden Wochenpläne geschrieben)sollen bis Mittwoch stehen,aber wir können froh sein wenn wir dann am freitag mal erfahren wie wir nächste Woche arbeiten können.Wenn wir ganze Tage haben fangen wir um 7 Uhr an und der Tag endet wenn wir glück haben um 20 .30 Uhr.Normal ist eher 20.45 bis 22°°Uhr.Geschrieben werden 10 Stunden.Nichtmal die Pausen können wir machen weil bei 1:1 Besetzung immer wieder geklingelt wird,weil die Kasse voll ist oder ein Kunde etwas nicht findet und die Kassiererin nicht von der Kasse weg kann.Ich habe noch nie in den 7 Jahren erlebt das ich eine halbe Stunde Pause machen konnte,von der Stunde Mittag ganz zu schweigen,im Gegenteil.Wenn es eine Kollegin wagen sollte 1 Stund Mittag zu machen wird sie doof angemacht,oder es wird zwischenzeitlich schon mal gefragt wie lange sie noch braucht,da man keine Zeit hat zum Pause machen.Wenn ich um 8 .15 Morgens anfangen soll und nicht um 8°°Uhr an der Kasse sitze,wird es weitergetragen zum BVL und es gibt Ärger.Es wird auch nahegelegt um 7°° Uhr anzufangen und den Kollegen zu unterstützen der Obst und Brot packt.Wir können auch in den sogenannten Pause nicht aus dem Betrieb raus um etwas zu erledigen ,da man nur 1.1 besetzt ist,und würde es jemand wagen,könnte derjenige sich wohl einen neuen Arbeitsplatz suchen.Was mir mal gesagt wurde,,Wenn ich jemanden raushben will,dauert das keinen Monat!!(Aussage unseres BVL Vorgängers).Dann werden verstärkt ,,Testkäufe mit unfähren Mittel gefahren,oder es wird etwas am Lehrgut gedreht oder,oder…..Meinem Kollegen wurde jetzt das Messer auf die Brust gesetzt.Wenn er sich innerhalb eines Monats nicht um 180 Grad dreht und in seiner Freizeit den Laden auf Vorderman bringt,seine Mitarbeiter nicht dazu anhält eher zu kommen und länger zu bleiben(natürlich ohne Bezahlung),kann er sich einen neuen Job suchen.5-15 Stunden die Woche sollten so extra drin sein,denn das Essen kommt durch Arbeit auf den Tisch und nicht durch Freizeit.Das ist Erpressung und schürt Existenzängste!!!Ich könnte noch ein ganzes Buch darüber schreiben was alles ist und was war.So,nun kann ich mir schon denken wie einige Reaktionen sind,,Warum sucht die sich nicht etwas neues.Ganz einfach ich bin über 40 und habe 3 Kinder und mich kann man nichtmehr so leicht kündigen,da müssen sie sich schon etwas einfallen lassen,da ich mir nichts zu schulden kommen lasse.Ich weiß zwar nicht wie lange ich diesem Druck noch gewachsen bin,aber noch gebe ich nicht auf."

136. # Oskar Franz
1. Februar 2009 10:47 Uhr

(...)"Mal kurz den Tagesarbeitsablauf einer Putzfrau, die ich gut kenne: Arbeitsbeginn 14 Uhr (zu zweit ein ganze Schule bis 16 Uhr saubermachen), dann zur nächsten Baustelle Kindergarten, auch zu zweit, bis 19 Uhr muss dieser sauber sein, dann von 19 Uhr bis 24 Uhr verschiedene Arztpraxen säubern. Keine Pause und die Überstünden werden auch nicht bezahlt, da Objektlohn. Um 23Uhr fährt der letzte Bus, also nach Hause laufen. Gegen 1 Uhr zu Hause, todmüde ins Bett. So was macht kein Akademiker für 5,14 Euro Stundenlohn brutto, denn der Mindestlohn für Gebäudereiniger wurde längst durch den Objektlohn ausgehebelt !"

192. # Stefan
1. Februar 2009 17:14 Uhr

(...)"Das diese hier thematisierten Zumutungen und Brutalitäten des Dienstleistungsgewerbes allerdings auf dem Bereich der Discounter beschränkt sein soll, ist mir völlig unverständlich.
Meine eigenen Arbeitnehmererfahrungen mit einem bekannten Versandhaus („Es gibt sie noch, die guten Dinge“) und deren Filialwesen sind deckungsgleich mit den inkriminierten Praktiken einiger Discounter: Die Abwesenheit jeglicher gewerkschaftlicher „Vertretung“, physische und psychische Vernutzung des Verkaufspersonals, willkürliche Kündigungen zwecks Ersetzung billiger und flexibler Aushilfskräfte mit Zeit- oder gar keinen Verträgen, Bespitzelung, Mobbing und Psychoterror von Seiten der Geschäftsführung mit tatkräftiger Unterstützung ausgewählter und besonders willfähriger Mitarbeiter usw.etc.pp…, gegen Mitarbeiter die sich für Mindeststandards einsetzten.

Das dieser saubere Laden sein Marketing und Imagegeschwurbel gerade mit öffentlicher „Verachtung gegenüber der höheren Wirtschaftlichkeit” gegenüber industrieller Massenproduktion und einen ökologisch/wertkonservativen Menschenbild sehr erfolgreich an den Mann bringt, ist nur ein kleiner zynischer Witz am Rande.
Discounter wie Schlecker, Lidl oder Aldi verschonen einen wenigstens mit dieser abgeschmackten und moralischen Selbstbeweihräucherung.

3 Jahre „Arbeitnehmertätigkeit“, davon gut insgesamt 10 Monate krankgeschrieben, 2 Kündigungschutzprozesse durch mehrere Instanzen und erhebliche gesundheitliche Folgerescheinungen, die mir fast für immer die Lampen ausgemacht hätten, wäre ich nicht ausgestiegen. Und das ging vielen ehemaligen Mitarbeitern so.
Niederschmetternd und desperativ waren aber die Erfahrungen mit „dem kleinen Faschismus“ in diesem Land, der totalen Entsolidarisierung und Vereinzelung der Kollegen, Ihre grenzenlose auf Angst gebaute Unterwürfigkeit, die in der Bespitzelung von Kollegen und dem Verfassen von „Verhaltensprotokollen“ gipfelte."(...)

208. # wolkenstern
1. Februar 2009 18:47 Uhr

"hallo,
bin seit über 10 jahren filialleiterin bei verschiedenen discounter-es ist auf keinen fall besser geworden.mit aller meinen minimalen möglichkeiten versuche ich mein personal zu schützen und begebe mich jedesmal auf sehr dünnes eis;solche filialleiter sind eben nicht erwünscht!wie im internet nachzulesen ist hat die edeka group min.13% steigerung zum vorjahr und wir müssen um jede stunde kämpfen.die stundenkräfte sind fein raus bei ihrer bezahlung aber vollzeitkräfte und azubis werden unmenschlich ausgenutzt da diese nur ihr grundgehalt erhalten und überstunden eine selbstverständlichkeit sind ja ein MUß-wer es nicht mitmacht fliegt halt.wir haben 2009 und ich kann nicht verstehen warum hier der gesetzgeber immer noch nicht handelt.anständige arbeitszeitgesetze ohne lücken und betrugs möglichkeit! klar geht arbeit vor arbeitslosigkeit aber es geht auch gesundheit vor krankheit und mich würde mal sehr intressieren wieviel langzeitkranke,chronisch u.s.w. wir momentan aus dem discount bereich haben!"

223. # Uwe
1. Februar 2009 20:03 Uhr

Ehemaliger Aldi Marktleiter
Folgendes hat sich bei mir zugetragen.
Eine Angestellte im 7 Berufsjahr wurde zu teuer.
Ich bekam vom Bezirksleiter die Anweisung “die muss weg ist zu teuer“
Ich habe nichts unternommen (Diebstahl unterschieben u.a)
Dann wurde ich aus meinem Urlaub zu Feierabend in die Filiale bestellt.
Der Bezirksleiter setzte mich und die Angestellte in den Aufenthaltsraum.
Der BZ-Leiter plusterte sich in seiner Manneskraft auf und warf der Angestellten Diebstahl vor. Sie stritt ab .Er wurde lauter und drohte!! Der BZ-Leiter erhöhte die Drohungen bis die Angestellte endlich nach gab und unter Tränen ihre Eigenkündigung schrieb.
Dann gingen alle nach Hause .Ich wusste nicht wie mir geschah.
Die Angestellte ging vor Gericht.
Ich musste aussagen.
Vor meiner Aussage wurde mir nahe gelegt das ich Alleinverdiener bin 3 Kinder und Gebaut habe. Ich würde doch wissen wer mein Arbeitgeber ist.
Ich der Zwangslage und unter Angst meine Existenz zu verlieren habe ich doch die Wahrheit gesagt.
Danach wurde ich so lange gemobbt bis ich selbst gekündigt habe.
Ein ex Aldi Marktleiter"

225. # Indianer
1. Februar 2009 20:15 Uhr

"Bin gelernte Fleischereifachverkäuferin und seit 23 Jahren im Verkauf tätig.Ob als Verkäuferin, stellvertretende Marktleiterin, an der Fleischtheke oder als Abteilungsleiterin Fleischtheke.Habe erst in einem Unternehmen Tariflohn bekommen,wenn du zu teuer wirst versucht man dich loszuwerden,mir ist es so ergangen und habe nach 9 Jahren in der Firma aufgehört. Beim Versuch einen neuen Job zu bokommen gab es nur absagen oder ich hätte von anfang an nur 7-8 Euro bekommen. Ich habe festgestellt wenn du Tariflohn haben möchtest stellt dich keiner ein.Jetzt arbeite ich auch wieder, natürlich weit unter Tarif.Ich frage mich wo das noch alles hinführen soll!"

256. # Cubanze
1. Februar 2009 21:31 Uhr

"Das ist doch nicht nur bei den Discountern so - Beispiel Baubranche: Ein Bekannter von mir arbeitet in einem deutschen Bauunternehmen : Bei Krankschreibungen werden den Mitarbeitern vorher geleistete Überstunden abgezogen, d.h. Sie bekommen zwar Lohnfortzahlung, aber nicht das Entgelt für die vorher geleisteten Überstunden. Beim Auslandseinsatz erhalten die Mitarbeiter extrem niedrige Auslöse, die Firma bestätigt das nicht mal, so dass die Kollegen nicht einmal die Möglichkeit haben, die Differenz bei der Einkommenssteuererklärung geltend zu machen.
Ich gebe zu, naiverweise hab ich gefragt: Wieso macht ihr das mit? Das ist doch bestimmt nicht legal? - Bittere Antwort: Uns wird gesagt: Kannst ja klagen, aber dann bist den Arbeitsplatz nicht nur bei uns los….
Wenn ich mir vorstell, dass mein URgroßvater auf die Straße gegangen ist, um solche Verhältnisse zu verändern…."

273. # Rico
1. Februar 2009 22:04 Uhr

"Nicht nur im Discount-Bereich gibt es diese Missstände!
Ich selbst habe einige Zeit in einer in Göttingen ansässigen Bäckerei-Kette gearbeitet. Gang und Gäbe ist es dort z.B., dass man 4! befristete Arbeisverträge bekommt - befristet auf 6 Monate.
Betriebsräte gibt es keine - es wurde zwar einmal eine Betriebsratswahl angedacht, allerdings waren die Kolleginnen nicht mehr sehr lange in der Firma.
Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall wurden einfach mal um 30% gekürzt. Nachdem diese Geschichte in die Öffentlichkeit geriet, hieß es von der Firmenleitung: Das wären 3 oder 4 Einzelfälle, die als erzieherische Maßnahme gedacht war - also für Arbeiter, die blau machen. Ich persönlich war bis dato nie krank gewesen, hatte einen Wegeunfall und die rechte Hand in Gips - trotzdem wurde auch bei mir die Lohnfortzahlung um 30% gekürzt."

281. # Spatz
1. Februar 2009 22:14 Uhr

"Ich denke schon, dass der Tatort realistische Zustände schildert. Ich selbst arbeite in einem kleinen Unternehmen, in dem festangestellte Mitarbeiter keinerlei Überstunden bezahlt bekommen, und Minijobber haben bei Krankheit einfach das Nachsehen - kein Geld - also sieht man zu, dass man auch krank mit Grippe arbeiten geht! Eigentlich sind konkrete Zeiten für die einzelnen Tätigkeiten vorgesehen, aber wenn man eine Arbeit schneller - und trotzdem sehr gut - erledigt als vorgesehen, bekommt man eben noch etwas zu tun - früher wurde es zeitlich honoriert und man durfte früher gehen… Wenn man allerdings mal ein paar Minuten später auf Arbeit erscheint, hat man das hinten dranzuhängen! Und das, obwohl man in den seltensten Fällen ganz pünktlich geht!Ich nenne das Ausbeutung, und ihr??? Aber man hat ja keine Chance - wer aufmuckt, kann sich wahrscheinlich gleich nach nem neuen Job umsehen…
Das Schizophrene daran ist, dass vor den Mitarbeitern der Chef dann noch ganz laut von dem Penthouse erzählt, das er sich kaufen will - wir schuften für seinen Traum, ist doch klasse, oder?!
Übrigens: das Unternehmen ist in seiner Branche MARKTFÜHRER…"

286. # Armin Günther
1. Februar 2009 22:17 Uhr

"Wer meint , Schikane und Androhung körperlicher Gewalt wäre auf Billigdiscounter beschränkt, der irrt gewaltig. Ich bin seit 25 Jahren in der IT Branche tätig und habe in den letzten Jahren mehrfach gleiche Erfahrungen gemacht. Aktuell bin ich bei einem deutschen Handy Anbieter (can do ) beschäftigt. In dem Bereich, in dem ich tätig bin werden die Mitarbeiter massiv eingeschüchtert und ihnen im Falle eines Fehlers in der Software Prügel angedroht. Die Vorgesetzten kennen diese Verhältnisse und finden diese offenbar in Ordnung. Man fragt sich, welche Ergebnisse sich Manager von einem solchen Arbeitsklima erwarten."

291. # Veit Ywolop
1. Februar 2009 22:22 Uhr

(...)"In Vertretung eines Freundes möchte ich Folgendes berichten: Bei Amazon in Leipzig herrschen harte Arbeitsbedingungen. Mein Freund ist Picker bei Amazon, d.h. er sammelt aus den Lagerregalen die Waren von Bestellungen zusammen. An einem Tag kommen da 20 km Wegstrecke (zu Fuß!) zusammen. Was ein Picker zusammen sammeln muss, zeigt ihm ein Computer an, der auch gleichzeitig alle Arbeitsaktivitäten registriert. Es gibt nur kurze Pausen - wenig Zeit für Essen, Toilette, Ruhe. Aufgrund der Größe der Lagerhalle gehen von der Pausenzeit schon mind. 5 Minuten für den Weg aus der Halle heraus drauf. Wer zwei Minuten zu früh in die Pause geht (der Computer weiß alles!), wird abgemahnt. Rennen ist verboten. Beim Treppensteigen muss das Geländer festgehalten werden. Arbeitssicherheit! Mein Freund hat sich mit der Situation arrangiert. Wer sich an die Regeln halte, komme gut durch, auch wenn es hart ist. Eine Arbeitsnehmer/innenvertretung gibt es nicht - darf es auch nicht geben."

294. # markus
1. Februar 2009 22:22 Uhr

"Dieser Umgangston und vor allem der Umgang mit Mitarbeitern auf Basis der Angst ist ja nun beileibe nicht exklusiv im Diskounterbereich anzutreffen. Seit Jahren wird im Pressebereich ebenso mit den Leuten umgegangen. Honorare gedrückt und Anstellungsverträge außerhalb des Tarifbereichs geschlossen, dafür verlassen die Verlage ihren Verlegerverband. Nicht die Verlagsspitze, sondern ganze Verlagsteile wie Lokalredaktionen, die in kleine GmbH aufgesplittet sind, die außerhalb des Verbandes sind und daher nicht tarifgebunden. Die ach so armen Verlage müssen ja sparen, und mit Drohungen werden da die Mitarbeiter klein gehalten. Zumal diese kleinen GmbH auch keine Möglichkeiten mehr haben, einen Betriebsrat zu bilden. Da stellt sich nun die schwierige Frage: wer kontrolliert die Medien? Die Plattformen, die Zustände in anderen Bereichen anprangern und es selbst großenteils noch viel schlimmer treiben?"

298. gabrielle
1. Februar 2009 22:24 Uhr

"Das ist nicht nur Gang und gebe im Einzelhandel!
Ich habe vor eine monat in Mönchengladbach als Hilfskraft im Krankennhaus
mit 50 Jahren als Halbtags Kraft Vertrag auf 30!!! Std Woche gearbeitet.
nun wurde mir nahegelegt da aufzuhören,wenn es mir nicht passt,wennn…
Das Linke dadran war nämlich ,ich musste die Woche ca 50 Std arbeiten,
und konnte mich nicht dagegen wehren !!!
Ich bin fetrig mit den nerven , denn sowas darf es einfach nicht geben !!"

301. Matthias Baumann
1. Februar 2009 22:27 Uhr

(...)"Die Discounter sind sicher ein Wirtschaftszweig, in denen solche Zustände Alltag sind und besonders schlimm. Allerdings haben wir das in allen Wirtschaftszweigen (wenn auch in unterschiedlicher Ausprägungen). Das Jugendhilfswerk Freiburg e.V. ist ein Beispiel für die exakt gleichen Zustände im Bereich der Sozialarbeit. Der Geschäftsführer entlässt rigoros jeden, der Kritik übt. Es gibt einen Betriebsrat, der von ihm dieses Jahr aufgelöst werden wird. Die Fluktuation in der Mitarbeiterschaft ist riesig. Ich selbst habe dem Geschäftsführer in einer Sitzung widersprochen (ich war damals studentische Hilfskraft). Zwei Jahr später habe ich mich nach Abschluss des Studiums beim Jugendhilfswerk beworben. Im Vorstellungsgespräch wurde ich darauf hingewiesen, dass ich dem Geschäftsführer einmal widersprochen hätte, und dass man von mir in einem Arbeitsverhältnis ein untadeliges Verhalten erwarten würde. Seltsamerweise verschwand meine Bewerbung nach Kündigung eines kritischen Mitarbeiters der Freien Schule des Jugendhilfswerks eine Woche später, und konnte auf meine Anfrage (bis heute) nicht wiedergefunden werden. Ähnliche Geschichten könnte ich aus den Führungsebenen der SMT (Zeiss) in Aalen erzählen."

307. Christina
1. Februar 2009 22:31 Uhr

"Leider ist diese Klima der Angst nicht nur im Einzelhandel oder bei Discountern zu beobachten.
Der Inhaber eines im Saarland beheimateten Dienstleistungsunternehmens sagt seit über zehn Jahren immer wieder seinen über 400 Angestellten, dass er, sobald ein Betriebsrat ins Leben gerufen werden soll, er das gesamte Unternehmen dicht machen werde und alle gekündigt werden. Es gibt keinen Beriebsrat.
Eswird immer wiederUrlaub verweigert, dieser darf nicht über den 31.03. mitgenommen werden, Überstunden sollen nicht geschrieben werde, diese werde sowieso nicht abgegolten. Wer nicht mitmacht, der sollte sich besser was anderes suchen.
Wie gesagt, das alles nicht in dem geschilderten Discouter-Umfeld, sondern in einem Unternehmen mit hochbezahlten Spezialisten, denen auch fundamentalste Gesetze nicht zugesprochen werden."(...)

312. # Achim
1. Februar 2009 22:35 Uhr

"Mein Betrieb macht es sich zum Sport, Mitarbeitervertretung zu verhindern, Mitarbeiter einzuschüchtern. Mein Supervisor hat mir kürzlich untersagt, einen Verbesserungsvorschlag ohne seine Zustimmung einzureichen. Von meiner Teamleiterin bekommen wir zu hören: Stellt Euch darauf ein, daß Samstag gearbeitet wird. Bei einem wirklich schweren grippalen Infekt im letzten Jahr rief mich der Supervisor an und fragte mich, ob ich mir nicht überlegen wolle, früher als vom Arzt befürwortet zur Arbeit zu erscheinen. Ich bin dann aus Angst und weiter Antibiotika schluckend krank zur Arbeit gegangen."

337. # kasy
1. Februar 2009 22:50 Uhr

"Aus mehr als 20 Jahren Einzelhandel kann ich jede Szene des Tatorts nur bestätigen und unterstreichen - Originalantwort bei einer Führungsschulung auf die Frage wie denn langjährige Mitarbeiter (die dem Unternehmen zu teuer werden) “gekündigt”werden soll - “mein Gott - da findet man dann eben mal ein unbezahltes Päckchen Kaffee im Spind” Bezahlt wurden 168Std - erwartet 190Std und am Monatsende waren es meistens weit über 230Std / als Führungskraft - eingetragen wurden pro Tag natürlich nur 10 Std und
die angeblichen Frühstücks/Mittag und Kaffeepausen - Umsatz soviel als möglich mit so wenig als möglich Personal - die Geschäftsleitung hat stets betont nur durch die gute Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat wäre ein “reibungsloser Ablauf” gewährleistet - was das für den Mitarbeiter der Hilfe gesucht hat bedeutet kann man sich denken - nach über 20 Jahren konnte und wollte ich nicht mehr - nach einem Berufswechsel
gehts mir heute wieder gesundheitlich sehr gut - und ich bin froh,dass ich den Absprung geschafft habe -Übrigens: Ich war in KEINEM Discounter beschäftigt!!"

347. # Birgit
1. Februar 2009 22:58 Uhr

"Über acht Jahre habe ich bei Obi genau die Szenarien erlebt,die im Tatort geschildert wurden.Detektive,die Privatgespräche protokollieren,unzählige Überstunden und Sonntagsarbeit ohne Bezahlung(von den Mitarbeitern verlangt,um sich den Arbeitsplatz zu erhalten),Testkäufe,fingierte Abmahnungen und Kündigungsgründe,um unliebsame Mitarbeiter loszuwerden,klare Androhung von Repressalien,falls sich jemand gewerkschaftlich engagieren sollte,u.s.w.Die Vorgänge in der Tatort-Billy-Filiale waren eine perfekte Darstellung meines damaligen Arbeitslebens,bis ins kleinste Detail. Aus Angst vor Kündigung habe ich all dies ertragen Als dann doch eines Tages die Kündigung kam,vor der ich immer Angst hatte,war ich zu meiner eigenen Verblüffung überglücklich. Seitens der Marktleitung versuchte man dann durch massive Drohungen,mich zum Verzicht auf jegliche Kündigungsfrist und Entschädigung zu bringen und einen entsprechenden Vertrag unterzeichnen zu lassen.Ich habe mich nicht einschüchtern lassen und vorm Arbeitsgericht Recht bekommen. Heute arbeite ich glücklich mit viel Freude in einem Familienbetrieb mit einem Chef,der seine Mitarbeiter korrekt und freundlich behandelt."(...)

433. Franziska
2. Februar 2009 07:41 Uhr

"Habe über 30 Jahre bei einem “global player” gearbeitet, dem ganz und gar nicht der Geruch des Ausbeuters anhaftet.
– Um ½ 7 Uhr die Zeituhr gestochen (wegen der Zeit verschobenen Wirtschaftsverbindungen zu China und Japan)
– Frühstück- und Mittagspause natürlich vor dem PC verbracht (wegen der Echtzeit-Wirtschaftsverbindungen im Inland; “man” sagt ja keinem Kunden am Telefon, er möge in einer halben Stunde anrufen, man habe gerade Pause)
– Nach Ende der regulären Arbeitszeit um 15.15 Uhr natürlich weiter bis ½ 7 Uhr am PC gearbeitet (wegen der Zeit verschobenen Wirtschaftsverbindungen zu USA und Kanada).

Summa summarum pro 5-Tage-Woche: 60 Stunden “Dienst”, davon 40 Stunden bezahlte Regelzeit, 10 Stunden auf Gleitzeitkonto (maximal 100 Stunden, die – wann denn bitte? – abzufeiern sind; Rest verfällt,), 10 Stunden unbezahlte Überstunden (”über die Vergütung reden wir dann mal später”). Die Stunden für die Firma an den Wochenenden vor dem privaten PC zu Hause waren natürlich Privatvergnügen.

Ich habe noch das Bild des Konzernchefs vor Augen, hinter dem eine verhuschte und graumäusige Sekretärin in gebührendem Abstand einen schweren Reisetrolley voller Akten zog, während er mit wehendem Mantel in bester Laune andere Industriekapitäne begrüßte. Der Mann kommt übrigens aus dem hier immer wieder so hoch gelobten und ach so sozialen Schweden."(...)

483. # Wolfgang Kunze
2. Februar 2009 10:50 Uhr

"Dieses findet nicht nur bei den Discountern statt, sondern auch in der Pflege speziell in der Seniorenpflege.
Da werden auch massiv die Daumenschrauben angezogen, das Dienstpläne nicht relvant sind , man weiß nicht wie man am nächsten Tag arbeiten muß. PDL (Pflegedienstleitung) keine Menschlichkeit gegenüber Bewohner und Mitarbeiter hat.
Dauereinsatz am Wochenende keine Ruhephasen. Es wird auch gerne mit Zeitarbeitsfirmen gearbeitet.
Mir persönlich ist es passiert das ich fristlos entlassen wurde, ohne Grund von Angaben. Bin schon 18 Jahre im Seniorenheim beschäftig."(...)


weitere berichte sind vorhanden aus der hotelbranche, dem öffentlichen dienst, der metallindustrie, non-food-einzelhandel... lesen Sie´s selbst, das hier soll nur eine art auszugsweiser dokumentation sein. ebenfalls sind die gedanken interessant, die sich viele schreiberInnen dort generell machen, und erfreulicherweise auch gedanken sehr grundsätzlicher art. nebenbei: es mag erstmal keine weitere bedeutung haben, aber ich habe noch nie so oft wie in diesen tagen in vielen "großen" online-medien-foren das wort "revolution" gelesen. ein vorhaben, welches aber gerade hier auf ein hindernis stößt, das sich im folgenden - und letzten - beispiel aus dem aw-blog fast perfekt manifestiert:

4. # Nora
30. Januar 2009 15:56 Uhr

"In diesen wirtschaftlich schlechten Zeiten werden wir sicher andere Arbeitsbedingungen hinnehmen müssen.Konkurrenz überall und Firmenpleiten lassen jeden der einen Arbeitsplatz hat,bescheidener werden.
Ich glaube, wir haben keine andere Wahl als dieses so hinzunehmen
.Wenn ich an die Staatsverschuldung denke,wird mir “Angst” und “Bange”. Wie will Deutschland je DIESE Schulden wieder losweren.? Nur wenn alle , in den” oberen “wie in den” unteren” Etagen der Firmen mitmachen, kommen wir wieder aus dieser schweren Zeit heraus."


"nora" dürfte in verschiedener hinsicht als perfekte repräsentantin eines großen teils der hiesigen bevölkerung gelten - willig, die lügen der "eliten" für bare münze zu nehmen; demütig die zuteilung ihres platzes in der hierarchie erwartend; und zum krönenden gipfel voller identifikation mit "deutschland" und sehnsucht nach der volksgemeinschaft. ein echtes schaf, aber der potenziell bösartigen sorte.

lassen wir die "noras" damit durchkommen?

(ps. als ergänzung sei auch noch auf den folgenden älteren beitrag verwiesen:
wo die angst regiert

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