aufgewärmt: obama - nicht ganz zwei jahre später
im november 2008 hatte ich u.a. das folgende geschrieben:
" die realität, mit der sich obama in seiner position konfrontiert sieht, ist eine desaströse in der weise, dass sich in ihr erstens ein selten gesehener klassenkampf von oben bspw. in gestalt der finanz- und weltwirtschaftskrise manifestiert; zweitens die spezifischen us-probleme eigentlich nur eine art konkursverwaltung - und zwar zu lasten der breiten masse - zulassen, und drittens der spagat zwischen den erwartungen der diversen ethnischen communities, dem big business und den immer noch mächtigen verschiedenen fundamentalistischen religiösen strömungen einer ist, der früher oder später nur misslingen kann. gewählt wurde er meiner meinung nach übrigens genau deswegen, weil er bisher sehr gut damit ausgekommen ist, eine strategie der eigenen person als projektionsfläche zu fahren, in der seitens der verschiedenen fraktionen der us-gesellschaft von genügend menschen ihre eigenen wünsche wiedergespiegelt wurden - aus der perspektive ist die eigenartige inhaltliche schwammigkeit bis zur wahl sehr sinnvoll gewesen, die aber mit der ersten tatsächlichen entscheidung im amt zwangsweise aufgehoben sein wird. dazu kam noch die steilvorlage durch den abgehenden george w. bush, der einen so großen haufen ver- und überdruß erzeugte, das obama diesen treibstoff gar nicht nicht für sich nutzen konnte."
ich finde, dass ich bei den obigen punkten grundsätzlich nicht so falsch gelegen habe - wobei das bei einer einigermaßen realistischen einschätzung der situation, in der sich die usa ökonomisch, sozial, und inzwischen überdeutlich sichtbar auch ökologisch nicht erst seit gestern befinden, keine wirkliche kunst gewesen ist. die "entzauberung" ist spätestens seit dem untergang der "deep water horizon" im vollen gange, macht dieser doch neben allem anderen auch sichtbar, wie es um die tatsächlichen machtverhältnisse und die darin involvierte position eines us-präsidenten wirklich bestellt ist.
die schärfsten - und jegliche noch vorhandenen illusionen beseitigenden - kritiken kommen schon seit geraumer zeit aus den usa selbst, und zwar nicht selten aus genau jenen gesellschaftlichen spektren, denen obama überhaupt erst seine wahl zu verdanken hatte. eine kleine bilanz aus sicht der letzteren zieht nun ein interview mit daniel ellsberg - auszüge:
(...) "Ellsberg: Ich finde, dass Obama die schlimmsten Punkte der Bush-Regierung fortsetzt, und zwar hinsichtlich der Bürgerrechte, der Verletzung der Verfassung und der Kriege im Nahen und Fernen Osten.
SPIEGEL ONLINE: Zum Beispiel?
Ellsberg: Nehmen Sie Obamas ausdrückliches Versprechen in seiner Rede zur Lage der Nation, "alle" US-Truppen bis Ende 2011 aus dem Irak abzuziehen. Das ist eine Lüge. Ich halte diese Behauptung für total falsch - und ich glaube, er weiß, dass sie total falsch ist. Es wird nicht geschehen. Ich erwarte, dass die USA auf unbestimmte Zeit eine Resttruppe von mindestens 30.000 Soldaten im Irak halten werden. (...)
SPIEGEL ONLINE: Sie zweifeln nicht nur an Obamas Einsätzen im Ausland, sondern auch an seiner Innenpolitik. Wie kommen Sie darauf, den Präsidenten zu beschuldigen, die Bürgerrechte zu missachten?
Ellsberg: Zum Beispiel, weil die Obama-Regierung "Whistleblower" (Regierungs-Insider, die Missstände und Staatsskandale ausplaudern, Anm.d.Red.) kriminalisiert und verfolgt, um sie dafür zu bestrafen, dass sie Skandale innerhalb der Regierung enthüllen… (...)
SPIEGEL ONLINE: Wie erklären Sie sich Obamas Kehrtwende?
Ellsberg: Er ist ein guter Politiker. Er sagte, was er sagen musste, um gewählt zu werden, und jetzt nutzt er die Vorteile seines Amtes. Wie jede Regierung vorher dient auch seine Regierung den Profiten großer Konzerne wie BP und Goldman Sachs - selbst wenn ich glaube, dass BP wegen der Ölpest nicht so leicht davonkommen wird. Schon seine frühen Wahlkampfspenden, die Spenden der Industrie, kamen von der Wall Street. Die haben nun wirklich etwas für ihr Geld bekommen. (...)
SPIEGEL ONLINE: Aber Obama übt heute doch oft sehr scharfe Kritik an der Wall Street.
Ellsberg: Seine Handlungen stehen in direktem Gegensatz zu seinen öffentlichen Aussagen. Ich höre ihm schon gar nicht mehr zu. Er hat sich um 180 Grad gedreht. Ein anderes Beispiel: Er hatte versprochen, ein Gesetz zu blockieren, das den Telefongesellschaften Immunität für ihre Rolle bei Bushs Abhörprogramm gab. Doch dann stimmte er nicht nur gegen die Blockade des Gesetzes, er stimmte sogar für das Gesetz - gegen den erklärten Willen seiner Unterstützer." (...)
wie gesagt: ich finde das alles keineswegs überraschend - wer innerhalb des us-systems wirklich etwas substanzielles verändern möchte, wird von den internen selektionsmechanismen des dortigen politbetriebes verlässlich weit im vorfeld abgefangen. und selbst wenn diese mechanismen einmal nicht funktionieren sollten, so wäre spätestens im amt selbst der druck von lobbys, medien und nicht zuletzt den reaktionären teilen der us-bevölkerung so groß, dass jegliche noch so guten vorsätze - die bei obama eh immer nur etwas vage durchschimmerten - zum scheitern verurteilt wären.
das die amtszeit bereits nach noch nicht mal der hälfte allerdings einen derart desaströsen drall bekommt wie inzwischen durch den verölten golf sichtbar, war damals natürlich noch nicht abzusehen. wenn auch die dahinterliegenden strukturen - nämlich die unauflösliche abhängigkeit faktisch einer jeden öffentlichkeitswirksamen politmarionette in den usa von big money in form der banken sowie auch eben big oil - schon lange kein geheimnis mehr sind. und der vollständigkeit halber: hierzulande ist´s grundsätzlich natürlich kein stück anders.
vom damaligen hype jedenfalls ist keine spur mehr vorhanden, aber das wäre mit einiger sicherheit auch ohne den ölGAU so gekommen, wenn auch mit verspätung. denn während ein teil der us-realitäten heute von ölverschmierten tieren und crashenden küstenökonomien in den golfstaaten bestimmt wird, geht es im rest des landes weiter eher still den bach runter - "Erstmals erreicht die Zahl der Bezieher von Lebensmittelmarken in den USA ein Niveau von über 40 Millionen".
es gibt innerhalb des systems für den berg an problemen - die chronische ökonomische krise, peak oil, die scharfen sozialen widersprüche etc. - keinerlei lösungen mehr, gespielt wird mit allen aktivitäten nur noch auf zeitgewinn. in diesem sinne ist obama lediglich ein getriebener, wobei das sehr freundlich gesagt ist. mitleid habe ich trotzdem nicht.
" die realität, mit der sich obama in seiner position konfrontiert sieht, ist eine desaströse in der weise, dass sich in ihr erstens ein selten gesehener klassenkampf von oben bspw. in gestalt der finanz- und weltwirtschaftskrise manifestiert; zweitens die spezifischen us-probleme eigentlich nur eine art konkursverwaltung - und zwar zu lasten der breiten masse - zulassen, und drittens der spagat zwischen den erwartungen der diversen ethnischen communities, dem big business und den immer noch mächtigen verschiedenen fundamentalistischen religiösen strömungen einer ist, der früher oder später nur misslingen kann. gewählt wurde er meiner meinung nach übrigens genau deswegen, weil er bisher sehr gut damit ausgekommen ist, eine strategie der eigenen person als projektionsfläche zu fahren, in der seitens der verschiedenen fraktionen der us-gesellschaft von genügend menschen ihre eigenen wünsche wiedergespiegelt wurden - aus der perspektive ist die eigenartige inhaltliche schwammigkeit bis zur wahl sehr sinnvoll gewesen, die aber mit der ersten tatsächlichen entscheidung im amt zwangsweise aufgehoben sein wird. dazu kam noch die steilvorlage durch den abgehenden george w. bush, der einen so großen haufen ver- und überdruß erzeugte, das obama diesen treibstoff gar nicht nicht für sich nutzen konnte."
ich finde, dass ich bei den obigen punkten grundsätzlich nicht so falsch gelegen habe - wobei das bei einer einigermaßen realistischen einschätzung der situation, in der sich die usa ökonomisch, sozial, und inzwischen überdeutlich sichtbar auch ökologisch nicht erst seit gestern befinden, keine wirkliche kunst gewesen ist. die "entzauberung" ist spätestens seit dem untergang der "deep water horizon" im vollen gange, macht dieser doch neben allem anderen auch sichtbar, wie es um die tatsächlichen machtverhältnisse und die darin involvierte position eines us-präsidenten wirklich bestellt ist.
die schärfsten - und jegliche noch vorhandenen illusionen beseitigenden - kritiken kommen schon seit geraumer zeit aus den usa selbst, und zwar nicht selten aus genau jenen gesellschaftlichen spektren, denen obama überhaupt erst seine wahl zu verdanken hatte. eine kleine bilanz aus sicht der letzteren zieht nun ein interview mit daniel ellsberg - auszüge:
(...) "Ellsberg: Ich finde, dass Obama die schlimmsten Punkte der Bush-Regierung fortsetzt, und zwar hinsichtlich der Bürgerrechte, der Verletzung der Verfassung und der Kriege im Nahen und Fernen Osten.
SPIEGEL ONLINE: Zum Beispiel?
Ellsberg: Nehmen Sie Obamas ausdrückliches Versprechen in seiner Rede zur Lage der Nation, "alle" US-Truppen bis Ende 2011 aus dem Irak abzuziehen. Das ist eine Lüge. Ich halte diese Behauptung für total falsch - und ich glaube, er weiß, dass sie total falsch ist. Es wird nicht geschehen. Ich erwarte, dass die USA auf unbestimmte Zeit eine Resttruppe von mindestens 30.000 Soldaten im Irak halten werden. (...)
SPIEGEL ONLINE: Sie zweifeln nicht nur an Obamas Einsätzen im Ausland, sondern auch an seiner Innenpolitik. Wie kommen Sie darauf, den Präsidenten zu beschuldigen, die Bürgerrechte zu missachten?
Ellsberg: Zum Beispiel, weil die Obama-Regierung "Whistleblower" (Regierungs-Insider, die Missstände und Staatsskandale ausplaudern, Anm.d.Red.) kriminalisiert und verfolgt, um sie dafür zu bestrafen, dass sie Skandale innerhalb der Regierung enthüllen… (...)
SPIEGEL ONLINE: Wie erklären Sie sich Obamas Kehrtwende?
Ellsberg: Er ist ein guter Politiker. Er sagte, was er sagen musste, um gewählt zu werden, und jetzt nutzt er die Vorteile seines Amtes. Wie jede Regierung vorher dient auch seine Regierung den Profiten großer Konzerne wie BP und Goldman Sachs - selbst wenn ich glaube, dass BP wegen der Ölpest nicht so leicht davonkommen wird. Schon seine frühen Wahlkampfspenden, die Spenden der Industrie, kamen von der Wall Street. Die haben nun wirklich etwas für ihr Geld bekommen. (...)
SPIEGEL ONLINE: Aber Obama übt heute doch oft sehr scharfe Kritik an der Wall Street.
Ellsberg: Seine Handlungen stehen in direktem Gegensatz zu seinen öffentlichen Aussagen. Ich höre ihm schon gar nicht mehr zu. Er hat sich um 180 Grad gedreht. Ein anderes Beispiel: Er hatte versprochen, ein Gesetz zu blockieren, das den Telefongesellschaften Immunität für ihre Rolle bei Bushs Abhörprogramm gab. Doch dann stimmte er nicht nur gegen die Blockade des Gesetzes, er stimmte sogar für das Gesetz - gegen den erklärten Willen seiner Unterstützer." (...)
wie gesagt: ich finde das alles keineswegs überraschend - wer innerhalb des us-systems wirklich etwas substanzielles verändern möchte, wird von den internen selektionsmechanismen des dortigen politbetriebes verlässlich weit im vorfeld abgefangen. und selbst wenn diese mechanismen einmal nicht funktionieren sollten, so wäre spätestens im amt selbst der druck von lobbys, medien und nicht zuletzt den reaktionären teilen der us-bevölkerung so groß, dass jegliche noch so guten vorsätze - die bei obama eh immer nur etwas vage durchschimmerten - zum scheitern verurteilt wären.
das die amtszeit bereits nach noch nicht mal der hälfte allerdings einen derart desaströsen drall bekommt wie inzwischen durch den verölten golf sichtbar, war damals natürlich noch nicht abzusehen. wenn auch die dahinterliegenden strukturen - nämlich die unauflösliche abhängigkeit faktisch einer jeden öffentlichkeitswirksamen politmarionette in den usa von big money in form der banken sowie auch eben big oil - schon lange kein geheimnis mehr sind. und der vollständigkeit halber: hierzulande ist´s grundsätzlich natürlich kein stück anders.
vom damaligen hype jedenfalls ist keine spur mehr vorhanden, aber das wäre mit einiger sicherheit auch ohne den ölGAU so gekommen, wenn auch mit verspätung. denn während ein teil der us-realitäten heute von ölverschmierten tieren und crashenden küstenökonomien in den golfstaaten bestimmt wird, geht es im rest des landes weiter eher still den bach runter - "Erstmals erreicht die Zahl der Bezieher von Lebensmittelmarken in den USA ein Niveau von über 40 Millionen".
es gibt innerhalb des systems für den berg an problemen - die chronische ökonomische krise, peak oil, die scharfen sozialen widersprüche etc. - keinerlei lösungen mehr, gespielt wird mit allen aktivitäten nur noch auf zeitgewinn. in diesem sinne ist obama lediglich ein getriebener, wobei das sehr freundlich gesagt ist. mitleid habe ich trotzdem nicht.
monoma - 13. Jun, 22:38