assoziation: nachdenken über EHEC [6. update am 10.06.*]

(...) "Die behandelnden Ärzte sprechen derweil von zunehmenden neurologischen Symptomen bei den HUS-Patienten. "Wir haben Patienten, die überhaupt keinen Durchfall haben, aber schwere neurologische Symptome", sagte der Direktor der Nephrologie am Kieler Uniklinikum, Professor Ulrich Kunzendorf. Andere Ärzte sprachen von "völlig abgedrehten Patienten".

Der Gastroenterologe Professor Stefan Schreiber von der Uni Kiel sprach von einer "Situation medizinischer Hilflosigkeit". Die jetzige Welle sei vergleichbar mit anderen großen Seuchen, etwa der Pest." (...)


("Ärztezeitung")

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nein, ich habe durchaus nicht vor, die gegenwärtigen ereignisse in südeuropa, japan/fukushima oder auch in nordafrika und arabien zu ignorieren. allerdings merke ich in den letzten tagen, dass mich das treiben jener e. coli-bakterien dann doch aus verschiedenen gründen immer mal wieder ausgiebig beschäftigt. aus mehreren gründen: einmal, weil ich selbst in einer stadt (noch) am rande jener zone lebe, in der - aus guten gründen, später mehr - eine oder mehrere aktive quellen der infektion zu suchen sein dürften. zweitens, weil sich auch in den hiesigen krankenhäusern inzwischen die intensivstationen beängstigend schnell füllen. drittens habe ich während meiner beruflichen ausbildung auch mit interesse am bereich epidemiologie geschnuppert - das liegt zwar schon ein paar jährchen zurück, aber momentan kommen immer wieder erinnerungen an ein paar grundlagen hoch. und schon damals rührte mein interesse auch davon her, dass epidemiologen in vielen fällen nicht sehr viel anders als kriminalisten an den ausbruch einer krankheit herangehen (müssen) - mögliche kausalketten aufrollen, ereignisse rückverfolgen, situationen rekonstruieren, plausibilitäten abschätzen, stück für stück geschehnisse bewerten und entweder ausschließen oder aber als basis für weitere ermittlungen nutzen.

und viertens lebe ich seit jahrzehnten (lakto-)vegetarisch, und esse eigentlich sehr gerne frischen gurkensalat - natürlich "bio", mit gewaschener schale, in hauchfeine scheiben gerieben, mit gutem olivenöl, echtem balsamico, kräutersalz, pfeffer und viel (am besten frischem) dill.

dieses schöne bild wurde nun in den letzten wochen von ganz anderen szenen überlagert, was mich persönlich nicht nur ärgert, sondern auch motiviert, jetzt hier meine ebenso persönlichen gedanken dazu loszuwerden. was ich hinsichtlich der bisher bekannten fakten so schreibe, werde ich nicht in jedem fall mit links unterlegen, weil das einfach zu viele werden würden. aber ich konnte jede der folgenden infos über das netz soweit nachprüfen und -vollziehen, das ich das mit gutem gewissen so schreiben kann wie ich´s schreibe.

1. kurz und knapp - der erreger

escherichia coli ist ein eigentlich
bestens bekanntes bakterium, welches in seinen gutartigen formen - und am richtigen platz - für unsere existenz durchaus positive aspekte aufweist. ausserhalb des darmes und in seinen pathogenen formen jedoch kann es sehr schnell zu unschönen bis schwer bedrohlichen zuständen führen. und während es bisher immer hieß, dass der aktuell verantwortliche ehec-strang aus der e. coli-familie schon lange bekannt sei, aber bisher niemals auffällig - schon gar nicht so verbreitet und vor allem so aggressiv - geworden ist, kamen vor ein paar stunden weitere informationen an die öffentlichkeit:

(...) "Die vorläufige genetische Untersuchungen hätten ergeben, dass der Stamm eine mutierte Form aus zwei E.-coli-Bakterien ist, sagte die WHO-Expertin für Lebensmittelsicherheit, Hilde Kruse. Weiter sagte sie, ein solcher Stamm sei noch nie bei Patienten isoliert worden. Der neue Stamm weise Merkmale auf, die ihn mehr Giftstoffe produzieren ließen." (...)

das dürfte nun weiteres wasser auf die mühlen jener stimmen darstellen, die in den letzten tagen immer deutlicher vernehmbar an vielen stellen im netz das wort "biowaffenanschlag" vor sich hinmurmeln. ich sehe dafür weit und breit bisher bei dem, was so an informationen kursiert, keine wirklich überzeugenden indizien und betrachte die entsprechende meinung als reines konstrukt, welches allerdings durch eine durchaus mangelhafte informationspolitik seitens der verantwortlichen behörden gefördert wird.

aber noch mal zum erreger, dessen bisher sichtbare eigenarten durchaus beunruhigend sind:
  • resistent gegen die allermeisten antibiotika
  • tatsächlich sehr toxisch - die produzierten gifte können das darmgewebe derart angreifen, dass bereits bei einigen betroffenen teile des darms herausoperiert werden mussten. ebenfalls wurde von schweren entzündungen des gesamten magen-darm-traktes berichtet
  • die zahl derjenigen, die schwere nierenkomplikationen (HUS) im gefolge der zerstörung von roten blutkörperchen entwickeln, ist überproportional hoch
  • diejenigen antibiotika, die noch wirkung zeigen, führen als reaktion bei den bakterien offensichtlich zu einem nochmals erhöhten ausstoß an toxinen
  • ebenfalls ziemlich rätselhaft sind die meines wissens so noch nie bei einem ehec-ausbruch beobachteten neurologischen ausfälle, die von epileptischen anfällen über halluzinationen und sprachverluste bis hin zu kleinen schlaganfällen reichen können
  • sind bei früheren ausbrüchen vor allem überdurchschnittlich viele kinder betroffen gewesen, so reicht das spektrum aktuell von kindern bis sehr alten menschen, mit einer großen zahl von bisher "recht gesunden" (das ist bekanntlich interpretationssache) erwachsenen. dabei wiederum sind frauen stark vertreten (das ist ein interessantes und wichtiges indiz, wie ich finde)
  • es ist eine normalerweise für bakterien lächerlich geringe zahl an exemplaren - zwischen zehn und hundert - für eine infektion ausreichend
  • schmierinfektionen sind möglich, ebenso kann eine mensch-zu-mensch oder auch tier-zu-mensch-übertragung nicht ausgeschlossen werden (ist in der vergangenheit beides schon nachgewisen worden)
  • überraschenderweise fällt es mir aus was für gründen auch immer bisher schwer, ein klare antwort auf die frage nach der überlebensquote von ehec / e. coli außerhalb eines lebenden körpers zu finden. sporenbildung findet nicht statt, aber es gibt etliche hinweise darauf, dass ehec-erreger zumindest einige zeit auch außerhalb von ihren bevorzugten darmmilieus existieren können. vermutlich habe ich eine entsprechende klare ansage bisher nur nicht gefunden oder übersehen, wobei gerade eine solche für einige hypothesen über den ausbruch sehr wichtig wäre
  • und ja, ehec stammt mit sicherheit aus tierdärmen, bevorzugt rinderinnereien, aber auch aus denen von schafen und ziegen; schweine können den erreger zwar auch tragen, sind allerdings normalerweise zu vernachlässigen
  • inkubationszeit: zwischen zwei und zehn tagen
alles zusammengenommen ein wirklich unerfreuliches wesen, und mit einigen eigenschaften, die mich den verdacht äußern lassen, dass wir möglicherweise gerade den beginn von etwas erleben, was zumindest ich keinesfalls erleben möchte. das sei übrigens auch all jenen in stammbuch geschrieben, die - sicher mit einer gewissen berechtigung - auf tote durch autounfälle, rauchen, grippevieren, resistente krankenhauskeime etc. etc. hinweisen und fragen, warum in diesen fällen nicht vergleichbarer krach geschlagen wird. nun, damit werden bei mir einerseits offene türen eingerannt, andererseits betrachte ich persönlich ehec nicht als "einfache infektion, die mal halt immer wieder vorkommt", sondern in diesem fall als - wiedermal - von menschen selbst produziertes desaster, welches durchaus beängstigend werden kann bzw. zumindest das potenzial dafür hat.

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2. die norddeutschen hot spots - das elbe-weser-dreieck...

von anfang an war sehr klar, dass es einen oder mehrere regional deutlich eingrenzbare(n) infektionsherd(e) geben muss - immer noch sind sehr viele der infizierten, die aus anderen bundesländern oder auch dem europäischen ausland gemeldet werden, nachweislich vor dem ausbruch ihrer symptome in norddeutschland unterwegs gewesen. neben dieser tatsache verweist die zahl der bestätigten erkrankungen und verdachtsfälle im norden selbst auf diese besonderheit. es ist durchaus interessant, sich die bisherige verbreitung mal genauer zu betrachten.

auffällige cluster von fallzahlen werden aktuell aus folgenden gebieten und städten gemeldet (Sie können gerne selbst nachrecherchieren; "ehec" und stadtname reicht): hamburg natürlich, region und stadt cuxhaven, die kleinstadt rotenburg/wümme, harburg (kurz westlich vor hamburg), lüneburg. jetzt schauen wir mal auf die folgende karte:

elbeweserdreieck

(für die süddeutschen leserInnen: das "elbe-weser-dreieck" ist analog zum "weser-ems-gebiet" ein gebräuchlicher begriff). das "dreieck" wird markiert durch cuxhaven im norden, sowie bremen und hamburg im westen und osten. südöstlich schließt sich die lüneburger heide an, incl. lüneburg (auf der karte ganz unten im südosten).

die ganze gegend ist sehr ländlich geprägt; kleinstädte und dörfer wechseln sich ab. an der küste spielt natürlich der tourismus eine gewisse rolle; ebenso ist das alte land am westlichen elbufer (rund um stade) ein überregional bekannter begriff für ein traditionelles obstanbaugebiet.

zu dem, was sich östlich der elbe abspielt, komme ich gleich. zunächst ein blick nach westen, über die weser: hier werden bisher nur vereinzelte fälle von infektionen gemeldet; der landkreis wesermarsch (etwa nordwestlich von bremen hoch an der weser entlang bis an die küste) hatte bis gestern zwei bestätigte fälle; der sich südlich bzw. südwestlich daran anschließende landkreis oldenburg nur einen. weitere einzelfälle wurden bspw. aus kirchweyhe (bei bremen) sowie diepholz (schon eine ganze ecke weiter südlich von bremen) gemeldet. worauf ich hinauswill: bisher ist das kein vergleich mit dem geschehen östlich der weser. was ein epidemiologisch nicht ganz unwichtiger faktor sein dürfte. die krankenhäuser in bremen und bremerhaven sind übrigens z.zt. hauptsächlich voll mit infizierten aus dem elbe-weser-dreieck - ähnliches gilt auch für hamburg, wo gleichzeitig viele betroffene aus schleswig-holstein versorgt werden. das ist auch das nächste stichwort

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3. ... und schleswig-holstein

es gibt
hier auf einer offiziellen seite einen link zu einem pdf, welches die aktuelle ehec-verteilung im land zeigt. deutlich erkennbar sind die cluster östlich / nordöstlich rund um hamburg in den kreisen pinneberg und storman, aber auch kiel und lübeck an der ostseeküste sowie der bereich rund um flensburg an der dänischen grenze weisen auffällig erhöhte zahlen auf.

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4. (un-)wahrscheinlichkeiten

wenn ich mal das gedankenexperiment veranstalte, selbst auf basis der öffentlich verfügbaren informationen auf epidemiologische spurensuche zu gehen, dann kommt dabei ungefähr das folgende heraus:

erstens: der erreger stammt bevorzugt aus dem verdauungstrakten von wiederkäuern wie rindern, schafen und ziegen. zweitens: die antibiotikaresistenzen weisen als allererstes auf eine mutation hin, die aus der industrialisierten massentierhaltung stammt. das ist für mich einfach eine wesentlich näherliegende erklärung als spekulationen über ominöse (womöglich gar noch "islamistische") laborpanschereien mit e. coli. drittens: wenn ich mir die betroffenen regionen betrachte, so sind kühe/rinder dort absolut keine seltenheit und müssen auch oft genug in massentierhaltung ihr dasein fristen. schafe sind in den küstenregionen besonders auf den deichen keine seltenheit, aber auch an deichen der grossen und kleineren flüsse der betroffenen regionen anzutreffen; ebenfalls durchstreifen vereinzelte schäfer mit ihren herden das hinterland, in der lüneburger heide auch mit heidschnucken. massentierhaltung ist bei ihnen regional aber meines wissen dort ebensowenig ein thema wie bei ziegen. was bedeutet, sich vorzugsweise auf rinder/kühe als ausgangspunkt zu konzentrieren (und gleichzeitig breitflächig präventiv einmal die frei laufenden schafe zu untersuchen).

viertens: der bisher enorme anteil von infizierten frauen weist meiner meinung nach deutlich auf kontaminierte lebensmittel hin; das lässt sich besonders in den ländlichen regionen damit begründen, dass hier frauen immer noch "traditionell" für den küchenbereich zuständig sind. der nachweislich mit ehec infizierte und alleine lebende, in seiner wohnung tot aufgefundene mann in hamburg dürfte aller wahrscheinlichkeit nach selbstversorger und sein eigener koch gewesen sein. fünftens: die bekannten fälle von nach ihrer durchreise erkrankten in anderen bundesländern / im ausland weisen auf ein oder mehrere lebensmittel hin, die sich auch in hotels, pensionen, restaurants, raststätten... finden lassen müssen und womöglich einen regionalen ursprung haben. sechstens: es ist unwahrscheinlich, dass es einen einzigen räumlichen und engbegrenzten hot spot im sinne wie bspw. hamburger großmarkt o.ä. gibt. großmärkte sind als umschlags- und handelsplätze auch für regionale produkte natürlich verdächtig, aber wenn ich mich mal spekulativ über das einkaufsverhalten älterer (infizierter) damen auch in kleineren norddeutschen städten weitab von hamburg äußern darf, so sind diese dann doch eher auf (wenn vorhanden) wochenmärkten sowie in kleinen lebensmittelläden / kleinsupermärkten anzutreffen. das hängt nicht zuletzt mit den ländlichen infrastrukturen zusammen. und die beinhalten auch direkte lieferungen von regionalen erzeugern.

siebentens: und gerade diese älteren frauen schließen auch ursächlich eher aus, dass sich eine originäre quelle für den erreger direkt in hamburg finden lässt. dieser gedanke liegt zunächst nahe, wenn man sich klarmacht, dass hamburg ein großes einzugsgebiet - sagen wir mal einen umkreis von ca. 200 km - für pendler hat, die täglich kommen und gehen, gerade aus den oben dargestellten cluster-regionen. aber alte damen pendeln bekanntlich eher nicht jeden tag in großstädte. achtens: die focussierung auf gemüse ist nicht nachvollziehbar, vor allem nicht, wenn laut aussagen von ärzten etliche infizierte in den fraglichen zeiträumen bspw. gar keine gurken gegessen haben. ebenfalls sind bisher alle untersuchungen von regionalem gemüse in norddeutschland auf ehec ohne befund. tatsächlich essen jüngere frauen wahrscheinlich mehr salat als männer, aber wiederum ist gerade auf dem land der konsum von fleisch (und assoziierten produkten) immer noch die norm. und es erscheint ebenfalls nicht nachvollziehbar, warum in diesem fall praktisch von anfang an fleisch und milchprodukte als mögliche quelle(n) von vorneherein faktisch ausgeschlossen wurden.

kurzes zwischenfazit: ich würde also bevorzugt etwas regional produziertes suchen, was entweder auf dem acker oder feld kontakt mit fäkalien von kühen/rindern gehabt haben kann, oder direkt ein tierisches erzeugnis darstellt, bei welchem die kontamination dann eigentlich nur aus nachlässigkeit oder bewusster und krimineller ignoranz stattfindet. erst, wenn dabei nach abschluß aller möglichen ermittlungen nichts herauskommt, würde ich transportwege und -mittel als weitere möglichkeit in betracht ziehen.

und dabei springt einen in allen betroffenen norddeutschen regionen ein mögliches oberthema geradezu an.

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5. aus scheiße gold machen - das (nicht nur norddeutsche) gülle-problem

das thema hätte eigentlich nicht nur einen eigenen artikel, sondern ein ganzes eigenes blog verdient. aber aufgrund des umfangs und der vielfältigen implikationen muss ich das stark straffen und verweise interessierte auf das selbst recherchieren. gülle ist selbst ohne einen möglichen bezug zu ehec ein ökologisches problem ersten ranges, und verweist gleichzeitig auf das unser verkorkstes verhältnis zur tierwelt.

es gibt noch ein weiteres "dreieck" hier im norden, welches allerdings nur inoffiziell mit seinem namen genannt wird - das "goldene gülle-dreieck" rund um cloppenburg und vechta im sog. oldenburgischen münsterland, im südwestlichen niedersachsen mit fließenden grenzen zum westfälischen. "golden" deshalb, weil die praxis der industrialisierten massentierhaltung - nicht nur schweine und in geringer zahl rinder, sondern auch geflügel - mit millionen von tieren in einem räumlich recht begrenzten gebiet nicht nur materiellen "wohlstand" für große teile der dortigen bevölkerung gebracht hat, sondern inzwischen auch die gesammelten und konzentrierten hinterlassenschaften
vergoldet werden:

(...) "Die Gegend ist flach und gepflegt: akkurat gepflasterte Dorfstraßen, saubere Fassaden. Die Felder nicht zu groß, gesäumt von Hainen, Sträuchern und Eichen. Dahinter stehen halb versteckt die Wahrzeichen der Region: langgezogene Baracken mit kleinen Fenstern und Kaminen. 39 Millionen Masthähnchen, Legehennen, Puten und Schweine leben darin. Jeder der 300.000 Einheimischen könnte 130 gefiederte und berüsselte Wesen um sich scharen; im bundesweiten Mittel kommen auf einen Bürger zwei sogenannte Nutztiere. Doch kaum jemand darf zu ihnen, selbst der Tierarzt nur im Notfall – groß ist die Angst vor Vogelgrippe und Schweinepest. (...)

Über 600.000 Kubikmeter überschüssigen Dünger pro Jahr karren „Güllebomber“ nun rund 100 Kilometer weit ins Umland. Edelhard Brinkmann, Geschäftsführer des Transportunternehmens Güllebank Weser-Ems, sagt, es müsste viel mehr exportiert werden. Weil niemand die Betriebe ordentlich kontrolliere, kippten sie mehr als erlaubt auf die eigenen Felder. So sparten sie Kosten. Die Spediteure werden von den abgebenden und den empfangenden Bauern bezahlt. Letztere freuen sich über die schwappende Fracht, seit die Preise für Kunstdünger steigen und sie die Fäkalien durch Schleppschläuche gezielt auftragen können. Dank dieser Technik stinkt es auch nicht mehr so bestialisch.

So wird aus Gülle Geld – umso mehr, seit sie sich gewinnbringend in Strom verwandeln lässt. Biogasanlangen sind das jüngste Glied in der agrartechnologischen Wertschöpfungskette. Drei große Hersteller haben sich hier angesiedelt und allein das Oldenburger Münsterland mit 100 Fermentern bestückt." (...)


die genannten "100 kilometer ins umland" reichen übrigens auch ins elbe-weser dreieck. in der region selbst sieht der alltag oft genug so aus, wie zufällig ausgewählte unfall- und polizeiberichte zeigen:
13.000 liter gülle nach traktorunfall ausgelaufen (2009); fahrer lässt über kilometer weit gülle auslaufen; abwässer einer tiermehlfabrik verschmutzen fluß (2011). wobei gerade letzteres in regionen mit hohem gülleaufkommen ein bundesweites problem darstellt und oft genug die ursache für kleinere und größere fischsterben ist (auch, wenn es in der letzten meldung nicht explizit um gülle geht - aber die industrialisierte tierhaltung und -verwertung produziert vielfältigste destruktive folgen).

aus schleswig-holstein kommt ein beitrag, der deutlich macht, dass auch dort die gülle schon längst ein problem darstellt und dazu einen möglichen bezug zum aktuellen ehec-ausbruch präsentiert - aus dem
januar 2011:

"Es stinkt zum Himmel. Immer mehr Bürger melden sich - teils anonym - beim NABU und haben nur eine Frage: Ist es erlaubt, dass Landwirte trotz gefrorenen Bodens und auch in der Nähe von Gewässern Gülle großflächig ausbringen? (...) Der Sachverhalt ist einfach geklärt, die Frage eindeutig zu beantworten. Nein - Gülle und gefrorener Boden passen auch rechtlich nicht zusammen.

Der seit Wochen andauernde Frost bringt Tiere haltende Landwirte mehr und mehr in Bedrängnis: Die bei der Haltung von Kühen und Schweinen anfallende Gülle darf nach der Düngeverordnung des Bundes zum Schutz der Gewässer bei gefrorenem Boden grundsätzlich nicht ausgebracht werden, um ein Ausschwemmen der das Wasser gefährdenden Inhaltsstoffe zu vermeiden. Doch die Güllebehälter der Landwirte sind nach dem frühen Winterbeginn jetzt vielfach randvoll. Selbst wenn die Temperaturen tagsüber ins Positive drehen, sind die Böden noch längst nicht aufgetaut, da manchmal in der Nacht weiterhin Bodenfrost zu erwarten ist. Zudem wurden bereits in den letzten Tagen mit starken Frösten größere Mengen Gülle ausgebracht." (...)


letzteres ist wie gesagt eigentlich - eigentlich - verboten. überhaupt: wann darf gülle wie auf welche felder? im konventionellen landbau wird nach aussagen von gemüsebauern gülle "höchstens" lange vor der aussaat zwecks nährstoffanreicherung auf die felder gebracht, und auch dann nur nach "gemessenem bedarf". auf wachsendes gemüse darf gülle überhaupt nicht ausgebracht werden, weil das u.a. den geschmack elementar und deutlich beeinflussen würde. im originären (also nicht die betriebe, die nur mit dem "eu-bio-siegel" hausieren gehen) bio-landbau hingegen dürfen tiere gar nicht unter umständen gehalten werden, die gülle überhaupt in nennenswerten mengen anfallen lassen (also in großer zahl und auf laufgittern, unter denen sich kanäle befinden, in denen alles, was von oben herunterfällt und -plätschert, gesammelt wird). hier wird lediglich mit mist gedüngt, und zwar auch niemals direkt auf gemüse, sondern auf brachliegende felder zur verbesserung der nährstoffsituation. wenn man davon ausgeht, dass hier auch der antibiotikaeinsatz entweder gar nicht oder aber nur in fällen von notwendiger veterinärmedizinischer indikation stattfindet, so ist es wahrscheinlich, dass derartige betriebe als originäre verursacher aus der verlosung sind.

für alle anderen gilt aber ein großes fragezeichen. bei den praktiken in der industrialisierten landwirtschaft, die voll der konkurrenz der globalisierung unterworfen ist, sind krankheiten bei mensch und tier nicht nur nichts besonderes, sondern sogar unausweichlich. nicht nur die ständig wiederkehrenden tierseuchen (trotz massivem antibiotikaeinsatz) bestätigen das, sondern bspw. auch ein artikel, der bereits 1999 unter der überschrift
Landluft macht krank u.a. festhielt:

(...) "Vor allem Kinder leiden unter den Emissionen der Massentierhaltung: Im "goldenen Gülledreieck" zwischen Cloppenburg und Vechta, der Region mit der größten Viehdichte Deutschlands, erkranken Kinder etwa doppelt so häufig an den Atemwegen wie in anderen Teilen des Bezirks Weser-Ems. Auch die Stadtkinder aus Hannover und Braunschweig leiden wesentlich seltener an Asthma und Allergien als ihre Altersgenossen vom Lande. (...)

Zwar sterben Bakterien außerhalb der feuchtwarmen Stallluft schnell ab. Ihre Toxine aber werden erst beim Zerfall der Mikroben frei und werden ebenso wie Viren, Pilze und deren Giftstoffe bis zu 50 Kilometer weit vom Wind getragen. Der Durchmesser dieser Partikel ist so winzig, dass sie - ähnlich wie Asbestfasern - bis in die kleinsten Lungenzipfel vordringen können." (...)


na, auch erst gestutzt beim letzten absatz? aber bitte keine schnellschüsse, es geht hier bakterien primär aus geflügelställen und nicht um ehec. nichtsdestotrotz machen diese dinge durchaus deutlich, dass uns wie soviele andere "zivilisatorische errungenschaften" die gesamte praxis der industrialisierten fabrikmässigen tierhaltung und landwirtschaft über kurz oder lang mächtig um die ohren fliegen wird - ehec könnte da nur eine besonders schrille und misstönende overtüre darstellen.

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6. die mögliche verbindung - "biogas" aus gülle

zum letzten teil noch das: das ausbringen von gülle auf gefrorene oder auch wegen dürre ausgetrocknete böden hat zur folge, dass die bestandteile der gülle zwar eintrocknen, aber auf dem und nicht im boden. sie können daher auch nicht von den bodenbakterien verarbeitet werden (ein vorgang, der mögliche pathogene keime schon mal zu einem großen teil inaktiv macht), sondern bleiben trocken bis zur wachstumsphase an der oberfläche und geraten dann auch direkt mit pflanzenteilen in kontakt. und sollte es dazu noch auf diesen ausgetrockneten böden mal stürmen, wird die ganze pracht mit allen möglichen resistenten sporen oder sonstwie geschützten erregern als feinstaub in der luft verteilt. mit ein wenig phantasie ist ein solches geschehen auch im aktuellen fall denkbar.

aber zurück zum biogas: wenn man sich einmal betrachtet, wie so ein
fermentierer arbeitet, dann wird deutlich, dass sich kaum ein prachtvollerer brutreaktor auch für pathogene keime vorstellen lässt. gülle von diversen arten kommt mit pflanzlichen resten zusammen, wird ordentlich durchmixt und gärt zwischen 30° und 37° grad vor sich hin - ich kann mir nur schwer vorstellen, dass es in diesem bakteriellen paradies erstens nicht zu allerlei spontanen mutationen kommt, die zweitens auch bei der vielzahl an tierischen fäkalien mit den vorhandenen antibiotikaresten auf ihre weise fertigwerden - nämlich resistent werden. wenn das material sozusagen fertig "verbrannt" ist, werden die festen - und weitgehend geruchsfreien - reste ebenfalls als begehrter dünger verwendet. incl. aller vorhandenen bakteriellen sporen und aktiven kulturen.

ich würde also ebenfalls mal genauer betrachten, ob und aus welchen biogasanlagen so ca. im letzten halben jahr verbreitet dünger ins elbe-weser-dreieck und nach schleswig-holstein geliefert worden ist. nur mal so als persönliche idee.

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7. zum schluß noch ein kurzes wort nach spanien

liebe spanische produzenten, erstens sind die bedingungen, unter denen in der region
almeria produziert wird, in so ziemlich jeder hinsicht ein einziger großer skandal. zweitens haben ehec-bakterien auf gurken auch dann nichts verloren, wenn sie nicht zur offensichtlich spezifischen norddeutschen mutation klassifiziert werden können. und drittens ist die idee schlicht wahnsinnig und kriminell, bei dürre und wassermangel euer gemüse einfach mit abwässern zu versorgen. eure beschwerden sind deshalb ein höchst schlechter witz. vielen dank.

(*hinweis: aufgrund der bereits vorhandenen länge dieses beitrags packe ich updates in die kommentarsektion. bisherige updates: 1. 03.06.; 2. + 3. 05.06.; 4. 06.06.; 5. 08.06.; 6. 10.06.)
monoma - 2. Jun, 18:44

auch interessant - mehr fragen

nehmen wir das mal nicht nur als anektdotische erzählungen, sondern als reale beschreibung:

"Immer wieder trifft es Patienten, die vorher schöne Tage am Meer verbracht haben. Sylt, Nordsee, Ostsee, Darß."

wenn das so stimmt, handelt es sich um leute, die auf dem norddeutschen festland wohnen oder woanders herkommen? gibt es nachweislich eine relevante zahl von infizierten, die sich zeitlich passend auf nord- oder ostseeinseln aufgehalten haben? oder direkt an der küste? das könnte dann u.u. wieder die schafe mehr ins blickfeld rücken; aber es wäre auch interessant zu wissen, wie das wetter gewesen ist - windig, wie meist an der küste? aus welchen richtungen?

aber was ist das?

"Zudem hat die Krankheit bei jedem ein anderes Gesicht. Es gibt Hus-Patienten mit dem schweren Nierenversagen und der Organwändeauflösung, bei denen findet sich gar kein Ehec-Keim."

ganz andere genese von HUS? oder verschwinden die bakterien nach einer gewissen zeit einfach?

monoma - 2. Jun, 19:37

auch relevant...

...ist eine anmerkung, die ich eigentlich schon im beitrag selbst machen wollte: im genannten "gülle-dreieck" selbst gibt es meines wissens nach bisher keine bekannten fälle. was aber auch damit zu tun haben könnte, dass in diesem gebiet zumindest sporadisch schärfer kontrolliert wird - und falls (!) direkt illegaler umgang (beseitigung/entsorgung) mit gülle etwas mit dem ausbruch zu tun haben sollte, so werden sich dort ansässige eher hüten, vor ort aktiv zu werden. diese region wandelt imagemässig schon länger auf einem sehr schmalen grad.

monoma - 2. Jun, 22:58

update zu erreger und verbreitung

diese info hilft zwar nicht unmittelbar weiter, ist aber sehr interessant:

"In dem untersuchten Genom seien Teile des klassischen Erregers sowie von einem weiter entfernten Erreger gefunden worden, erklärte der Bakteriologe Holger Rohde vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf am Donnerstag. Die beteiligten chinesischen Forscher benannten das andere Bakterium als einen Stamm, den man von Ausbrüchen in Afrika her kenne."

in einer anderen quelle wurde zentralafrika als bekannt für den anderen erreger bezeichnet. der sorgt da wohl für ernsthafte und langwierige durchfallerkrankungen. auch die ärztezeitung hat details zum neuen "super toxischen stamm"

eine der jetzigen preisfragen: wo und unter welchen umständen haben sich diese beiden verwandten kennengelernt und mikrobiologische schweinereien (gensequenztausch) betrieben? könnte sein, dass es da niemals eine antwort drauf gibt. allerdings taucht da nochmals das stichwort globalisierung auf: der hamburger hafen bezeichnet sich selbst nicht ohne grund als "tor zur welt", durch das manchmal eben auch derartige gäste schlüpfen können. ich neige bei ansicht dieser infos inzwischen dazu, jetzt von wahrhaft unwahrscheinlichen, aber eben möglichen zufallsketten auszugehen - beispiel: der eine erreger wird aus afrika, egal auf welchem wege (mensch, tier, pflanze) nach südamerika (zb. brasilien) verbracht. da wird bekanntlich viel soja angebaut. ein geringer oder größerer teil dieses sojas wird auf welchen wegen auch immer kontaminiert, das bakterium gelangt als beilage zum viehfuttermittel nach norddeutschland (dieser weg ist meines wissens vorhanden), wandert unbeschadet durch die wiederkäuermägen in den güllekreislauf und trifft (vielleicht auch schon in den tieren selbst) auf seinen entfernten verwandten. innerhalb der fleischfabriken und gülleproduktion/verwertung gibt es wie im beitrag dargestellt für e. coli genügend möglichkeiten für mutationen, genetischen austausch, erlangung von resistenzen sowie die weitere verbreitung.

oder es könnte natürlich auch jemand oder etwas direkt aus afrika als träger in hamburg aufgetaucht sein - die wege von dann möglichen kontaminationen und weiterverbreitungen dürften enorm sein.

und nochmal die bestätigung dafür, dass der norden der ausgangspunkt ist:

"Nach WHO-Angaben haben bisher zehn europäische Länder Ehec-Fälle gemeldet: Aus Schweden wurden 28 Infizierte gemeldet, sieben aus Dänemark, sechs aus Frankreich, vier aus den Niederlanden, zwei aus Großbritannien, zwei aus Österreich und zwei aus der Schweiz. Ein Mensch erkrankte in Norwegen, einer in Spanien. Alle Erkrankten sollen im Zusammenhang mit dem Ausbruch in Deutschland stehen, sollen sich in Norddeutschland aufgehalten haben."

die nadel im heuhaufen ist im vergleich wirklich leicht zu finden.

Wednesday - 3. Jun, 15:09

Dreck

> dass wir möglicherweise gerade den beginn von etwas erleben

Hinter allem steht immer und immer wieder die zwingende Logik des Markets. Er geht nun mal vor allem über Leichen und verwandelt früher oder später alles in Dreck. Da ist kein "Beginn" - hier ist nur ein Punkt einer Entwicklung zu erkennen, die seit Jahrhunderten stattfindet.

Mich wundert, daß bei allem, was falsch gemacht wird, verhältnismäßig wenig passiert...

monoma - 3. Jun, 15:38

das...

...ist von mir eher so gemeint, dass bei zunehmend komplexer werdenden technologien - ob das atom, mikroelektronik, bio- und gen- und zukünftig eventuell nanotechnologie ist - , sowohl verbreitung, tiefe des einflusses auf die ganze gesellschaft als auch risiken eventuell sogar exponentiell wachsen und dementsprechend stör- und unfälle und nachfolgende katastrophen wahrscheinlicher werden.

bei den praktiken in agrarwirtschaft und massentierhaltung in verbindung mit dem weltweiten bakteriellen und viralen austausch ist es halt nur eine frage der zeit, bis irgendetwas auftaucht wie ehec. und wir wissen nicht wirklich, was alles schon passierte und passiert...
Wednesday - 3. Jun, 17:44

Ich weiß, wie Du das meinst, aber ich sag halt, die Entwicklung zu immer komplexeren Technologien begann eben schon sehr früh, sagen wir mit der Menschwerdung. Es ist ähnlich wie mit der Zellteilung bei der Entstehung neuen Lebens, Lebensformen werden immer komplexer, mit ihnen die Technologie, und eben nicht grundsätzlich "böse".
Nur daß Kapitalismus das Leben in Dreck verwandelt. Dabei muss Wissenschaft, Fortschritt, Technologie, nicht lebensfeindlich sein.

Es kann nur eines geben: Ein Ende jeglicher Herrschaft.

Wie Marx schrieb: Es gilt, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, geknechtetes, ein verlassenens, ein verächtliches Wesen ist.
monoma - 3. Jun, 22:25

grundsätzlich...

...gibt´s einen konsens, bis auf einen, allerdings gewichtigen punkt: mindestens die atomkraft als technologie sehe ich unabhängig von jedem gesellschaftlichen system als völlig unakzeptabel an. das hat dabei tatsächlich mit ihrem "wesen an sich" zu tun, bei dem die destruktiven folgen jegliche etwaigen (überschätzte) vorteile bei weitem überwiegen. und bei technologien, die weitreichend zb. direkt in die lebensgrundlagen eingreifen (wie bio-/gentechnologien), ist das ebenfalls ein möglicher punkt. da führt dann, wie ich finde, auch marx nicht besonders weiter.
Wednesday - 4. Jun, 11:08

Wieso nur hab ich das Gefühl, daß Du mich für ziemlich beschränkt hälst? Naja, mein Problem...
monoma - 4. Jun, 15:16

keine ahnung...

...warum Du das gefühl hast - ich bezog mich eigentlich nur auf diesen satz:

"Dabei muss Wissenschaft, Fortschritt, Technologie, nicht lebensfeindlich sein."

in einigen fällen liegt letzteres aber eben grundsätzlich und unter egal welchen bedingungen in der natur der sache - nichts anderes meine ich.
monoma - 3. Jun, 22:47

update 03.06.

weil das oben schon sehr lang ist, packe ich updates einmal mehr hier in die kommentarsektion.

einen brauchbaren überblick über die heutigen entwicklungen gibt´s hier.

daraus fasse ich mal das zusammen, was mir besonders ins auge fällt.

- einmal die sich direkt wiedersprechenden offiziellen signale: während aus italien eine fast generelle entwarnung hinsichtlich gemüse kommt, bleiben die warnungen hierzulande erhalten.

- zusammen mit den ebenfalls krass differierenden einschätzungen zur genetischen struktur des erregers innerhalb der scientific community - das geht von "schon seit zehn jahren bekannt, keine panikmache" bis " ganz neuer stamm" - wird wie ich finde tatsächlich so etwas wie eine gereizte ratlosigkeit innerhalb der forschenden gemeinde deutlich. was zumindest und nicht überraschend von echtem stress zeugt.

- aber durch die gelungene genetische bestimmung ist jetzt auch etwas klarer, warum der erreger so derart aggressiv auftritt: der ursprünglich aus afrika bekannte genetische teil stammt von der sparte EAEC, Enteroaggregative Escherichia coli, und sorgt primär für die verwüstungen im darm, während der EHEC-anteil besonders für nieren- und neurologische schäden verantwortlich ist. die kombination dieser beiden ist aus medizinischer sicht ein echter schwerer störfall.

- nach den letzten daten neige ich dazu, auch mecklenburg-vorpommern als cluster-region anzusehen. mit ähnlichen eigenschaften: küstenland, viel landwirtschaft.

- aus lübeck kommen heute zum abend gerüchte und infos, dass es hier womöglich das erstemal in einer cluster-region gelungen ist, eine direkte spur in gestalt eines restaurants zu finden. könnte interessant werden, aber ich verweise auch auf die schon länger zurückliegende aufregung um eine firmenkantine in frankfurt, bei der eine anzahl infizierter zu gast war. dort kam überhaupt nichts heraus.

andererseits - zusammen mit den entwicklungen in meck-pomm kommt mir die idee, dass es sich hier vieleicht auch um etwas handeln könnte, was über ostsee-häfen den weg findet. ich weiß gerade wirklich nicht, ob über diesen weg auch bspw. viehfutter ins land kommt - für infos bin ich dankbar.

- insgesamt nochmals leicht steigende zahlen von neuinfektionen, wenn auch nicht mit der dramatik wie in den letzten tagen. hingegen scheint die zahl von schwer erkrankten infizierten mit HUS im verhältnis weiter gestiegen zu sein.

Faulenzer (Gast) - 4. Jun, 00:36

Das Zeug ist im Kuhfutter

Also, wir haben EHEC, verschmolzen mit afrikanischem Stamm.
Einfachste Logik daraus: In der betroffenen Region wird von mehreren Produzenten ein Tierfutter mit afrikanischen Anteilen eingesetzt (Mais ?). Diese Bestandteile aus Afrika waren schon mit dem afrikanischem EHEC verseucht.

Übertragungsweg Gülle auf Gemüse ist grundsätzlich möglich.
Übertragung über Frischmilch und vor allem Käse ist auch sehr wahrscheinlich.
Nicht zu vergessen ist auch rohes Rinderhackfleisch.
Oder eine Mischung aus allem.

Normalerweise müßte man alle Produzenten in unmittelbarer Nähe der zuerst Erkrankten kontrollieren. (Direktkauf beim Bauern ?)

Da auch durchreisende erkrankt sind, müßte man zudem alle Burgerbuden und Tankstellen unter die Lupe nehmen. Denn da versorgen sich Durchreisende oft mit Nahrung.

Halten wir fest: Die Quelle befindet sich in einer klar umgrenzten Region. Nur Deutschland ist betroffen. Also muß es sich um einen Unterschied bei der Fütterung der Rinder handeln.
Wenn nicht, dann käme nur noch ein Biowaffenanschlag in Frage.

Unter rein logischen Gesichtspunkten sollte ich recht behalten.
monoma - 5. Jun, 13:57

ehec-update 2, 05.06.

ich muss ja sagen, dass ich es nicht gerade beruhigend finde, wenn ich es rein auf der basis medialer informationen wagen kann, relativ konkrete schlußfolgerungen und prognosen zu ziehen und zu entwerfen, die sich dann bei wesentlichen punkten tatsächlich realisieren. beispiel zb. die seitens des "robert koch instituts" als federführender behörde von beginn an vorhandene focussierung auf gemüse:

(...) "Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" wird die "frühe Festlegung auf Gemüse als einzig wahrscheinlichen Überträger" nun sogar innerhalb der Behörde kritisiert. Fleischprodukte - sie sind bekannte Übertragungswege für EHEC - müssten durchaus als Quellen in Betracht gezogen werden." (...)

auf welcher datenbasis begründet das rki die gemüsewarnungen?

(...) "Befragt hat die Behörde 46 Patienten aus Hamburg, Bremen und Lübeck nach dem, was sie vor der Erkrankung gegessen hatten. Die Befragten waren entweder an dem hämolytisch-urämischen Syndrom, kurz HUS, erkrankt oder mit EHEC infiziert.

Zum Vergleich befragten die Epidemiologen eine Kontrollgruppe aus 2100 gesunden Menschen - Geschlecht, Altersgruppe und Wohnregion waren identisch.

Und die Ergebnisse sprechen für die Gemüse-Hypothese des RKI: Während 84 Prozent der Erkrankten zuvor Salat gegessen hatten, waren es in der Kontrollgruppe nur 47 Prozent. Bei den Gurken ist der Unterschied mit 74 versus 50 Prozent ebenso ähnlich wie bei den Tomaten mit 80 versus 63 Prozent. Summa summarum hatten laut RKI 95 Prozent aller Erkrankten zuvor eines dieser drei abgefragten Gemüse gegessen." (...)


geht es nur mir so, dass ich fallzahl der gruppe der infizierten befragten angesichts der gesamtzahlen an betroffenen ziemlich klein finde? dazu kommt die weite verbreitung gerade dieser drei sorten (tomaten, blattsalat, gurke) auch als quasi dekoration - gehen Sie zum nächsten bäcker und holen sich da ein belegtes brötchen, egal ob käse oder totes tier - was wird da mit ziemlicher sicherheit auch immer mit drauf liegen (ebenso wie in vielen restaurants am tellerrand)? ich will darauf hinaus, dass es wahrscheinlich schwierig sein wird, innerhalb einer beliebigen bevölkerungsgruppe leute zu finden, die eine oder alle dieser gemüse in der letzten zeit nicht - und zwar in allen möglichen formen - zu sich genommen haben. das sage ich auch deshalb, weil ich ernste zweifel daran habe, ob das rki den "salatbegriff" soweit fasst wie´s eigentlich nötig wäre, also auch als dekoration/beilage.

was ich aber mittlerweile mehr als ärgerlich finde, ist die nullinformation über eine frage, deren mögliche antworten schlagartig einiges viel klarer machen würden:

wieviele vegetarisch und / oder vegan lebenden sind unter den infizierten?

ich kann echt nicht verstehen, warum das offensichtlich kein thema ist, jedenfalls keines, von dem öffentlich etwas bekannt wird. das würde logischerweise sofort möglichkeiten erweitern oder eben beschränken. sollten zb. wirklich vegan lebende infiziert sein, würde das fleisch und milchprodukte natürlich als direktverursacher (indirekt halte ich die fleisch- und milchwirtschaft per massentierhaltung schon für ursächlich mitverantwortlich, wie deutlich sein sollte) entlasten und die ermittlungen könnten sich wirklich auf gemüse (wie ist es eigentlich mit getreide?) konzentrieren.

bei vegetariern wäre zu fragen: lakto? oder auch "vegetarier", die fisch nicht als fleisch sehen (doch, ich kenne solche).

ich würde übrigens den dortigen mitarbeiterInnen beim rki ebensowenig wie den anderen involvierten medizinischen kräften vorwürfe machen, sondern eher sehen die inzwischen auch öffentlich deutlich kritisierten mängel bei der quellenermittlung von außen danach aus, als wäre hier eine weitere folge der "reformen des gesundheitswesens" zu bewundern - zu wenig personal an allen orten. trotzdem ist gerade das vorgehen des rki wiederum von außen betrachtet sehr zurückhaltend gesagt in etlichen teilen befremdlich.

und die restaurantspur in lübeck wird sich aller wahrscheinlichkeit nach auch wieder als nullnummer herausstellen. bei zwei bis drei gruppen, die dort gegessen haben, aus denen später infizierte entsprangen, ist auch dieses ergebnis nicht unbedingt nachvollziebar; will sagen: das ist eine begrenzte zahl von zu untersuchenden menschen mit einer (durch das angebot des restaurants) begrenzten auswahl an möglichkeiten für eine mögliche quelle. wenn da schon nichts bei rauskommt, muss ich meine prognose weiter oben in den kommentaren/updates bezgl. der ermittlung einer quelle nochmals dick unterstreichen

*

ich habe übrigens auch durchaus wenig verständnis für die vielzahl an stimmen in der medialen und netzwelt, die das ganze geschehen lediglich als "wieder mal panikmache" und "ablenkung" abhaken wollen. erstens wird bei dieser geschichte wie dargestellt zwangsläufig auch wieder mal einiges aus bereichen wie lebensmittelproduktion, ernährungsarten und gesundheitswesen deutlicher, was komplett falsch laufen könnte. und zweitens ist dieser in seinen eigenschaften tatsächlich neue erreger medizinisch betrachtet wirklich ein biest, und es ist viel zuviel noch rätselhaft, um sich wirklich sicher sein zu können, dass wir hier nicht den beginn einer wirklich üblen sache erleben.

(...) "Draußen schimpfen einige Patienten auf die Medien, wieder mal werde zu viel Panik gemacht, jedes Jahr denke man sich etwas Neues aus. Schon komisch, Sars, Schweinegrippe, Vogelgrippe, und jetzt das, klar, im Sommerloch. Und nirgendwo steht, dass man von Ehec auch einfach nur Durchfall bekommen könne, und das wär's." (...)

letzteres stimmt zwar, aber da bei diesem ausbruch die zahl sehr schwerer bis lebensbedrohlicher verläufe ungewöhnlich und deutlich erhöht ist, finde ich das kein argument für oder gegen irgendwas. eher deutet das darauf hin, dass es wahrscheinlich persönliche dispositionen (ob genetisch oder anders) geben muss, die über ausbruch und verlauf der infektion entscheidend mitbestimmen.

(...) "Ihr sei es nicht aufgefallen, dass sie sich mit Ehec angesteckt hat, kein Blut im Stuhl, kein Durchfall, ihr ging es nicht mal schlecht. Ein bisschen angeschlagen habe sie sich gefühlt, aber die Krankheit sei erst bei der Blutprobe eines Routinechecks aufgefallen. "Das heißt doch, dass ganz viele Leute es auch haben können, die es nicht wissen. Gruselig, oder?" (...)

yo. das könnte tatsächlich auch durchaus bedeuten, dass die zahl der infizierten ohne symptome, aber mit ständiger ausscheidung der bakterien, sehr viel größer ist als die zahl der offen erkrankten. und dann wäre eine sehr weite verbreitung garantiert, bei der es dann neben den persönlichen dispositionen nur an der allgemeinen hygiene hängen würde, ob es zu einer wirklichen massenepidemie kommt oder nicht.

(...) "Eine merkwürdige Krankheit ist es, darin zumindest sind sich alle einig.(...)

Von aggressiven Patienten berichten Neurologen, von verwirrten, von traurigen, sogar von einer Patientin mit Locked-in-Syndrom, einer Frau bei erhaltenem Bewusstsein, aber fast vollständig gelähmt, und von einer anderen, die nicht mehr sprechen kann und der nur noch der Speichel aus dem Mund läuft." (...)


diese sache ist absolut kein witz. zumal die infektion eben über nahrungsmittel kommt.

monoma - 5. Jun, 18:27

ehec-update 3, 05.06.

in diesen minuten soll in niedersachsen eine offizielle behördliche pressekonferenz stattfinden, auf der es um eine "heiße spur" geht - was damit genau gemeint, pfeifen schon seit einer stunde die medialen spatzen von den dächern: sprossen, genauer sprossen aus soya- und mungobohnen. es gibt sogar schon details zum verdächtigten betrieb:

(...) "Betroffen vom Verdacht ist (...) der Gärtnerhof Bienenbüttel im Kreis Uelzen.

Der Geschäftsführer des Gärtnerhofs, Klaus Verbeck, sagte unserer Zeitung, er könne sich keinen Reim auf die Vorgänge und Vorwürfe machen. Die Salatsprossen wüchsen nur aus Saatgut und Wasser. Sie würden überhaupt nicht gedüngt. Auch in anderen Geschäftsbereichen des Hofes werde kein tierischer Dünger verwendet. „Nicht einmal Hornmehl“, wie Verbeck (...) sagte." (...)


ich werde beim schreiben immer mal einen blick auf aktuelle infos aus der pk werfen.

sprossen? noch dazu aus einem expliziten bio-hof? da kommen mir doch eine menge neuer fragen:

stimmt, gerade sprossen dieser arten finden sich sowohl in salaten (wo ich beide sorten manchmal auch ganz gerne esse, mungobohnen aus dem glas gerne auch mal so) als auch kurz mit angebraten/drüber gestreut in asiatischen gemüsepfannen.

die "zielgruppe gesundheitsbewusste jüngere frauen" dürfte duchaus eine größere schnittmenge zum sprossenverzehr aufweisen, von daher also plausibel. dann aber...

erste frage: muss ich mein bild von älteren bis sehr alten damen in norddeutschen kleinstädten und auf dem land revidieren? werden in dem kreis mittlerweile auch sprossen regelmässig gegessen?

zweite frage: das wären dann höchstens (höchstens ! - hallo pressefritzen) die träger der kontamination, aber eben nicht die ursache. wenn die aussagen des geschäftsführers oben stimmen (und aus gründen gehe ich bei einem solchen betrieb in dieser branche erst mal davon aus), dann kommt nur das saatgut in frage - oder das wasser.

beides verursacht bei mir heftiges kopfkratzen.

dritte frage: was ist das eigentlich für ein argument mit dem "nachweis für den vertrieb an allen aktuellen großen ausbruchspunkten"? ich gehe jede wette ein, dass ich das für jede menge anderer produkte ebenso sagen könnte.

das wird garantiert später noch aktualisiert hier, soweit erste anmerkungen für den moment.

*

und weiter: jetzt gibt´s immerhin schon mal genauere einzelheiten:

(...) "Unter anderem gebe es Verbindungen zu den jüngst bekannt gewordenen Fällen in Lübeck und über Umwege auch zu den EHEC-Fällen in einer Betriebskantine in Frankfurt. (...)

"Sprossen werden nicht auf einem Substrat gezogen sondern in Trommeln, in 38 Grad Wärme - das sind auch die optimalen Bedingungen für das Keimen anderer Keime", sagte Lindemann. Auch zwei Mitarbeiterinnen des Sprossenzüchters aus Bienenbüttel seien an Durchfall erkrankt - eine von ihnen nachweislich an EHEC." (...)


letzteres dürfte das bisher stärkste argument für diese variante darstellen. das würde aber immer noch nicht die herkunft eines normalerweise im darm von wiederkäuern befindlichen erregers in einer solchen umgebung erklären.

in diesem fall lassen sich aber schon enge eingrenzungen vornehmen:

- saatgut (woher?)
- wasser (wäre die mieseste variante)
- keimträgerIn unter den beschäftigten (wobei die person nicht zwangsläufig erkrankt sein muss)

die bakterien bilden keine sporen, können aber - das als ergänzung zum entsprechenden teil im beitrag, wo ich zunächst nur fragen konnte - bspw. in sog. "biofilmen", nicht unbedingt sichtbaren ansammlungen von algen, pilzen und bakterien in feuchten milieus - als teil eines solchen mikrobiotops inaktiv auch längere zeit in einer ihnen ansonsten fremden bis feindlichen umwelt überstehen. das könnte auch eine kontamination selbst in einer sprossenzucht durchaus möglich machen.

die wichtigste frage aber bleibt: woher kommt dieser erreger?

*

und weitere einzelheiten:

(...) "Die Sprossen aus dem Kreis Uelzen, die als ein EHEC-Auslöser im Verdacht sind, wurden unter anderem an einen Gasthof in Klein Meckelsen im Kreis Rotenburg (Niedersachsen), nach Lübeck, an ein Hotel im Kreis Lüneburg und an eine Kantine in Bochum geliefert." (..)

erklärt einerseits schon mal ein paar der norddeutschen cluster, erfüllt andererseits die notwendigkeit der involviertheit auch von gastronomischen betrieben verschiedener art.

(...) "Auf die „heiße Spur“ ist man gekommen, da Sprossen schon öfter Überträger von Krankmachern wie Salmonellen, Noroviren und eben auch EHEC waren. In Japan waren Sprossen vor Jahren Grund für einen EHEC-Ausbruch: Nach dem Verzehr von Rettich-Sprossen erkrankten dort nach Angaben des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit mehr als 10.000 Menschen. Die Sprossen wurden demnach durch Rinder-Dung auf dem Feld verschmutzt." (...)

yo, eben überträger (und nicht "ursache", wie es gerade in so ziemlich der gesamten deutschen presselandschaft schlicht sachlich falsch herumgetrötet wird). denn bei dem, was sich inzwischen an infos über den fraglichen betrieb ergibt, stellt sich für mich die frage nach eben dieser nochmals stärker.

das "robert koch institut" ist auffällig zurückhaltend bei der bewertung der neuesten entwicklung. ach ja, und zur unterstreichung eigener überlegungen sei das hier noch vermerkt:

(...) "Zuvor waren auch Biogasanlagen ins Visier der Wissenschaftler gerückt, nachdem einige Veterinär- und Labormediziner dort den Erregerherd vermuteten." (...)

*

der betrieb in bienenbüttel hat eine eigene und sehr ausführliche website, auf der auch ausführlich zur sprossenproduktion, - verarbeitung, - haltbarkeit und lagerung geschrieben wird. und wie ich es mir aufgrund des ersten presseberichts oben schon dachte: das ist sozusagen ein "bio-ur-betrieb, in den späten 1970ern gegründet.

alles ziemlich bitter, natürlich für alle infizierten, aber auch für alle vermutlich(!) zu unrecht bezichtigten gemüsebauern. und letztlich auch für diesen betrieb, laut eigener aussagen eine "vegetarische hofgemeinschaft". also eigentlich ein prototyp jener art von landwirtschaft, die aus gründen unbedingt bevorzugt gehört. bitter deshalb, weil der erreger eben mit aller wahrscheinlichkeit nicht ursächlich von dort stammen kann, sondern aus einem ganz anderen milieu entspringt.

*

und weiter: im gegensatz zum umgang mit den ja ebenfalls ehec-kontaminierten gurken aus spanien ist auffällig, wie relativ zurückhaltend sich die involvierten behörden gerade äussern. immerhin eine gewisse lernfähigkeit?

ich habe gerade noch mal überlegt, ob das so vertretbar ist, direkt auf den betroffenen betrieb hinzuweisen - auch, wenn der name bereits medial vorhanden ist und der geschäftsführer mindestens schon einmal interviewt worden ist. ich sehe aber auch in diesem fall keinen anlaß, bei einer derartigen indizienlage nicht roß und reiter zu nennen - es ist völlig egal, ob bioanbau oder agrarindustrie. im gegenteil dürfte es meiner meinung nach so sein, dass auch der betrieb selbst größtes interesse an möglichst weitgehender transparenz hat. das hat etwas mit grundlagen und selbstverständnis der biobranche zu tun, zumindest des "originären" teils, dem ich diesen hof erstmal zurechnen würde. und nicht nur als vegetarischer verbraucher, der selbst nach möglichkeit auf "bio" zurückgreift (und auch gerne sprossen isst), verlange ich in einem solchen fall schlicht weitgehende transparenz.

*

so, zum späten abend kommen noch mehr informationen, die die indizienkette weiter stärken - das wichtigste scheint mir, dass bereits einmal bei einer kontrolle in der letzten zeit auf den sprossen ehec-bakterien (auch wenn der stamm nocht nicht klar ist) gefunden wurden. desweiteren sind auch die lieferketten recht eindeutig.

nach meinem eindruck scheiden wasser - das müsste inzwischen eindeutig aufgefallen sein, ist wohl auch schon untersucht worden - und ein menschlicher infektionsherd wahrscheinlich aus (meine gründe für letztere annahme liegen u.a. im umfang der kontamination). bleibt also das saatgut, welches erstens nicht komplett aus biologischem anbau stammt (das betrifft allerdings laut den angaben auf der website des betriebs nur zwei sorten) und dazu zweitens aus verschiedenen ländern bezogen wird (die bisher nicht genannt werden, da werden wohl wieder diplomatische verstimmungen befürchtet...)

der gärtnerhof selbst verwendet nach eigenen - und glaubhaften - angaben überhaupt keine tierischen produkte in der gesamten bodenbearbeitung. das sie sich offensichtlich wirklich einen derartigen keim eingefangen haben, spottet jedem vorstellungsvermögen.

dazu gibt es noch einiges zu sagen, aber nicht mehr hier und heute.

che2001 (Gast) - 6. Jun, 00:01

Mal ganz verschwörologisch gedacht: Ist ein E.Coli-Bakterium, das sozusagen im Nachgang Shigellenruhr erzeugt nicht ein idealer biologischer Kampfstoff? Könnte das aus einem Labor entsprungen sein? Abgesehen davon sind Biogasanlagen momentan die beste denkbare Brutstätte für spontane Mutationen.
monoma - 6. Jun, 00:20

du bist da nicht der erste mit der idee, aber es ist keine angenehme gesellschaft - ich sag nur ulfkotte... (wobei dieses mal seine these einerseits verifizierbar sein sollte, andererseits die geschichte mit dem bundeswehrlabor bei munster nicht ganz so an den haaren herbeigezogen klingt wie sonst. allerdings ist er auch der garant dafür, dass selbst eventuelle körnchen von wahrheit nicht ernstgenommen werden).

im übrigen sind die indizien aktuell dann doch schon beachtlich, wie ich finde. und wie sollte so ein hof infiziert werden, wenn das ding tatsächlich aus dem labor entfleucht ist? das müsste direkt in die produktionskette gebracht worden sein, wäre also ein aktiver akt. neenee, ich bleibe mal beim saatgut - das hat momentan einfach die meisten wahrscheinlichkeiten für sich.
monoma - 6. Jun, 22:02

ehec-update 4, 06.06.

heute nur kurz, weil ich erstens ziemlich müde bin und zweitens auch gerade schlechte laune habe, was allerdings durchaus mit der aktuellen nachrichtenlage (nicht nur bezgl. ehec) zusammenhängt.

obwohl ich persönlich nach wie vor die sprossenvariante für eine möglichkeit halte (gründe im letzten update) - die entwicklung und der offizielle umgang damit sehen immer mehr danach aus, dass es sich hier letztlich ebenso um eine nicht wirklich zu beweisende hypothese wie bei ihren vorgängerinnen handelt. bis auf weiteres heisst es nun, die restlichen tests abzuwarten.

dazu ist interessant, dass die rate der (gemeldeten!) neuinfektionen zwar zahlenmässig abnimmt, aber nicht komplett abbricht. das spricht immer noch für eine anwesenheit der möglichen quelle(n) in den nahrungsketten.

einen weiteren interessanten aspekt zu den möglichen tieferliegenden hintergründen hat aktuell die ärztezeitung drin (deren berichterstattung ist sowieso im großen und ganzen gerade recht informativ):

(...) "Kritiker einer Hochleistungslandwirtschaft sehen die Ursache der hohen Durchseuchung von Nutztieren mit EHEC vor allem in einer nicht artgerechten Fütterung.

So ändere sich bei den Tieren, die von Natur aus eigentlich Gras und Heu fressen, durch die stärkereiche Getreidefütterung das Darmmilieu. Das wiederum begünstige die Besiedelung mit humanpathogenen EHEC.

Im Detail fällt der Theorie zufolge durch eine solche artwidrige Getreidefütterung der pH-Wert im Verdauungstrakt der Wiederkäuer ab, was für die säureresistenten Keime einen Selektionsvorteil bedeutet. So überleben sie auch leichter den Säureschock, wenn sie in den Magen von Menschen gelangen." (...)


ich verkneife mir die auf der zunge liegenden kommentare. das spricht zudem für sich selbst.

Faulenzer (Gast) - 8. Jun, 01:44

Ist es gar kein EHEC ?

sondern Eaec ?

Zitat: "Zum einen finden sich Eaec-Stämme nicht im Magen-Darm-Trakt von Wiederkäuern, sondern beim Menschen, sagt Beutin. Damit scheidet Gülle als Ursprung der Kontamination höchstwahrscheinlich aus."

hab ich grad beim Tagesspiegel gefunden, hier der Link:
http://www.tagesspiegel.de/wissen/bakterien-genom-gibt-hinweise-auf-herkunft-des-erregers/4262138.html

Die Sache wird ja immer verworrener.
monoma - 8. Jun, 20:28

ehec-update 5, 08.06.

zur frage vom "faulenzer" oben: ich habe den entsprechenden bericht auch gelesen und finde ihn in gewisser hinsicht irreführend - wie ich weiter oben schon geschrieben hatte, stammt das genetische material in diesem falle von einem aus afrika bekannten EAEC-strang, der dort für schwere durchfallerkrankungen bei menschen bekannt ist - die sind allerdings nicht unbedingt blutig - und sich auch offensichtlich primär an den menschlichen darm angepasst hat. die damit verbundene fähigkeit des besonders guten haftens an den zellwänden im darm ist der spezifische beitrag, den diese gene beisteuern. alles andere aber, was gerade beobachtet wird - HUS, die neurologischen symptome sowie auch die antibiotikaresistenzen - stammen wie die auslösenden shigatoxine meines wissens vom EHEC-anteil. und der ist überwiegend in den verdauungstrakten von wiederkäuern zu finden. mag sein, dass der EHEC-teil im verhältnis zu den EAEC-genen viel kleiner ist, aber es sieht alles danach aus, als wären hier die -für menschen unangenehmen bzw. gefährlichen - eigenschaften von zwei e. coli-strängen tatsächlich unter bisher völlig ungeklärten umständen in einer chimäre verschmolzen, die dann wiederum ihren möglichkeitsradius im verhältnis zu ihren "ahnen" noch mal vergrößern konnte. ich kann daher nicht recht nachvollziehen, warum bei diesem hintergrund ein befall zb. von rindern mit diesem erreger so unwahrscheinlich sein soll - es ist eben kein reiner EAEC-strang, wie auch kein originäres EHEC, vereint aber wesentliche eigenschaften von beiden.

*

die rate der infektionen zumindest in den norddeutschen cluster-regionen ist nochmals gesunken, ohne jedoch völlig zu stoppen. das lässt eventuell rückschlüsse darauf zu, dass es sich beim ursprünglichen trägermedium tatsächlich um eine oder mehrere der verdächtigen gemüsearten handelt. der zurückgegangene konsum würde sich dann logischerweise in sinkenden neuinfektionen bemerkbar machen müssen. andererseits kann auch eine mensch-zu-mensch-übertragung nicht ausgeschlossen werden; das könnte dann womöglich bedeuten, dass sich zu beginn mal eine kontaminierte produktcharge in (regional begrenztem) umlauf befunden hat, die dann eine kleine kette ausgelöst hat. spekulation, klar.

*

die indizien gegen den gärtnerhof in sachen sprossen sind zwar nicht aus der welt, aber auch nicht weiter bestätigt - entsprechende meldungen von heute betrachte ich als fehlschlüsse, weil die drei fraglichen erkrankungen beim personal erst nach dem auch offiziell registierten beginn der welle anfang mai auftraten (was bei den meldewegen durch die amtlichen instanzen auch bedeutet, dass der reale anfang wahrscheinlich irgendwann zwischen mitte und ende april gelegen haben muss).

kann natürlich trotzdem sein, dass eine oder mehrere der frauen bei ihrer arbeit unfreiwillig als verbreiterin des erregers gewirkt haben. ich hatte das vor ein paar tagen noch für eher unwahrscheinlich gehalten, weil das ein ausserordentliches pech wäre, wenn eine einzige menschliche quelle auch über die eigentlichen betroffenen regionen hinaus eine derartige wirkung erzielt. die möglichkeit, dass es sich aber um mehrere unterschiedliche quellen handelt, hatte ich da noch nicht wirklich auf dem schirm. zumal das eine düstere variante wäre.

*

die aber durch die meldungen aus magdeburg heute plausibler wird - alles, was bisher bekannt ist, lässt diesen fall, bei dem das erstemal überhaupt der tatsächlich verantwortliche erreger nachgewiesen werden konnte, als völlig rätselhaft erscheinen. es gibt offensichtlich keine nachvollziehbaren verbindungen in die norddeutschen cluster-regionen, auch nicht per lieferketten. nur eine alte kontaminierte gurke in einer tonne für organischen müll, die letztlich auch nicht weiterhilft.

interessant bei der betroffenen familie ist die schwere der verläufe - eltern und kind erkrankt, bei den ersteren der leichteste verlauf beim mann, die frau musste schon ins krankenhaus und die tochter entwickelte ein HUS. warum sind offensichtlich frauen - aber eben nicht alle - bei der möglichen symptomschwere so auffällig betroffen? eine der vielen offenen fragen.

eine tageszusammenfassung, die ich als u.a. als quelle für dieses update benutzt habe, findet sich bei der ärztezeitung.

Faulenzer (Gast) - 8. Jun, 22:49

Eaec findet sich nicht bei Widerkäuern

dafür wird aber der menschliche Darm befallen.
Hier haben wir es offensichtlich mit einem Keim mit 93% Eaec-Anteil zu tun.
Seltener Keim aus Afrika, gekreuzt mit europäischem EHEC.
Die Wahrscheinlichkeit, daß Kühe die Quellen sind sinkt damit dramatisch.

Wären Kühe die Quellen, dann hätte man auch die Rinderbestände in der betroffenen Region abchecken müssen um eben die Quellen zu finden. Das hat mich natürlich stutzig gemacht, daß man eben dies genau nicht tat.
Nach den neuen Informationen wird nun auch klar warum.
Man sucht auf dem Gemüse, weil die verantwortlichen Stellen von Anfang an wußten was Sache ist.

Nur 20 km von Bienenbüttel entfernt befindet sich in Munster eine Forschungseinrichtung der Bundeswehr, die an genau solchen Bakterien forscht.
Vielleicht hat ja ein Mitarbeiter der Sojabude in Bienenbüttel Verwandte/Bekannte in der Forschungseinrichtung (Ansteckung) ?

Der Ausbruch der Krankheit fand schlagartig statt. Erste Erkrankte Anfang Mai. Inkubationszeit 3 bis 10 Tage. Also muß Ende April eine schlagartige Freisetzung verhältnismäßig großer Mengen des Keims erfolgt sein.
Vielleicht wurde ja in Munster versehentlich sowas freigesetzt ? Unfall.
Hier noch ein Link:

http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/udo-ulfkotte/ehec-raetsel-geloest-informationen-ueber-ein-geheimes-b-waffen-forschungsprojekt-der-bundeswehr.html

Man muß den Kopp-Verlag nicht mögen und Ulfkotte schon gar nicht,
aber es muß ja nicht alles falsch sein was die schreiben.

Nun bleibt noch auszuwerten wie wahrscheinlich sind welche Abläufe.
monoma - 10. Jun, 13:12

ehec-update 6, 10.06.

zunächst noch mal @faulenzer zum letzten kommentar - eine komprimierte zusammenfassung der bisherigen erkenntnisse speziell zum erreger:

(...) "Derweil spekulieren Experten über die Herkunft des derzeit zirkulierenden EHEC-Serotyps O104:H4. Untersuchungen hatten zunächst ergeben, dass der Serovar bislang noch bei keinem größeren Ausbruch in Europa aufgetreten ist. Südkoreanische Forscher wiesen darauf jüngst hin, dass er bereits bei einem kleineren Ausbruch im Jahr 2006 dortzulande nachgewiesen wurde. (...)

Vor zwei Wochen konnten zwei Forschergruppen parallel das Genom entziffern. Sie bestätigten Karchs Analysen, konnten aber auch zeigen, dass der Serotyp womöglich eine Chimäre aus enteroaggregativen Escherichia coli (EaggEC) und enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC). Das EHEC-Genom macht allerdings nur einen Anteil von knapp zehn Prozent aus. (...)

Der jetzt sequenzierte EaggEC-Typ (auch EAEC genannt) ist laut BfR aber typischerweise bei Menschen zu finden. Das nationale Referenzzentrum habe den Erreger bislang nicht bei Tieren nachweisen können, auch in der Fachliteratur seien keine Nachweise bei Tieren beschrieben." (...)


das ist zwar alles so richtig, aber es ist eben - und das hatte ich weiter schon geschrieben - genausowenig ein "reiner" EAEC-strang wie ein originäres EHEC. und es ist bis zum finalen beweis des gegenteils für mich nicht ausgeschlossen, dass sich bei diesem speziellen typ eben auch bisher nicht bekannte eigenschaften manifestieren (was bei bakteriellen mutationen nicht eben selten vorkommt). mit ziemlicher sicherheit lässt sich bis heute nur sagen: die infektion kommt übers essen. ab da ist alles spekulation, mal mehr, mal weniger gut mit indizien untermauert. und plausible spekulationen beruhen auf wahrscheinlichkeiten, die allerdings im falle vielfältig vorhandener möglichkeiten auch um die unwahrscheinlichen varianten an den rändern erweitert werden müssen.

die EHEC-funde auf gurken aus spanien und sprossen aus den niederlanden sind zufallstreffer gewesen, dazu nicht mit der hiesigen epidemie verbandelt. was aber zumindest ein weiteres kurzes schlaglicht auf die bekannten zustände in der agrarindustrie wirft.

bis auf die vergammelte gurke in der magdeburger tonne sind bis heute nirgendwo die fraglichen keime auf irgendeinem lebensmittel gefunden worden, und bei der gurke ist völlig unklar, wie sie da gelandet sind.

da wir jetzt schon wochen vom ursprünglichen beginn der infektionswelle entfernt sind, alle damaligen möglichen kontaminierten frischen / verderblichen lebensmittel bereits längst den weg alles organischen gegangen sind, aber die neuinfektionen trotz glücklicherweise stark sinkender zahlen nicht abnehmen, spricht das für mindestens drei möglichkeiten der übertragung, die tatsächlich ernster genommen werden müssen: erstens mensch-zu-mensch-infektionen, wobei hier die quelle bekanntlich auch bei einer "nur-ausscheider"-person liegen kann (die frage, wo diese sich dann diesen mutanten eingefangen hat, käme als nächstes). zweitens ein nahrungsmittel, welches deutlich eine längere, aber trotzdem begrenzte haltbarkeit aufweist als frische und schnell verderbliche sachen. da die methoden einer konservierung mit einem solchen effekt in der regel für die meisten bakterien das ende bedeuten, dürfte der mögliche kreis an verdächtigen ziemlich klein sein. bestimmte käsesorten kämen da zb. in frage, was dann wieder zur erneuten feststellung führt, dass die focussierung auf pflanzliche produkte nicht nachvollziehbar ist - siehe auch "Alternative EHEC-Quellen wurden völlig ausgeblendet". drittens: es gab / gibt mehrere quellen der übertragung.

beim bislang hauptverdächtigen, dem betrieb in bienenbüttel, kann der erreger eigentlich nur über menschen in die kette gekommen sein, wenn dort überhaupt die quelle liegt. da steht für mich trotz aller nachvollziehbaren indizien ein großes fragezeichen dahinter. es ist auch zeit, vor dem hintergrund der politischen kabbeleien innerhalb der eu und zwischen der eu und russland sowie der lobbymacht der agrarindustrie mal zu fragen, ob die tatsache der randbedeutung von sprossen innerhalb des lebensmittelmarktes nicht darauf hindeuten kann, dass der gärtnerhof hier die rolle eines im wahrsten sinne des wortes bauernopfers übernehmen soll. welches sich zugleich noch dafür eignet, diverse (und sachlich allesamt an den haaren herbeigezogenen) unterstellungen richtung vegetarisches/veganes lager und bio-anbau herumzutröten. für die wirklich großen produzenten innerhalb des agrargeschäfts wäre ein definitiver nachweis von kontaminationen auf ihren produkten ein (weiteres) desaster nach den vielen skandalen der letzten jahre. und erst recht für die fleischindustrie. diesen hintergrund sollte man im kopf behalten, ohne daraus sofort wieder eine (weitere) unbelegte vt zu basteln.

bis zum bekanntwerden von weiteren handfesteren infos und bei eventuellem durchfall empfiehlt sich eine ausgekochte zubereitung eines meiner lieblingsgemüse, nämlich von karotten:

(...) "Beim Kochen entstehen saure Oligogalakturonide, die den Rezeptoren des Darmepithels ähneln und an pathogene Darmkeime andocken.

Sie fungieren wie Analoga, die die Rezeptoren der Keime blockieren und so deren Adhäsion an die Darmwand verhindern. Folglich werden die Erreger ausgeschieden, so Guggenbichler auf Anfrage der "Ärzte Zeitung". (...)

Und so wird die Suppe zubereitet: 500 g geschälte Karotten in einem Liter Wasser eine Stunde kochen, dann durch ein Sieb drücken oder im Mixer pürieren, mit gekochtem Wasser wieder auf einen Liter auffüllen und drei Gramm Kochsalz zugeben."

monoma - 10. Jun, 16:38

update zum update 6

aha:

(...) "Die gefährlichen Ehec-Erreger vom Typ O104 sind erstmals auf Sprossen aus dem Bio-Betrieb im niedersächsischen Ort Bienenbüttel nachgewiesen worden.
Anzeige

Die Sprossen entstammen nach Angaben des nordrhein-westfälischen Umwelt- und Verbraucherschutzministeriums der Mülltonne eines Haushalts im Rhein-Sieg-Kreis. Zwei der drei in diesem Haushalt lebenden Familienmitglieder hätten Sprossen verzehrt und seien Mitte Mai durch die Ehec-Bakterien erkrankt." (...)


so weit, so schlecht (für alle beteiligten). jetzt bleiben immer noch fragen: wie wird ausgeschlossen, dass der erreger in der tonne quasi zufällig und im nachhinein auf die sprossen gekommen ist? nicht falsch verstehen - ich habe schon vor ein paar tagen die indizienkette durchaus als schwerwiegend betrachtet.

aber wenn man das jetzt mal mit dem umgang mit der gurke in magdeburg vergleicht, bekommt das einen seltsamen beigeschmack. und unabhängig davon: damit wäre höchstens das wahrscheinliche übertragungsmedium identifiziert, nicht aber die quelle(n).
monoma - 10. Jun, 19:42

ehec im gehirn

eine der besseren darstellungen der neurologischen effekte, der medizinischen behandlung derselben sowie der - günstigen - prognosen.
Faulenzer (Gast) - 11. Jun, 00:12

Quelle

Wie Du selbst schreibst, hat man die Quelle noch immer nicht gefunden, auch wenn das in den meisten Medien so dargestellt wird.
Übertragung durch Kühe oder Gülle kann man wohl jetzt ausschließen.
siehe auch hier:
"Möglicherweise nur Menschen Träger des EHEC-Keims"
http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1165795

Die Quelle wird man wohl auch nicht finden. Ich gehe jedoch davon aus, daß diese im von Bienenbüttel 20 km entfernten Munster zu finden wäre.
Ich glaube nämlich nicht an eine zufällige Kreuzung mit der afrikanischen Komponente, eine bloße Mutation ist es übrigens nicht.

Die Statements von RKI usw. zu Bienenbüttel lauteten etwa so: Wir haben sehr starke Indizien u.a. die Lieferketten zu Restaurants usw.. Außerdem gibt es NOCH WEITERE Indizien, daß die Verbreitung von Bienenbüttel ausging.
Die weiteren Indizien wurden aber nicht publik gemacht. Was wird verschwiegen ?

Wenn jemand sagt, das sind ja alles Verschwörungstheorien, dann sage ich einfach, es ist die Variante mit der größten Wahrscheinlichkeit, daß die Keime aus dem Forschungslabor in Munster stammen. Jede andere Erklärung benötigt nämlich zig Verrenkungen.
monoma - 11. Jun, 00:48

moooment!

danke zunächst für den link, aber wenn du schreibst:

"Übertragung durch Kühe oder Gülle kann man wohl jetzt ausschließen."

muss ich sagen, dass das der link für mich nicht hergibt. bis auf die weiter oben dokumentierte meldung aus südkorea, die aber ebenfalls missverständlich zitiert sein kann, spricht alles dafür, dass dieser spezielle typ etwas wirklich neues im bakteriellen feld darstellt, d.h. in seinen genetischen eigenschaften. und für mich steht da ebenfalls, dass bisher faktisch niemand bei tieren diesen speziellen typ gesucht hat. der offenbar mehr EAEC- als EHEC-anteile enthält, aber trotzdem wie ein typisches EHEC in der lage ist, shigatoxine zu bilden. und wenn ich davon ausgehe, dass mutationen bzw. chimärenbildung in dem bereich unter der maxime des evolutionären selektionsdrucks erfolgen, ist es eigentlich logisch, dass neue formen u.a. eine möglichst weite anpassung an verschiedene lebensräume aufweisen - in diesem fall, wo ein auf menschen und einer auf tiere spezialisierter anteil zueinander gefunden haben, wäre es eher unwahrscheinlich, dass die daraus entspringenden potenziellen möglichkeiten für das bakterium nicht vorhanden sein sollten.

das spricht übrigens keinesfalls gegen menschliche träger, die im fall bienenbüttel gerade wegen der dort faktisch nicht vorstellbaren möglichkeit einer direkten kontamination mit tierischen produkten ebenso eine möglichkeit darstellen wie eine charge kontaminiertes saatgut (das wasser sollte aus dem spiel sein).

aber solange eigenschaften und und potenzielle lebensräume dieses typs eben nicht völlig geklärt sind - und das sind sie nicht, wie auch dem link zu entnehmen ist -, ist es vorschnell, sich alleine auf eine menschliche quelle zu focussieren. selbst dann nicht, wenn jetzt noch die antibiotikaresistenzen als weiteres indiz für eine primär menschliche quelle genannt werden. dort gibt es zwischen menschen und tieren meines wissens durchaus überschneidungen.

die labortheorie halte ich zwar prinzipiell für möglich, aber für schwer - sehr schwer - belegbar. ich kann mir auch nicht wirklich eine meinung darüber bilden, ob in so einem fall der ganze apparat so dicht halten kann, dass nicht der kleinste hinweis nach außen dringen würde.
monoma - 11. Jun, 02:38

aus den usa...

...kommt der folgende interessante artikel, der etliche beispiele dafür enthält, dass sprossen offensichtlich schon immer eine art "risiko-gemüse" darstellen, was primär mit ihren keimbedingungen - feucht und warm - zusammenhängt, die eben auch ein ideales milieu für bakterien, pilze, algen etc. darstellen. nicht nur outbreaks mit verschiedenen e. coli sind dokumentiert, auch anderes findet sich.

nach allem, was sich über den hof so finden lässt - auch in öffentlichen erklärungen - "Nach allen bisherigen Erkenntnissen wurde auf dem Betrieb nichts falsch gemacht" (...) "Dieser Hof hat hohe Hygienestandards" (...) - , müssen sie da wirklich ziemliches pech gehabt haben, zumal sie über die grundsätzlichen probleme in der sprossenzucht durchaus wussten und sich eben offensichtlich entsprechend sorgfältig verhalten haben. auch unter diesem aspekt finde ich es wichtig, die quelle zu finden.

für das image von sprossen ist das alles natürlich fatal, was ich ärgerlich und bedauerlich finde, auch wenn sie relativ selten auf meinem speiseplan standen. es scheint so zu sein, dass die grundsätzlichen risiken auch bei eigenzucht nicht völlig aus der welt zu schaffen sind. da hilft wohl nur sauberes saatgut und substrat (aber wer will das garantieren?), direktverzehr nach der ernte oder aber ausreichende kühlung bei der möglichst kurzen aufbewahrung. ich kann mir vorstellen, dass der gewerbsmässige handel mit sprossen vielleicht sogar völlig flachfällt - verpackt, mit transport- und liegezeiten steigt das risiko proportional an.
archenoe - 14. Jun, 23:37

Verärgerung

Manchmal sporadisch, manchmal regelmäßig lese ich, was du an Überlegungen anzubieten hast - immer aber gerne, weil ich bisher deine Anmerkungen zu welchem Thema auch immer für sehr bedenkenswert gehalten habe.
Jetzt aber bin ich verärgert.
Deine alarmistischen und fleichfresserhassenden "Recherchen" und Meinungen zum EHEC-Disaster haben mich erheblich genervt und irritiert, weil deine Auslassungen zu diesem Thema dem sonstigen Niveau deiner Denkangebote nicht entsprechen.

Richtig ist ja, dass Massentierzucht prinzipiell, dass fahrlässiger Umgang z.B. mit Gülle, dass mangelnde Lebensmittelkontrollen usw. zu erheblichen gesundheitlichen Gefährdungen beitragen (können). Die pauschale Aburteilung der Fleischesser, die völlig selbst-distanzlose Propagierung und Glorifizierung deiner Ernährungsgewohnheiten, die umstandslos negativ bewertete landwirtschaftliche Produktion insgesamt und der Generalverdacht gegen jedwede wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der Medizin, Ernährungsphysiologie etc. haben mich nicht nur aufhorchen lassen, sondern gerade im Zusammenhang mit der gleichzeitig von dir alarmistisch propagierten Gefahr für jeden von uns auch verärgert. Du warst dir nicht einmal zu schade, plumpe logische Fehler zur Fütterung dieses Alarmismus zu benutzen, so dass z.B. nach deiner Meinung "... die neuinfektionen trotz glücklicherweise stark sinkender zahlen nicht abnehmen". Häh?

Wer deine Ausführungen zum Elbe-Weser-Dreieck nicht mit erheblicher Skepsis lesen konnte oder wollte, musste eigentlich davon ausgehen, dass dieser Landstrich wegen EHEC/HUS bald menschenleer sein wird.

Ich erinnere mich an die Entwertung der richtigen Kritik in den 1970er und 1980er Jahren durch permanenten Hinweis - bzgl. Umweltzerstörung, atomarem GaU oder 3. Weltkrieg wegen Aufrüstung - darauf, dass es 5 vor 12 sei. So ging es mir mit deinen Ausführungen zur aktuellen Gesundheitsgefährdung durch EHEC und ich habe das unangenehme Gefühl, dass du auf meine Verärgerung mit weiteren Hinweisen auf mögliche (Possibilismus!) gefährliche Zusammenhänge reagieren wirst.

Die Probleme sind:
- Profit als Selbstzweck, auch in unmittelbar das Leben gefährdenden Bereichen (z.B. Landwirtschaft)
- damit zusammenhängende Technisierung als Machbarkeitswahn
- daraus resultierende Massenproduktion ohne entsprechende Kontrolle
- Risikominderung (hier z.B. Antibiotika, Herbizide, Pestizide usw.) statt Fehlerfreundlichkeit
- neoliberaler Staat, der Privatisierung lebenswichtiger Bereiche nicht nur akzeptiert, sondern fördert
usw. usw.

Nur, wenn du angesichts solcher Produktions- und Distributionsverhältnisse in deinem letzten update den Sprossen hinterherweinst, dem Hof, auf dem diese produziert worden sind, Pech attestierst, wohl weil er irgendwie "bio" ist, aber allen anderen Bösartigkeit, Schlamperei etc, unterstellst, dann frage ich mich, was dich bei diesem Thema umtreibt und zu einem überhaupt nicht mehr (wie sonst) souveränen Berichterstatter und Mahner, sondern zu einem, wenn auch auf höheren Niveau angesiedelten Sensationsreporter macht.

Kläre mich auf!

Seit drei Tagen gehen die Infektionszahlen zurück (hoffentlich bleibt es so) und es gibt kein update mehr von dir. Ich spekuliere hier nicht darüber, warum das so ist, aber ich habe da so einige Gedanken, die ich lieber unterdrücke.

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