notiz: krisennews und -gedanken (6)

zum beginn der heutigen folge zunächst ein kleines quiz - wer sagte die folgenden sehr aktuell klingenden worte bezgl. der verfassung großer teile der hiesigen bevölkerung...

"Sie lebt an sich selbst und ihrer Geschichte vorbei, die Bevölkerung der Bundesrepublik, uninformiert und unaufgeklärt, desorientiert, unentschieden zwischen BILD und RTL-News, im Bilde über "Deutschland sucht den Superstar" und die Bundesligaergebnisse, nicht über Finanzkrise und Überwachungsstaat. (...) 26 Jahre Kohl, Schröder und Merkel haben aus 80 Millionen Deutschen, Schreibern und Lesern, Politikern und Kommentatoren, Zuschauern und Produzenten an Fernsehschirm und Monitor ein Volk von Halbinformanden und Halbinformierten gemacht, von denen die einen nur die Hälfte dessen sagen, was sie wissen, von denen die anderen nur die Hälfte dessen erfahren, was sie brauchen; belastet mit Vorurteilen, umgeben von Tabus, eingeschnürt in Illusionen, so daß sie ihre eigenen Vorteile nicht mehr zu erkennen vermögen, ihre eigenen Interessen nicht mehr wahrzunehmen."

...und ihrer aktuellen regierung:

"Zu den Mitteln Großer-Koalitions-Politik gehören: die Verdrängung politischer Sachdiskussionen zugunsten von Personalfragen (!), die Unterordnung politischer Meinungsverschiedenheiten unter ein alle Personen ergreifendes Ziel. Was mit diesen Mitteln bewirkt wird, ist das, was man gemeinhin Entpolitisierung nennt. Die Politik der Großen Koalition zielt nicht auf eine regierungstreue Bevölkerung, sondern auf eine unpolitische. Regierungstreue stellt sich dann von selbst ein."

ich habe übrigens im ersten zitat insgesamt neun worte ausgewechselt / ersetzt, ohne jedoch den sinn zu entstellen. und klar sind das explizit politische kommentare, die gerade bei der beschäftigung mit "eigenen vorteilen" bzw. interessen der bevölkerung die vorhandene innere widersprüchlichkeit der als tendenziell nur "unterdrückt" bzw. "unbewusst" dargestellten interessen nicht berücksichtigen. trotzdem steckt da für mich einiges an realität dahinter, und besonders bemerkenswert daran ist - aber zur auflösung komme ich am schluß des beitrags.

*

die benannte desorientierung und uninformiertheit vieler menschen hat zu einem guten teil auch damit etwas zu tun, wie dreist hier von sog. "führungspersönlichkeiten" aus politik & wirtschaft seit dem offenen "ausbruch" der krise gelogen wurde - hieß es vor ca. einem halben jahr noch "es gibt gar keine krise" bzw. " die krise ist ausgestanden" (so sinngemäß u.a. ackermann), ging es dann zur "krise als us-amerikanischem problem" (steinbrück), um inzwischen beim zugeständnis einer klitzekleinen rezession (diverse) gelandet zu sein - häppchenweise wird so das harmoniesüchtige und beruhigungswillige publikum an der kurzen leine im theater der illusionen und des als-ob geführt, auf das ja niemand auf die idee kommt, ernsthaft das nachdenken und -fühlen zu beginnen - denn wer dieses verpönte vorhaben angeht, kann längst nicht mehr über die allerorten leuchtenden roten lampen und gellenden alarmklingeln hinwegsehen und -hören. einige beispiele aus dieser kakofonie eines inzwischen täglich sichtbarer werdenden globalen (und nicht nur mehr primär ökonomischen) zusammenbruchs habe ich im folgenden zusammengestellt.

*

uninformiertheit bzw. der unwillen, überhaupt etwas von den laufenden destruktiven prozessen wahrzunehmen, dürfte neben der bereits früher thematisierten sozialen trance auch an der abstraktheit liegen, die gerade ökonomische vorgänge auszeichnet und es schwer machen, so etwas wie emotionale berührung zu empfinden. das ändert sich regelmässig erst dann, wenn die abstrakten zahlen - soundsoviel prozent mehr erwerbslose, mehr obdachlose, mehr armut - mit dem konkreten schicksal von betroffenen menschen in verbindung gebracht werden. zwei visualisierte beispiele dafür, wie sich die krise in den usa auswirkt:
der zerfall in ohio, dito in californien.

neben solchen krassen verelendungsprozessen sind die weiteren aussichten für die usa derart, dass obama tatsächlich nur scheitern kann - die
kreditkartenblase beginnt zu platzen...

(...)"Meldungen, wonach immer mehr Amerikaner ihre Kreditkartenschulden nicht begleichen, haben die Finanzbranche alarmiert. Etwa 900 Milliarden Dollar beträgt die Summe der ausstehenden Kredite.

Rund 5,5 Prozent davon sind faul und selbst optimistischen Prognosen zufolge werden es schon bald mehr als sieben Prozent sein. Das Problem: Anders als Hypotheken sind Kreditkartenschulden nicht mit Vermögen besichert. Jeder Ausfall bedeutet einen Totalverlust."(...)


...und das lässt sich zwar mit diversen buchungstricks (ein bereits bei anderen müllkrediten bewährtes staatlich eingeräumtes mittel der bankster) wie weitere stückelung der in raten zurückzuzahlenden schulden, verlängerung der ratenrückzahlung etc. verlangsamen, aber letztlich nicht verhindern. es wird zeit geschunden, um den ganz großen knall jeweils auf den nächsten tag, die nächste woche oder den nächsten monat zu verschieben - zeit, die die "eliten" gerade auch dringend nötig haben, die sich alle anderen aber eigentlich überhaupt nicht mehr leisten können. zu monströs sind die
paukenschläge der desillusionierung in der us-wirtschaft, um das eigentlich wünschenswerte und überfällige ende des globalen kapitalismus unter us-vorherrschaft nicht auch mit einer ordentlichen portion beunruhigung im bauch wahrzunehmen.

denn wer wird - und zwar nicht nur monetär - für all das in vielfältigster hinsicht bezahlen? naomi klein gab neulich nicht nur auf diese frage eine
mögliche antwort, sondern auch gründe für die oben erwähnte elitäre zeitschinderei an:

(...)"In Wahrheit hat überhaupt keine Verstaatlichung stattgefunden. Da die Steuerzahler keine Kontrolle über das Rettungspaket haben, können die Banken das Geld ausgeben, wie sie wollen (für Boni und Fusionierungen), während die Regierung nur höflich darum bitten kann, man möge doch einen Teil auch für die Kredite verwenden.

Was ist also der wahre Grund für die Bereitstellung des Rettungspaketes? Ich fürchte, dass es bei dem Fonds nicht um eine einmalige Finanzspritze an das Großunternehmertum geht, sondern vielmehr darum, die Staatskasse auf Jahre hinaus weiter plündern zu können.

Man darf nicht vergessen, dass die große Sorge der Global Player, besonders der Banken, nicht der fehlenden Kreditlinie, sondern ihren fallenden Aktienkursen gilt. Investoren haben das Vertrauen in die Banken verloren - und das aus gutem Grund. Darum ist die Investition der Staatskasse so willkommen."(...)


ein szenario, welches im kern - mit ein paar länderspezifischen kosmetischen korrekturen bzw. beruhigungspillen wie gehaltsobergrenzen u.ä. - auch für die europäischen staaten zutreffend sein dürfte.

*

aber immerhin bemerkenswert, dass die redaktion der frankfurter rundschau in der gleichen serie, innerhalb der naomi klein das obige verfasst hat, auch eine stimme derjenigen zu wort kommen lässt, die gerade in den kreisen von bankstern & managern vor jahrzehnten dafür sorgten, dass diese herren ihre häuser und autos zeitweise zu hochsicherheitstrakten umfunktionieren mussten - und die deshalb logischerweise auch bis heute - und aus sicht der "elite" verständlich - als eigentliches symbol für "den terrorismus" fungieren. und es wundert mich etwas, dass aus diesen kreisen noch kein empörter aufschrei mit inhalten wie "terroristisches gedankengut", "demokratiegefährdend" und was dergleichen phrasen mehr sind, zu vernehmen war - die ehemalige aktivistin der "bewegung 2. juni" und der raf,
inge viett, ruft zu nichts weniger als zur sozialen revolution auf:

(...)"Es gibt nur eine Lösung: die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und die gesellschaftliche Planung von Produktion und Verteilung. Also die Enteignung der Großeigentümer. Also die soziale Revolution. Das Problem: Die Bevölkerung sieht das noch nicht, und die Linke traut sich nicht einmal, es zu sagen und noch viel weniger es praktisch zu organisieren.

Die objektiv potenziellen Gegner des Kapitalismus: die Lohnabhängigen, die Gewerkschaften, das gesamte linke Spektrum, sind auf die kapitalistische Krise nicht vorbereitet. Leider. Das Glück dabei: die faschistischen und potenziell faschistischen Kräfte sind es auch noch nicht."


und macht dabei aus meiner sicht den gleichen fehler, den ich auch beim eingangszitat konstatieren muss: die bevölkerung will mehrheitlich vielleicht auch gar nichts sehen; und die "objektiv potenziellen gegner" sind ebenfalls ein teil dieser bevölkerung, und damit den gleichen wahrnehmungsbeschränkungen unterworfen. wenn auch mit einigen schwer erarbeiteten größeren spielräumen bei den letzteren - die sog. radikale linke fängt besonders bei den schon langjährig ökonomiekritischen gruppen an, aus der starre zu erwachen. die zeitschrift wildcat kommt sowohl mit einem lesenswerten gesamtüberblick zur
globalen krise incl. berichten zu den aktuellen krisenfolgen in einzelnen staaten heraus als auch mit daran anschließenden 23 thesen, in denen sehr zu recht betont wird:

"Die Krise ist eine des kapitalistischen Weltsystems"

weitere ansätze zum besseren verständnis lassen sich bspw. auf seiten wie
krisis.org und exit-online finden. und das sind definitiv keine beruhigungspillen, die da verabreicht werden.

*

aber um zu direkten berichten aus einzelnen ländern zu gelangen, ist es z.zt. nicht mal nötig, speziell auf seiten wie die gerade genannten zurückzugreifen - selbst touristische sites wie zb. über
island sehen sich genötigt, ihr publikum mit ungewohnten einblicken in die realität zu konfrontieren:

(...)"Für die Isländer hat die Krise nun auch ganz konkrete Auswirkungen. Die Inflationsrate liegt mit 14% auf Rekordniveau. Preise für Obst und Gemüse sind in den vergangenen Monaten um fast 50% gestiegen. Viele Händler und Supermarktketten können keine Devisen mehr beschaffen, um dringend benötigte Waren im Ausland zu kaufen. Die Arbeitslosenquote stieg binnen Monatsfrist von 1,3% auf 2,4%, die Zahl ausländischer Arbeitskräfte halbierte sich im gleichen Zeitraum auf knapp unter 10.000. Die Baubranche kam praktisch zum erliegen."(...)

*

und wie Sie vielleicht wissen, setzt island in dieser situation voll auf den internationalen währungsfond (iwf), dessen unheilvolles treiben in der vergangenheit hier schon in einer der letzten folgen thema gewesen ist. und der iwf bleibt seiner linie konsequent treu, die da lautet:
streichungen, kürzungen, privatisierungen:

(...)"Dafür muss die Regierung in Kiew einem strikten Finanzplan folgen. Das bedeutet: Sozialleistungen einfrieren, Gaspreise erhöhen, Staatsunternehmen privatisieren und Subventionen abbauen. Die Banken werden schon seit Oktober streng reguliert.

Die Ukraine ist nach Island und Ungarn das dritte Land, das in Folge der Finanzkrise Hilfszusagen des IWF erhalten hat. Auch Pakistan hat schon angefragt. Weitere Länder könnten folgen. Spekuliert wird vor allem über Rumänien, das von der internationalen Ratingagentur Standard & Poors kürzlich in seiner Kreditwürdigkeit auf "junk" herabgestuft wurde, sowie Serbien, die Seychellen und Griechenland."(...)


natürlich gelten die genannten attribute immer nur für die jeweils breite masse, niemals aber für die leistungsträger - ob das womöglich damit zusammenhängt, dass der iwf letztlich nur ein instrument der letzteren darstellt? und deshalb auch ganz logischerweise eine "politik" des "mehr-desselben" fährt, nämlich mehr genau desselben, was in gestalt von deregulierungen, ausplünderung immer größerer bevölkerungsteile und hemmungsloser privatisierung zu einem großen teil die destruktive wucht der krise mit hervorgebracht hat. zu "reformieren" gibt´s an so einem verein nix mehr.

*

was macht eigentlich unser inzwischen schon alter bekannter, der baltic dry index, der einigen aufschluss über wichtige ströme des schiffsbasierten welthandels gibt? rischtisch, er
kriselt weiter so vor sich hin:

(...)""Die Lage ist sehr ernst", meint Jeremy Penn, Präsident der Baltic Exchange, welche die Daten zum BDI-Index ermittelt. "Frachtraten sind noch nie so steil gefallen. Der Welthandel mit Rohstoffen krankt vor allem an der Schwierigkeit Akkreditive von Banken zu erhalten."

Als Ursache für die wegbrechenden Frachtraten sind neben der wegbrechenden Nachfrage, also auch die mangelnden Akkreditive, eine Art Zahlungsversprechen der Bank eines Importeurs, für die Ware eines Exporteurs Zahlung zu leisten! Für die Zahlung muss der Importeur eine entsprechende Kreditlinie bei seiner Bank haben, diese werden aber gerade massiv gestrichen! Von den weltweit gehandelten Gütern im Volumen von 13,57 Billionen Dollar in 2007, wurden 90% auf Basis der Akkreditive abgewickelt."(...)


grunsätzlich hat sich also nichts an der weiterhin prekären situation geändert, und das macht - zumindest nach meinem verständnis - auch deutlich, dass ein immer wieder postuliertes vorrangiges ziel der sog. "rettungspakete", nämlich den interbankenhandel, an dem die kreditvergabe der banken untereinander und in der folge auch an die sog. realwirtschaft hängt, wieder ins laufen zu bringen, bisher glatt verfehlt wird. und vor diesem hintergrund bekommen naomi kleins argumente zur tatsächlichen verwendung der abermilliarden weiter oben nochmals gewicht.

*

aber nicht nur auf den ozeanen ist eine zunehmende leere zu beobachten, inzwischen sind auch die straßen betroffen. das legen zumindest die beiträge in einem
forum selbstständiger (lkw-)spediteure nahe, in denen sich - in etwas branchenbedingt esoterischer sprache - einträge wie bspw. die folgenden finden - auszüge:

(...)"Letzte Woche am Freitag hat ein Kollege fast 4 Stunden gesucht, bis er eine Ladung aus PLZ 4 nach PLZ 7 gefunden hat, die auch ordentlich bezahlt wurde. Ansonsten war da bis letzte Woche fast immer freie Auswahl angesagt.

Aktuell absolut tot auch auf der Relation Süd-D - Nord-D, da Exportladungen nach HH und HB zwar stockend laufen, aber alles andere fast zum Erliegen gekommen ist.
Daimler hat faktisch die 4-Tage-Woche eingeführt, sodaß freitags im Raum Stuttgart mehr als 100 Linien nicht bedient werden.....
Heute in Heilbronn im Hafen standen mind. 20 Sattelzüge aus TR, die teilweise schon seit Tagen auf Rückladung warten....(...)
Daimler stellt 63 Mio. @ bereit, um die Gefahr von drohenden kurzfristigen Händlerinsolvenzen vorübergehend zu bannen und den Händlern werbetechnisch und bei Vorführfahrzeugen unter die Arme zu greifen
Bosch arbeitet ab nächste Woche für 6 Monate in Bamberg kurz, weitere Werke werden folgen -> das große Zulieferersterben setzt ein.

Und die TU sind dann die nächsten....wir müssen uns ganz warm anziehen!"

(auf der ersten seite unten)


und zusammenfassend wird auf seite 11 ein medienbericht zitiert:

"Ertragslage bei den Verkehrs- und Logistikfirmen verschlechtert sich „dramatisch“
München. „Der Wirtschaftsbereich Verkehr und Logistik befindet sich derzeit am Rande einer Rezession“, heißt es in einem Bericht der Creditreform, der der VerkehrsRundschau vorliegt. Danach ist der Branchenindex Verkehr/Logistik im dritten Quartal um 3,5 Punkte auf 0,3 Punkte abgestürzt. Das war der schwerste Einbruch des Index seit dem Beginn der Berechnungen. Die Branche liegt in dieser Wertung mit Abstand auf dem letzten Platz von insgesamt elf analysierten Wirtschaftszweigen.

Laut dem Bericht erzielten lediglich 31,3 Prozent der Betriebe aus dem Sektor Verkehr und Logistik ein Umsatzplus. 21,5 Prozent der Unternehmen vermeldeten im dritten Quartal 2008 einen Umsatzrückgang. Die zukünftige Situation wird ebenfalls skeptisch beurteilt. 28,8 Prozent rechnen mit steigenden, nahezu gleich viele Unternehmen (27,5 Prozent) mit sinkenden Umsätzen.

Doch viel entscheidender: Die Gewinne stürzen ab. „In den zurückliegenden Monaten verschlechterte sich die Ertragslage in der Verkehrs- und Logistikwirtschaft dramatisch“, schreiben die Experten von Creditreform. Nur 15,9 Prozent der Logistikfirmen verzeichneten demnach Ertragssteigerungen. Bei 56 Prozent hingegen verschlechtern sich die Ertragszahlen."(...)


die dortigen teilnehmer berichten übrigens auch von leerer werdenden autobahnen in ländern wie spanien und italien.

*

bei den stichworten "spanien" und "autos" kam mir übrigens auch eine
meldung in erinnerung, die in den hiesigen medien bestimmt nicht zufällig bestenfalls unter "ferner liefen" rangierte - angst, dass das dargestellte schule machen könnte?

"Die Krise der Automobilindustrie hat in Spanien zu einem Gewaltausbruch geführt. In Barcelona griffen Nissan-Arbeiter den Verwaltungssitz des japanischen Autobauers an. Sie bewarfen das Gebäude mit Steinen, Eiern und Knallkörpern.

Zuvor hatten sich Hunderte Beschäftigte zu einem Protestmarsch versammelt, um gegen die von Nissan geplanten Stellenstreichungen zu demonstrieren. Wie Autobauer weltweit leidet auch Nissan unter dem Nachfrageeinbruch und will in Barcelona mehr als anderthalbtausend Arbeitsplätze abbauen. Außerdem soll die Produktion zurückgefahren werden."(...)




und ich wette, dass Sie von protesten ähnlichen kalibers anlässlich einer
werftenschließung in gijon gleichfalls nichts mitbekommen haben - oder?

*

aber es ist zugegebenermaßen inzwischen auch so gut wie unmöglich geworden, den tag für tag einströmenden krisennachrichten auch nur ansatzweise zu folgen, und in meinem kopf spukt seit ein paar tagen die idee herum, dass vielleicht ein neues - und kollektiv betriebenes - blog sinnvoll wäre, welches sich nur darauf konzentriert, entsprechende informationen zu sammeln und zu verbreiten. alleine diese arbeit ist immens, aber nötig, weil wir davon ausgehen müssen, dass im weiteren verlauf eskalierende soziale unruhen aller art konsequent medial zensiert werden. wie sehen Sie da draußen das?

*

tja, und gerade die leerer werdenden autobahnen sind durchaus ein symbol für die zwiespältigkeit der ganzen geschichte, die ich in den letzten beiträgen dieser reihe schon thematisiert habe. es bleibt dabei, dass ich viele wirkungen der krise durchaus für wünschenswert halte, gerade was einen auf vielfältige weise und zwangsläufig zurückgehenden konsum anbelangt, an dessen durchweg negativen begleiterscheinungen wir uns über die jahrzehnte angewöhnt haben, konsequent vorbeizuschauen. andererseits fehlt natürlich weiterhin eine grundsätzliche alternative, was nur den schluß zulässt, dass es jetzt und hier an der zeit ist, eine eben solche zu entwickeln. ja, ich bin ganz unbescheiden. und lege noch eine phrase aus dem depot des positiven denkens nach: "es ist notwendig, daher ist es möglich". gefällt mir in situationen wie diesen immer wieder ganz gut.

*

von wem die zitate am anfang denn nun sind? nun, die schrieb eine kolumnistin der zeitschrift "konkret" jeweils 1964 und 1966. ihr name war ulrike meinhof, und bemerkenswert finde ich die fast schon unheimliche kontinuität bezgl. der inneren verfassung großer bevölkerungsteile hier, die es möglich macht, über 40 jahre später die zitate als aktuell treffend zu empfinden. das sagt auch viel über die "alte brd" aus, der heutzutage so einige immer noch hinterhertrauern. und es sagt keinesfalls etwas gutes aus.
creature - 14. Nov, 16:18

die "leistungsträger", *würg*, wenn ich diese wort höre sehe ich mehdorn oder ackermann vor mir!
dabei sind es viele, krankenschwestern, altenpfleger, kindergärtnerinnen, müllfahrer, polizisten, rettungsdienst, lokfahrer etc. etc. die um geld schuften um mal eben überleben zu können.
da wird die autoindustrie gefördert als mittel gegen den abschwung, wer soll den all die autos kaufen oder überhaupt all das zeug das da produziert wird?
das ist die große frage!

monoma - 14. Nov, 20:16

"leistungsträger"

ja, es ist schon bezeichnend, für wie wahnsinnig wichtig sich diese leute halten - das dann bezgl politikern gerne mal die narzissmus-diagnose im raum schwebt, kann niemanden überraschen. schon gar nicht bei solchen aussagen:

(...)"Im Namen der SPD wies Dieter Wiefelspütz den Ärztepräsidenten zurecht. Er habe zwar hohen Respekt vor der Arbeit der Mediziner, sehe aber ihre Rolle im Staatsgebilde als untergeordnet gegenüber der Arbeit von Abgeordneten und Strafverteidigern: "Das Parlament ist ein wenig wichtiger als ein Arzt."

der unverletzliche supermann. bei leuten wie ihm hilft offensichtlich nur noch die brachialtherapie: bei seiner nächsten ernsten krankheit sollte er ohne ärztliche behandlung im reichstag eingesperrt werden - da kann er dann über wichtigkeiten sinnieren.
sansculotte - 15. Nov, 21:33

verkehrte Werte

Mir wollte schon als Kind nicht einleuchten, warum derjenige, der die Arbeit anderer in Anspruch nimmt, ArbeitGEBER genannt wird (wo er doch die Arbeit von anderen nimmt), während derjenige, der seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, also Arbeit hergibt, ArbeitNEHMER genannt wird. Es sollte genau umgekehrt sein.

So ähnlich verhält es sich mit den sogenannten "Leistungsträgern". Sobald wir den Mund aufmachen und offen aussprechen, was alle sehen, dass nämlich der Kaiser keine Kleider anhat, bröckelt der Mythos vom Leistungsträger. Alles was wir dazu benötigen, ist eine realitätsgerechte Definition von Arbeit und ihrem Wert, und die würde ungefähr so lauten: Arbeit ist umso höher zu bewerten, je mehr Menschen sie nützt, je mehr Menschen davon profitieren. In diesem Sinne erbringt der Schienenarbeiter, der in der Nacht die Tramwayschienen verschweisst, damit tausende Menschen am nächsten Tag wieder ihrer Arbeit nachgehen können, eine ungleich höher zu bewertende Leistung als der Nadelstreifträger, der für den Profit einiger weniger arbeitet und demnach einem Großteil der Menschen sogar Schaden zufügt.
rtfm (Gast) - 26. Nov, 13:05


monoma - 30. Nov, 14:38

danke...

...für hinweis und korrektur.

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Grummel (Gast) - 23. Jan, 21:22
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W-Day (Gast) - 23. Jan, 14:49
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Grummel - 9. Jan, 20:16
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Wednesday - 2. Jan, 09:37
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Grummel - 15. Sep, 16:50
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Wednesday - 13. Sep, 10:02
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Grummel - 12. Sep, 20:17
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monoma - 12. Sep, 14:48
Der Spiegel-Artikel im...
Den Spiegel-Artikel gibt's übrigens hier im Netz: http://www.spiegel.de/spie gel/spiegelspecial/d-45964 806.html
iromeister - 12. Jun, 12:45
Texte E.Mertz
Schönen guten Tag allerseits, ich bin seit geraumer...
Danfu - 2. Sep, 21:15

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