notiz: wie afghanische kinder und äpfel im "kampf gegen den terror" benutzt werden (update)
was nicht wirklich überraschend ist:
(...)"aspekte: Sie gehören zu denen, die immer wieder rausgegangen sind, zeitweise auch mit einer niederländischen Spezialeinheit. In Ihrem Buch schildern Sie ein besonders schockierendes Erlebnis. Sie wurden Augenzeuge, wie eine ISAF-Truppe geklärt hat, wo sich vermintes Gelände befindet. Die ISAF-Soldaten haben dabei Kinder benutzt. Die Soldaten haben ihnen Äpfel gezeigt - und diese dann auf ungeklärtes Gelände geworfen. Dies, um zu sehen, was passiert. Ob die hungrigen Kinder den Äpfeln hinterherlaufen, oder nicht. Sie schreiben in Ihrem Buch, wenn es keinen Knall gab, konnte das Areal als 'minenfrei' in die Karte eingezeichnet werden. Auch wenn an diesem Tag, an dem Sie dabei waren, nichts passiert ist: Man fragt sich doch, wie zynisch diese Truppen vorgehen, die den Menschen in Afghanistan Freiheit und Menschenrechte bringen sollen?
Wohlgethan: Ich muss betonen, dass dies keine Angehörigen der Bundeswehr waren, sondern Soldaten anderer ISAF-Nationen. Und natürlich hört sich das mit Sicherheit brutal an. Ich glaube, dass die Leute, die auf solche Gedanken überhaupt kommen, schon in der Vergangenheit Kameraden gesehen haben, die zu Schaden gekommen sind durch Minen. Für die ist ganz klar: Das möchte man nicht noch einmal haben. Sie denken zuerst an ihren Buddy, ihr Team, die Kameraden - die wollen am Ende in einem Stück nach Hause."
letztere sätze sind - vielleicht mit viel gutem willen - in anbetracht der grundsätzlich dehumanisierenden wirkungen von kriegen nachvollziehbar (ebenso nach betrachten der obigen bilder aus afghanistan), jedoch zieht der (ex?-)soldat hier nicht die naheliegende konsequenz, kriege als überwiegend als "normal" angesehene form von "konfliktlösungen" grundsätzlich als ausdruck von längst ins pathologische abgeglittenen antisozialen verhältnissen zu ächten (was selbst für "gerechte" und in einem gewissen sinne auch notwendige kriege wie den gegen nazi-deutschland gilt), sondern er verschanzt sich innerhalb der üblichen logik und muss dann zwangsläufig bei einer position enden, die sich in einem satz vielleicht so formulieren ließe:
"stirb du heute - ich aber erst morgen."
und in der gleichen logik muss er dann auch zu folgenden schlüssen kommen:
"aspekte: Aber wenn die Soldaten der ISAF so ticken, also in diesem Fall das Risiko in Kauf nehmen, dass ein Kind getötet werden könnte - was sollen die Afghanen dann von dieser Truppe halten?
Wohlgethan: Natürlich, wenn man das in Deutschland hört, dann sagt man 'Das kann doch nicht wahr sein!' Das ist richtig. Aber genauso muss man auch sagen: 'Dann gebt den Leuten, dann gebt den Soldatinnen und Soldaten mehr Material, mehr Ausrüstung, mehr ausgebildetes Personal, um die Lage dort zu klären!' Es ist ja immer wieder das Gleiche: Ich kann die Leute nicht einfach irgendwo hin schicken, ohne die entsprechende Ausrüstung und ohne entsprechende Ausbildung. Das kann ich nicht machen."(...)
die frage, was "die leute" da überhaupt zu suchen haben, stellt sich ihm offensichtlich (noch?) nicht - armeen jedenfalls, die im auftrag der korrupten und demokratiesimulierenden regimes des "freien westens" unterwegs sind, werden grundsätzlich kein interesse daran haben dürfen, die unbestitten desolaten verhältnisse in afghanistan (und in anderen regionen) tatsächlich im interesse der dort jeweils lebenden menschen zum positiven hin zu verändern. daran ändern auch irgendwelche pr-inszenierungen von krankenhaus- und schulneubauten wenig bis gar nix.
wie immer man wohlgetans berichte im einzelnen wertet - unter endstation-kabul ist u.a. ein blog erreichbar - die obige geschichte hat jedenfalls bereits eine typische reaktion der militärischen bürokratie hervorgebracht :
(...)"Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums erklärte, die Aspekte würden geprüft."
"die aspekte würden geprüft" - hungrige kinder, die mittels geworfenen äpfeln in potenzielle lebensgefahr gebracht werden, gehören also zu aspekten. auch an dieser stelle sind die verlautbarungen aus der hierarchie der macht wie so oft bezeichnend. was sonst noch zu diesen aspekten gehört, lässt sich zusammenfassend hier nachlesen:
(...)"Über weite Strecken ist das Buch im Landserstil geschrieben – es geht um Männer, die weinen müssen, wenn sie beim Zapfenstreich Lilly Marleen hören. Dazwischen finden sich aber Informationen von erheblicher Brisanz: So haben Wohlgethan und andere deutschen Elitesoldaten im Jahr 2002 mit Wissen ihrer Vorgesetzten außerhalb des vorgeschriebenen Mandatsgebietes operiert und damit gegen Vorgaben des Bundestages verstoßen. Dies sei »mindestens ein Dutzend Mal« vorgefallen. Weitere Vorstöße außerhalb des Mandatsgebiets habe er an der Seite der niederländischen »Korps Commandotroepen« (KCT) durchgeführt. Im August 2002 nahm Wohlgethan südlich von Kabul an einem Einsatz teil, bei dem zwölf Afghanen unter ungeklärten Umständen erschossen wurden. Zudem berichtet der Ex-Stabsunteroffizier, wie er in Afghanistan für den Militärischen Abschirmdienst (MAD) der Bundeswehr aktiv wurde. Dabei seien er sowie deutsche Fernspähsoldaten gegen angebliche Waffenhändler und -labors vorgegangen. MAD-Operationen im Ausland sind aber erst seit 2004 gesetzlich erlaubt."(...)
aber auch das ist nun keinesfalls mehr überraschend - dass sich selbsterklärte "eliten" und ihr fußvolk keinesfalls an irgendwelche gesetze gebunden fühlen, lässt sich inzwischen so ziemlich jeden tag wahrnehmen. ebenfalls, dass diese haltung bisher ohne große konsequenzen existieren kann.
*
edit am 14.01.: inzwischen gibt es auch von anderer seite belege für die erwähnten mandatsverstöße:
"Die Bundeswehr hat offenbar gegen den Bundestagsbeschluss für den Afghanistan-Einsatz verstoßen. Dem niederländischen Radio liegen Beweise vor, dass Soldaten 2002 außerhalb des Isaf-Mandatsgebietes operierten. Gestern hatte ein ehemaliger Bundeswehr-Soldat gleichlautende Anschuldigungen erhoben."(...)
(...)"aspekte: Sie gehören zu denen, die immer wieder rausgegangen sind, zeitweise auch mit einer niederländischen Spezialeinheit. In Ihrem Buch schildern Sie ein besonders schockierendes Erlebnis. Sie wurden Augenzeuge, wie eine ISAF-Truppe geklärt hat, wo sich vermintes Gelände befindet. Die ISAF-Soldaten haben dabei Kinder benutzt. Die Soldaten haben ihnen Äpfel gezeigt - und diese dann auf ungeklärtes Gelände geworfen. Dies, um zu sehen, was passiert. Ob die hungrigen Kinder den Äpfeln hinterherlaufen, oder nicht. Sie schreiben in Ihrem Buch, wenn es keinen Knall gab, konnte das Areal als 'minenfrei' in die Karte eingezeichnet werden. Auch wenn an diesem Tag, an dem Sie dabei waren, nichts passiert ist: Man fragt sich doch, wie zynisch diese Truppen vorgehen, die den Menschen in Afghanistan Freiheit und Menschenrechte bringen sollen?
Wohlgethan: Ich muss betonen, dass dies keine Angehörigen der Bundeswehr waren, sondern Soldaten anderer ISAF-Nationen. Und natürlich hört sich das mit Sicherheit brutal an. Ich glaube, dass die Leute, die auf solche Gedanken überhaupt kommen, schon in der Vergangenheit Kameraden gesehen haben, die zu Schaden gekommen sind durch Minen. Für die ist ganz klar: Das möchte man nicht noch einmal haben. Sie denken zuerst an ihren Buddy, ihr Team, die Kameraden - die wollen am Ende in einem Stück nach Hause."
letztere sätze sind - vielleicht mit viel gutem willen - in anbetracht der grundsätzlich dehumanisierenden wirkungen von kriegen nachvollziehbar (ebenso nach betrachten der obigen bilder aus afghanistan), jedoch zieht der (ex?-)soldat hier nicht die naheliegende konsequenz, kriege als überwiegend als "normal" angesehene form von "konfliktlösungen" grundsätzlich als ausdruck von längst ins pathologische abgeglittenen antisozialen verhältnissen zu ächten (was selbst für "gerechte" und in einem gewissen sinne auch notwendige kriege wie den gegen nazi-deutschland gilt), sondern er verschanzt sich innerhalb der üblichen logik und muss dann zwangsläufig bei einer position enden, die sich in einem satz vielleicht so formulieren ließe:
"stirb du heute - ich aber erst morgen."
und in der gleichen logik muss er dann auch zu folgenden schlüssen kommen:
"aspekte: Aber wenn die Soldaten der ISAF so ticken, also in diesem Fall das Risiko in Kauf nehmen, dass ein Kind getötet werden könnte - was sollen die Afghanen dann von dieser Truppe halten?
Wohlgethan: Natürlich, wenn man das in Deutschland hört, dann sagt man 'Das kann doch nicht wahr sein!' Das ist richtig. Aber genauso muss man auch sagen: 'Dann gebt den Leuten, dann gebt den Soldatinnen und Soldaten mehr Material, mehr Ausrüstung, mehr ausgebildetes Personal, um die Lage dort zu klären!' Es ist ja immer wieder das Gleiche: Ich kann die Leute nicht einfach irgendwo hin schicken, ohne die entsprechende Ausrüstung und ohne entsprechende Ausbildung. Das kann ich nicht machen."(...)
die frage, was "die leute" da überhaupt zu suchen haben, stellt sich ihm offensichtlich (noch?) nicht - armeen jedenfalls, die im auftrag der korrupten und demokratiesimulierenden regimes des "freien westens" unterwegs sind, werden grundsätzlich kein interesse daran haben dürfen, die unbestitten desolaten verhältnisse in afghanistan (und in anderen regionen) tatsächlich im interesse der dort jeweils lebenden menschen zum positiven hin zu verändern. daran ändern auch irgendwelche pr-inszenierungen von krankenhaus- und schulneubauten wenig bis gar nix.
wie immer man wohlgetans berichte im einzelnen wertet - unter endstation-kabul ist u.a. ein blog erreichbar - die obige geschichte hat jedenfalls bereits eine typische reaktion der militärischen bürokratie hervorgebracht :
(...)"Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums erklärte, die Aspekte würden geprüft."
"die aspekte würden geprüft" - hungrige kinder, die mittels geworfenen äpfeln in potenzielle lebensgefahr gebracht werden, gehören also zu aspekten. auch an dieser stelle sind die verlautbarungen aus der hierarchie der macht wie so oft bezeichnend. was sonst noch zu diesen aspekten gehört, lässt sich zusammenfassend hier nachlesen:
(...)"Über weite Strecken ist das Buch im Landserstil geschrieben – es geht um Männer, die weinen müssen, wenn sie beim Zapfenstreich Lilly Marleen hören. Dazwischen finden sich aber Informationen von erheblicher Brisanz: So haben Wohlgethan und andere deutschen Elitesoldaten im Jahr 2002 mit Wissen ihrer Vorgesetzten außerhalb des vorgeschriebenen Mandatsgebietes operiert und damit gegen Vorgaben des Bundestages verstoßen. Dies sei »mindestens ein Dutzend Mal« vorgefallen. Weitere Vorstöße außerhalb des Mandatsgebiets habe er an der Seite der niederländischen »Korps Commandotroepen« (KCT) durchgeführt. Im August 2002 nahm Wohlgethan südlich von Kabul an einem Einsatz teil, bei dem zwölf Afghanen unter ungeklärten Umständen erschossen wurden. Zudem berichtet der Ex-Stabsunteroffizier, wie er in Afghanistan für den Militärischen Abschirmdienst (MAD) der Bundeswehr aktiv wurde. Dabei seien er sowie deutsche Fernspähsoldaten gegen angebliche Waffenhändler und -labors vorgegangen. MAD-Operationen im Ausland sind aber erst seit 2004 gesetzlich erlaubt."(...)
aber auch das ist nun keinesfalls mehr überraschend - dass sich selbsterklärte "eliten" und ihr fußvolk keinesfalls an irgendwelche gesetze gebunden fühlen, lässt sich inzwischen so ziemlich jeden tag wahrnehmen. ebenfalls, dass diese haltung bisher ohne große konsequenzen existieren kann.
*
edit am 14.01.: inzwischen gibt es auch von anderer seite belege für die erwähnten mandatsverstöße:
"Die Bundeswehr hat offenbar gegen den Bundestagsbeschluss für den Afghanistan-Einsatz verstoßen. Dem niederländischen Radio liegen Beweise vor, dass Soldaten 2002 außerhalb des Isaf-Mandatsgebietes operierten. Gestern hatte ein ehemaliger Bundeswehr-Soldat gleichlautende Anschuldigungen erhoben."(...)
monoma - 11. Jan, 21:20
ergänzung
einsehbar.