erst mal vielen Dank für den Zeit-Artikel über die Zeit und Deine wie immer anregenden Gedanken. Man könnte das ganze vielleicht auch etwas pathetisch überschreiben mit der Frage „Wer ist ´Herr´ über unsere Zeit?“.
Freiheitlicher, emanzipierter Umgang mit der eigenen Zeit ist in unserem kapitalistischen System nicht gewollt. Grund: emanzipierte Menschen, die Zeit haben, fangen an zu denken und Zusammenhänge herzustellen. Viele beginnen, die umfassende Zerstörungskraft dieses ausbeuterischen Systems zu erkennen, sich zu entziehen, sich zu verweigern. Würde das um sich greifen, klappte das System sehr schnell zusammen (was m.E. sowieso irgendwann geschehen wird, weil es im Kern nicht logisch ist und gegen die Natur arbeitet). Unter anderem deshalb muss „der Mensch“ immer in Bewegung, in Ablenkung gehalten werden. So etwas wie eine allgemeine Zeit-Souveränität darf gar nicht erst aufkommen: damit wir nicht aufwachen. Es geht letztendlich um Manipulation zur Ausbeutung. Echte Muße macht eigenmächtig.
Diejenigen von uns, die im Arbeitsleben stehen, müssen aufgrund des zum Naturereignis erklärten Globalisierungs-, Leistungs- und Profitdrucks immer mehr in immer weniger Zeit erledigen, werden ausgequetscht, beuten sich selber aus, was sich leider oft auch auf die Freizeit, die Beziehung zu Familie und Freunden überträgt. Am Ende eines solchen Arbeitslebens bleibt oft das schale Gefühl, am „echten Leben“ vorbei gehyped zu sein, ohne das Wesentliche gelebt zu haben.
Die Beantwortung der Frage, was denn das Wesentliche unseres Lebens sei und wie wir mit unserer Lebenszeit so umgehen können, dass wir sie als sinnvoll und befriedigend erleben, wird in Anbetracht der (trotz der geschönten Arbeitslosen-Statistiken) immer größer werdenden Gruppe der „Überflüssigen“ und der immer geringer werdenden Anzahl der Arbeitsplätze wohl eine der größten Herausforderungen der Zukunft. Die meisten Menschen, die unfreiwillig aus der Maschinerie der Arbeitswelt ausgespuckt werden, haben es nicht gelernt, sind es nicht gewohnt, mit ihrer Zeit eigenmächtig umzugehen, den Tag selbst zu strukturieren, sich und die eigenen (Zeit-) Bedürfnisse wahrzunehmen und ihnen nachzugehen. Gleiches gilt oftmals für Rentner oder chronisch Erkrankte. Hier macht Umgang mit Eigen-Zeit erst mal Angst, und unter anderem dies treibt viele in Depression und Sucht-Flucht-Verhalten. Allerdings, so meine Erfahrung, kann man sich das Leben zu einem großen Teil wieder zurück holen – was allerdings den Mut kostet, sich auf sich selbst, mit allem, was da ist, einzulassen ...
Die im Zeit-Artikel beschriebenen Menschen haben sich eine Freiheit von der Fremdbestimmung durch Einsatz von Kapital erkauft. Das ist nur einem kleinen Teil unserer Gesellschaft möglich. Für Arme, prekär Beschäftigte, ´Illegale´ etc. - eine Gruppe, die trotz gegenteiliger Behauptungen und des beschwörenden Herbeiwünschens des ´großen Aufschwungs´ einen immer breiteren Raum in unserer Gesellschaft einnimmt - geht es oftmals um die nackte Existenz. Allein deshalb lohnt sich der Einsatz für ein Grundeinkommen, das wirklich bedingungslos ist, mithin jedem zusteht, allein, weil er/sie lebt. Aber selbst, wenn diese Existenz denn irgendwann wirklich gesichert sein wird, geht es m.E. bezüglich des Umgangs mit unserer Lebens-Zeit immer wieder um die Auseinandersetzung mit den „großen“ Fragen, die uns alle direkt im Kern betreffen: Wer bin ich? Was will ich? Was „soll“ ich hier?
...ich möchte ein paar deiner gedanken kommentieren - fragmentarisch:
Würde das um sich greifen, klappte das System sehr schnell zusammen (was m.E. sowieso irgendwann geschehen wird, weil es im Kern nicht logisch ist und gegen die Natur arbeitet).
vielleicht kommt es an wie definitionshuberei, aber ich sag´s trotzdem: "gegen die natur" kann selbst dieses system nicht arbeiten, weil es - trotz aller leugnung und aller versuche, sich selbst außerhalb der natürlichen prozesse zu positionieren - immer und ewig ein teil derselbigen bleiben würde. nur der größenwahn von sich als beziehungslos und total autark erlebenden profiteuren und propagandisten der herrschenden destruktiven kann eine derart unmögliche position halluzinieren. kurz: es ist nicht möglich, für niemanden und zu keiner zeit, aus der natur "auszusteigen". nur mittels wahrnehmungsdefekten kann sich jemand einbilden (lies: sich eine virtuelle realität konstruieren), das er oder sie nicht mehr in das untrennbare beziehungsgeflecht eingebunden ist - und natürlich kann diese person auch so handeln, als ob das der fall wäre - muss sich dann aber nicht über sehr böse überraschungen wundern. auch unsere ökologischen probleme hängen sehr stark mit bestimmten wahrnehmungsmodi zusammen.
ich möchte die halluzinationen dieses system nicht noch unterstützen, in dem ich ihnen eine "realität" zugestehe, die sie niemals hatten und haben werden und können. fallen wir nicht auf die mythen rein, mit denen sich die gestörten eine position geben möchten, die ihrem allmachtswahn schmeichelt.
Die meisten Menschen, die unfreiwillig aus der Maschinerie der Arbeitswelt ausgespuckt werden, haben es nicht gelernt, sind es nicht gewohnt, mit ihrer Zeit eigenmächtig umzugehen, den Tag selbst zu strukturieren, sich und die eigenen (Zeit-) Bedürfnisse wahrzunehmen und ihnen nachzugehen. Gleiches gilt oftmals für Rentner oder chronisch Erkrankte. Hier macht Umgang mit Eigen-Zeit erst mal Angst, und unter anderem dies treibt viele in Depression und Sucht-Flucht-Verhalten. Allerdings, so meine Erfahrung, kann man sich das Leben zu einem großen Teil wieder zurück holen – was allerdings den Mut kostet, sich auf sich selbst, mit allem, was da ist, einzulassen ...
große zustimmung! diese art entfremdung ist ein ganz zentrales problem für alle veränderungsversuche, und sie wird imo nicht unwesentlich durch traumatische mechanismen erzeugt. die utopie von kollektivität, die sich zwanglos aus den eigenen bedürfnissen heraus entwickelt, ist leider für viele, die von diesen mechanismen geprägt sind, eine sehr beängstigende vorstellung - das gilt es zu begreifen.
Die im Zeit-Artikel beschriebenen Menschen haben sich eine Freiheit von der Fremdbestimmung durch Einsatz von Kapital erkauft. Das ist nur einem kleinen Teil unserer Gesellschaft möglich. Für Arme, prekär Beschäftigte, ´Illegale´ etc. - eine Gruppe, die trotz gegenteiliger Behauptungen und des beschwörenden Herbeiwünschens des ´großen Aufschwungs´ einen immer breiteren Raum in unserer Gesellschaft einnimmt - geht es oftmals um die nackte Existenz.
ja. wobei ich hier einhaken möchte: meine lebenssituation ist gleichfalls "prekär", ich lohnarbeite (teilzeit) und liege unter der "offiziellen" armutsgrenze - aber ich lasse mich - bisher zumindest - nicht in die position treiben, jede lebensregung unter dem diktat der sog. ökonomischen vernunft einerseits und der existenziellen panik andererseits zu bewerten. eine gewisse entspanntheit, eine ungezwungene einsicht in die notwendigkeit eines materiellen verzichts (das möchte ich klar trennen von der verzichtsideologie von oben! diese gesellschaft ist auf einem sehr schädlichen konsumniveau anbelangt, welches irgendwann im historischen rückblick vermutlich als groteske und gefährliche entwicklungsphase eines teils der menschheit betrachtet werden wird) und das zunehmende bewußtsein, dass es innerhalb der systemlogik keine, aber auch wirklich keine menschliche perspektive mehr gibt, tragen zu dem inneren freiraum bei, den ich existenziell nötig empfinde - und das bestreben geht dahin, entsprechende äußere freiräume zu schaffen.
ich weiß, dass ich zu diesem punkt erst nach langer innerer arbeit gekommen bin. aber genau dieser prozeß ist einer, der imo massenhaft stattfinden müsste. und das heißt, das wir u.a. verstehen müssen, welches förderliche und welches hemmende bedingungen sind.
erst mal vielen Dank für den Zeit-Artikel über die Zeit und Deine wie immer anregenden Gedanken. Man könnte das ganze vielleicht auch etwas pathetisch überschreiben mit der Frage „Wer ist ´Herr´ über unsere Zeit?“.
Freiheitlicher, emanzipierter Umgang mit der eigenen Zeit ist in unserem kapitalistischen System nicht gewollt. Grund: emanzipierte Menschen, die Zeit haben, fangen an zu denken und Zusammenhänge herzustellen. Viele beginnen, die umfassende Zerstörungskraft dieses ausbeuterischen Systems zu erkennen, sich zu entziehen, sich zu verweigern. Würde das um sich greifen, klappte das System sehr schnell zusammen (was m.E. sowieso irgendwann geschehen wird, weil es im Kern nicht logisch ist und gegen die Natur arbeitet). Unter anderem deshalb muss „der Mensch“ immer in Bewegung, in Ablenkung gehalten werden. So etwas wie eine allgemeine Zeit-Souveränität darf gar nicht erst aufkommen: damit wir nicht aufwachen. Es geht letztendlich um Manipulation zur Ausbeutung. Echte Muße macht eigenmächtig.
Diejenigen von uns, die im Arbeitsleben stehen, müssen aufgrund des zum Naturereignis erklärten Globalisierungs-, Leistungs- und Profitdrucks immer mehr in immer weniger Zeit erledigen, werden ausgequetscht, beuten sich selber aus, was sich leider oft auch auf die Freizeit, die Beziehung zu Familie und Freunden überträgt. Am Ende eines solchen Arbeitslebens bleibt oft das schale Gefühl, am „echten Leben“ vorbei gehyped zu sein, ohne das Wesentliche gelebt zu haben.
Die Beantwortung der Frage, was denn das Wesentliche unseres Lebens sei und wie wir mit unserer Lebenszeit so umgehen können, dass wir sie als sinnvoll und befriedigend erleben, wird in Anbetracht der (trotz der geschönten Arbeitslosen-Statistiken) immer größer werdenden Gruppe der „Überflüssigen“ und der immer geringer werdenden Anzahl der Arbeitsplätze wohl eine der größten Herausforderungen der Zukunft. Die meisten Menschen, die unfreiwillig aus der Maschinerie der Arbeitswelt ausgespuckt werden, haben es nicht gelernt, sind es nicht gewohnt, mit ihrer Zeit eigenmächtig umzugehen, den Tag selbst zu strukturieren, sich und die eigenen (Zeit-) Bedürfnisse wahrzunehmen und ihnen nachzugehen. Gleiches gilt oftmals für Rentner oder chronisch Erkrankte. Hier macht Umgang mit Eigen-Zeit erst mal Angst, und unter anderem dies treibt viele in Depression und Sucht-Flucht-Verhalten. Allerdings, so meine Erfahrung, kann man sich das Leben zu einem großen Teil wieder zurück holen – was allerdings den Mut kostet, sich auf sich selbst, mit allem, was da ist, einzulassen ...
Die im Zeit-Artikel beschriebenen Menschen haben sich eine Freiheit von der Fremdbestimmung durch Einsatz von Kapital erkauft. Das ist nur einem kleinen Teil unserer Gesellschaft möglich. Für Arme, prekär Beschäftigte, ´Illegale´ etc. - eine Gruppe, die trotz gegenteiliger Behauptungen und des beschwörenden Herbeiwünschens des ´großen Aufschwungs´ einen immer breiteren Raum in unserer Gesellschaft einnimmt - geht es oftmals um die nackte Existenz. Allein deshalb lohnt sich der Einsatz für ein Grundeinkommen, das wirklich bedingungslos ist, mithin jedem zusteht, allein, weil er/sie lebt. Aber selbst, wenn diese Existenz denn irgendwann wirklich gesichert sein wird, geht es m.E. bezüglich des Umgangs mit unserer Lebens-Zeit immer wieder um die Auseinandersetzung mit den „großen“ Fragen, die uns alle direkt im Kern betreffen: Wer bin ich? Was will ich? Was „soll“ ich hier?
Viele Grüße
Mondschaukel
hallo mondschaukel...
Würde das um sich greifen, klappte das System sehr schnell zusammen (was m.E. sowieso irgendwann geschehen wird, weil es im Kern nicht logisch ist und gegen die Natur arbeitet).
vielleicht kommt es an wie definitionshuberei, aber ich sag´s trotzdem: "gegen die natur" kann selbst dieses system nicht arbeiten, weil es - trotz aller leugnung und aller versuche, sich selbst außerhalb der natürlichen prozesse zu positionieren - immer und ewig ein teil derselbigen bleiben würde. nur der größenwahn von sich als beziehungslos und total autark erlebenden profiteuren und propagandisten der herrschenden destruktiven kann eine derart unmögliche position halluzinieren. kurz: es ist nicht möglich, für niemanden und zu keiner zeit, aus der natur "auszusteigen". nur mittels wahrnehmungsdefekten kann sich jemand einbilden (lies: sich eine virtuelle realität konstruieren), das er oder sie nicht mehr in das untrennbare beziehungsgeflecht eingebunden ist - und natürlich kann diese person auch so handeln, als ob das der fall wäre - muss sich dann aber nicht über sehr böse überraschungen wundern. auch unsere ökologischen probleme hängen sehr stark mit bestimmten wahrnehmungsmodi zusammen.
ich möchte die halluzinationen dieses system nicht noch unterstützen, in dem ich ihnen eine "realität" zugestehe, die sie niemals hatten und haben werden und können. fallen wir nicht auf die mythen rein, mit denen sich die gestörten eine position geben möchten, die ihrem allmachtswahn schmeichelt.
Die meisten Menschen, die unfreiwillig aus der Maschinerie der Arbeitswelt ausgespuckt werden, haben es nicht gelernt, sind es nicht gewohnt, mit ihrer Zeit eigenmächtig umzugehen, den Tag selbst zu strukturieren, sich und die eigenen (Zeit-) Bedürfnisse wahrzunehmen und ihnen nachzugehen. Gleiches gilt oftmals für Rentner oder chronisch Erkrankte. Hier macht Umgang mit Eigen-Zeit erst mal Angst, und unter anderem dies treibt viele in Depression und Sucht-Flucht-Verhalten. Allerdings, so meine Erfahrung, kann man sich das Leben zu einem großen Teil wieder zurück holen – was allerdings den Mut kostet, sich auf sich selbst, mit allem, was da ist, einzulassen ...
große zustimmung! diese art entfremdung ist ein ganz zentrales problem für alle veränderungsversuche, und sie wird imo nicht unwesentlich durch traumatische mechanismen erzeugt. die utopie von kollektivität, die sich zwanglos aus den eigenen bedürfnissen heraus entwickelt, ist leider für viele, die von diesen mechanismen geprägt sind, eine sehr beängstigende vorstellung - das gilt es zu begreifen.
Die im Zeit-Artikel beschriebenen Menschen haben sich eine Freiheit von der Fremdbestimmung durch Einsatz von Kapital erkauft. Das ist nur einem kleinen Teil unserer Gesellschaft möglich. Für Arme, prekär Beschäftigte, ´Illegale´ etc. - eine Gruppe, die trotz gegenteiliger Behauptungen und des beschwörenden Herbeiwünschens des ´großen Aufschwungs´ einen immer breiteren Raum in unserer Gesellschaft einnimmt - geht es oftmals um die nackte Existenz.
ja. wobei ich hier einhaken möchte: meine lebenssituation ist gleichfalls "prekär", ich lohnarbeite (teilzeit) und liege unter der "offiziellen" armutsgrenze - aber ich lasse mich - bisher zumindest - nicht in die position treiben, jede lebensregung unter dem diktat der sog. ökonomischen vernunft einerseits und der existenziellen panik andererseits zu bewerten. eine gewisse entspanntheit, eine ungezwungene einsicht in die notwendigkeit eines materiellen verzichts (das möchte ich klar trennen von der verzichtsideologie von oben! diese gesellschaft ist auf einem sehr schädlichen konsumniveau anbelangt, welches irgendwann im historischen rückblick vermutlich als groteske und gefährliche entwicklungsphase eines teils der menschheit betrachtet werden wird) und das zunehmende bewußtsein, dass es innerhalb der systemlogik keine, aber auch wirklich keine menschliche perspektive mehr gibt, tragen zu dem inneren freiraum bei, den ich existenziell nötig empfinde - und das bestreben geht dahin, entsprechende äußere freiräume zu schaffen.
ich weiß, dass ich zu diesem punkt erst nach langer innerer arbeit gekommen bin. aber genau dieser prozeß ist einer, der imo massenhaft stattfinden müsste. und das heißt, das wir u.a. verstehen müssen, welches förderliche und welches hemmende bedingungen sind.
grüße zurück
mo