assoziation: rund um die finanzkrise

ähnlich wie es somlu drüben schreibt, geht es auch mir - eigene versuche, zu verstehen, was da überhaupt geschieht werden von mulmigen gefühlen begleitet und alles wird überlagert von der verwirrung über die auffällige stille und auch des desinteresses in großen teilen der gesellschaft. meine online-zeiten der letzten tage habe ich größtenteils lesend verbracht, und einiges von dem, was mir da aufgefallen ist, möchte ich im folgenden hier festhalten - lose orientiert an meinen sonstigen thematischen schwerpunkten hier.

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und zum einstieg gibt´s gleich mal einen (animierten) film darüber, wie "unser" geldsystem im kern funktioniert bzw. über die frage, wie geld eigentlich erschaffen wird (und vor allem: von wem). ich habe den film neulich eher zufällig entdeckt und finde ihn ganz aufschlußreich, auch wenn ich die zitatmontagen etwas unglücklich finde, weil sie zu sehr anklänge an bestimmte verschwörungstheoretische gedanken auslösen können (was aber nichts an ihrer authentizität ändert). ebenfalls einen weiteren kritikpunkt stellt die zu unterbelichtete rolle des staates beim ganzen prozeß dar. aber trotz dieser mankos macht der film vor allem eines sehr deutlich: auch ohne größere krisen ist das aktuelle geld- und finanzsystem aufgrund der impliziten notwendigkeit zu ständigem wirtschaftswachstum (bekanntlich eine absolute und tatsächlich naturwidrige unmöglichkeit) auf dauer zum untergang verurteilt. in der hinsicht ein echter augenöffner:



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der film macht auch deutlich, warum die mainstreammedien in den letzten tagen sehr häufig auf das thema
bank run eingegangen sind bzw. im moment viel versuche laufen, mittels medialer beruhigungspillen (eine davon trägt den namen einlagensicherungsfonds ) präventiv auf die "masse der kleinen leute" einzuwirken, doch ja nicht das vertrauen in die banken zu verlieren. tatsächlich ist das meiner meinung nach eine der derzeitigen größten ängste der "eliten" in politik & wirtschaft, zumal sie sehr gut wissen, dass ein allgemeiner bank run tatsächlich das "ende der welt, wie wir sie kennen", bedeuten würde -

(...)"Heute früh noch sei er angerufen worden aus seinem Wahlkreis, sagt einer aus der FDP, kurz bevor er in seinem Fraktionssaal verschwindet. Ein Sparkassenmann habe ihn, seinen Abgeordneten, ermahnt, auf keinen Fall dürfe die Opposition jetzt Stimmung machen gegen die Regierung. „Ein Bank-run“, hat er den Politiker belehrt, dieses Phänomen des Massensturms auf die Bankschalter, weil die Sparer um ihr Geld bangen, ein Bank-run also, bat der Filialleiter seinen Politiker, müsse dringend verhindert werden."(...)


fragment 1

- mit so absolut durchgreifenden folgen jedoch auf jeden vorgeblich "privaten" alltag, dass alles nachfolgende weitestgehend unkalkulierbar werden würde und dann vor allem die derzeitigen psychophysischen strukturen in der mehrheit der menschen mit einiger wahrscheinlichkeit sehr destruktiv durchschlagen würden - massenhafte existenzpanik zusammen mit der suche nach schuldigen ist etwas, was ich nicht unbedingt erleben möchte, auch wenn ein teil in mir sagt, dass das auf einer gewissen ebene nur gerecht wäre - schließlich würden wir dann komprimiert endlich mal ganz real eine lektion darüber erhalten, wie sich die mehrheit der weltbevölkerung so fühlt.

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und wenn man sich so durch die kommentarsektionen verschiedenster medien klickt, so fällt auf, das stimmen wie diese in der letzten woche zugenommen haben:

(...)"Als Konsequenz werde ich diese Woche all meine Ersparnisse von der Bank holen, da diese Krise bewiesen hat, dass man der Regierung und den Banken nichts glauben und vor allem nicht vertrauen kann!"


fragment 2

gut möglich, dass in zeiten des online-bankings auch ein bank run in zunächst recht unspektakulär daherkommenden formen auftritt - nichts zu sehen, bis es plötzlich RUMMMS macht. und das wäre dann nebenbei gesagt auch der bisher krasseste beleg für das, was mancherorts als "digitale kluft" bezeichnet wird - all diejenigen nämlich, die aus was für gründen auch immer nicht die virtuellen welten besuchen (können), wären nämlich in so einer situation die gelackmeierten, weil sie schlicht zu spät kommen würden. in diesem land würde sich das vermutlich in einem staatlichen eingriff manifestieren, etwa in form eines oder mehrerer bankenfeiertage (was ein begriff mit unfreiwilliger komik!) oder auch beschränkungen der jeweils abhebbbaren summen. meines wissens sind die verfügbaren maßnahmen hierzulande im kreditwesengesetz festgelegt, ich lasse mich aber gern auch nicht nur bei diesem aspekt des themas eines anderen belehren.

der zitierte user oben jedenfalls hat meiner meinung im letzten teile seines satzes etwas ausgedrückt, was ich neben den anscheinend "puren" ökonomischen folgen für die tiefgreifendste konsequenz der ganzen sache gerade halte, die noch unabsehbare dimensionen hat - anders ausgedrückt in einem "offiziellen" kommentar:

(...)"Im großen Stil verpfänden sie die künftigen Einkommen ihrer Steuerzahler gegen die Hoffnung, dass irgendwie und irgendwann alles wieder ins Laufen kommt. Das reicht nicht. So richtig es ist, mit allen Mitteln den Zusammenbruch zu verhindern, so zwingend nötig ist es auch, mit allen Mitteln dafür zu sorgen, dass nicht wieder diejenigen begünstigt werden, die das Desaster angerichtet haben. Andernfalls wird der Vertrauensverlust ganz schnell auch die Regierenden ereilen und mit ihnen früher oder später auch die Stabilität der Demokratie.

Doch bei dieser Aufgabe haben alle beteiligten Regierungen bisher kläglich versagt. Darum ist das Rettungsprogramm der US-Regierung auch zunächst daran gescheitert, dass viele Abgeordnete ihren Wählern nicht erklären konnten, wie die veranschlagten 700 Milliarden Dollar dereinst aus Bankgewinnen zurück in die Staatskasse fließen sollen. Kaum besser als ihre US-Kollegen agieren auch die deutsche Kanzlerin und ihr Finanzminister. Quasi über Nacht haben sie mehr Geld für eine Bankbürgschaft riskiert, als alle Hartz-IV-Empfänger im ganzen Jahr aus der Bundeskasse erhalten. Aber Frau Merkel hielt es bislang nicht einmal für nötig, diesen Anschlag auf das Geld ihrer Wähler mit einer Rede an die Nation zu erklären, geschweige denn sicherzustellen, dass die Verantwortlichen zur Kasse gebeten werden.

Das kann nicht gut gehen. Entweder die Regierenden stellen sicher, dass die Lasten der Krise halbwegs fair verteilt werden. Oder der Preis für die Rückgewinnung des Vertrauens wird unbezahlbar."


fragment 3

der widerspruch zwischen der relativen ruhe auf den straßen und dem, was sich an stimmen in der virtuellen welt besonders nach dem bereitwilligen quasimilliardengeschenk an die hypo real estate kundgetan hat, ist jedenfalls frappierend - und ich denke, dass in diesen tagen bestimmte formen der inneren spaltung zusammen mit diversen (autoritäts-)ängsten und paranoiden teilen bei vielen menschen ebenso getriggert werden wie elementare formen der wut - und da es ans eingemachte zu gehen droht, werden das besonders frühkindliche arten und relikte von wut sein, die sich bei (anscheinend) erwachsenen menschen besonders verheerend und in einem negativen sinne irrational auszudrücken pflegen. all das sind prozesse, die eine gewisse zeit brauchen, um wahrnehmbar zu werden - aber ich würde Ihnen sehr empfehlen, genau wie ich in den nächsten tagen und wochen beim alltag in der öffentlichkeit mal alle verfügbaren sinne weit aufzumachen, um die ausdrucksarten der kommenden psychosozialen erschütterungen möglichst frühzeitig wahrzunehmen.

*

persönlich empfinde ich übrigens wut bei solchen fundsachen wie der folgenden (danke an den tp-user an dieser stelle, der das ausgegraben hat):

(...)"weil ich nicht wirklich mitreden kann, wenn es um das ganz grosse bankenbusiness geht, wollte ich mich ein wenig schlau machen, was
eine "investmentbank" eigentlich ist und was effektiv dahintersteckt.
nun, ich muss mich erst noch etwas intensiver mit der materie auseinandersetzen, bevor ich überhaupt etwas dazu sagen kann, allerdings bin ich schon am anfang meiner hobbyrecherche auf etwas gestossen, was mich direkt ein wenig stutzig macht:

> http://de.wikipedia.org/wiki/Investmentbank

dort findet man unter "wissenschaftliche literatur" den folgenden eintrag:

Investment Banking (Gebundene Ausgabe), hrg. von Heinz-Josef Hockmann (Herausgeber), Friedrich Thießen, Stuttgart

soso, "friedrich thiessen aus stuttgart" also, das ist ja interessant! war da neulich nicht etwas mit diesem besagten herrn? richtig erkannt, nämlich das hier:

"132 Euro zum Leben" http://www.welt.de/wirtschaft/article2401331/Hartz-IV-Professor-verteidigt-umstrittene-Studie.html

um auszuschliessen, dass es sich nicht um einen zufälligen namensvetter handelt, habe ich es vorsichtshalber überprüft, er ist in der tat ein "investmentbanking-experte": http://www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/bwl4/thiessen.php"(...)


fragment 4

tatsächlich ein ganz sauberer herr, dieser professor. nicht nur, dass man das bisherige investmentbankingsystem als eine art von sehr ausgefeiltem quasibetrugsinstrument ansehen kann, worin der thiessen involviert ist - nein, er besitzt auch noch die frechheit, die kosten der raubzüge dieser branche schon mal präventiv unter "wissenschaftlichem" mäntelchen auszulagern auf diejenigen, die eh schon die arschkarte gezogen haben. unter obigen aspekten sowie den den banken bisher hinterhergeschmissenen milliarden an staatlichen geldern bekommt die damalige studie eine noch übleren beigeschmack von testballon als eh schon. es fällt auch schwer zu glauben, dass der zeitliche zusammenhang zwischen erscheinen dieser "studie" sowie der kurz darauf folgenden eskalation der krise nur auf zufall beruht (ebensowenig wie die meldung über die angeblich "gute arbeitsmarktlage",die seit gestern breit gestreut wird - altbekannte statistische tricks in zeiten von mehrfachjobs, niedriglohnarbeitsverhältnissen und etlichen mehr oder weniger sinnlosen "maßnahmen" der arbeitsargenturen für ihr klientel - auch so eine schal schmeckende beruhigungspille, die aber bei vielen womöglich - und hoffentlich! - genau das gegenteil erreicht).

*

eine art angstindikator stellt in solchen zeiten wie jetzt auch immer der goldpreis bzw. -handel dar:

"Kleinsparer im Goldrausch: Verunsicherte Anleger stürzen sich auf Münzen und Barren, Fonds und Minenaktien. Münzprägeanstalten ackern sieben Tage die Woche - und kommen trotzdem mit der Produktion nicht hinterher."(...)


fragment 5

*

diejenigen, die da die goldhändler in trab halten, gehen dabei vielleicht von szenarien aus, wie sie der folgende user in einem wirtschaftsblogkommentar skizziert:

"@Alle,

ich bin sehr sehr pessimistisch und befürchte folgenden Ablauf:

- Rezession und Verarmungen in den USA
- Bürger - Proteste, Ausschreitungen in den USA

- Welthandel ist betroffen, geht nach unten
- Auslastung der dt. Industrie geht nach unten

- Arbeitslosigkeit steigt
- Staatsausgaben steigen

- Steuereinnahmen gehen nach unten
- Staats-Verschuldung steigt

- Staatliche Leistungen werden gekürzt
- das Volk verliert das Vertrauen

- Randale, Ausschreitungen, Chaos ( Tote )
- Griechenland, Italien, Spanien und Portugal ( u. a. ) kappen den Euro

- der Zusammenbruch des Euro-Systems
( Währungsreform ? )

Noch nie, seit ich lebe, habe ich von Politikern, Wissenschaftlern und Wirtschaftsforschern Warnungen in dieser massiven Form gehört oder gelesen. Manche sprechen vom Ende einer Epoche. Mir ist dabei bewusst, daß ich nur ein Bruchteil der Wahrheit erfahre!"(...)


fragment 6

nun, nach meinen bisherigen wahrnehmungen ist von der obigen liste bereits so ca. die hälfte der prognostizierten entwicklungen realität - von den hierzulande bisher kaum wahrgenommenen protesten in den usa (näheres dazu sowie zur bereitstellung von aktiven einheiten der us-army für inlandseinsatz ist im letzten blogbeitrag zu lesen; ansonsten sind die us-amerikanischen seiten von indymedia empfehlenswert ), bis zu den zunehmend deutlicher werdenden auswirkungen auf die realwirtschaft (was mich als beschäftigter in einem kleinen mittelständischen unternehmen natürlich sowohl besonders interessiert als auch betrifft) - stichwort kreditklemme:

(...)"Kredite verteuern sich, Wirtschaft und Konsumenten fragen weniger nach - angesichts solch trüber Aussichten für die Konjunktur erscheinen Stellenstreichungen auf breiter Front nur eine Frage der Zeit zu sein.

"Wir müssen fest davon ausgehen, dass sich die Situation am Arbeitsmarkt bis Mitte 2009 deutlich verschärft", sagt Folker Hellmeyer, Chefanalyst der Bremer Landesbank. Auch Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise rechnet mit steigender Arbeitslosigkeit im kommenden Jahr.

Die größte Sorge vieler Unternehmen sind die derzeit immer schlechteren Konditionen für ihre Finanzierung. Banken versuchen mit aller Macht die Risiken in ihren Bilanzen zu minimieren und geben sich restriktiv. Am größten ist das Misstrauen unter den Geldhäusern selbst, wie die auf Rekordniveau steigenden Zinssätze am Geldmarkt zeigen. "Und wenn die Banken so sehr darunter leiden, hat das ultimativ dieselben Folgen für Unternehmen", sagt Hellmeyer. "Die Kreditklemme ist da, und sie belastet jetzt die Konjunktur."(...)


fragment 7

*

und so könnte ich noch stundenlang weiteres zusammentragen, ohne viele entscheidende dinge auch nur erwähnt zu haben - bspw. ist die im hintergrund lauernde (und potenziell krisenverschärfende)
peak oil-problematik momentan nur dadurch verschleiert, dass die beginnende weltwirtschaftskrise auch zu einbrüchen beim ölverbrauch mit folglich sinkenden preisen führt - an der tatsache selbst ändert das allerdings kein stück. und so weiter und so fort. aber mir ging´s hier darum, mal etwas von dem loszuwerden, was nicht nur mich momentan sehr beschäftigt.

nachdrückliche empfehlung an banker & broker

*

zum schluß ein paar lesetipps, die zu einem besseren verständnis der gegenwärtigen vorgänge beitragen können:
Grösster Raubzug der letzten Jahre , Kapitale Fehler , Von der neoliberalen Globalisierung zur Weltwirtschaftskrise II sowie Das Decamerone und die russische Lösung. mit diesen empfehlungen sowie sehr ernstgemeinten guten wünschen für uns alle verabschiede ich mich für den moment
Claudia Troßmann (Gast) - 2. Okt, 21:23

Im Prinzip eine verlangsamte Exponentialfunktion in einem "geschlossenen System"

Die momentan vorherrschende Art des Wirtschaftens lässt sich eigentlich ganz gut mit "verlangsamter Exponentialfunktion" (Zins und Zinseszins) und Kondratjew-Zyklen erklären. Das ist schlichtweg der "Systemfehler". Ein weiterer und eigentlich wichtigerer Kritikpunkt wurde etwa von Riane Eisler in "The real wealth of nations" dargestellt. Ein dominatorisches System richtet nicht nur sich selbst zugrunde, sondern auch die daran Beteiligten, egal in welcher Position oder wo sie sich befinden. Das äußerst Dumme ist, dass es diesmal wirklich die ganze Welt umfasst. Marx war da schon auf der richtigen Spur, aber so ganz begriffen hat er es nicht. Denn wer das Wichtgste ignoriert (Erhalt und Pflege der Erde, Natur und des MenschSeins, gewissermaßen eine höherentwickelte, vor allem kulturelle und spirituelle Subsistenzwirtschaft im Idealfall, als realisierbare Utopie), es als gegeben (gratis) und dann noch in einem Privatisierungswahn kommerzialisieren will, stößt an die Grenzen.
Ich bin sehr neugierig, ob der weise Mensch oder der Narr sich durchsetzt. Erstere wären mir lieber. Aber bei der Dummheit war sich ja schon Einstein nicht sicher. ;-)

- ein Gedankensprung und doch keiner

… diese Art des Wirtschaftens ist einerseits eine "zivilisiertere Form" des Krieges, denn sie ernährt sich von der Idee "der andere Mensch sei böse" und andererseits lebt sie vom realen Krieg, Konflikt oder wie man es auch umschreiben mag. Es war, ist und bleibt millionenfacher Mord!!! Die Menschheit verballert ihren Wohlstand hier wie dort und wundert sich auch noch darüber.

"Trotz des heiligen Versprechens der Völker, den Krieg für alle Zeiten zu ächten, trotz der Rufe der Millionen: »Nie wieder Krieg!«, entgegen all den Hoffnungen auf eine schöne Zukunft, muss ich sagen: wenn das heutige Geldsystem, die Zinswirtschaft, beibehalten wird, so wage ich es, heute zu behaupten, dass es keine 25 Jahre dauern wird, bis wir vor einem neuen, noch furchtbareren Krieg stehen!" - Silvio Gesell, Offener Brief an die Berliner Zeitung am Mittag, 1918 (Anmerkung: dachte ein wenig weiter als marx, aber so ganz durchdrang auch er es nicht. Trotzdem eine gedankliche Auseinandersetzung wert)

"Wir sollten ein riesiges Referendum abhalten, gleichzeitig auf der ganzen Welt, sogar in den finstersten Gegenden. Es ginge nur um eine einzige Frage: Wer ist dafür, nie wieder einen Krieg zu führen? Und jetzt überlegen Sie mal, wie diese Wahl wohl ausgehen würde! Das ist nicht nur ein alberner Traum, das wäre tatsächlich machbar. Aber nein, nicht mit den Politikern, die wir haben." - Jack Nicholson, www.sueddeutsche.de, 23. Januar 2008

Ich schätze mal, dass es etwa 5% gäbe, die immer noch Krieg führen wollten, aber die würde ich - schwarzer Humor - in die Stadien packen. :-(( ;-)

monoma - 3. Okt, 12:52

das mit der...

...verlangsamten exponentialfunktion verstehe ich nicht ganz - ich habe eher den eindruck einer ständigen exponentiellen beschleunigung - geld, konsum, ressourcen - die jetzt beginnt, mit den vorhandenen grenzen zu kollidieren. aber vermutlich verstehe ich dich auch etwas falsch?

und der olle kondratjew hat bei mir eine kleine hartnäckige stimme im hinterkopf ausgelöst, die mir sagt, nochmal etwas genauer bei deMause dessen verbindung von ökonomie und psychischer entwicklung zu studieren. da war jedenfalls was...trage ich demnächst mal vor.

zu gesell kann ich definitiv nix sagen, fehlt mir die grundlage. und ansonsten stimme ich dir zu, besonders bei diesem satz:

"Ein dominatorisches System richtet nicht nur sich selbst zugrunde, sondern auch die daran Beteiligten, egal in welcher Position oder wo sie sich befinden."

ja, die ganze geschichte hier ist hochgradig suizidal. und nicht nur im ökonomischen bereich.
monoma - 3. Okt, 13:20

erste nachträge

weil ich oben ansonsten mit der zeichenbegrenzung kollidieren würde, jetzt also in kürze:

- ist unsere ökonomie - psychotisch?

klingt bizarr, die frage - aber seit gestern spukt sie mir dauernd im kopf herum, und zwar vor allem wg. der viel diskutierten konstellation "virtuelle finanzwelt vs. realwirtschaft". und wer hier öfter liest, wird genau diese strukturelle konstellation aus einem anderen zusammenhang kennen:

(...)"zunächst aber noch dieses: mertz begreift psychotische prozesse - die er in zwei strukturell unerschiedliche formen teilt: eine grundsätzlich autistische form, die unter bestimmten bedingungen durchaus kompatibel mit den jeweiligen, gesellschaftlich produzierten normen der sog. objektiven realität ist, sowie eine schizophrene form, die von der heutigen zuständigen psychiatrie meist alleine als psychotisch gewertet wird, und zwar hauptsächlich deshalb, weil sie ganz offensichtlich bspw. durch halluzinationen nicht kompatibel mit der herrschenden aktuellen realitätsnorm ist (mit dieser postulierung von zwei qualitativ unterschiedlichen psychotischen wegen ähnelt sein modell übrigens auch ähnlichen gedanken bei arno gruen und theweleit) - grundsätzlich als ausdruck einer aus dem gleichgewicht geratenen und sich verselbstständigen objektiven position innerhalb des "menschlichen funktionsganzen". in seinen worten:

"Die Psychose beginnt in der Regel nicht erst mit dem offensichtlichen Wahnsinn, der auffällig störenden Verrücktheit, sondern lange, lange vorher, die Psychose beginnt haargenau als beliebig rationales, im objektiven Sinne beliebig realitätstüchtiges Kontrollbewußtsein, das allerdings in einer funktionalen Monopolposition operiert. Kurzum, der psychotische Prozeß wäre weitgehend identisch mit dem an sich gesunden Prozeß des objektiven Kontrollbewußtseins, das jedoch im Falle einer Psychose aus dem Funktionsganzen ausbricht, sich verselbstständigt und auf das vollständige Subjekt, dem es entstammt und von dem es sich funktional quasi emanzipiert hat, wie auf ein Fremdes, Nichtichhaftes zurückblickt. Das, was den Psychotiker hauptsächlich plagt, quält und verfolgt, ist das vollständige Subjekt, das er (fiktiv) hinter sich gelassen hat."(...)


an den haaren herbeigezogen? ich bin mir nicht sicher, wie hoch bei den derzeitigen ereignissen der anteil des treibens von soziopathen ist, aber ich bin mir sicher, dass es einen anteil gibt. und das, was wir gerade in der weltökonomie erleben, könnte - multidimensional betrachtet - auch eine gigantische inszenierung der sozusagen klassisch soziopathischen inneren persönlichkeitsstruktur im außen sein. spontane assoziation, die auch in die irre führen kann, ich weiß - aber trotzdem will der gedanke nicht weichen.

- bank run

oh, da haben aber welche angst:

(...)"Die Bank sah sich genötigt, im Online-Banking ihrer Direktbanktocher "1822direkt" einen Hinweis anzubringen, der immer erscheint, wenn man das Überweisungsformular öffnet. Dort schreibt die Bank, dass die Einlagen der Kunden "ohne betragsmäßige Begrenzung" geschützt seien. Durch die verstärkten Umschichtungen fließe derzeit viel Geld ab, "als Sparkasse fließt uns aber auch viel zu", so Matthiesen. Von einem "Bank-Run", also verstärkten Bargeldabhebungen, könne derzeit keine Rede sein.

beteuerungen, das ja alles "in ordnung" sei, gibt´s derzeit im zehnerpack im grabbeltisch am ausgang. meistens ist ein paar tage später dann die überraschung groß. die zeichen mehren sich jedenfalls:

(...)"Das merkt auch Dirk Schiereck, BWL-Professor an der Technischen Universität Darmstadt. Im Radio beantwortet er oft Fragen von Zuhörern - und ist erschrocken. "Gerade ältere Leute haben ihr Konto schon leer geräumt."(...)

ob man das alleine als frage "der psychologie" betrachten sollte? allerdings sind bank runs tatsächlich ein 1a-studienobjekt für massenpsychologie.

- naomi klein

die autorin der "schock-strategie" kommentiert das aktuelle geschehen aus ihrer (interessanten) perspektive, leider nur in englisch:

http://www.naomiklein.org/main

- schluß mit dem schönreden

der mainstream schlägt inzwischen auch solche töne an - vorbereitung für die dinge, die da harren?

Tamara (Gast) - 3. Okt, 13:38

Vielleicht bin ich wieder mal zu "vereinfachend" in meinen Gedanken ...

... aber ich gehe davon aus, dass sog. Soziopathen bzw. (scheinbar) soziopathisches Handeln in vielen Fallen auf einer Zeit einer langanhaltenden Not (Disstress - aus dem Englischen lässt sich dieser Begriff auch mit Not übersetzten) basiert, also darauf oft zurückgeführt werden kann.

Bei "echten" Soziopathen hat der Zustand und die Umgebung wohl so lange angehalten, dass aus Psychologie Biologie geworden ist (siehe auch Joachim Bauer) und ggf. nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Die Frage ist, wie lange dauert so ein Prozess? Wie lange muss eine Not in dieser Größenordnung in etwa dauern? Dann ist noch die jeweilige Individualität eines Menschen zu berücksichtigen.

an den haaren herbeigezogen? ich bin mir nicht sicher, wie hoch bei den derzeitigen ereignissen der anteil des treibens von soziopathen ist, aber ich bin mir sicher, dass es einen anteil gibt. und das, was wir gerade in der weltökonomie erleben, könnte - multidimensional betrachtet - auch eine gigantische inszenierung der sozusagen klassisch soziopathischen inneren persönlichkeitsstruktur im außen sein. spontane assoziation, die auch in die irre führen kann, ich weiß - aber trotzdem will der gedanke nicht weichen.

Daher denke ich, dass auch ganz "normale" Menschen in Notzeiten ein Verhalten - ausgelöst durch hohe Not - sich "soziopathisch" verhalten kann. Gerade dann, wenn diese Formen des Verhaltens in seinem Umfeld sehr stark ausgeprägt ist. Denn wer dann versucht kooperativ zu sein und keinen findet der mitmacht, was bleibt dann noch?

Daher denke ich, dass Deine Gedanken nicht in die Irre führt. Zumal ich den Eindruck habe, dass Du Dich auch oft fragst: "Woran könnte es noch liegen?" Mediziner nennen die Differnzialdiagnose.
Tamara (Gast) - 3. Okt, 13:40

Natürlich gilt das nicht für sog. "erworbene" Soziopathien und Ähnliches. Aber diese lassen sich ja immer auf Unfälle, etc. zurückführen.
monoma - 3. Okt, 13:48

@tamara

zum disstress: ja, ich bevorzuge dabei die pränatale spur.

und finde es gerade wieder mal verdammt ärgerlich, dass der neue beitrag zur soziopathie immer noch in der warteschleife hängt - meiner erfahrung nach gibt es kaum menschen, die sich der teils unfassbaren implikationen bewusst sind, die sich aus dem phänomen soziopathie ergeben.

und die "normalen" verhalten sich in krisenzeiten duchaus auch antisozial, ja - aber das möchte ich aus guten gründen von der soziopathie trennen. auch, wenn´s teils verdammt ähnlich aussieht.
Tamara (Gast) - 4. Okt, 10:39

Diese Spur halte ich auch für sehr wichtig ...

... nur meiner Ansicht nach sind es immer mehrere (wichtige) Faktoren. Dieser hier wird mit Sicherheit viel, viel zu stark aus der öffentlichen Wahrnehmung (u.a. weil nicht viel darüber berichtet wird) "verdrängt". Danke für die Verlinkung zu Deinem Artikel.

Wenn ein Mensch, der auf seine Tiefenwahrnehmung nicht oder nun mehr wenig zugreifen kann, dies in einer Therapie wieder versucht (oft zu "schnell", weil nicht viel Geld zur Behandlung da ist und die Planerfüllung u.a. in dem Punkt "Wiederherstellung der Körperwahrnehmung" besteht) "beizubringen", bei "Erfolg" mit seinen Körpererinnerungen alleine lässt, macht ein ggf. ein Pulverfass auf. Denn es hat ja seinen Grund warum einstmals diese Wahrnehmung "heruntergefahren" wurde. Irgendwie drängt sich mir der Begriff eines "kalten Entzugs" auf.

Auch ohne dieses "Öffnen des Pulverfasses" kommen ja nach der Geburt und beim Aufwachsen mind. drei Möglichkeiten der Bewertung seiner Umwelt in Betracht. Entweder wird ihm das weniger Fühlen als "Schwäche" ausgelegt oder es wird vom Umfeld als "Stärke" betrachtet oder die Einschätzung von Außen schwankt selbst zwischen "Stärke" und "Schwäche".

Eine Welt, die ihre Not nur verdrängt und nicht aufarbeitet, würde dann tatsächlich das "ungewollt" produzieren, was sich je nach Mensch - für eine große "Stärke" und/oder eine große "Schwäche" hält.

Mir gehen noch so viele andere Assoziationen durch den Kopf, aber diese alle in Worte zu fassen würde wohl den Umfang eines Kommentares bei Weitem sprengen. Daher jetzt nur dieser eine Gedandensprung.

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