assoziation: zu diesen zeiten
"Inzwischen ist es nicht mehr ein einzelnes Ereignis, das aufmerken lässt, eher schon die eigenartige Kumulation unterschiedlicher Geschehnisse. Die Nachrichten und Bilder überlagern sich, kaum dass der Betrachter Zeit hat, über die jeweiligen Hintergründe genauer nachzudenken. " (...)
so beginnt ein dokumentierter artikel im linksnet unter der passenden überschrift "Wachsende Unruhe". und ja, inzwischen wird die allgemeine ratlosigkeit ebenso wie die allgemeine gesellschaftliche agonie im angesicht der um sich greifenden krisenprozesse nicht nur online mit händen greifbar (hier ist es schon länger der fall), sondern meiner persönlichen wahrnehmung nach auch zunehmend im sog. real life, der letztlich einzig relevanten realität.
in den letzten wochen habe ich begonnen, nicht nur martensons crash course, sondern auch den im letzten beitrag vorgestellten tipping point in meinem nächsten umfeld bekanntzumachen. und anders als 2008, wo ich schon mal versucht hatte, ein unverbindliches treffen zu organisieren zwecks austausch über die möglichen verläufe sowie die hintergründe des damaligen ökonomischen krisenauftakts, wurde mir diesmal nicht primär mit verständnislosen blicken geantwortet - die nicht enden wollende ereignisdichte der letzten jahre bringt zunehmend mehr leute ins zweifeln, was aber eben keineswegs im nächsten schritt auf handlungen hinauslaufen muss, sondern genausogut (wahrscheinlich sogar primär) tendenziell solche reaktionen hervorrufen kann, wie ich sie vor einiger zeit bei einem guten freund erlebte, der mir nach einem längeren gespräch sinngemäß das folgende fazit gab: ich hätte ja wahrscheinlich schon irgendwie recht mit meinen befürchtungen, aber er weigere sich, davon seinen alltag beeinflussen zu lassen.
was nicht sein darf, kann auch nicht sein. die eine seite, und die andere ist die, die ich schon vor längerer zeit mal hier in worte gefasst habe: der alltag hier (und auch anderswo) ist mit seinen wirkungen die eigentliche katastrophe, die alle anderen mit hervorbringt. was am ende wieder generell zu unserer art des lebens hier führt.
wenn man sich die ereignisse und die offentlichen/offiziellen sowie "privaten" reaktionen darauf so betrachtet, so fällt neben der schier unbegrenzten ignoranz die entsetzliche dummheit ins auge, die die heutigen "westlich" orientierten (primär aufs ökonomisch-technologische-industrielle niveau bezogen) gesellschaften kollektiv befallen hat. ein nicht unwesentlicher faktor, wenn es um die abschätzung der fähigkeiten geht, auf existenzielle krisen zu reagieren. mit "dummheit" meine ich nun nicht das, was so landläufig darunter verstanden wird, sondern eher ein ganzes set von (vor-)urteilen, handlungsmustern und gewohnheiten, die dafür sorgen, notwendige handlungen und tiefgreifende, auch und gerade persönliche änderungen, nicht durchführen zu können und das sogar noch ganz richtig zu finden. ein wesentlicher punkt in diesem set ist die unfähigkeit, komplexitäten wahrzunehmen und begreifen zu können, was in der heutigen welt zwangsweise sofort ganze ketten von fatalen und destruktiv wirkenden fehlern nach sich ziehen muss.
das lässt sich fast beliebig an so ziemlich jeder einzelnen nachricht in diesen zeiten vorführen. von der "offiziellen" britischen regierungsreaktion auf die riots angefangen, über die jubelmeldungen über das "riesige" gefundene neue ölfeld vor der norwegischen küste (das gleichzeitig ein paar hundert seemeilen weiter eine "shell"-bohrinsel vor sich hinleckt, ist in diesem zusammenhang schon von einer bitterbösen ironie), bis hin zum öffentlich-medialen diskurs über "die wirtschaft" (bzw. ihre krise), bei der sich der wahrnehmungsmässige focus tunnelhaft darauf konzentriert, nach anzeichen und den "richtigen maßnahmen" für "wachstum", "aufschwung" und "stabilisierung" zu fahnden - überall springt einem die dummheit dreist grinsend frontal ins gesicht.
*
ich habe neulich mal wieder den inzwischen auch schon in die jahre gekommene spielklassiker "gta 3" herausgekramt, über den ich im zusammenhang mit dem thema amok vor langer zeit hier das folgende geschrieben hatte:
"in "gta 3" ist die an new york angelehnte stadt namens "liberty city" (bereits der name ist der blanke hohn auf die kapitalistische "freiheit") säuberlich unterteilt in die machtbereiche verschiedener banden und clans - von der cosa nostra über die triaden und den yakuza bis hin zum kolumbianischen kokain-kartell ist die elite der als solches definierten organisierten kriminalität vorhanden, und dazwischen tummeln sich etliche, ethnisch organisierte streetgangs. eine brutale und korrupte polizei sowie extrem mißgelaunte und ständig schlagbereite passantInnen vervollständigen ein virtuelles bild, welches sich bei der betrachtung der realität in diversen regionen des planeten nur als prophetisch bezeichnen lässt. vielleicht ist das auch ein - versteckter - grund für manche zensurbestrebungen. in "vice city" und indirekt auch in "gta 3" gibt es dazu regulär bzw. mittels cheats die möglichkeit, selbst als spielfigur amok zu laufen bzw. die gesamte stadtbevölkerung in einen amokartigen kampfzustand "alle gegen alle" zu verwickeln."
insbesondere das "alle gegen alle" kam mir bei ansicht einiger bilder aus den aktuellen britischen riots wieder in den sinn; schon berühmt ist ja inzwischen die szene, in der ein verletzter und am boden liegender junge von einer dazu kommenden gang vordergründig versorgt und dabei nochmals ausgeraubt wird. hm?:
(...)"Um eine USK-18-Einstufung bzw. Indizierung zu verhindern, wurden in den deutschen Versionen einiger GTA-Spiele Inhalte entfernt. Dies betrifft (...) das Nachtreten und Berauben der am Boden liegenden Opfer." (...)
von allen folgen der gta-reihe wurden bis heute auf den verschiedenen plattformen zusammengenommen ca. 100 millionen exemplare verkauft, was "gta" zu einem der erfolgreichsten produkte der popkultur des späten 20. und frühen 21. jahrhunderts macht. und es besteht eine erhöhte wahrscheinlichkeit, dass auch diverse der an den riots beteiligten dieses spiel kennen. haben wir hier also eine klassisch kausale ursache-wirkungs-kette vor uns?
die antwort, die ich darauf bevorzuge, gab der maskierte killer im horrorfim "scream 1" sinngemäß an die überlebende heldin, als diese ihm vorwarf, er habe wohl zuviele horrorfilme gesehen: "schieb die schuld nicht auf die filme, sid. die filme machen niemanden zum mörder, aber sie machen die mörder phantasievoller". das sehe ich analog für spiele wie "gta" ähnlich - sie spiegeln primär die existierende realität (und wie ich damals schon schrieb, in einer teils zynischen und drastischen art und weise), können aber für jugendliche, die aus bestimmten gründen eh schon probleme mit der wahrnehmung der trennung von virtueller und authentischer realität haben, durchaus auf unschöne handlungsoptionen aufmerksam machen. die erwähnte unsicherheit der wahrnehmung erzeugen jedoch können sie mit einiger sicherheit nicht; die stammt aus der alltäglichen realität, geprägt von (materieller) armut, erfahrungen von isolation und ausschluß, "normal" gewordener anwesenheit von gewalt sowie innerlicher verödung. was übrigens bis auf die materielle armut durchaus auch lebenshorizonte sind, die ein zunehmend großer teil der sog. mittelklasse kennenlernen "darf" (bisher noch, ohne groß daraus etwas zu lernen); modifiziert dürfte das in spezieller art und weise selbst auf etliche kinder aus den sog. oberschichten zutreffen - der "goldene käfig" ist nicht nur eine metapher.
waren die riots deshalb "unpolitisch"? natürlich nicht. sie spiegeln ebenso die dominanz bestimmter kapitalistischer ideologischer fragmente wieder ("nimm alles, was du kriegen kannst") wie auch das gefühl der aussichtslosigkeit der eigenen lage, welches in krass unterschiedlichen ausprägungen hinsichtlich der versuchten bewältigung inzwischen zu einem gesamteuropäischen phänomen nicht nur der jugendlichen teile der bevölkerungen geworden ist.
die reaktionen der britischen regierung mögen aus einer bestimmten perspektive alles andere als dumm erscheinen; sind doch sündenbockkonstrukte, geschürter rassismus & klassenhaß nach unten ebenso wie innere aufrüstung nur allzugut bekannte instrumente aus dem arsenal der elitären waffen zwecks machtsicherung. langfristig jedoch ist die damit assoziierte entwicklung im sinne einer tatsächlich lebensbejahenden, ja sogar erhaltenden perspektive schlicht ausdruck von dummheit, antisozialer dummheit im großen maßstab nämlich. was mehr über die innere verfassung dieser "eliten" aussagt als sie selbst ahnen. und es passt sehr gut zu einigen analogen befunden zum gleichen thema, die ich hier in der vergangenheit schon dargestellt habe.
*
zum neuen "gigantischen" ölfeld vor norwegen reicht eine kleine rechenaufgabe als kommentar: geschätzt wird das vorkommen auf ungefähr 1,2 milliarden barrel. bei einem täglichen weltölverbrauch von ca. 80 millionen barrel reicht das feld also theoretisch für wie lange? eben. (und das theoretisch bedeutet noch nicht mal praktisch, weil aus technischen und auch physikalischen gründen längst nicht alles öl aus dem boden geholt werden kann. real dürfte das feld eher mal für eine woche reichen, und das ist positiv geschätzt. zurück ins studio.)
*
man muss allerdings auch konstatieren, dass sich die erwähnte dummheit nicht nur auf seiten der "eliten" befindet, sondern selbstverständlich auch bei großen teilen derjenigen, die sich solche deformierten subjekte wieder und wieder bspw. als "regierungen" wählen. da gibt es durchaus eine relevante interessengleichheit, was den herrschenden status quo anbelangt, der sich doch bitte bitte niemals ändern soll.
sie steuern allesamt auf ein bitterböses erwachen zu - dann, wenn sie die wand merken, an die sie geknallt sind.
ich habe die aussagen im letzten beitrag schon sehr ernst gemeint; der krisenzyklus, in dem wir uns offen seit 2008 befinden, zeigt einige relevante eigenarten, die ihn von vergangenen "normalen" krisen im kapitalismus deutlich unterscheiden und darauf hindeuten, dass es hier eben nicht nur um die spezifischen ökonomischen abläufe im kapitalismus geht, zu denen zwangsweise eben auch krisen gehören, sondern ein ganzes zivilisationsmodell mit all seinen ex- und impliziten welt- und menschenbildern zur disposition steht. wie steht es nüchtern im "tipping point" auf seite 37? "Wirtschaftswachstum→steigende Energiepreise → Rezession → fallende Energiepreise → erneutes Wirtschaftswachstum auf niedrigerem Niveau wegen sinkender Ölproduktion. Die aktuelle Wirtschaftslage spiegelt den Beginn dieses Sachverhalts wider."
ich hebe peak oil deshalb so hervor, weil hier voraussichtlich die effekte am stärksten spürbar werden (für uns im westen). das papier listet ja ebenso wie chris martenson auch noch ein paar andere "wände" auf, die rasend näherkommen:
all das sind aber punkte, die in der diskussion über "die krise" meist schlicht nicht existieren - komplexitätsreduktion in ihrer drastischsten form (ein merkmal, was nebenbei gesagt bei diversen "psychischen" aka psychophysischen störungen sehr relevant für die diagnose ist bzw. sein sollte).
*
soweit ein paar allgemeine anmerkungen aus meinem weiter andauernden "analogen exil". nicht erwähnt und kommentiert habe ich jetzt bspw. die unbestätigten meldungen aus fukushima, nach denen rund um die schrottreaktoren spalten in der erde entstanden sind, aus denen radioaktiver dampf austritt (was auf das durchschmelzen des betonbodens hindeuten würde). ebenso nicht die gerüchte um eine zunehmende kriegsgefahr zwischen der türkei und syrien, zwei staaten, die sich in der bekämpfung ihnen unliebsamer bevölkerungsgruppen nicht viel geben. nichts zu den schweren unruhen in china, den protesten in israel, den auseinandersetzungen in tunesien und ägypten, den aktivitäten in spanien und griechenland, der situation in italien...
aber für all das sehe ich sinngemäß vieles von dem gelten, was ich oben beschrieben habe - stichwort dummheit. "elitär", kollektiv, individuell und systemisch. und schließen tue ich passend mit dem schluß des zu beginn verlinkten textes:
(...) "Die Regierenden bringen nichts Vernünftiges zustande. Die Krisenprozesse nehmen weltweit und in den unterschiedlichsten Gestalten zu. Und weit und breit ist niemand unter den derzeitigen Entscheidungsträgern zu sehen, der oder die in der Lage wäre, Lösungen zu schaffen. Es verdichten sich die Anzeichen, dass es auf einen chaotischen Zustand zuläuft. Und die Unruhe wächst."
so beginnt ein dokumentierter artikel im linksnet unter der passenden überschrift "Wachsende Unruhe". und ja, inzwischen wird die allgemeine ratlosigkeit ebenso wie die allgemeine gesellschaftliche agonie im angesicht der um sich greifenden krisenprozesse nicht nur online mit händen greifbar (hier ist es schon länger der fall), sondern meiner persönlichen wahrnehmung nach auch zunehmend im sog. real life, der letztlich einzig relevanten realität.
in den letzten wochen habe ich begonnen, nicht nur martensons crash course, sondern auch den im letzten beitrag vorgestellten tipping point in meinem nächsten umfeld bekanntzumachen. und anders als 2008, wo ich schon mal versucht hatte, ein unverbindliches treffen zu organisieren zwecks austausch über die möglichen verläufe sowie die hintergründe des damaligen ökonomischen krisenauftakts, wurde mir diesmal nicht primär mit verständnislosen blicken geantwortet - die nicht enden wollende ereignisdichte der letzten jahre bringt zunehmend mehr leute ins zweifeln, was aber eben keineswegs im nächsten schritt auf handlungen hinauslaufen muss, sondern genausogut (wahrscheinlich sogar primär) tendenziell solche reaktionen hervorrufen kann, wie ich sie vor einiger zeit bei einem guten freund erlebte, der mir nach einem längeren gespräch sinngemäß das folgende fazit gab: ich hätte ja wahrscheinlich schon irgendwie recht mit meinen befürchtungen, aber er weigere sich, davon seinen alltag beeinflussen zu lassen.
was nicht sein darf, kann auch nicht sein. die eine seite, und die andere ist die, die ich schon vor längerer zeit mal hier in worte gefasst habe: der alltag hier (und auch anderswo) ist mit seinen wirkungen die eigentliche katastrophe, die alle anderen mit hervorbringt. was am ende wieder generell zu unserer art des lebens hier führt.
wenn man sich die ereignisse und die offentlichen/offiziellen sowie "privaten" reaktionen darauf so betrachtet, so fällt neben der schier unbegrenzten ignoranz die entsetzliche dummheit ins auge, die die heutigen "westlich" orientierten (primär aufs ökonomisch-technologische-industrielle niveau bezogen) gesellschaften kollektiv befallen hat. ein nicht unwesentlicher faktor, wenn es um die abschätzung der fähigkeiten geht, auf existenzielle krisen zu reagieren. mit "dummheit" meine ich nun nicht das, was so landläufig darunter verstanden wird, sondern eher ein ganzes set von (vor-)urteilen, handlungsmustern und gewohnheiten, die dafür sorgen, notwendige handlungen und tiefgreifende, auch und gerade persönliche änderungen, nicht durchführen zu können und das sogar noch ganz richtig zu finden. ein wesentlicher punkt in diesem set ist die unfähigkeit, komplexitäten wahrzunehmen und begreifen zu können, was in der heutigen welt zwangsweise sofort ganze ketten von fatalen und destruktiv wirkenden fehlern nach sich ziehen muss.
das lässt sich fast beliebig an so ziemlich jeder einzelnen nachricht in diesen zeiten vorführen. von der "offiziellen" britischen regierungsreaktion auf die riots angefangen, über die jubelmeldungen über das "riesige" gefundene neue ölfeld vor der norwegischen küste (das gleichzeitig ein paar hundert seemeilen weiter eine "shell"-bohrinsel vor sich hinleckt, ist in diesem zusammenhang schon von einer bitterbösen ironie), bis hin zum öffentlich-medialen diskurs über "die wirtschaft" (bzw. ihre krise), bei der sich der wahrnehmungsmässige focus tunnelhaft darauf konzentriert, nach anzeichen und den "richtigen maßnahmen" für "wachstum", "aufschwung" und "stabilisierung" zu fahnden - überall springt einem die dummheit dreist grinsend frontal ins gesicht.
*
ich habe neulich mal wieder den inzwischen auch schon in die jahre gekommene spielklassiker "gta 3" herausgekramt, über den ich im zusammenhang mit dem thema amok vor langer zeit hier das folgende geschrieben hatte:
"in "gta 3" ist die an new york angelehnte stadt namens "liberty city" (bereits der name ist der blanke hohn auf die kapitalistische "freiheit") säuberlich unterteilt in die machtbereiche verschiedener banden und clans - von der cosa nostra über die triaden und den yakuza bis hin zum kolumbianischen kokain-kartell ist die elite der als solches definierten organisierten kriminalität vorhanden, und dazwischen tummeln sich etliche, ethnisch organisierte streetgangs. eine brutale und korrupte polizei sowie extrem mißgelaunte und ständig schlagbereite passantInnen vervollständigen ein virtuelles bild, welches sich bei der betrachtung der realität in diversen regionen des planeten nur als prophetisch bezeichnen lässt. vielleicht ist das auch ein - versteckter - grund für manche zensurbestrebungen. in "vice city" und indirekt auch in "gta 3" gibt es dazu regulär bzw. mittels cheats die möglichkeit, selbst als spielfigur amok zu laufen bzw. die gesamte stadtbevölkerung in einen amokartigen kampfzustand "alle gegen alle" zu verwickeln."
insbesondere das "alle gegen alle" kam mir bei ansicht einiger bilder aus den aktuellen britischen riots wieder in den sinn; schon berühmt ist ja inzwischen die szene, in der ein verletzter und am boden liegender junge von einer dazu kommenden gang vordergründig versorgt und dabei nochmals ausgeraubt wird. hm?:
(...)"Um eine USK-18-Einstufung bzw. Indizierung zu verhindern, wurden in den deutschen Versionen einiger GTA-Spiele Inhalte entfernt. Dies betrifft (...) das Nachtreten und Berauben der am Boden liegenden Opfer." (...)
von allen folgen der gta-reihe wurden bis heute auf den verschiedenen plattformen zusammengenommen ca. 100 millionen exemplare verkauft, was "gta" zu einem der erfolgreichsten produkte der popkultur des späten 20. und frühen 21. jahrhunderts macht. und es besteht eine erhöhte wahrscheinlichkeit, dass auch diverse der an den riots beteiligten dieses spiel kennen. haben wir hier also eine klassisch kausale ursache-wirkungs-kette vor uns?
die antwort, die ich darauf bevorzuge, gab der maskierte killer im horrorfim "scream 1" sinngemäß an die überlebende heldin, als diese ihm vorwarf, er habe wohl zuviele horrorfilme gesehen: "schieb die schuld nicht auf die filme, sid. die filme machen niemanden zum mörder, aber sie machen die mörder phantasievoller". das sehe ich analog für spiele wie "gta" ähnlich - sie spiegeln primär die existierende realität (und wie ich damals schon schrieb, in einer teils zynischen und drastischen art und weise), können aber für jugendliche, die aus bestimmten gründen eh schon probleme mit der wahrnehmung der trennung von virtueller und authentischer realität haben, durchaus auf unschöne handlungsoptionen aufmerksam machen. die erwähnte unsicherheit der wahrnehmung erzeugen jedoch können sie mit einiger sicherheit nicht; die stammt aus der alltäglichen realität, geprägt von (materieller) armut, erfahrungen von isolation und ausschluß, "normal" gewordener anwesenheit von gewalt sowie innerlicher verödung. was übrigens bis auf die materielle armut durchaus auch lebenshorizonte sind, die ein zunehmend großer teil der sog. mittelklasse kennenlernen "darf" (bisher noch, ohne groß daraus etwas zu lernen); modifiziert dürfte das in spezieller art und weise selbst auf etliche kinder aus den sog. oberschichten zutreffen - der "goldene käfig" ist nicht nur eine metapher.
waren die riots deshalb "unpolitisch"? natürlich nicht. sie spiegeln ebenso die dominanz bestimmter kapitalistischer ideologischer fragmente wieder ("nimm alles, was du kriegen kannst") wie auch das gefühl der aussichtslosigkeit der eigenen lage, welches in krass unterschiedlichen ausprägungen hinsichtlich der versuchten bewältigung inzwischen zu einem gesamteuropäischen phänomen nicht nur der jugendlichen teile der bevölkerungen geworden ist.
die reaktionen der britischen regierung mögen aus einer bestimmten perspektive alles andere als dumm erscheinen; sind doch sündenbockkonstrukte, geschürter rassismus & klassenhaß nach unten ebenso wie innere aufrüstung nur allzugut bekannte instrumente aus dem arsenal der elitären waffen zwecks machtsicherung. langfristig jedoch ist die damit assoziierte entwicklung im sinne einer tatsächlich lebensbejahenden, ja sogar erhaltenden perspektive schlicht ausdruck von dummheit, antisozialer dummheit im großen maßstab nämlich. was mehr über die innere verfassung dieser "eliten" aussagt als sie selbst ahnen. und es passt sehr gut zu einigen analogen befunden zum gleichen thema, die ich hier in der vergangenheit schon dargestellt habe.
*
zum neuen "gigantischen" ölfeld vor norwegen reicht eine kleine rechenaufgabe als kommentar: geschätzt wird das vorkommen auf ungefähr 1,2 milliarden barrel. bei einem täglichen weltölverbrauch von ca. 80 millionen barrel reicht das feld also theoretisch für wie lange? eben. (und das theoretisch bedeutet noch nicht mal praktisch, weil aus technischen und auch physikalischen gründen längst nicht alles öl aus dem boden geholt werden kann. real dürfte das feld eher mal für eine woche reichen, und das ist positiv geschätzt. zurück ins studio.)
*
man muss allerdings auch konstatieren, dass sich die erwähnte dummheit nicht nur auf seiten der "eliten" befindet, sondern selbstverständlich auch bei großen teilen derjenigen, die sich solche deformierten subjekte wieder und wieder bspw. als "regierungen" wählen. da gibt es durchaus eine relevante interessengleichheit, was den herrschenden status quo anbelangt, der sich doch bitte bitte niemals ändern soll.
sie steuern allesamt auf ein bitterböses erwachen zu - dann, wenn sie die wand merken, an die sie geknallt sind.
ich habe die aussagen im letzten beitrag schon sehr ernst gemeint; der krisenzyklus, in dem wir uns offen seit 2008 befinden, zeigt einige relevante eigenarten, die ihn von vergangenen "normalen" krisen im kapitalismus deutlich unterscheiden und darauf hindeuten, dass es hier eben nicht nur um die spezifischen ökonomischen abläufe im kapitalismus geht, zu denen zwangsweise eben auch krisen gehören, sondern ein ganzes zivilisationsmodell mit all seinen ex- und impliziten welt- und menschenbildern zur disposition steht. wie steht es nüchtern im "tipping point" auf seite 37? "Wirtschaftswachstum→steigende Energiepreise → Rezession → fallende Energiepreise → erneutes Wirtschaftswachstum auf niedrigerem Niveau wegen sinkender Ölproduktion. Die aktuelle Wirtschaftslage spiegelt den Beginn dieses Sachverhalts wider."
ich hebe peak oil deshalb so hervor, weil hier voraussichtlich die effekte am stärksten spürbar werden (für uns im westen). das papier listet ja ebenso wie chris martenson auch noch ein paar andere "wände" auf, die rasend näherkommen:
- generell: zu hohe systemische komplexität verstärkt zwangsläufig alle möglichen systemischen instabilitäten
- in nordafrika und dem nahen osten, aber auch anderen regionen wird peak water in form von trinkwassermangel zum prioritären problem werden, und zwar in sehr naher zukunft
- weltweit macht sich langsam die überbeanspruchung des nutzbaren bodens incl. erosion bemerkbar
- wenn Sie noch nie was von peak phosphor gehört haben, sind Sie wahrscheinlich in der mehrheit. recherchieren Sie einfach mal, was sich dahinter verbirgt
- allgemein sind die folgen der (un-)sichtbaren ökologischen schäden in allen möglichen bereichen überhaupt nicht einzuschätzen, was letztlich in einer vernünftigen welt bedeuten muss, sie erst gar nicht entstehen zu lassen
- was martenson völlig ausser acht lässt, und im tipping point immerhin in einigen nebensätzen angedeutet wird, ist die tatsache, dass uns all diese prozesse in einer situation erwischen, in der sich große teile der spezies tagtäglich mit den folgen der seit jahrhunderten und generationen akkumulierten gewalt herumschlagen. die direkte konsequenz daraus ist u.a. eine destruktive irrationalität, wie wir sie nicht nur jüngst in großbritannien beobachten konnten, sondern in vielen anderen ländern in anderen formen genauso. ausgerechnet in einer situation, in der soziale fähigkeiten existenziell bereits zum bloßen überleben werden, sind eben genau diese fähigkeiten in großen teilen der bevölkerungen rund um den globus bereits stark ge- und beschädigt. was aus so einer situation entsteht - und das lässt sich an vielen historischen beispielen verifizieren - ist letztlich sowohl von der "mentalität" als auch der basalen organisierung her nichts anderes als die mafia, hier als synonym gemeint. ja, es gibt auch immer gegenbewegungen, dem fakt geschuldet, dass weniger kollektiv sozial und individuell psychophysisch geschädigte bevölkerungsgruppen so etwas wie soziales handeln aufrechterhalten können. die kommenden zeiten werden jedoch vermutlich auf eine finale auseinandersetzung zwischen diesen beiden modellen menschlicher organisation hinauslaufen, bei dem die letztere gruppe unter den denkbar schlechtesten voraussetzungen antritt.
all das sind aber punkte, die in der diskussion über "die krise" meist schlicht nicht existieren - komplexitätsreduktion in ihrer drastischsten form (ein merkmal, was nebenbei gesagt bei diversen "psychischen" aka psychophysischen störungen sehr relevant für die diagnose ist bzw. sein sollte).
*
soweit ein paar allgemeine anmerkungen aus meinem weiter andauernden "analogen exil". nicht erwähnt und kommentiert habe ich jetzt bspw. die unbestätigten meldungen aus fukushima, nach denen rund um die schrottreaktoren spalten in der erde entstanden sind, aus denen radioaktiver dampf austritt (was auf das durchschmelzen des betonbodens hindeuten würde). ebenso nicht die gerüchte um eine zunehmende kriegsgefahr zwischen der türkei und syrien, zwei staaten, die sich in der bekämpfung ihnen unliebsamer bevölkerungsgruppen nicht viel geben. nichts zu den schweren unruhen in china, den protesten in israel, den auseinandersetzungen in tunesien und ägypten, den aktivitäten in spanien und griechenland, der situation in italien...
aber für all das sehe ich sinngemäß vieles von dem gelten, was ich oben beschrieben habe - stichwort dummheit. "elitär", kollektiv, individuell und systemisch. und schließen tue ich passend mit dem schluß des zu beginn verlinkten textes:
(...) "Die Regierenden bringen nichts Vernünftiges zustande. Die Krisenprozesse nehmen weltweit und in den unterschiedlichsten Gestalten zu. Und weit und breit ist niemand unter den derzeitigen Entscheidungsträgern zu sehen, der oder die in der Lage wäre, Lösungen zu schaffen. Es verdichten sich die Anzeichen, dass es auf einen chaotischen Zustand zuläuft. Und die Unruhe wächst."
monoma - 17. Aug, 15:04