es kann nichts schaden, da dieser mann jetzt nochmal gerne selbst die formal und teils auch reale größte machtposition in diesem land ausüben möchte, nochmals genauer seine möglichen motivationen und auch taktiken zur erlangung dieser position zu betrachten. 2009 bin ich diesbezgl. eher zufällig über eine sehr interessante argumentationslinie gestolpert, die sich damals so las:
(...) "Und bei der Annäherung an die Linkspartei ist nicht einmal ein Nullsummenspiel, sondern eher ein Verlust für die SPD wahrscheinlich, weil immer um einen Faktor höher Wählerinnen und Wähler in der Mitte zu den konservativ-bürgerlichen Parteien überlaufen. Das hat etwas mit der ausgeprägten Sehnsucht der Deutschen nach Stabilität, Sicherheit und Beständigkeit zu tun. Diese in meinen Augen tief verankerte Sehnsucht in der deutschen Gesellschaft geht auf die Brüche und traumatischen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts zurück. Diese Traumatisierungen sind nach wie vor mentalitätsprägend und lassen die Wählerinnen und Wähler in Deutschland in der Mitte zusammenrücken. Jede Annäherung an die politischen Ränder trifft daher auf eine verbreitete Skepsis, mehr noch: Ablehnung in der Bevölkerung." (...)
für einen hiesigen politiker war und ist derlei klartext, der jenseits der üblichen klischees meiner meinung nach einen tatsächlichen blick in realitätswahrnehmung und kalküle von zumindest teilen der "eliten" zulässt, recht ungewöhnlich. mehr dazu im damaligen beitrag:
zwischendurch wieder ein thema, welches in diesen tagen nur allzu leicht untergeht, aber nichtsdestotrotz zu den großen globalen, kapitalistischen und letztlich "zivilisatorischen" verbrechen gezählt werden muss. ich hatte mich vor ein paar jahren mit der zusammenarbeit von italienischem staat und der kalabrischen mafia 'Ndrangheta bei derversenkung von schiffen mit gift- und atommüllan diversen stellen im mittelmeer beschäftigt; und in dem rahmen auch auf ähnliche giftmüllverklappungen vor der küste von somalia hingewiesen (Sie erinnern sich - die ehemaligen fischer, die jetzt als piraten ein schreckgespenst des "ungehinderten globalen warenflusses" geworden sind...).
nun hat das ard-magazinreport mainzin der letzten sendung auf eine vermutlich nicht nur mir bisher unbekannt gewesene atomare zeitbombe an diversen stellen im atlantischen ozean aufmerksam gemacht:
"Endlager Meeresboden - Bis 1982 versenkten neun Staaten schwach- und mittelradioaktive Abfälle im Nordostatlantik, darunter auch Deutschland. Insgesamt wurden offiziellen Statistiken zufolge an 15 Stellen 114.726 Tonnen Atommüll in 222.732 Fässern verklappt und zwar Alpha-, Beta- und Gammastrahler. Die verantwortlichen Regierungen gingen davon aus, dass der radioaktive Abfall in 4.700 Metern Tiefe "beseitigt" sei. Man nahm an, dass eventuell ausdringende radioaktive Stoffe im Ozean "verdünnt" würden. Heute ist die "Verdünnung" von radioaktiven Abfällen verboten, weil die Radioaktivität dabei nicht verringert sondern unkontrolliert verteilt wird." (...)
und wie es nun bei bei metallfässern im salzwasser irgendwann kommen muss, sokommt es nun auch:
(...) "In einem Bericht habe die OSPAR (Internationale Kommission zum Schutz der Meeresumwelt des Nordatlantiks) bereits im April 2010 festgestellt, dass Analysen von Wasserproben aus den Gebieten der Atommüll-Versenkung «erhöhte Konzentrationen von Plutonium 238» aufgewiesen haben. Das deute «auf das Auslaufen der Fässer» mit radioaktiven Abfällen hin. An einigen Stellen seien auch «die Konzentrationen von Plutonium 239, Plutonium 240, Americium 241 und Kohlenstoff 14 im Wasser erhöht.» (...)
Nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA - International Atomic Energy Agency) wurde bereits 1992 Plutonium in Fischen aus den Versenkungsgebieten nachgewiesen. «Report Mainz» zeigt auch Unterwasseraufnahmen von aufgeplatzten und löchrigen Atommüllfässern, die Greenpeace im Jahr 2000 in einer Tiefe von etwa 100 Metern im Ärmelkanal gefunden hatte.
Im selben Jahr habe die deutsche Bundesforschungsanstalt für Fischerei das deutsche Versenkungsgebiet im iberischen Atlantikbecken aufgesucht und in einem Bericht festgestellt, «dass aus den Abfallbehältern frei gesetzte Radioaktivität in der Biosphäre angekommen ist». (...)
im prinzip hatte ich im anfangs verlinkten beitrag zum mittelmeer damals schon alles mir wichtig erscheinende gesagt; aber das zitat zweier involvierter in italien, mit dem ich damals begonnen hatte, eignet sich aufgrund seiner hochgradig pathologischen a-sozialität, ja lebensfeindlichkeit auch als abschluß:
„Und was wird aus dem Meer?“ fragt einer der beiden und bekommt als Antwort: „Was kümmert uns das Meer? Denk an das Geld, damit gehen wir woanders ans Meer.“
*
nachtrag: wie es bei solchen themen so ist, kommt einem beim nachrecherchieren das kalte kotzen - ein alterartikelaus dem "spiegel" von 1980 behandelt die gleiche ex-und-hopp-mentalität im pazifik - damals kam u.a. das folgende heraus:
(...) "Bei der Analyse der ihm zugänglichen und zugespielten Dokumente fand der kalifornische Forscher, daß der in den Pazifik gekippte Müll teilweise
* hochradioaktiv ("high level") und nicht schwachstrahlend ("low level"), wie die AEC angegeben hatte, und
* unzureichend verpackt ist; die meisten Fässer waren überdies gebrauchte 55-Gallonen-Tonnen zweiter Wahl, auf denen häufig sogar der versiegelnde Abschluß-Deckel fehlte. (...)
Doch Dutzende Unterwasserphotos, die im Auftrag der EPA aufgenommen wurden, zeigen gerissene Metalltonnen und verrottende Zementfüllungen, drum herum tummeln sich die Fische: Die Radioaktivität ist in die Nahrungskette der Meerestiere eingedrungen.
Studien für das kalifornische Gesundheitsministerium haben beispielsweise in Dorsch und Barsch, Austern, Muscheln und Schwertfischen verhältnismäßig hohe Alpha- und Betastrahlen nachgewiesen. Die Quelle dieser Strahlung ist bislang unbekannt, möglicherweise aber stammt sie von den radioaktiven Spaltprodukten Cäsium-137 und von Strontium-90. Strontium-90 jedenfalls, das leicht und schnell ins menschliche Knochenmark eindringt und es zersetzt, war, so zeigen die damaligen Aufzeichnungen, in den Atomabfällen enthalten." (...)
wenn Sie auf diesem planeten intelligentes leben suchen, gehen Sie am besten zu den freundlichen delphinen, den empathischen walen, den frechen krähenvögeln oder den ziemlich sozialen bonobos. suchen Sie´s besser nicht bei diesen fast haarlosen primaten, die sich in völliger verkennung ihrer situation und ihrer fähigkeiten für die "krone der schöpfung" halten.
erinnert sich noch jemand an die meteorologischen zuspitzungen des letzten jahres, insbesondere die brandkatastrophe in russland sowie die flutung großer teile pakistans?wenn die menetekel am himmel erscheinenhatte ich damals getitelt. nun, da die atlantische hurricane-saison wieder am starten ist, habe ich erstmals seit monaten wieder in meiner bevorzugten informationsquelle zu diesen mich persönlich faszinierenden naturphänomenen herumgestöbert. dem wunderblog von jeff masters. und der aktuelle artikel dort ist ein rückblick vor allem auf das letzte jahr, incl. der vergangenen winters. auf englisch, aber definitv eine leseempfehlung, dazu eindrucksvoll bebildert - eine derartige zusammenfassung ist mir selten vor die augen gekommen.2010 - 2011: Earth's most extreme weather since 1816?beschäftigt sich nicht nur mit den beiden anfangs erwähnten ereignissen, sondern fasst die globalen auffälligkeiten zusammen - von der arktisch-grönländischen eisschmelze angefangen über diverse flutkatastrophen in vielen regionen der welt bis hin zu waldbränden, (wirbel-)stürmen, schneemassen und erhöhten wassertemperaturen in den tropischen meereszonen plus anschließender massiver schädigung von korallen... das vergangene jahr hatte es absolut in sich und es bleibt abzuwarten, ob wir es hier lediglich mit einem besonders krassen ausreisser oder aber mit einer beispielhaften präsentation zukünftiger "normaler" klimatischer verhältnisse zu tun haben.
*
zum wochenende ein vocalhouse-track, der bei mir gerade sozusagen in heavy rotation läuft - tatsächlich herrlich hypnotisch und sehr warm, trägt der remix seinen namen völlig zu recht. bis demnächst irgendwann.
die gesellschaftliche szenerie hierzulande ist in diesen tagen wirklich bemerkenswert und lässt im wahrsten sinne des wortes (abgrund-)tief blicken: nicht nur erfreut sich dersarrazynikerweiter breiter ermunterung aus den reihen des "bild"-kontaminierten volksempfindens; nein, er hat auch gleichzeitig nochmal einen der heutigen elitären grundsätze konsequent umgesetzt: alles istbusiness:
(...) "Die Bundesbank hatte Sarrazin zunächst angeboten, für seine 17 Monate im Amt eine Pension ohne Abzug zu zahlen, wenn er sich freiwillig zurückzöge. Doch in den vom Bundespräsidialamt geführten Verhandlungen setzte Sarrazin in der vergangenen Woche eine noch höhere Forderung durch. Nun bekommt er eine Pension, wie sie ihm am Ende der regulären Laufzeit seines Vertrags im Jahr 2014 zugestanden hätte. "Der ist vom Stamme Nimm", sagte eine Führungskraft der Bundesbank." (...)
auf letzteres hatte ich schon im letzten artikel schon thema hingewiesen - mit welcher dreistigkeit dieser hybrid aus bankster, "politiker" und demagoge sich dann hinstellt und voller inbrunst auf diejenigen einprügelt, die nicht zuletzt aufgrund des wirkens von leuten wie ihm und seinen elitären gangmitgliedern die gesellschaftliche arschkarte zugeschanzt bekommen haben, ist schon bezeichnend - und zwar bezeichnend für ein größeres ausmaß an absolut verzerrter realitätswahrnehmung. er glaubt wirklich, er wäre etwas "besseres" und würde "wertvolles leisten" - und darum stünden ihm auch all seine privilegien quasi "natürlich" zu.
nicht nur diese gerade erwähnten inhalte, sondern auch die formalen kategorien wie quantifizierbare (!) "leistungen" selbst sind das problem, weil sie in den köpfen solcher leute quasi das einzige sinnstiftende element darstellen, was s. mit dem im letzten blogbeitrag erwähnten positiven bezug auf die pseudoidentitäre kategorie "deutsch" auch selbst unterstreicht. ohne das würden sie aller wahrscheinlichkeit nach in einem inneren chaos versinken. das ist eine erklärung, aber keine entschuldigung für derartiges treiben.
ebenfalls bezeichnenderweise stammt die in gewisser hinsicht bisher beste, weil inhaltlich und stilistisch treffendste öffentlich-mediale reaktion auf dieses treiben aus der krawallecke der politsatire, nämlich der "heute-show" im zdf - der kommentar von "hassknecht" (das wäre doch auch ein passendes synonym für s.) bringt alles wichtige auf den irrsinnigen punkt:
*
"ja habt ihr denn noch alle latten am zaun?" ist dabei nicht nur die passende frage an alle claquere des s., sondern auch an seine elitären mitäter und täterinnen, deren aktionen in diesen tagen ebenfalls immer wieder rekordverdächtige ausmaße in sachen frechheit, vermutlicher korruption und scheißegal-mentalität erreichen. nicht nur, dass täglich wie das murmeltier auch die in mehrfacher hinsicht als bad bank zu betrachtende "hypo real estate" wieder einmal ein paarlumpige krötenbraucht, natürlich "nur vorübergehend", "nur als garantie" (aka faktische bürgschaft durch steuergelder) und ganz bestimmt nicht wegen einer grundsätzlich und andauernden prekären lage dieser zombiebank im "staatsbesitz" (ein nichtssagendes bzw. vernebelndes wort, denn "der staat" sind keinesfalls "wir alle") - nein, auch in sachen atomkraft wurde durch die sog. regierung einmal mehr unter beweis gestellt, wer hierzulande der hund ist - und wer denschwanzdarstellt:
(...) "Die Atomkonzerne haben sich in dem Vertrag mit der Bundesregierung weitreichende Schutzklauseln zusichern lassen. So werden die Kosten für die mögliche Nachrüstung auf 500 Mio. Euro je Kernkraftwerk begrenzt, heißt es in der Vereinbarung. Zudem sollen die Energieversorger auch vor einem Regierungswechsel geschützt werden. Verlängert oder erhöht eine andere Regierung die 2016 auslaufende Brennelementesteuer, können Eon , RWE , EnBW und Vattenfall Europe ihre Zahlungen an den Ökostrom-Fonds verringern. Das gilt auch für Steuern und Abgaben aus der sich eine "Zahlungspflicht im Zusammenhang mit dem Kernbrennstoffkreislauf (einschließlich Entsorgung)" ergibt." (...)
das alles wird noch schöner, wenn man sich den letzten satz auf der zunge zergehen lässt - schließlich sieht "entsorgung" hierzulande nicht zufällig so aus wie in derasse, wo über jahrzehnte und unter der "verantwortlichkeit" verschiedendster regierungen nach dem motto vorgegangen wurde: "hau weg den scheiß, was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß". was nur dann für solche leute eine überraschung sein kann, die immer noch und immer wieder an die demokratiesimulation glauben (wollen) - da kann als gegenmittel ein nochmaliger blick in dieliste der lobbyisten in regierungsdienstenhelfen, um sich darüber klar zu werden, wer der hund ist, der da mit seinem regierungsschwanz wedelt. das praktische wirken dieser überaus emsigen gestalten in den diversen ministerien lässt sich kaum besser als an solchen beispielen illustrieren, wie sie oben genannt sind. das fällt dann aufgrund der unverhohlenen sorglosigkeit der protagonisten selbst immainstreamunangenehm auf (viafeynsinn).
der götze der profitmaximierung erhebt jedenfalls zusammen mit den masken der ihn anbetenden deformierten charaktere an allen ecken sein hässliches haupt und vergiftet mit seinem fauligen atem die soziale realität - was natürlich in der konsequenz für sich "deutsch fühlende" dann nur heissen kann: mit gebrüll auf "ausländer" und erwerbslose. ja habt ihr denn noch alle latten am zaun?!?
*
na, haben sie natürlich nicht (ich schreibe nicht "wir", weil es da durchaus noch relevante und qualitative unterschiede gibt, die nicht verwischt werden sollten). und das liegt gerade in diesem land, wie früher schon öfter thematisiert - z.b. anhand der"vegetativen dystoniebzw. vontradierten traumata - an der unheilvollen und bis heute keinesfalls auch nur ansatzweise so wie nötig begriffenen, geschweige denn aufgearbeiteten, gewaltgeschichte. in diesem zusammenhang wurde auf telepolis vor ein paar tagen auf eine neuestudiehingewiesen, deren ergebnisse und schlußfolgerungen meiner meinung nach durchaus relevant sind, wenn es darum geht, das aktuelle "politische" geschehen verstehen zu wollen:
(...) "In der Konsequenz hieße dies, dass traumatische Erfahrungen, die Kinder familiär oder auch gesellschaftlich etwa durch Kriege oder gewaltsame Konflikte erleben, in die zweite und dritte Generation weiter gegeben werden können, zumindest dann, wenn die Folgen nicht gezielt kompensiert werden. Und dies hieße, dass sich Verhaltensweisen, die sich durch Umweltbedingungen gebildet haben, eben auch über Generationen "genetisch" vererben, die sich auf diese Weise darauf einrichten, mit schlimmen Situationen zurechtzukommen." (...)
ähnliche studienergebnisse hatte ich vor längerer zeit schon malhierkurz vorgestellt. irgendwo an der grenze zwischen neuro- und hirnforschung sowie der epigenetik angesiedelt, widerlegt dieses wissen einerseits die thesen des s. vom quasi "determinierenden" gen und weist deutlich auf die entscheidende rolle auch der sozioökonomischen / psychosozialen zustände innerhalb einer gesellschaft hin (auf die oftmals problematische struktur dieser zustände in vielen islamischen ländern hatte ich im ersten beitrag zu s. kurz hingewiesen); andererseits eröffnet das auch eine verständnismöglichkeit für die art von resonanz, die der große fragmentierer sarrazin aus teilen der bevölkerung erfährt.
denn "mit schlimmen situationen" innerhalb einer traumatischen matrix zurechtkommen kann ganz verschiedenes heißen: es kann einen mehr oder weniger "reinen" opferstatus bedeuten, es kann aber auch - z.b. bei eigener unfähigkeit (aus welchen gründen auch immer) zur bearbeitung der eigenen situation kombiniert mit gewissen anpassungserwartungen und anforderungen zum gesellschaftlich-ökonomischen funktionieren von außen - zu einer individuellen struktur mit genau dem verhalten führen, welches ich hier in der vergangenheit als täter-opfer-dialektik bezeichnet habe. eigene schmerzen werden geleugnet / abgespalten; der oder die täter (meist in reihen des nächsten sozialen umfeldes zu finden) werden entschuldigt oder gar idealisiert; und die ganze traumatische situation wird in einem zwangsweise fehlschlagenen versuch der auflösung re-inszeniert, nun allerdings mit verteilten rollen.
an dieser stelle sollte ich vielleicht auch noch mal drauf hinweisen, dass es indizien dafür gibt, dass die vielfach unterschätzte bis nicht begriffene macht dieser strukturen wenigstens in teilen der "eliten" durchaus zumindest in ihren folgen begriffen, ins kalkül gezogen und instrumentalisiert wird - ein prominentes beispiel für entsprechende äußerungen wäre dapeer steinbrück.
große teile der heute lebenden bevölkerung in diesem land sind jedenfalls immer noch durch die traumatischen folgen von ns und wk2 schwer beeinflusst, und studien wie die oben genannte zeigen auch auf, wie das selbst mit über einem halben jahrhundert zeitlichen abstand noch der fall sein kann. und genau diese tatsache dürfte zu einem großen teil für die negative irrationalität vieler heutiger "debatten" mitverantwortlicht sein, bei denen es keinesfalls um "politik" im sinne der auch emotional rationalen kollektiven gestaltung und bestimmung der gemeinsamen lebensbedingungen geht, sondern eben oft genug primär ums ausagieren. und gerade für letzteres bildet die von s. initiierte suche nach "sündenböcken" ein passendes beispiel.
wenn man als experiment eine art "familiäres raster" über diese gesellschaft legt, lässt sich erkennen, dass sich große und relevante teile der "eliten" genauso verhalten wie niederträchtige, bösartige und machtsüchtige eltern in einer dysfunktionalen großfamilie: sie machen, was sie wollen und was ihnen gerade in den verdorbenen sinn kommt, nehmen keinerlei grenzen wahr, verspotten und verhöhnen, wiegeln auf und spalten ihre untergebenen - und die, "offiziell" im status von "erwachsenen, mündigen, selbstverantwortlichen staatsbürgern", werden davon in ihrer individuellen struktur angesprochen, die oft genug und in sehr verschiedenartigen variationen von dem geprägt ist, was ich traumatische matrix nenne - und verhalten sich dann so, wie ich es weiter oben unter dem punkt täter-opfer-dialektik skizziert habe.
*
auch das obige kann insgesamt nur eine sehr grobe und modellhafte skizze sein, die aber meiner meinung nach tendenziell durchaus ein großes stück der tatsächlichen realität abbildet. und wie man so etwas auflösen, durchbrechen, ändern kann?
da hilft vermutlich tatsächlich zuerst ein blick in die vorgehensweise vieler psychiatrischer und psychotherapeutischer institutionen, wie sie sich bezgl. individueller menschen zeigt: als erstes muss bei bedarf das jeweilige ausagieren der eigenen störung in seiner struktur bewusst gemacht und gestoppt werden. das ist eine wesentliche voraussetzung für alles weitere. mit der frage, was das auf gesellschaftlicher ebene bedeuten könnte, lasse ich Sie jetzt vorläufig an einem verregneten sonntagnachmittag alleine.
im november 2008 hatte ich u.a. das folgendegeschrieben:
" die realität, mit der sich obama in seiner position konfrontiert sieht, ist eine desaströse in der weise, dass sich in ihr erstens ein selten gesehener klassenkampf von oben bspw. in gestalt der finanz- und weltwirtschaftskrise manifestiert; zweitens die spezifischen us-probleme eigentlich nur eine art konkursverwaltung - und zwar zu lasten der breiten masse - zulassen, und drittens der spagat zwischen den erwartungen der diversen ethnischen communities, dem big business und den immer noch mächtigen verschiedenen fundamentalistischen religiösen strömungen einer ist, der früher oder später nur misslingen kann. gewählt wurde er meiner meinung nach übrigens genau deswegen, weil er bisher sehr gut damit ausgekommen ist, eine strategie der eigenen person als projektionsfläche zu fahren, in der seitens der verschiedenen fraktionen der us-gesellschaft von genügend menschen ihre eigenen wünsche wiedergespiegelt wurden - aus der perspektive ist die eigenartige inhaltliche schwammigkeit bis zur wahl sehr sinnvoll gewesen, die aber mit der ersten tatsächlichen entscheidung im amt zwangsweise aufgehoben sein wird. dazu kam noch die steilvorlage durch den abgehenden george w. bush, der einen so großen haufen ver- und überdruß erzeugte, das obama diesen treibstoff gar nicht nicht für sich nutzen konnte."
ich finde, dass ich bei den obigen punkten grundsätzlich nicht so falsch gelegen habe - wobei das bei einer einigermaßen realistischen einschätzung der situation, in der sich die usa ökonomisch, sozial, und inzwischen überdeutlich sichtbar auch ökologisch nicht erst seit gestern befinden, keine wirkliche kunst gewesen ist. die "entzauberung" ist spätestens seit dem untergang der "deep water horizon" im vollen gange, macht dieser doch neben allem anderen auch sichtbar, wie es um die tatsächlichen machtverhältnisse und die darin involvierte position eines us-präsidenten wirklich bestellt ist.
die schärfsten - und jegliche noch vorhandenen illusionen beseitigenden - kritiken kommen schon seit geraumer zeit aus den usa selbst, und zwar nicht selten aus genau jenen gesellschaftlichen spektren, denen obama überhaupt erst seine wahl zu verdanken hatte. eine kleine bilanz aus sicht der letzteren zieht nun eininterviewmit daniel ellsberg - auszüge:
(...) "Ellsberg: Ich finde, dass Obama die schlimmsten Punkte der Bush-Regierung fortsetzt, und zwar hinsichtlich der Bürgerrechte, der Verletzung der Verfassung und der Kriege im Nahen und Fernen Osten.
SPIEGEL ONLINE: Zum Beispiel?
Ellsberg: Nehmen Sie Obamas ausdrückliches Versprechen in seiner Rede zur Lage der Nation, "alle" US-Truppen bis Ende 2011 aus dem Irak abzuziehen. Das ist eine Lüge. Ich halte diese Behauptung für total falsch - und ich glaube, er weiß, dass sie total falsch ist. Es wird nicht geschehen. Ich erwarte, dass die USA auf unbestimmte Zeit eine Resttruppe von mindestens 30.000 Soldaten im Irak halten werden. (...)
SPIEGEL ONLINE: Sie zweifeln nicht nur an Obamas Einsätzen im Ausland, sondern auch an seiner Innenpolitik. Wie kommen Sie darauf, den Präsidenten zu beschuldigen, die Bürgerrechte zu missachten?
Ellsberg: Zum Beispiel, weil die Obama-Regierung "Whistleblower" (Regierungs-Insider, die Missstände und Staatsskandale ausplaudern, Anm.d.Red.) kriminalisiert und verfolgt, um sie dafür zu bestrafen, dass sie Skandale innerhalb der Regierung enthüllen… (...)
SPIEGEL ONLINE: Wie erklären Sie sich Obamas Kehrtwende?
Ellsberg: Er ist ein guter Politiker. Er sagte, was er sagen musste, um gewählt zu werden, und jetzt nutzt er die Vorteile seines Amtes. Wie jede Regierung vorher dient auch seine Regierung den Profiten großer Konzerne wie BP und Goldman Sachs - selbst wenn ich glaube, dass BP wegen der Ölpest nicht so leicht davonkommen wird. Schon seine frühen Wahlkampfspenden, die Spenden der Industrie, kamen von der Wall Street. Die haben nun wirklich etwas für ihr Geld bekommen. (...)
SPIEGEL ONLINE: Aber Obama übt heute doch oft sehr scharfe Kritik an der Wall Street.
Ellsberg: Seine Handlungen stehen in direktem Gegensatz zu seinen öffentlichen Aussagen. Ich höre ihm schon gar nicht mehr zu. Er hat sich um 180 Grad gedreht. Ein anderes Beispiel: Er hatte versprochen, ein Gesetz zu blockieren, das den Telefongesellschaften Immunität für ihre Rolle bei Bushs Abhörprogramm gab. Doch dann stimmte er nicht nur gegen die Blockade des Gesetzes, er stimmte sogar für das Gesetz - gegen den erklärten Willen seiner Unterstützer." (...)
wie gesagt: ich finde das alles keineswegs überraschend - wer innerhalb des us-systems wirklich etwas substanzielles verändern möchte, wird von den internen selektionsmechanismen des dortigen politbetriebes verlässlich weit im vorfeld abgefangen. und selbst wenn diese mechanismen einmal nicht funktionieren sollten, so wäre spätestens im amt selbst der druck von lobbys, medien und nicht zuletzt den reaktionären teilen der us-bevölkerung so groß, dass jegliche noch so guten vorsätze - die bei obama eh immer nur etwas vage durchschimmerten - zum scheitern verurteilt wären.
das die amtszeit bereits nach noch nicht mal der hälfte allerdings einen derart desaströsen drall bekommt wie inzwischen durch den verölten golf sichtbar, war damals natürlich noch nicht abzusehen. wenn auch die dahinterliegenden strukturen - nämlich die unauflösliche abhängigkeit faktisch einer jeden öffentlichkeitswirksamen politmarionette in den usa von big money in form der banken sowie auch eben big oil - schon lange kein geheimnis mehr sind. und der vollständigkeit halber: hierzulande ist´s grundsätzlich natürlich kein stück anders.
vom damaligen hype jedenfalls ist keine spur mehr vorhanden, aber das wäre mit einiger sicherheit auch ohne den ölGAU so gekommen, wenn auch mit verspätung. denn während ein teil der us-realitäten heute von ölverschmierten tieren und crashenden küstenökonomien in den golfstaaten bestimmt wird, geht es im rest des landes weiter eher still den bach runter -"Erstmals erreicht die Zahl der Bezieher von Lebensmittelmarken in den USA ein Niveau von über 40 Millionen".
es gibt innerhalb des systems für den berg an problemen - die chronische ökonomische krise, peak oil, die scharfen sozialen widersprüche etc. - keinerlei lösungen mehr, gespielt wird mit allen aktivitäten nur noch auf zeitgewinn. in diesem sinne ist obama lediglich ein getriebener, wobei das sehr freundlich gesagt ist. mitleid habe ich trotzdem nicht.
nagelschere? nein? also eher messer, metallschere, kettensäge? diese metaphorik, bei der sich bilder von verstümmelungen und strömendem blut ganz von selbst aufdrängen, ist nun weder neu in der geschichte, noch ist noch niemals speziell über die herkunft dieser begriffswelt nachgedacht worden. einige assoziationen dazu und auch zur frage, warum denn nicht nur die unmittelbar betroffenen hierzulande nicht aus ihrer apathie herauskommen, finden sich in diesem beitrag:ist der kapitalismus auch eine opferökonomie ? anmerkungen zur psychohistorischen sicht auf ökonomische krisendaraus, speziell vor dem hintergrund der heutigen "historischen" beschlüsse bzgl. der frage, wer hierzulande zukünftig als zu opfernde gruppen ausgewählt worden ist, ein auszug aus meinem damaligen fazit:
"und trotzdem kann der ansatz auch hierzulande zum erweiterten verständnis befruchtend sein, wenn nämlich einfach hinsichtlich der aktuellen politik von einer gewünschten ausgegangen wird, und zwar gerade deswegen, weil sie verheerende soziale konsequenzen nach sich zieht und ziehen wird. die dazu nötigen psychoklassen hatte neulich ausgerechnet peer steinbrück explizit und beispielhaft benannt, nämlich in dem fall die generation der kriegskinder des wk2, die sich nach den psychohistorischen kriterien durchaus als klasse verstehen lassen. und mehrheitlich immer noch in ihren traumatischen lebensbezügen feststecken, diese teils schon weitergegeben haben (da weiss ich sehr gut, wovon ich rede...) und in ihrem zustand die öffentlichen diskurse mitbestimmen. es geht dabei nicht um mehr oder weniger sinnlose schuldzuweisungen, aber ich denke, wir brauchen dringend ein erweitertes verständnis gesellschaftlicher prozesse. und da sollten ansätze wie der hier skizzierte und eher "klassische", soziologische und ökonomiekritische nicht als widersprüchlich, sondern als ergänzend empfunden werden."
da ich zumindest kein tv verfolge, möchte ich die leserInnen darum bitten, heute und in den nächsten tagen bei öffentlichen auftritten der "regierenden" mal genauer auf die verwendete sprache zu achten - wenn Ihnen irgendwas daran auffällig erscheint, würde ich mich über hinweise in den kommentaren sehr freuen.
*
edit am 08.06.: in einem redaktionellen kommentar fordert die "frankfurter rundschau" derzeit,Auf die Strasse!zu gehen - das finde ich immerhin erstaunlich - kann mich gerade nicht daran erinnern, ähnliches aus dem hiesigen medialen mainstream gegen die offizielle regierungslinie schon mal gelesen zu haben. die kommentare unter dem artikel geben dazu einen kleinen eindruck, wie weit die soziale polarisierung inzwischen gediehen ist...
mit dem sog. amok verhält es sich zumindest an einem punkt ein bißchen wie mit erdbeben und vulkanausbrüchen: alle besitzen die gemeinsamkeit, nicht derart vorhersagbar, geschweige denn kontrollierbar - im sinne einer genauen prognose - zu sein, wie es sich womöglich große teile der derzeitigen menschlichen gesellschaften mit all ihren kontrollambitionen gerne wünschen würden. sicher ist nur, dass sowohl die menschengemachte katastrophe als auch die naturphänome (die ebenfalls in vielen fällen erst durch menschliches (nicht-)handeln katastrophische wirkungen in der menschenwelt erzeugen) kommen, mal mehr, mal weniger regelmässig.
und das gilt auch für denamok neuen typs- mit diesem begriff hatte ich die sehr spezifischen formen des school-shootings in den usa und europa versucht, vom "klassischen" amok etwas zu differenzieren. und war damals u.a. auf die arbeiten vongötz eisenbergzum thema eingegangen, der immer noch als so etwas wie der führende "amok-forscher" hierzulande gelten kann. nun bin ich auf eine interessanterezensionseiner neuen arbeit zum thema gestoßen, und zwar auch und gerade wegen der folgenden passage:
(...) "In diesem Zusammenhang weist er darauf hin, dass bestimmte Eigenschaften von „Psychopathen“ – dass sie z.B. unfähig sind, sich in andere einzufühlen; dass sie anpassungsfähig, zynisch-kalt, bindungs- und skrupellos und ausschließlich an privater Nutzenmaximierung interessiert sind – durchaus auf die Hasardeure und Gurus der Finanzwelt zutreffen, die uns an den Rand des Abgrunds manövriert haben. Ja mehr noch. Unter Hinweis auf eine Studie von Paul Babiak und Robert Hare mit dem Titel „Menschenschinder oder Manager“ (München 2007), in der diese Autoren vor dem Vordringen von „Psychopathen“ in Führungspositionen warnen, fragt Eisenberg, wie wohl Menschen beschaffen sein müssen, die sich kalt und indifferent gegenüber den Schicksalen anderer Menschen verhalten. „Im Zeichen der neuen Management- und Unternehmensstrategien erhalten Leute eine Chance, die bereit sind, für ihre eigene Karriere über Leichen zu gehen, und im Namen kurzfristig erzielter Profite auch vor extrem riskanten und betrügerischen Projekten nicht zurückschrecken.“ (...)
ich habe das buch zwar noch nicht in den händen gehabt, finde es jedoch sehr positiv, dass sich das bewußtsein über bestimmte, letztlich schon länger bekannte mögliche zusammenhänge zwischen massiven psychophysischen defekten und dem aktuellen gesellschaftlichen status langsam zu verbreitern scheint. wenn ich eisenbergs thesen dazu selbst gelesen habe, kommt noch eine eigene rezension hinterher.
*
es wäre aufschlußreich, im vergleich einmal zu sehen, ob und wie sich amok-taten in den verblichenen "realsozialistischen" (= staatskapitalistischen) ländern abgespielt haben - auf die schnelle würden mir keine vergleichbaren ereignisse aus der geschichte dieser länder, oder auch aus kuba, einfallen, was natürlich bei der erinnerung an den üblichen umgang mit symptomen sozialer störungen in diesen ländern erst mal nichts zu sagen hat. trotzdem spricht einiges dafür, dass die moderneren formen des amoks ihre wurzeln auch in den jeweiligen sozioökonomischen verhältnissen haben, wozu in der kapitalistisch geprägten welt auch phänomene wie beschleunigung, stress, mobbing und (materielle) existenzunsicherheit gehören. in gewisser hinsicht durchaus unfreiwillig konnten die "realsozialistischen" staaten auch hier nicht dem (destruktiven) original das wasser reichen, was bezgl. amok dafür sprechen würde, dass diese spezielle wurzel dort nicht derart üble triebe hervorbringen konnte - im sinne eines verstärkers / triggers individueller psychophysischer biographischer dispositionen - wie in unserer heutigen welt. diese these im hinterkopf behaltend, betrachte ich die jüngsten informationen überamok in china:
"Am Mittwochmorgen ist ein mit einem traditionellen Messer bewaffneter Mann in einen privaten Kindergarten in einem nordchinesischen Dorf in der Provinz Shaanxi eingedrungen und hat sieben Kinder, den Leiter und dessen Mutter zu Tode gehackt. Weitere elf Kinder wurden laut der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua verletzt, die sich auf lokale Behörden berief. Anschließend nahm sich der 48-jährige Mann in seinem Haus das Leben. Die Motive für die Tat blieben zunächst unklar.
Es war bereits der fünfte Amoklauf in einem Kindergarten in China mit Messern oder Hämmern in den letzten acht Wochen. Bisher starben dabei 17 Menschen, Dutzende wurden verletzt. (...) Alle Amokläufe wurden von Männern mittleren Alters verübt und dürften teilweise auch Nachahmungstaten gewesen sein. (...)
Die Amokläufe werden in der Volksrepublik als Zeichen für den psychologischen Stress gewertet, den der rapide gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Wandel auf die Bevölkerung ausübt. Auch könnten die Fälle signalisieren, dass es zu wenig Behandlungsmöglichkeiten für psychische Probleme gibt." (...)
zynisch könnte man sagen: jetzt erst ist china wirklich in der kapitalistischen (post-)moderne angekommen. inanderen bereichenhaben sich die dortigen systemvertreter ja schon länger bemüht.
im angesicht der puren zahl von menschen unter den aktuell extrem beschleunigten bedingungen in diesem land (plus der eigenen, durchaus in vielen teilen traumatischen, chinesischen geschichte) stellt sich überhaupt grundsätzlich die frage nach psychophyischer gesundheit im weitesten sinne, undjoachim jahnkehat sich diesbezgl. neulich ein paar tiefergehende gedanken gemacht:
(...) "Unter den Bedrohungsszenarien, die zu Angst und psychischen Störungen führen, dürfte der Globalisierungsdruck auf die Arbeitsmärkte der Welt eine erhebliche Rolle spielen. Seit einigen Jahren geht dieser Druck vor allem von China und seiner hunderte von Millionen starken Unterschicht an Wanderarbeitnehmer ohne Streikreicht und unabhängige Gewerkschaften aus. Die miserablen Sozial- und Arbeitsbedingungen werden mit dem Export der billigen Waren teilweise weitergereicht, real oder als Angstkulisse.
Aus den gleichen Gründen nehmen aber psychische Erkrankungen auch in China selbst erheblich zu. In nur sechs Wochen kam es jetzt zu sechs mörderischen Attacken von geistig oder seelisch Gestörten auf Schulen in China. Zuletzt wurden sieben Kinder und der Lehrer zu Tode gehackt. Yue Guo'an, Professor für Sozialpsychologie an der Nankai Universität in Tianjin meint:
„Chinas Gesellschaft betritt eine Hoch-Risiko-Phase. Die unfaire Verteilung des Reichtums, die offizielle Korruption, das Versäumnis der Sicherung der Grundnöte der Menschen, die Unfähigkeit, alle diese Probleme zu lösen, hat eine unharmonische Umwelt geschaffen."
Huang Yueqin, die Direktorin des National Centre for Mental Health meint:
„Meine eigene Schätzung ist, daß ein Drittel der Studenten, mit denen ich studiert habe, jetzt eine Form von mentaler Krankheit haben".
Unter den Todesfällen wegen Verletzung und Gewalt entfallen 28 % auf Selbsttötung. Prof. Michael R Phillips hat im Juni 2009 in der britischen medizinischen Zeitschrift Lancet eine von der Weltgesundheitsorganisation finanzierte Studie zu mentalen Störungen in vier chinesischen Provinzen veröffentlicht. Danach haben 17,5 % der Menschen in China eine Form von mentaler Störung, fast alle (95 %) jedoch ohne Behandlung. Schon 2004 war das die wichtigste Krankheitsform in China, die mehr als 20 % der gesamten Gesundheitsbelastung darstellte." (...)
solche zustände und die daraus folgenden aussichten muss und will ich nicht mehr ausführlich kommentieren; entsprechendes ist in früheren beiträgen nachzulesen. aber es wäre vielleicht mal nötig, dass sich die hiesigen (westlichen) amok-forscher mal genauer die chinesischen varianten betrachten würden - ich vermute, da gäbe es einige interessante aha-effekte.
*
das neuropeptid / hormon oxytocin spielt ja im menschlichen sozialen leben eine nicht geringe rolle (und dürfte auch in indirekter form beim gerade thematisierten mitbeteiligt sein), beispiele sindhierundhiernachzulesen. vor einiger zeit nun machte eine meldung die runde, die ich aufgrund ihrer möglichen implikationen recht spannend fand -"Oxytocin macht Männer sensibel":
"Das Neuropeptid Oxytocin verbessert bei Männern die Fähigkeit, sich emotional in ihre Mitmenschen hineinzuversetzen. Die Substanz sensibilisiert außerdem für „soziale Verstärker“ wie lobende oder tadelnde Gesichter. Diese Erkenntnisse gewannen Forscher um Keith Kendrick von dem Babraham-Institut in Cambridge. (...)
Oxytocin ist ein Hormon, das die emotionale Bindung zwischen Mutter und Neugeborenem stärkt. Das Neuropeptid wird mit Gefühlen wie Liebe und Vertrauen in Verbindung gebracht. Die Studie zeige, dass emotionales Einfühlungsvermögen durch Oxytocin moduliert wird und dass Ähnliches auch für Lernprozesse mit sozialen Verstärkern gelte, behaupten die Wissenschaftler. (...) Die Oxytocin-Gruppe hingegen wies eine Empathie mit Werten auf, die in der Höhe derer von Frauen lag."
na sowas - wäre es dann doch angebracht, demnächst in fussballstadien, bei schlagenden verbindungen, aufsichtsratstreffen etc. ganz ähnlich wie bei lemsfutorologischem kongreßzu verfahren...
(...) "Als Tichy einen Anfall von Güte und alles umfassender Zuneigung erleidet, wird ihm klar, dass der Diktator des Landes das Trinkwasser mit Benignatoren versetzt hat, chemischen Begütigungsmitteln, die einen Aufstand der unzufriedenen Bevölkerung des Landes gegen ihn verhindern sollen." (...)
... und die männlichen teilnehmer der benannten veranstaltungen ordentlich mit"liquid trust"einzunebeln ? glücklicherweise (oder auch nicht, je nach standpunkt) ist oxytocin meines wissens aufgrund seiner flüchtigkeit für solche manipulativen projekte nicht sonderlich geeignet. interessanter finde ich da schon wie gesagt die möglichen implikationen, die sich sich ergeben, wenn man sich klarmacht, dass (in einem der oben verlinkten älteren beiträge zum thema kurz skizziert) oxytocin aufgrund seiner fundamentalen rolle auch im hinblick auf autistische zustände beforscht wird. und da wiederum fällt mir eine etwas ältere hypothese aus der autismus-forschung ein, die sich ganz überspitzt in der frage ausdrücken lässt:sind "männlichkeit" und autismus jeweils synonyme für das gegenüber?das ergebnis der oben genannten studie jedenfalls ließe sich aus meinem verständnis heraus durchaus als indiz dafür interpretieren - vielleicht gibt´s ja "professionelle", die dieser frage zukünftig mal genauer nachgehen.
heute drei ergänzungen bzw. updates in dieser rubrik:
*
im februar letzten jahres hatte ich unter dem titeles gibt systemkrise, baby!den versuch unternommen, krisenmodelle grundsätzlicherer art aus verschiedenen ecken zusammenzutragen und näher zu beleuchten. sehr passend dazu und mehr als ergänzend bin ich vor einiger zeit auf einen vortrag von christian schütze gestossen, der sich unter dem titelPerspektiven, Risiken und Grenzen des gegenwärtigen exponentiellen Wachstums aus der Sicht der Naturwissenschaften, der Ökologie und der Systemtheorie. Das Grundgesetz vom Niedergang – Ruiniert Arbeit die Welt?mit einem unüberwindlichen physikalischen hindernis für alle technokratischen versuche beschäftigt, dass auf exponentiellem wachstum beruhende system des von fossilen brennstoffen betriebenen industriellen kapitalismus irgendwie zu retten. der kernbegriff, um den schützes gedanken kreisen, heisst entropie, und dieser begriff ist untrennbar mit dem zweiten hauptsatz der thermodynamik verbunden. was das alles genau bedeutet und was dieses physikalische gesetz mit der heutigen art der kapitalistischen ökonomie zu tun hat, wird teils sehr anschaulich und gut nachvollziehbar im vortrag erläutert. sechzehn seiten lese- und gedankenfutter, die sich gerade an einem verregneten sonntagnachmittag sehr lohnen.
*
aus dem italien des berlusconi gab es in den letzten jahren immer neue beunruhigende botschaften zu vernehmen; so zb.solcheundsolche. und das das keine zerrbilder darstellen, sondern berlusconi tatsächlich genau so gefährlich ist, wie es die verlinkten beiträge nahelegen, machte vergangene woche die folgendemeldungdeutlich:
(...) "Unter lautstarken Protesten genehmigte der Senat Mittwochabend ein Gesetz, das den italienischen Premier und seine Minister zur Ausübung ihrer Amtsgeschäfte für eineinhalb Jahre vor gerichtlicher Verfolgung schützt. Damit werden die gegen Silvio Berlusconi laufenden Gerichtsverfahren bis Herbst 2011 ausgesetzt. Dank Verjährungsfrist ist eine rechtskräftige Verurteilung des Premiers damit faktisch unmöglich." (...)
das passt ebenso nahtlos ins bisherige bild wie das wiederholte schweigen anderer eu-regierungen zu diesem treiben. und auch die hiesigen medien schweigen lieber, was ebenfalls für die gestrigegroßdemonstration in romgilt:
(...) "Rund 200.000 Menschen haben sich laut den Organisatoren am Samstagnachmittag in Rom an der Protestkundgebung gegen ein umstrittenes Dekret von Regierungschef Silvio Berlusconi beteiligt, mit dem seine von den Regionalwahlen am 28. und 29. März ausgeschlossene Wahlliste wieder zugelassen werden soll. Die Polizei zählte 30.000 Teilnehmer. "Hier ist das Italien versammelt, das eine Alternative zu dieser Regierung verlangt", betonte Oppositionschef Pierluigi Bersani in seiner Ansprache auf der zentralen Piazza del Popolo im Herzen der Ewigen Stadt." (...)
wenn sich italien in absehbarer zeit ökonomisch in einer sehr ähnlichen lage wie griechenland wiederfinden wird, wird schlimmstenfalls zu sehen sein, wie sich all das sammelsurium von autoritären bis offen faschistoiden und präfaschistischen regierungsoffiziellen machenschaften in einer offenen krise auswirken wird. vielleicht ist das schweigen der übrigen europäischen regierungen vor diesem hintergrund auch am besten verständlich: wollen die sehen, wie sich eine "politik" àla berlusconi innerhalb einer sozialen krise "bewährt"? eine art feldversuch?
*
die diskussionen rund um denanthropogenen klimawandelsind weder hier noch anderswo abgeschlossen und werden uns auch zukünftig begleiten. in diesem zusammenhang sei hier noch der hinweis auf eine interessantetv-diskussionnachgetragen, in der sich vor dem hintergrund des gerade ausklingenden winters klimawissenschaftler und sog. skeptiker konfrontieren - tipp!
eine neue rubrik gibt´s jetzt also - immerhin wird das blog in diesem jahr bereits beiträge aus fünf jahren enthalten; und durch die ausgewählten themen ergibt es sich immer wieder, dass auch teils sehr alte beiträge für mich immer noch aktuell und in ihren kernaussagen weiterhin gültig sind. um die ergänzungen, die im laufe der zeit so anfallen, auch angemessen unterzubringen, reicht es meiner meinung nicht aus, wie bisher lediglich - und meist noch in den zugehörigen kommentaren - updates zu bringen. das werde ich zukünftig zwar auch noch machen, aber nur dann, wenn es sich um reine infolinks etc. handelt. für weitergehende inhaltliche anmerkungen jedoch werde ich ab jetzt diese rubrik nutzen - und neue leserInnen können auf diese weise auch bekanntschaft mit älteren, nichtsdestotrotz mir weiter wichtig erscheinenden beiträgen machen.
*
im zuge der aktuellen - hm, "diskussion" möchte ich das eigentlich nicht nennen, sagen wir mal auseinandersetzung - rund um "hartz IV" und den sozialstaat allgemein kommt am rande auch wieder das längere zeit etwas verschüttete thema des "bedingungslosen grundeinkommens" (bge) auf den tisch. aktuell liefert telepolis bspw. einen interessanten überblick zu laufendenpilotprojektenin verschiedenen ländern. und im zugehörigen forum kam dann sehr schnell wieder ein aspekt auf, der seit beginn eine ganz zentrale rolle in der debatte spielt -wer würde dann noch (lohn-)arbeiten gehen?:
"Wenn ich mich mit Leuten über das BGE unterhalte und man dann dazu
übergeht das Für und Wider abzuwägen kommt es regelmäßig zu folgenden
Standpunkten:
1. 'Also ich würde das BGE nehmen und mir dann eine Tätigkeit suchen,
die mir liegt und noch was dazu verdienen. Vielleicht nur 4 Stunden
am Tag oder nur 3 Tage die Woche, vielleicht sogar ehrenamtlich.'
2. 'Aber die Anderen würden sich doch nur auf der faulen Haut
ausruhen. Kein anderer würde mehr arbeiten wollen. Wer soll dann das
BGE bezahlen.'
Interessant dabei ist, dass diese Meinung sowohl von Chefs als auch
von kleinen Angestellten vertreten wird ;-)
jenseits von allen primär ökonomischen bzw. technischen überlegungen zur umsetzbarkeit war das auch das hauptthema im beitragdas "bedingungslose grundeinkommen" und seine psychophysischen hindernisse, in dem ich versucht habe aufzuzeigen, dass das aktuell herrschende menschenbild eigentlich das zentrale hindernis darstellt; und zwar nicht nur auf dem weg zu einem wie auch immer gestalteten bge, sondern auch bezgl. der meisten notwendigen gesellschaftlichen veränderungen. im grunde liegt der these von der "faulen haut" die überzeugung "der mensch ist von natur aus schlecht" zu grunde - und das ist dann allerdings ein glaubenssatz, der bereits starksoziopathische wahrnehmungselementeenthält.
*
letzteres lässt sich in keineswegs überspitzter form auch von der "psychotechnik" des sog. neurolinguistischen programmierens behaupten, dessen explizit konstruktivistischer und simulativer hintergrund im beitrag"neurolinguistisches programmieren" oder: wahnsinn mit methode ?dargestellt wurde. nun ist mir eher zufällig ein interview aus dem jahr 2005 mit einem der entwickler der methode vor die augen gekommen, welches aufgrund seiner klaren aussagen ideal als ergänzung passt - man könnte auch sagen, da redet sich einerum kopf und kragen- zunächst mit seiner charakterisierung von "erfolgreichen" politikern:
"Die Presse: Haben Sie Politiker damit konfrontiert, Ihre Methoden missbraucht zu haben?
Grinder: Ja, in den USA. In meinen Augen ist eines der hervorstechenden Charakteristika eines Politikers, egal welcher Partei oder Ideologie, ein guter Massenhypnotiseur zu sein. Das ist keine negative Aussage. Es ist die Beschreibung von Eigenschaften, die ein Politiker braucht. Wenn ein Politiker zu 10.000 Leuten spricht, muss er eine Sprache wählen, die abstrakt genug ist, dass jeder, der zuhört, seine eigene Interpretation des Inhalts in den Worten des Politikers wiederfindet. Sie glauben, übereinzustimmen mit dem, was sie glauben, dass der Politiker sagt."
die feststellung "Das ist keine negative Aussage" ist dabei allerdings nur in seiner eigenen weltwahrnehmung gültig, und die ist eindeutig eine gestörte, was besonders im letzten teil des interviews überdeutlich wird:
"Grinder: Unbewusst vertraut er mir, weil ich bewusst die Körpersignale ablese und weiß, wann ich direkte Fragen stellen kann und wann nicht. Wenn ich gut bin in dieser Anpassung – die nonverbalen Signale zu lesen, wie der Zustand des Vis-à-vis ist und welche Reaktionen angebracht sind –, dann weiß ich, welche anderen Möglichkeiten ich habe, um zu verhindern, dass Hindernisse im Weg sind, die ich entstehen sehe. Das ist Manipulation. Es gibt ethische Manipulation und unethische Manipulation. Ich glaube, dass es unmöglich ist, effektiv zu kommunizieren, ohne zu manipulieren.
Die Presse: Wie gehen Sie mit Emotionen bei Verhandlungen um?
Grinder: Eine Methode in der Verhandlung ist, eine dritte Position einzunehmen: Wann immer Gefühle ins Spiel kommen, die nicht mit dem Verhandlungsgegenstand in Einklang zu bringen sind, kann man in die Position des Beobachters springen. Aus der Position eines Dritten lässt sich das Geschehen neutral beobachten, wie im Theater. Es ist kein Druck mehr da. Ich kann mich selbst beobachten und mir raten: John, du musst dich so verhalten, um das Ziel der Verhandlung besser zu erreichen. Das heißt nicht, dass ich keine Emotionen habe. Ich wähle, welche Emotionen ich gerade erlebe."
das "bewusste" ablesen von mimik und körpersprache ist bereits ein hinweis darauf, dass hier keinerlei authentische beziehungsebene mehr vorhanden ist. freundlich gesagt, wird hier von einer sog. metaebene aus beobachtet; funktional ist das nichts anderes als der objektivistische wahrnehmungsmodus. im kern ein manöver, welches die meisten menschen der "zivilisierten" welt tag für tag in diversen situationen ebenfalls anwenden. nur: das nlp-weltbild behauptet, dass das die angeblich normale form menschlicher kommunikation darstellen würde.
letzteres gilt aber nur für grundsätzlich in ihrer selbst- und fremdwahrnehmung gestörte menschen - im kern beschreibt grinder hier nichts anderes als jene taktiken der (pseudo, als-ob, simulativen) kommunikation, wie sie im extrem auch jeder soziopath (akaals-ob-persönlichkeiten) verwendet - lesen Sie nochmal die beschreibungen des tom ripley.
und klar ist das manipulation. die "ethik" ist dabei sekundär bzw. auch nur als konstrukt vorhanden, solange ernsthaft behauptet wird, "effektive (was ist damit eigentlich gemeint? und für wen effektiv?) kommunikation ist ohne manipulation unmöglich".
ich hoffe ja, dass die grosse mehrzahl meiner leserInnen durchaus so beziehungsfähig ist, dass Sie aus ganz eigenem erleben den grotesken unsinn dieser these nachvollziehen können - freundschaft, gar liebe und überhaupt alle erfüllten sozialen beziehungen sind in diesem system lediglich das resultat "effizienter manipulation" - mertz hatte schon völlig recht mit seinem vernichtenden urteil über nlp, nachzulesen im damaligen beitrag.
der objektivistische modus ist auch im letzten absatz von grinder unübersehbar, wenn er sagt
"Aus der Position eines Dritten lässt sich das Geschehen neutral beobachten, wie im Theater."
das sind nicht zufällig ebenfalls fast genau die gleichen worte, wie sie ein tom ripley bezgl. seiner (geplanten und kontrollierten) auftritte in der sozialen welt verwendet. hier wird genau jener wahrnehmungsmodus der objektivierung, kontrolle und letztlich zwangsläufigen verdinglichung beschrieben (und unverschämterweise als "anthropologische konstante" ausgegeben), der mit grosser wahrscheinlichkeit an so ziemlich allen destruktiven sozialen und zwischenmenschlichen prozessen hauptverantwortlich beteiligt ist. auch die scheinbare "auswahl der emotionen" gehört dazu - authentische gefühle lassen sich keinesfalls "auswählen", wie es hoffentlich die allermeisten von uns aus ihren alltagserfahrungen wissen - auch das ist nur mit simulierten emotionen möglich, wie sie ebenfalls in der parallelwelt der soziopathen die norm darstellen.
das sich nlp-training nicht nur bei leuten wie bspw. helmut kohl undjörg haiderfindet, sondern auch in transnationalen konzernen verbreitet ist - zitat aus dem damaligen beitrag:
"...internationalen Konzerne IBM, Mercedes, Coca-Cola, Sandoz, Master Foods, American Express und BP wissen schon längst um das enorme Potential der neuen Coaching-Methode. Auch hierzulande hielt NLP bereits Einzug in firmeninterne Trainingsprogramme:
Bei Philips, Agip, Voest Linz, Bank Austria, Palmers, Interunfall, Siemens, Boehringer-Mannheim oder Wüstenrot verbessern Manager ihre Fähigkeiten mittels NLP."
macht nochmals deutlich, dass es sich dabei nicht um irgendeine esoterische randerscheinung handelt, sondern um eine verbreitete manipulationstechnik mit einem konstruktivistischen welt- und menschenbild dahinter - also im kern nichts anderes beschreibt als eine welt, wie sie eine defekte soziopathische wahrnehmung als normalität produziert.