notiz: zum "ewigen krieg" im nahen osten...(1)

...der entgegen der massenmedialen darstellung jetzt nicht auf einmal wieder "ausgebrochen" ist, sondern faktisch ständig in diversen erscheinungsformen und intensitäten existiert, sei nochmals auf einen älteren beitrag hier verwiesen, der einen sehr wichtigen - und vielleicht gerade deshalb meist völlig ausgeblendeten - aspekt thematisiert: die macht des traumas - auszug:

(...)"wegen der eigenart der traumatischen gedächtnisspuren in ihrer form als abgespaltene seperate neuronale netzwerke taucht auch öfter der begriff "eingefrorene zeit" auf, die dann in symptomen wie z.b. flashbacks wieder "auftaut" und die aktuelle raum-zeit-wahrnehmung der betroffenen im extremfall völlig überlagern kann. wie dieser und womöglich auch andere mechanismen einfluß auf aktuelle krisen und konflikte wie z.b. den israelisch-palästinensischen haben, ja diese durch die beteiligten psychophysischen prozesse primär überhaupt erst mit ihren destruktiv-gewalttätigen "lösungsversuchen" möglich machen, wird durch u.a. die arbeiten und ansätze des israelischen psychologen dan bar-on deutlich."(...)

(...)„Als der erste Palästinenser über sein Leben, seine Vergangenheit, seine aktuelle und schmerzhafte Realität in der West Bank sprach, stellte ich fest, dass ich in der Defensive war und mich peinlich berührt, geschockt und verärgert fühlte. Es fiel mir sehr schwer zu glauben, es handele sich keineswegs um eine Ausnahme und deshalb sei es unfair, so zu tun, als sei es die >Normalität< für Palästinenser. Natürlich traute ich mich nicht, diese Gedanken zu äußern."

Wieder erzählte Miriam K. ihre Geschichte als Nachkommin von Holocaustopfern, doch diesmal erlebte sie, wie die eigene Opfer-Identität zu bröckeln begann: „Als der nächste Palästinenser sprach, wand ich mich. Schon wieder war es eine Geschichte über Verfolgung, Angst und unerträgliche Erniedrigung. Ich konnte nicht glauben, was ich hörte. Wie war das möglich? Je mehr ich hörte, desto mehr schauderte ich. Es war mir peinlich, Jüdin zu sein. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass meine jüdischen Mitmenschen diesen Leuten solchen Schmerz und solches Grauen zufügten. Ich wollte ihre Taten verteidigen, sie als ein Bedürfnis nach Sicherheit für Israels Bestreben, sich vor Terrorismus zu schützen, begründen. Aber ich konnte mich nicht einmal mich selbst davon überzeugen, dass diese Gründe gut genug waren. Ich war erschöpft und wünschte, ich wäre woanders."
(...)
"Ein Verständnis, das zunächst äußerst fragil war und durch die Frage einer Palästinenserin, die die Realität des Holocaustes in Frage zu stellen schien, wieder zu zerbrechen drohte. Martin Bormann wurde nun mit seiner Geschichte zum glaubwürdigen Zeitzeugen: „Die Palästinenser hörten ihm offensichtlich gebannt zu. Die ganze Situation war unwirklich: Juden versuchten, Palästinenser von der Bedeutung und Wahrheit des Holocaust zu überzeugen, während der Sohn eines berühmten Nazi-Täters die Fakten aufzählte."(...)


im nahen osten ist live und seit jahrzehnten eine spirale der gegenseitigen und generationenübergreifenden re-traumatisierung zu beobachten, die - realistisch betrachtet - nur durch eine massive intervention von außen, mit anschließender - vorläufiger - trennung und entwaffnung der kontrahenten sowie isolierung der am extremsten agierenden gruppen auf beiden seiten - betrifft zb. die klar islamistischen fraktionen genauso wie auch die religiös motivierten jüdischen siedler - gestoppt werden könnte. parallel zu diesen maßnahmen müsste dann in allen beteiligten gesellschaften besonderes gewicht auf die entwicklung ziviler strukturen / entmilitarisierung gelegt werden, zu denen neben einer gesicherten grundversorgung besonders bildung und auch ein breites angebot von traumaspezifischen therapeutischen strukturen gehören würde - letzteres ist meiner meinung nach unverzichtbar, um die wesentlichen quellen des konfliktes mittel- und langfristig aufzulösen.

wer die erwähnte massive intervention von außen allerdings durchführen sollte, ist das erste große problem - realistisch ist da eigentlich nur die uno zu nennen, und zwar ohne beteiligung der usa/nato einerseits (besonders d-land hat - als durch die geschichte mitverantwortliche konfliktursache - dort nichts zu suchen), aber auch ohne russland und china. und damit wird´s dann schon wieder unrealistisch. ich bleibe aber dabei, dass bis auf weiteres das oben grob skizzierte szenario dasjenige mit der größten wahrscheinlichkeit darstellt, den ewigen krieg tatsächlich zumindest wirkungsvoll behindern zu können.
wildwuchs - 17. Jul, 14:45

worte und taten...

der vorschlag, einer in der von dir beschriebenen form durchgeführten "massiven intervention von aussen', setzt voraus, dass die im konflikt befindlichen gruppen die absicht haben, den konflikt zu lösen. ein 'mediator' kann nur helfen mögliche wege zueinander aufzubauen. aufeinander zugehen müssen die kontrahenten selbst. solange irgendjemand nach der devise 'wenn zwei sich streiten, freut sich der dritte', aus einem konflikt KAPITAL schlägt und machtpolitische strukturen öffentliche zustimmung oder duldung erfahren, solange wird für mediation auf internationaler ebene nicht viel platz sein (auf dem diplomatischen parkett werden allenfalls worte zu hören, wenige taten zu sehen und noch weniger geld für nichtregierungsgruppen und -projekte bereitgestellt werden. das kann man zwar bedauern, aber von der theorie zur praxis ist es ein weiter weg. in der im moment eskalierten form des konfliktes fehlt eindeutig die forderung und umsetzung eines sofortigen stops aller kampfhandlungen und zwar im namen der auf beiden seiten den militärischen auseinandersetzung zum opfer fallenden menschen. aber noch nicht mal das bekommen wir hin. lieber zählen wir tote!
"Es gibt" und da stimme ich mit Kapitan überein, " nur einen Weg für eine moralisch akzeptable Lösung: DAS ENGAGEMENT VON EUROPA – notfalls auch ohne die USA. " bereits anfang juli rief 'GUSH SHALLOM' mit einem DRAMATISCHEN APPELL die öffentlichkeit in europa auf, >b>sofort und tatkräftig gegen die bedrohliche israelisch-palästinensische Krise zu intervenieren.

wildwuchs

Faroer (Gast) - 23. Jul, 17:13

Wer mit wem?

Die Tragik des israelisch-"palestinensischen" Konfliktes - das war zur Zeit und im Umfeld der sogennanten Oslo-Verhandlungen, von dem ich etwas mehr weiss, als in der veröffentlichten Meinung vorkommt, geradezu exemplarisch zu erkennen - liegt darin, dass Vertreter der "Palästinenser" nicht Herren in ihren Gebieten sind, dass, wenn Israel sich völlig zurückzöge (=="die Mauer"), kaum Besserung zu erwarten ist, eher Zustände wie z. Z. im Irak zu erwarten sind. Wir (eine Zeitungsredaktion) hatten dazumals sehr genau recherchiert und ich war unter fünfen der einzige "Israel-Freund", doch nach vielen Gesprächen und Interviews ergab sich für uns folgendes überraschendes Bild: Jene, die Israel für alles und jedes verantwortlich mach(t)en fürchteten nichts sosehr, wie einen formal tatsächlich unabhängigen Staat, da die Pressionen der "befreundeten" aber untereinander überhaupt nicht befreundeten Staaten eben diese Zustände erwarten liessen, die im Irak und in Afghanistan uns so herzzerreissend medial aufbereitet vorgeführt werden. Ein bekannter Kommunalpolitiker meinte sogar, lieber habe er israelisches Militär als Chef als die bodenständige Mafia. Israel trägt - natürlich wissen es die Israelis - einen Teil des Bürgerkrieges aus, der in den Gebieten, die von ferngesteuerten Patrioten ´a la Hizbollah & Hamas beherrscht werden, die dortige Bevölkerung nur aus Mangel an Gelegenheit - und auch Einsicht! - noch nicht austrägt. Denn das Allerallerschlimmste des Staates Israel ist seine, selbst gemessen an so manchen Demokratien in Europa, Säkularität, einen Jüdischen Gottesstaat täten sich die Herren rund um Israel ja noch gefallen lassen!

Faroer
Stephan Fröhder (Gast) - 24. Jul, 09:48

"massive intervention..."

Wenn die Analyse stimmt, aber die Mittel fehlen: Gibt es einen lebendigen Dialog mit Israel? Reden wir (z.B. in Deutschland) öfter mit der jungen Generation der Länder im Nahen Osten? Die offiziell zuständigen Institutionen versagen an dieser Stelle. Wer als Deutscher nicht zufällig an einer Großstadt-Universität mit Palästinensern, Syrern, Irakis, Iranern und Israelis ins Gespräch kommt, muss sich auf Reiseeindrücke oder auf die Medien verlassen. 2006-07-24 Stephan Fröhder

monoma - 24. Jul, 15:19

hier geht´s jetzt weiter. danke schon mal für die kommentare, zu denen ich in einzelnen aspekten aber erst während der folgenden beiträge stellung beziehen möchte.

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