assoziation:pure wut

folgendes muss vorläufig fragmentarisch bleiben - aber es verstärkt meinen eindruck, dass an der geschichte von jessica exemplarisch diverse ver-rücktheiten im schlimmsten und wortwörtlichsten sinne sinne deutlich werden - verrückte eltern, verrückte großeltern, ein verrückt gewordener gutachter plus nach todesstrafe brüllende verrückte teile der öffentlichkeit. dazu gibt´s die verrückte welt der boulevardmedien und eine ebenso verrückte justiz. in einem insgesamt verrückten system ja auch eigentlich kein wunder. trotzdem, oder gerade deswegen, ist mir die ganze zeit extrem übel.

*

der forensische gutachter der mutter, hans-ludwig kröber , macht - kaum weiter kommentiert - eine ganze unheilvolle traditionslinie der psychiatrischen zunft in deutschland deutlich - eine institution, die sich sowohl in und nach den beiden weltkriegen als auch im nationalsozialismus nicht nur zu willigen bütteln der macht, sondern während der "t4"-"euthanasie"-aktion der nazis gleich insgesamt zu einem massenmörderischen instrument machte. und das sind nur die historisch auffälligsten ereignisse - das alltägliche elend der psychiatrie ist viel versteckter. und kommt aber im folgenden artikel zum vorschein:

"Essen habe es nicht gegeben, nur Kaffee, Alkohol und Zigaretten. Marlies’ Mutter war damals mit ihrem eigenen Onkel zusammen – er soll Marlies’ Kopf auf den Boden geschlagen haben, als sie einmal unter ihrer Decke hervorlugte. Während er mit ihrer Mutter Sex hatte, erinnert sich Marlies Sch., habe der Großonkel ihr zugerufen: „Du bist als Nächste dran!“

Zwischen den Beinen und an der Brust sei sie von ihm angefasst worden. Ihre ganze Kindheit sei „sicher herzhaft unangenehm“ verlaufen, sagt Psychiatrie-Professor Kröber und sorgt mit seinen unangemessenen Äußerungen nicht nur an dieser Stelle für Irritation. An die Theorie eines „großen Traumas“ glaube er nicht".


deutliche misshandlungen und gewalttätige sexualisierte übergriffe sind "HERZHAFT UNANGENEHM"?
und also dann auch eher nicht als "irgendein gräßliches Erlebnis" zu werten? hallo?!? geht´s noch?!?

"Muss krank sein, wer grausam handelt? Oder ist der Gedanke, Marlies S. sei verrückt, bloß die Hoffnung der Menschen im Saal 237 – um abzuschütteln, was ihre Vernunft übersteigt? Hätte Jessicas Mutter anders handeln können? Der Berliner Psychiater Hans-Ludwig Kröber hat daran keinen Zweifel. Er hat Marlies S. im Auftrag des Gerichts untersucht und keine klassische psychische Erkrankung festgestellt. An das große Trauma glaubt er auch nicht. »Ich wäre heilfroh gewesen, wenn ein seltener hirnorganischer Befund vorgelegen hätte oder irgendein grässliches Erlebnis«, sagt Kröber zu den Richtern, »dann hätten wir uns alle besser gefühlt – ich auch.« Aber die Jugend der Marlies S. unterscheide sich in nichts von der Tausender anderer ungeliebter Kinder. Wohl sei die Angeklagte mit enormen Defiziten behaftet, aber doch letztlich eine normale, intelligente Frau, deren infantile Bedürfnisse sich mit den Anforderungen eines kleinen Kindes nicht vertrugen und die deshalb angefangen habe, es zu piesacken und wegzusperren. »Über Wochen und Monate ist Zeit gewesen, das Kind zu retten«, sagt Kröber, »sie hat es nicht getan.« Jessicas tödliches Siechtum sei die Entscheidung ihrer Mutter gewesen."

spontane einschätzung: eine mischung aus betriebsblindheit ("keine klassische psychische erkrankung" vorhanden); unwissenheit (schon mal von tradierten traumata, wie sie seit der genaueren erforschung der holocaustfolgen in den folgenden generationen bekannt sind, oder auch kumulierten traumata - viele und dauernde "kleine", versteckte boshaftigkeiten und schmerzzufügungen - gehört, herr professor?!? von re-inszenierungen? wenn nicht, sind Sie - und das meine ich ernst - in Ihrem beruf komplett fehl am platz. andererseits in diesem system auch gerade richtig); und wahrnehmungsausschluss - ob gewollt oder nicht, ob bewusst oder nicht. wer in so einer position derlei äusserungen wie oben dokumentiert zur bezeichnung von gewalt verwendet, hat in einer gutachterposition nichts, aber auch gar nichts verloren.
da versteht ein psychiatrischer nichtfachmann, wenn auch aus seinen eigenen motivationen heraus, deutlich mehr:

"Manfred Getzmann, Verteidiger der Marlies S., sitzt in seinem Büro auf Sankt Pauli und zerbricht sich den Kopf. Er hat seine Mandantin gefragt, warum sie Jessicas kleine Leiche nicht einfach in einen Müllsack gepackt und entsorgt habe. Wer hätte sie schon vermisst? Da habe Frau S. das Gesicht in den Händen verborgen und geschluchzt: »So was kann ich doch mit meinem Kind nicht machen!« Unbegreiflich, findet Getzmann, »aber ich bin sicher, sie trauert um Jessica«. Auch deshalb hält er Marlies S. für »eine schwer gestörte Persönlichkeit«, die ihr Kindheitstrauma wie unter Zwang mit den eigenen Kindern immer wieder habe neu durchleben müssen und deshalb für Jessicas Tod nicht voll verantwortlich zu machen sei. Das ist Getzmanns Überzeugung, und für die kämpft er vor Gericht. Er will seiner Mandantin die lebenslange Freiheitsstrafe ersparen, die ihr unausweichlich droht, wenn das Gericht nicht finden sollte, dass ihre Schuldfähigkeit erheblich vermindert war.
(...)
Und Marlies S.? Hat sie sich für das Böse entschieden? Und ist bloß ein Beispiel dafür, dass menschliche Not für das Böse anfällig macht? Dass Böses auch ein Defizit am Guten ist und jeder nur geben kann, was er empfangen hat? Ihr Verteidiger spricht von der »transgenerationalen Weitergabe von Traumatisierungen«. Man kann es auch Erbsünde nennen. Gemeint sind jene Gesetzmäßigkeiten der Familiengewalt, die von den Eltern auf die Kinder und Kindeskinder übergehen und die trotzdem den Einzelnen nicht aus seiner Schuld entlassen. Es fragt sich nur, ob solch ererbte Schuld nicht doch geringer wiegt."


hat der gutachter kröber mit seinen fragwürdigen einlassungen hier vielleicht bewusst geschützt und gerade deshalb unfreiwillig offenbart, was nicht öffentlich und breit bewusst werden darf und soll? das eine nüchterne rekonstruktion der ereignisse unter einschluss der transgenerationalen familiendynamiken nicht nur die kette der gewalt, sondern auch unser aller gesellschaftliches versagen, unsere quasiakzeptanz dieser kette deutlich machen würde? mussten die beiden eltern alleine schon zur aufrechterhaltung des eigentlich unhaltbaren juristischen schuldbegriffs und menschenbildes auf alle fälle voll "schuldfähig" gesprochen werden? werden damit nicht auch die deutlichen widersprüche der staatlichen und politischen propaganda, die sich familien- und besonders kinder"freundlich" gibt, zur realität von politischen entscheidungen deutlich, die durch ökonomische verelendung genau die milieubedingungen fördert, in denen offene gewalt oder stille verwahrlosung von ganzen familien bevorzugt gedeihen, unter den teppich gekehrt? genauso wie die offenkundige unfähigkeit der offiziellen psychiatrie, zustände von wahnsinn - ausgelöst durch menschliche gewalt - korrekt zu erkennen und eben nicht durch die alleinige orientierung an scheinbarer "realitätstüchtigkeit" und "objektiv" vorhandener kognitiver intelligenz komplett zu leugnen und auf eine "als-ob"-simulation hereinzufallen (genauso werden auch die vielen hitlers dieser welt aus dieser sphäre des wahnsinns ferngehalten herausdefiniert - es wäre ja auch zu gefährlich, das zu erkennen und gleichzeitig nach der inneren verfassung der den "führern" folgenden massen fragen zu müssen)? müssen deshalb auch auschwitz (bzw. das, wofür es steht) und ereignisse wie das hier thematisierte regelmäßig als "leider völlig unerklärbar" bezeichnet werden?

"Marlies Sch. und Burkhard M. haben beide gelogen und Ausflüchte gesucht, sagt der Richter in seiner Urteilsbegründung und bezeichnet die Eltern als gefühl- und mitleidlose Menschen.

Am Ende sagte Schaberg, das Leben sei unerklärlich, oft chaotisch und voll von Grausamkeiten, die Menschen einander antun. "Aber eine Tat wie diese macht auch ein Schwurgericht ratlos. Das Gericht weiß auch keine genaue Antwort auf das Warum."


das könnte so wie es da steht auch ein blitzlicht aus irgendeinem prozess gegen kz-wärter oder folterer sein. aber wer verstehen will, warum und durch was diese eltern so gefühl- und mitleidlos (eine korrekte wahrnehmung) geworden sind, könnte auch verstehen. meine fresse, macht mich diese regelrechte verdummung, diese unermeßliche ignoranz und diese erbärmliche feigheit wütend! "wir wissen leider auch nichts..." pah! ihr wollt es nicht wissen, weil ihr dann eure ganzen jämmerlichen lügengebäude in die tonne treten könntet und müsstet! auch die halluzination, dass mütter auf jeden fall und immer gut und edel sind - gehören nicht eigentlich die täterinmutter der täterinmutter und die dazugehörigen männer mit auf die anklagebank? und müssen nicht eigentlich auch die weiteren sozialen und ökonomischen verhältnisse gleich mit dazu gepackt werden?

"Das Gericht hat auch die Mutter der Marlies S. hören wollen, die aber hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Weniger Zurückhaltung zeigte sie gegenüber den Medien. Schon kurz nach dem Tod ihrer Enkelin Jessica überschüttete sie die Tochter im Fernsehen mit Hasstiraden, und zum Prozessbeginn forderte ausgerechnet sie in der Bild-Zeitung, man möge ihre Tochter mindestens lebenslang einsperren und am besten noch zwangssterilisieren. Angesichts dieses Vernichtungswillens kann man sich vorstellen, was dem Kind einst widerfuhr."

muss das noch kommentiert werden? aber für die offizielle justiz und psychiatrie hat das nicht zu existieren, diese zusammenhänge sollen und dürfen nicht wahrgenommen werden. vielleicht können sie auch nicht wahrgenommen werden, weil das einer enthüllung über die eigene geschichte gleichen würde?

*

entschuldigung für meine drastische sprache, aber mir ist jetzt wirklich der kragen geplatzt.
somlu - 26. Nov, 17:10

Es gibt nicht zu entschuldigen, wirklich nicht, für solche Ignoranz gibt es sicherlich noch drastischere Worte. Ich stimme dir zu und ich denke auch, dass die angemessene Bewertung der Umstände eien Diskurs über "unser" Verständnis von Gewalt und Trauma hätte lostreten müssen. Da bleiben sie lieber ratlos, was meiner Ansicht zu Folge, ebenso eine Reinzenierung ist. Dieser Gutachter gehört aus seinem Beruf entfernt, dass ist einer, der erkennt ein Problem nicht, wenns ihm mit "nacktem Arsch ins Gesicht" springt. Nicht nur bei den Eltern von Jessica mangelt es an Gefühl und Mitgefühl. LG somlu

Dr. Dean (Gast) - 27. Nov, 09:56

Kein gutes Zeichen

Es ist jedenfalls kein gutes Zeichen, wenn sich ein Gericht zum Ende eines Prozesses selbsterklärtermaßen "ratlos" zeigt. Vielleicht hätte man sich mit den beteiligten Menschen doch deutlich länger beschäftigen müssen. Ich persönlich bin zwar etwas skeptischer, ob die Täter-Mutter wirklich im juristischen Sinn "schuldunfähig" ist.

Denn immerhin zog sich das Verbrechen am Kind über einen längeren Zeitraum hin.

Andererseits: Man kann - wenn man von den Verhältnissen hört - bezüglich der Mutter schon von einem erheblich deformierten Menschen sprechen, dessen - das wäre mein Urteil - Steuerungsfähigkeit deutlich herabgesetzt ist. Die Mutter weist in meinen Augen eine erhebliche persönlichkeitsstrukturelle Lebensuntüchtigkeit auf. Unter dieser Voraussetzung können übel angefangene Dinge, leichter als bei normalen Menschen, eine geradezu unfassbare Dauerhaftigkeit und Selbstverständlichkeit entwickeln.

Die Psychologie der Verwahrlosung.

Die Mutter war jedenfalls erheblich überfordert, auf kaum steigerbare Weise - und dort, wo sie dem Gericht "normal" vorkam, was ihr als Schuldfähigkeit ausgelegt wurde, dort war diese Restnormalität zugleich auch eine Flucht aus ihren erheblichen Problematiken, aus denen diese Mutter keinen anderen inneren Ausweg wusste als verhängnisvolle Verdrängung.

Eine Verstrickung.

Der Missbrauch des Kindes spitzte sich unter diesen Bedingungen immer weiter zu.

Wenn der Psychiater dies nicht erkennt, zum Beispiel, weil für derartige Störungen und persönliche Einschränkungen in seinem Kategoriensystem psychiatrischer Erkrankungen keine Entsprechungen existieren, so lässt dies erhebliche Zweifel an der Prasis psychiatrischer Begutachtung entstehen.

Es soll keine schwere Persönlichkeitsstörung bei dieser Frau vorliegen?

Ich frage mich zum Beispiel:
(1) Warum lehnt dieser Psychiater die Diagnose "schwere Persönlichkeitsstörung" ab?
(2) Wie stark war dieser Psychiater auf Verwahrlosungen spezialisiert?
(3) Warum zieht man in einem derart bedeutenden Prozess nicht mehrere Gutachter heran?

*kopfschüttel*

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