Donnerstag, 11. November 2010

notiz: die lüge von der "sauberen atomkraft" - kurze nachbemerkungen zum castortransport

anläßlich solcher und ähnlicher dispute an anderen stellen scheint es nötig, bezgl. der angeblich "sauberen" nutzung der angeblich "zivilen" atomenergie wieder mal ein paar elementare tatsachen in erinnerung zu rufen.

*

den schwerpunkt lege ich dabei bewußt auf einen zumindest hierzulande fast regelmässig "vergessenen" bzw. ignorierten aspekt, nämlich die gewinnung des brennstoffs uran. nicht nur der laufende betrieb - symbolisiert in namen wie harrisburg und tschernobyl, symbolisiert auch in den aberhunderten "kleinen" und größeren störfällen alleine in den akw hierzulande, und ebenfalls symbolisiert in den dauerdesastern von
sellafield und la hague...



... und auch nicht nur die fehlende - und zwangsläufig fehlende, weil schlicht auf zeiträume von zehntausenden von jahren bezogen sein müssende - "sichere endlagerung" machen diese technologie zu einem der schwerpunktskandale der industrialisierten "zivilisation", sondern es geht vor (störanfälligem) betrieb und (simulierter) müllbeseitigung bereits von beginn an hoch destruktiv zur sache.

*


beispiel niger:

"Weltweit leiden Zigtausende Menschen unter den Folgen des Uranabbaus. In Deutschland weiß das kaum jemand. Hier streiten viele nur über Verlängerung von Laufzeiten für Atomkraftwerke, Atommüll und Brennelementsteuer. (...)

Uran ist hoch toxisch, radioaktiv und hat eine Halbwertszeit von bis zu 4,5 Milliarden Jahren. Zum Vergleich: Die Erde wird etwa auf dasselbe Alter geschätzt. Die natürlichen Uranvorkommen in den Tiefen der Erdkruste stellen in ihrer geringen Konzentration keine Gefahr für Mensch und Umwelt dar, anders ist das jedoch beim abgebauten und durch Weiterverarbeitung hoch konzentrierten Uran. (...)

"Die Konzerne geben keine Daten raus. Wir wissen nichts über die Belastung. Greenpeace jedoch hat neulich im Niger eine Untersuchung gemacht und fest gestellt, dass ein vielfaches der Strahlenbelastung vorhanden ist, gegenüber dem, was die Konzerne sagen."

Der Präsident der kanadischen Vereinigung für nukleare Verantwortung, Gordon Edwards, weist darauf hin, dass sich die abbauenden Firmen überhaupt nur für einen ganz geringen Teil des radioaktiven Materials interessieren. Dafür aber in riesigen Minen in der Erde herumstochern.

"Die Firmen wollen beim Abbau nur an das Uran, das aber nur 15 Prozent der Radioaktivität ausmacht. Und lassen 85 Prozent des radioaktiven Materials vor Ort zurück. Für sie ist das nutzlos, aber dieser Rest ist sehr giftig." (...)


und zwar nicht nur für die zwangsläufig direkt betroffenen arbeiter in den minen, sondern auch für und in den umliegenden landschaften incl. der dort wohnenden menschen.
weiteres aus dem niger...

(...) "2003 reiste der französische Nuklearwissenschaftler Bruno Chareyron vom Strahlenforschungslabor CRIIRAD mit einem Team in den Niger, um die radioaktive Belastung zu messen, der die Bevölkerung ausgesetzt ist. Über die Ergebnisse berichtete Chareyron 2007 auf einem Kongress in Stockholm: Fast alle Unterkünfte in den Slums ließen den Geigerzähler laut werden, beim Trinkwasser maßen die Aktivisten Belastungen bis zum 110-fachen des von der Weltgesundheitsorganisation WHO festgesetzten Grenzwerts.

Das Team fand heraus, dass die Firma jahrelang verstrahltes Altmetall abgegeben hatte, das dann auf den Märkten angeboten und für den Bau von Hütten verwendet wurde. Ein Rohr, das offensichtlich aus der Erzaufbereitungsanlage stammte, wies eine Belastung von 200000 Becquerel pro Kilogramm auf. Einige der Befragten erzählten, dass sie strahlenden Schrott als Bonus erhalten hatten; manche hatten aus dem verseuchten Metall sogar Kochtöpfe gefertigt. Über die gesundheitlichen Gefahren waren die Arbeiter nie informiert worden. In einer Hütte fand das Team ein Stück radioaktives Erz, das der Bewohner als Souvenir aufbe-wahrte; die gemessene Dosisleistung betrug ein Millisievert pro Stunde. "Wenn der Mann sich nur wenige Minuten am Tag in einem Meter Entfernung zu dem Brocken aufhält, hat er die erlaubte Strahlendosis bereits weit überschritten," erläutert Chareyron. (...)


... sowie den usa (gleicher link):

(...) "Phil Harrison kennt alle betroffenen Familien. Er hat das "Komitee für die Opfer der Uranstrahlung" gegründet; er sorgt dafür, dass die Wiedergutmachungen aus Washington, die in zähen Gerichtsverfahren erkämpft wurden, auch zu den Betroffenen gelangen. Sein Büro ist in Shiprock, nahe den "Four Corners", jener Stelle, an der die vier Staaten Utah, Colorado, New Mexico und Arizona aneinandergrenzen. Seine Arbeit geht ihm "unter die Haut"; er hat sofort Tränen in seinen Augen, wenn er über die Opfer spricht. Seit Jahren sieht er sich Kranken gegenüber, die von Leukämie, Haut- und Lungenkrebs gezeichnet sind; in vielen Familien wurden geistig Behinderte geboren. In allen Wohnungen stehen die Fotos der Verstorbenen und erinnern an die ahnungslose Zeit, als alle den Uran-Boom willkommen hießen. Doch seither heißt das Uranoxid in der Sprache der
Diné "Leetso" - das gelbe Monster." (...)


und in australien ist es die regenbogenschlange:

(...) "Die gestörte Ruhe des Urans war für die Ureinwohner der Beginn des Unheils. Denn tief in der Erde wohnt nach ihrer Überlieferung die Regenbogenschlange. Sie verkörpert die Erzadern: Wer die Schlange stört, entfesselt verheerende Kräfte. Alle Bodenschätze haben in der Kosmologie der Aborigines eine Tiergestalt. "Die Bodenschätze sind Organe des Planeten", sagt Rebecca Wingfield-Bear, eine Aktivistin vom Stamm der Kokatha Mula; "verletzte Organe lassen die Erde krank werden. Alle Konturen des Landes stammen aus der Traumzeit und sind heilig; sie geben den Lebewesen Raum und Identität." (...)

von welchen dimensionen wir hier reden, wird ebenfalls am beispiel
australien ganz gut deutlich:

(...) "Die ökologischen Folgen für die Umwelt sind enorm. Denn der Abbau von Uranerz ist nicht weniger gefährlich als die Kernkraftwerke selbst. Da der Urangehalt im Erz nur sehr gering ist, müssen große Mengen gefördert werden. So entstehen für eine Tonne Uran bis zu 40.000 Tonnen Abraum, der noch 85 Prozent der Radioaktivität enthalten kann. Diese todbringende Hinterlassenschaft türmt sich in riesigen Halden in der Landschaft auf und verseucht sie für eine lange Zeit. Durch die Überschwemmungen in der Region während der Regenzeit gelangt der radioaktive Abfall in die weitverzweigten Gewässersysteme. Eine dauerhafte und sichere Lagerung des Abraums ist kaum möglich, schließlich würde er noch mindestens 200.000 Jahre giftige Strahlung abgeben." (...)

und so weiter und so fort - die berichte gleichen sich aus allen zonen, in denen uran abgebaut wird. ähnlich wie bei der fiktionalen "endlagerung" lässt sich hier das in der realität umgesetzte (un-)heimliche motto der beteiligten konzerne und staalichen institutionen deutlich wahrnehmen: "nach uns die sintflut!"

und wer im jahre 2010 trotz aller bekannten fakten immer noch das lied der ach so "sauberen" atomkraft singt, macht sich, ob gewollt oder nicht, selbst zu einem nützlichen idioten der herrschenden soziopathie.

*

kurz noch direkt zum gerade gelaufenen castortransport: ziemlich interessant finde ich die sich verdichtenden indizien für eine aktive (!) beteiligung nicht nur
französischer bereitschaftspolizei...

(...) "Weder die Bundespolizei noch die für den Castor-Einsatz zuständige Polizei Lüneburg wollten die Fotos am Mittwoch kommentieren. Ein Sprecher der Bundespolizei bestätigte gegenüber der taz, dass französische Polizisten in Deutschland am Einsatz beteiligt waren, aber nur "als Beobachter". Dagegen wies das Bundesinnenministerium diese Darstellung zunächst zurück. "Wir haben keine französischen Beamten angefordert, also waren in Deutschland auch keine französischen Polizisten im Einsatz", erklärte ein Sprecher. Die Bilder seien kein Beweis. Später relativierte er die Aussage und erklärte, ihm sei von einem solchen Einsatz nichts bekannt." (...)

... sowie auch hinweise auf
kroatische und polnische polizisten:

(...) "Außerdem will Ströbele Hinweise darauf haben, dass auch polnische und kroatische Polizisten sowie Bundeswehrangehörige an dem Einsatz beteiligt gewesen seien." (...)

es gab tatsächlich während der blockadetage hinweise in den tickern, nach denen beamte in unbekannten uniformen mit dem wort "Policija" auf dem rücken gesichtet worden seien. hingegen war bezgl. der bundeswehr bereits von beginn an klar, dass die polizei logistisch durchaus auf armeeunterstützung hinsichtlich unterkunft und verpflegung zurückgreifen wird. mir ist nicht klar, wie weit ströbele hier auf weitere arten der militärischen beteiligung verweisen will. "skandalös" - wenn man dieses unzutreffende wort überhaupt noch verwenden will, weil der normale alltagszustand in all seinen aspekten zu einem einzigen riesenskandal geworden ist, wie es nicht nur hierzulande seit langem der fall ist, macht das wort keinen wirklichen sinn mehr -; als skandalös also würde ich nicht die beteiligung anderer polizeitruppen aus europa betrachten - das ist im zuge der weiteren destabiliserung des systems zukünftig immer öfter zu erwarten. aber bezeichnend ist das ungenierte plattmachen all jener sonst immer als heiliger fetisch hochgehaltenen rechtsvorschriften, gesetze etc. von seiten derjenigen, die diesen fetisch erst erzeugen und unten auch mit aller gewalt durchsetzen - die macht zeigt inzwischen unverblümt ihre eigentliche fratze.

abschließend sei auch noch auf den verdacht hingewiesen, dass beim diesjährigen castor das erstemal in nennenswertem umfang
polizeidrohnen zur quasi militärischen aufklärung benutzt wurden:

(...) "auf Radio freies Wendland, einem Ticker und aus Quellen der Polizei wurde bekannt, dass offensichtlich im Wendland sogenannte Drohnen zur Aufklärung und Überwachung des Widerstandes genutzt wurden und werden." (...)

das wird seltsamerweise kaum irgendwo thematisiert, obwohl es bereits vor monaten entsprechende
ankündigungen gab:

(...) "Auch Niedersachsen plant einen Versuch mit einem "Quadrocopter". Dem Vernehmen nach ist daran gedacht, die Castor-Transporte und die Demonstrationen im Umfeld zu beobachten. Für die Polizei ergeben sich dieselben Erkenntnisse, die sie bei Demonstrationen auch aus dem Hubschrauber gewinnen kann, allerdings fallen die Kosten je Flugstunde deutlich günstiger aus." (...)

wobei verschwiegen wird, was sich mit drohnen alles so anstellen lässt im gegensatz zu großen, lärmenden und sichtbaren hubschraubern. mehr zu drohnen
hier.

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